Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 B 1907/02.PVL
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
1
G r ü n d e
2Die Beschwerde, über die der Fachsenat gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 LPVG NRW, §§ 87 Abs. 2 Satz 1, 85 Abs. 2 ArbGG, § 937 Abs. 2 ZPO sowie in entsprechender Anwendung von § 944 ZPO
3- vgl. Beschluss des Fachsenats vom 3. März 1998 - 1 B 53/98.PVL -
4ohne mündliche Verhandlung und ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter entscheidet, ist zulässig. Sie bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.
5Der im Beschwerdeverfahren weiter verfolgte Antrag,
6im Wege der einstweiligen Verfügung festzustellen, dass die Voraussetzungen für den Erlass einer vorläufigen Regelung gemäß § 66 Abs. 8 Satz 1 LPVG NRW betreffend die Übertragung der Aufgaben eines Gruppenleiters auf Herrn C. C. nicht gegeben sind,
7ist jedenfalls unbegründet.
8Nach den gemäß § 85 Abs. 2 Satz 1 ArbGG entsprechend anwendbaren Vorschriften des 8. Buchs der Zivilprozessordnung kann eine einstweilige Verfügung erlassen werden, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts eines Beteiligten vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 935 ZPO), oder wenn die Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 940 ZPO). Die Gefährdung des Rechts bzw. die Notwendigkeit einer Regelung, d. h. der Verfügungsgrund, und der Verfügungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 920 Abs. 2 ZPO). Darüber hinaus darf die einstweilige Verfügung grundsätzlich nicht mehr zusprechen, als im Hauptsacheverfahren möglich ist, und die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen. Allerdings kann es die Effektivität des Rechtsschutzes ausnahmsweise erfordern, durch eine einstweilige Verfügung der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, sofern wirksamer Rechtsschutz im ordentlichen Verfahren nicht erreichbar ist und dies für den Antragsteller zu schlechthin unzumutbaren Folgen führen würde, insbesondere wenn die Versagung des Erlasses einer einstweiligen Verfügung zu einem irreparablen Zustand führt. Dabei sind die Belange des Antragstellers und der Beteiligten sorgfältig abzuwägen und strenge Anforderungen an die materiellen Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung zu stellen.
9Vgl. Beschlüsse des Fachsenats vom 19. Februar 2001 - 1 B 1591/00.PVL -, vom 4. August 1997 - 1 B 2954/96.PVL - und vom 19. Februar 1997 - 1 B 2237/96.PVL -.
10Diese Anforderungen sind für das Begehren des Antragstellers einschlägig, weil er mit der begehrten Feststellung die Vorwegnahme des Ergebnisses der Entscheidung zur Hauptsache in dem bereits anhängigen Verfahren 16 K 2143/02.PVL - VG Aachen - anstrebt.
11Die genannten Anforderungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung hat der Antragsteller aber nicht glaubhaft gemacht. Denn der Antragsteller kann in weitem Umfang wirksamen Rechtsschutz erreichen, und soweit kein wirksamer Rechtsschutz möglich nicht ist, hat dies für ihn keine schlechthin unzumutbaren Folgen.
12So kann der Antragsteller die angestrebten Feststellung des Fehlens der Voraussetzungen des § 66 Abs. 8 Satz 1 LPVG NRW für den Erlass der getroffenen vorläufigen Regelung zum Gegenstand eines personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens machen, was mit dem bereits anhängigen Hauptsacheverfahren 16 K 2143/02.PVL - VG Aachen - schon geschehen ist. Dass es für den Antragsteller mit unzumutbaren Folgen verbunden wäre, eine etwaige materielle Rechtswidrigkeit der vorläufigen Regelung bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in jenem Verfahren hinzunehmen, hat er nicht glaubhaft gemacht. Sein diesbezüglicher Vortrag lässt eine Unzumutbarkeit auch nicht im Ansatz erkennen. So ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass eine vorläufige Regelung an sich schon wegen der mit ihr verbundenen Durchbrechung des Grundsatzes aus § 66 Abs. 1 LPVG NRW, wonach eine der Mitbestimmung des Personalrats unterliegende Maßnahme nur mit dessen Zustimmung getroffen werden kann, für ihre Geltungsdauer zwangsläufig zu einer Einschränkung des Mitbestimmungsrechts führt.
13Vgl. OVG Saarland, Beschluss vom 8. März 1993 - 5 W 3/93 -, PersR 1994, 121; OVG Bremen, Beschluss vom 14. November 1985 - PV-B 12/85 -, PersV 1987, 108 = ZBR 1986, 23.
14Die Steigerung, die diese Einschränkung des Mitbestimmungsrechts durch eine etwaige materielle Fehlerhaftigkeit der vorläufigen Regelung erfährt, ist jedoch regelmäßig nicht von einem derartigen Gewicht, dass ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung für den betroffenen Personalrat unzumutbar wäre. Etwas anderes mag gelten, wenn der Personalrat schwerwiegend an der Erfüllung seiner Aufgaben gehindert wäre. Dafür ist jedoch vorliegend weder aus dem Vorbringen des Antragstellers noch ansonsten etwas ersichtlich.
15Etwas anderes gilt auch nicht dann, wenn sich die getroffene vorläufige Regelung während des Hauptsacheverfahrens infolge Zeitablaufs erledigen würde. Zwar würde dann der bislang an die konkrete Personalmaßnahme anknüpfende Antrag des Hauptsacheverfahrens mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Dem Antragsteller bliebe es aber grundsätzlich unbenommen, den Antrag dergestalt umzustellen, dass eine an die Gegebenheiten des konkreten Falls anknüpfende abstrakte Fragestellung zum Gegenstand des Beschlussverfahrens gemacht wird. Sofern dies mit Blick auf etwaige den vorliegenden Einzelfall in einer eine Wiederholungsgefahr ausschließenden Weise prägende Umstände nicht möglich sein sollte, führt dies an die rechtlichen Grenzen der Überprüfbarkeit von vorläufigen Regelungen des Dienststellenleiters im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren. Diese entsprechen der begrenzten Bedeutung derartiger Maßnahmen für Zuständigkeit und Geschäftsführung der Personalvertretungen i.S.v. § 79 Abs. 1 Nr. 3 LPVG NRW. Denn das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren dient - wie die Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen zutreffend festgestellt hat - regelmäßig nicht der Verfolgung von Individualansprüchen, sondern der Klärung und Feststellung von personalvertretungsrechtlichen Zuständigkeiten und Befugnissen. Die mit Blick darauf unter Rechtsschutzgesichtspunkten eine Überprüfung erforderlich machende Grenze ist erst dort erreicht, wo die Art und Weise der Inanspruchnahme der Befugnis aus § 66 Abs. 8 Satz 1 LPVG NRW durch den Dienststellenleiter ernstlich besorgen lässt, dass er diese Vorschrift in einer für die Zuständigkeit der Personalrats bedeutsamen Weise zur Umgehung des § 66 Abs. 1 LPVG NRW nutzt.
16Vgl. Beschlüsse des Fachsenats vom 14. Oktober 1994 - 1 A 622/91.PVL -, NWVBl. 1995, 387 = RiA 1996, 50, sowie vom 24. Juni 1992 - CL 21/89 - und - CL 51/90 -, NWVBl. 1993, 141 = RiA 1993, 152.
17Davon kann hier schon angesichts der besondere Konstellation des Sachverhalts keine Rede sein. Denn der Beteiligte hat sich zum Erlass der vorläufigen Regelung erst entschieden, als abzusehen war, dass eine schnelle Beendigung des Einigungsstellenverfahrens angesichts der Weigerung des Vorsitzenden der Einigungsstelle, den getroffenen Beschluss weiter zu begründen, nicht erfolgen werde. Mit Blick darauf besteht kein Anhalt für die Annahme, der Beteiligte habe die ihm durch § 66 Abs. 8 Satz 1 LPVG NRW eingeräumte Befugnis zur Umgehung des § 66 Abs. 1 LPVG NRW nutzen wollen.
18Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren. Dieser Beschluss ist gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 LPVG NRW i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 1 ArbGG unanfechtbar.
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