Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 A 1016/02
Tenor
Der Antrag wird auf Kosten des Klägers abgelehnt.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 4000,00 EUR festgesetzt.
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G r ü n d e Der mit Schriftsatz vom 6. März 2002 sinngemäß gestellte und einzig statthafte Antrag auf Zulassung der Berufung (§§ 124 Abs. 1 124a Abs. 1 Satz 3, Abs. 4 VwGO) hat keinen Erfolg, weil der in der Antragsbegründung durch Hinweis auf bestehende grundsätzlich klärungsbedürftige Fragen in Bezug genommene Zulassungsgrund einer der Rechtssache zukommenden grundsätzlichen Bedeutung i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht greift (1.) und die Zulassung der Berufung auch weder wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO noch wegen eventuell hilfsweise geltend gemachter ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO in Betracht kommt (2.).
21. Die Grundsatzrüge greift nicht, weil der Kläger keine Rechtsfragen aufgeworfen hat, die einer grundsätzlichen Klärung im Berufungsverfahren in dieser Sache bedürften.
3Die vom Kläger in erster Linie als klärungsbedürftig aufgeworfene Frage,
4ob es für einen Freistellungsanspruch eines Angehörigen der Feuerwehr gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 FSHG allein ausreichend ist, dass die Gemeinde, bei der der Angehörige der Feuerwehr bei der Feuerwehr tätig ist, bei der anderen Gemeinde, bei der der Angehörige der Feuerwehr beruflich tätig ist, eine entsprechende Anforderung erlässt,
5rechtfertigt die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung schon deshalb nicht, weil sie sich, ohne dass es hierzu der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedürfte, an Hand des Gesetzes im Sinne der angefochtenen Entscheidung beantworten lässt.
6Die bloße Anforderung der Gemeinde vermag die Freistellung von einer Dienstleistungspflicht nach § 12 Abs. 2 Satz 2 FSHG wegen der Teilnahme an einer "sonstigen Veranstaltung" nicht zu vermitteln. Die Anforderung der Gemeinde ist nur ein Teil der Freistellungsvoraussetzung nach § 12 Abs. 2 FSHG. Tatbestandlich knüpft die Freistellung vielmehr daran an, dass der Angehörige der freiwilligen Feuerwehr an einer "sonstigen Veranstaltung" teilnimmt. Was eine "sonstige Veranstaltung" ist bestimmt sich grundsätzlich nach objektivem Recht und ist von der (subjektiven) Einschätzung der die betreffende freiwillige Feuerwehr unterhaltenden Gemeinde unabhängig.
7Dabei wird nicht übersehen, dass Lehrgänge, Übungen und Einsätze i.S.d. § 12 Abs. 2 Satz 2 FSHG die behördlich veranlassten oder anerkannten Lehrgänge, Übungen und Einsätze im Brandschutz sind. Maßgeblich ist insoweit die behördliche Veranlassung oder Anerkennung.
8Vgl. Steegmann, Recht des Feuerschutzes und des Rettungsdienstes in Nordrhein-Westfalen, FSHG § 12 Rn. 39 ff.
9Entsprechendes gilt im Grundsatz für die Fälle der Teilnahme an sog. "sonstigen Veranstaltungen" i.S.d. § 12 Abs. 2 Satz 2 FSHG. Die Teilnahme an einer solchen Veranstaltung muss, um als vorrangiger Dienst anerkannt zu sein, vom Wehrführer angeordnet worden sein.
10Vgl. Steegmann, a.a.O., FSHG § 12 Rn. 44.
11Maßgeblich bleibt aber zugleich, dass sich die Anordnung des Wehrführes auf eine "sonstige Veranstaltung" i.S.d. § 12 Abs. 2 Satz 2 FSHG bezieht. Damit werden nicht schon alle Veranstaltungen erfasst, die keine Einsätze, Übungen, Lehrgänge sind.
12Ebenso wie es sich im Fall der Teilnahme an Lehrgängen und Übungen und Einsätzen um solche handeln muss, die sich auf feuerwehrspezifische Aufgaben des Brandschutzes beziehen, können auch Veranstaltungen anderer Art nur "sonstige" i.S.d. § 12 Abs. 2 Satz 2 FSHG sein, wenn sie sich auf die feuerwehrspezifischen Aufgaben des Brandschutzes beziehen und die Anordnung des Wehrführers hierauf zielt.
13Dabei gilt es sich zu vergegenwärtigen, dass § 12 Abs. 2 Satz 2 FSHG den Vorrang besonderer Dienstleistungspflichten der Angehörigen der freiwilligen Feuerwehr im Rahmen ihres öffentlich-rechtlichen "Feuerwehr"-Dienstverhältnisses eigener Art vor sonstigen Arbeitspflichten und Dienstleistungspflichten regelt, soweit die Kompetenz des Landesgesetzgebers reicht.
14Vgl. zum Vorrang der Dienstpflicht eines Bundesbeamten: OVG NRW, Urteil vom 13. Juli 1987 - 1 A 1117/85 - ZBR 1988, 93.
15Ein vergleichbares Vorrangverhältnis ist in § 9 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Erweiterung des Katastrophenschutzes für Arbeitnehmer geregelt, die im Katastrophenschutz Dienst leisten. Sinn der Regelung ist es, den Vorrang der Dienstleistungspflichten im Rahmen des Feuerwehrverhältnisses in Bezug auf die in jener Vorschrift genannten Veranstaltungen zu sichern. Der absolute - dienstliche Belange des Arbeitgebers und des Dienstherrn verdrängende - Vorrang rechtfertigt sich allein mit Blick auf die besondere Aufgabenstellung der freiwilligen Feuerwehr im Rahmen des Brandschutzes. Vergleichbar den übrigen in § 12 Abs. 2 Satz 2 FSHG genannten Einsätzen, Übungen und Lehrgängen müssen auch die sonstigen Veranstaltungen in einem spezifischen Bezug zu diesem Aufgabenbereich stehen. Fehlt es daran ist ebenso wie in Fällen einer Abordnung zu einem dem spezifischen Aufgabenbereich nicht mehr zurechenbaren Lehrgang, eine vorrangige Dienstpflicht nach § 12 Abs. 2 Satz 2 FSHG nicht begründet.
16Damit beantwortet sich zugleich die vom Kläger weiter als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfene Frage,
17ob es sich bei der hier fraglichen Jugendfreizeit um eine "sonstige Veranstaltung" im Sinne des § 12 Abs. 2 Satz 2 FSHG handelt,
18die insoweit einen verallgemeinerungsfähigen Kern besitzt, als sie die Frage betrifft,
19ob Jugendfreizeiten, die für Angehörige der Jugendfeuerwehr in den Sommerferien veranstaltet werden, "sonstige Veranstaltungen" im Sinn des § 12 Abs. 2 Satz 2 FSHG sind,
20im Sinne der angefochtenen Entscheidung, ohne dass es insoweit zur Klärung der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedürfte.
21Jugendfreizeiten, die die freiwillige Feuerwehr während der Sommerferien veranstaltet, fehlt der erforderliche Bezug zu den feuerwehrspezifischen Aufgabenstellungen im Rahmen des Brandschutzes. Dies gilt unbeschadet ihrer spezifischen Zielrichtung, die Jugendlichen an die freiwillige Feuerwehr zu binden und ein entsprechendes Interesse am ehrenamtlichen Engagement zu wecken bzw. zu erhalten. Sie stellen vielmehr einen davon zu unterscheidenden wertvollen Beitrag zur Jugendpflege dar. Veranstaltungen für die Jugendfeuerwehr, die diesen Zielen dienen, werden durch § 12 Abs. 2 Satz 2 FSHG nicht erfasst. Die freiwilligen Feuerwehren werden hier vielmehr im Rahmen der Jugendhilfe tätig. Die Jugendfeuerwehr-Nordrhein-Westfalen (JFNW) im Landes-Feuerwehrverband NW e.V. ist als Träger der freiwilligen Jugendhilfe anerkannt.
22Abgedruckt: Steegmann, a.a.O., D 129.
23Die Anerkennung erstreckt sich auf die gegenwärtigen und zukünftigen auf Kreis- und Ortsebene organisierten selbständigen Jugendfeuerwehren der Jugendfeuerwehr Nordrhein-Westfalen. Für jugendpflegerische Veranstaltungen ist das Konkurrenzverhältnis zwischen ehrenamtlicher Tätigkeit und Arbeits- sowie Dienstleistungspflichten im Gesetz zur Gewährung von Sonderurlaub für ehrenamtliche Mitglieder in der Jugendhilfe (Sonderurlaubsgesetz) vom 31. Juli 1974 (SGV. NRW 216) sowie in § 7 der Verordnung über den Sonderurlaub der Beamten und Richter im Lande Nordrhein-Westfalen vom 14. September 1993 (SGV. NRW 20303) geregelt. Ein Rückgriff auf § 12 Abs. 2 Satz 2 FSHG scheidet aus.
242. Eine Zulassung der Berufung wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO oder wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO - soweit der Kläger diesen Zulassungsgrund überhaupt sinngemäß in Bezug genommen haben sollte - scheidet ebenfalls aus, denn der Ausgang eines Berufungsverfahrens ist - wie sich aus vorstehenden Erwägungen ergibt - zu Lasten des Klägers vorgezeichnet.
25Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertentscheidung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.
26Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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