Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 A 1371/02
Tenor
Der Antrag wird auf Kosten der Beklagten abgelehnt.
Der Streitwert wird für das Verfahren auf Zulassung der Berufung auf die Streitwertstufe von 25.000,00 EUR bis 30.000,00 EUR festgesetzt.
1
Gründe
2Der Antrag hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, dazu 1. ), nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (der Rechtssache zukommende grundsätzliche Bedeutung, dazu 2. ) und nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Abweichung von einer obergerichtlichen oder höchstrichterlichen Entscheidung, dazu 3. ) nicht greifen.
31. "Ernstliche Zweifel" i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind nur solche, die erwarten lassen, dass die Berufung in einem durchzuführenden Berufungsverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit jedenfalls im Ergebnis Erfolg hätte. Derartige Zweifel sind auf der Grundlage des Antragsvorbringens nicht begründet.
4Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen auf die Erwägung gestützt, dass dem Kläger Schadensersatz wegen unterbliebener Beförderung zum Vortragenden Legationsrat Erster Klasse (BesGr. A 16 BBesO) zu leisten sei, weil dem Kläger dieses Amt zum 01. März 1996 anstelle des seit Januar 1996 dienstunfähig erkrankten und am 30. September 1996 an den Folgen eines Leberkarzinoms verstorbenen Dr. M. zu übertragen gewesen wäre. Den beiden weiteren damals für eine Beförderung in Betracht kommenden Beamten L. und T. sei der Kläger vorzuziehen gewesen. Die Beklagte habe die für eine (Inlands- ) Beförderung in ein nach BesGr. A 16 BBesO bewertetes Amt in Betracht kommenden Beamten nicht regelmäßig und auch nicht aus Anlass des Auswahlverfahrens beurteilt, sodass es zur Gewähr einer im Wesentlichen noch rechts- und verfassungsmäßigen Auswahlentscheidung von dem Gericht angeforderter, nachträglich eingeholter und beurteilungsähnlich gefasster Leistungsberichte bedurft habe. Der Beamte L. sei nach dem Ergebnis dieser auf Veranlassung des Gerichts eingeholten Leistungsberichte - bezogen auf den 01. März 1996 - deutlich leistungsschwächer als der Kläger und der Beamte T. einzustufen gewesen. Gegenüber dem Beamten T. sei der Kläger leistungsmäßig im Wesentlichen gleich einzustufen, sodass Hilfskriterien heranzuziehen seien. Die Beklagte wende regelmäßig die von ihr schriftsätzlich benannten Hilfskriterien Standzeit, Dienstalter und Lebensalter an. Folge man dem, wäre der Kläger den Beamten T. und L. in jedem Falle vorzuziehen gewesen.
5Die dagegen von der Beklagten im Zulassungsverfahren eingewandten Erwägungen greifen nicht.
6Es ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht die Beförderung des verstorbenen Beamten Dr. M. wegen dessen zum Ernennungszeitpunkt bestehender Erkrankung als rechtswidrig bewertet hat. Die gesundheitliche Eignung (§ 8 Abs. 1 Satz 2 BBG) ist nicht nur bei Einstellung und Anstellung von Bewerbern, sondern mit Blick auf das nicht auf diese Maßnahmen beschränkte Prinzip der Bestenauslese auch bei späteren Beförderungen zwingend zu prüfende Voraussetzung der Personalentscheidung (Art. 33 Abs. 2 GG, § 23 BBG). Bei der Bewertung des Dienstherrn, ob der Beförderungsbewerber nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung für die zu vergebende Stelle in Betracht kommt, besteht wegen des prognostischen Anteils einer solchen Einschätzung auch hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung ein Beurteilungsspielraum. Das Verwaltungsgericht hat entgegen der Darstellung der Beklagten diesen Beurteilungsspielraum nicht etwa übergangen und seine eigene Bewertung rechtsfehlerhaft an die Stelle derjenigen der Beklagten gesetzt. Dass der Beamte Dr. M. bereits vor der Aushändigung der Ernennungsurkunde an seinen Bevollmächtigten am 28. Februar 2003 und auch noch bis zu seinem Versterben im September des gleichen Jahres dienstunfähig gewesen ist, wird auch von der Beklagten sachlich nicht oder nicht mehr infrage gestellt. Tatsächlich war der Beamte Dr. M. seit Januar 1996 durchgehend dienstunfähig erkrankt und befand sich wegen eines Leber(zell)karzinoms im Ausland in Behandlung, was der Personalverwaltung schon allein wegen der Fehlzeiten nicht verborgen geblieben ist. Wenigstens dem mit der Personalsachbearbeitung betrauten Beamten I. war die Schwere der Erkrankung und der Ernst der Lage nach dem Inhalt der von der Beklagten nur auszugsweise überreichten Korrespondenz mit dem Beamten Dr. M. grundsätzlich bekannt, wenn auch die Details ungeklärt geblieben sein mögen. Darüber hinaus hat die Beklagte in Kenntnis des Umstandes, dass Dr. M. nicht in der Lage sein werde, die Ernennungsurkunde persönlich entgegen zu nehmen, von ihm eine handschriftlich verfasste Vollmacht erhalten, aus deren Inhalt und Erscheinungsform sich auch nicht eingeweihten Personen erschließt, dass sich Dr. M. einer Operation unterzogen hatte und kaum noch in der Lage war, den erforderlichen Text inhaltlich fehlerfrei und leserlich zu schreiben. Spätestens dieses, vor der Aushändigung der Ernennungsurkunde an den Bevollmächtigten - H. von C. - der Personalverwaltung zugegangene Schriftstück hätte Anlass sein müssen, die Frage der gesundheitlichen Eignung einer weiteren Klärung zuzuführen und die schon vorbereitete Ernennung vorerst nicht zu vollziehen. Allem Anschein nach wurde jedoch in der Weise verfahren, den als verdient und respektiert geltenden Beamten Dr. M. vor seinem etwaigen und - wie die Zeitabläufe und Verfahrensschritte zeigen - auch in Kürze für möglich gehaltenen Tod noch in ein nach BesGr. A 16 BBesO bewertetes Amt zu befördern. Vor diesem Hintergrund ist die Annahme des Verwaltungsgerichts zutreffend, die Beklagte habe angesichts des Krankheitsbildes und wegen fehlender konkreter Erkenntnisse über den Gesundheitszustand, den Verlauf der Krankheit und die Chancen einer Heilung nicht mehr rechtsfehlerfrei (prognostisch) davon ausgehen dürfen, Dr. M. werde den Anforderungen des ihm noch zu übertragenden Amtes gerecht werden. Dass und auf welcher Tatsachengrundlage die Beklagte insbesondere - wie von ihr ins Feld geführt - ihren Beurteilungsspielraum dahingehend ausgeübt haben will, der Verstorbene werde die erforderliche gesundheitliche Eignung zurück erlangen, ist nicht ansatzweise erkennbar. Es wird bereits nicht deutlich, dass die Beklagte die offenkundig aufgeworfene Frage der gesundheitlichen Eignung seinerzeit überhaupt erwogen hat oder dass die lebensbedrohliche Erkrankung den für die Auswahlentscheidung bzw. Ernennung zuständigen Stellen seitens der Personalverwaltung offen gelegt worden wäre. Aus den den für die Entscheidung zuständigen Stellen übersandten Vorlagen ergibt sich nicht einmal, dass der Beamte Dr. M. auf unabsehbare Zeit dienstunfähig erkrankt war. Dabei war der Personalverwaltung zu diesem Zeitpunkt bekannt, dass ein Karzinom Grund der Operation war. Schließlich bot auch die im Verfahren angeführte "Hoffnung" aufgrund der Spezialbehandlung in M. keine Grundlage für eine schon hinreichend sichere Zukunftsprognose.
7Der weitere Einwand der Beklagten, das Verwaltungsgericht habe den geltend gemachten Schadensersatzanspruch anhand unzutreffender rechtlicher Maßstäbe geprüft, greift nicht. Dies gilt zunächst, soweit die Formulierung des von dem Verwaltungsgericht gebildeten Obersatzes zu den Voraussetzungen eines solchen Schadensersatzanspruchs gerügt wird. Das Verwaltungsgericht ist, wie die beigefügten Zitate aus der Rechtsprechung und die vorgenommenen Erwägungen belegen, in der Sache ersichtlich davon ausgegangen, dass es hinsichtlich des Merkmals der Kausalität der Feststellung bedarf, dass sich die Behörde, wenn sie den beanstandeten Fehler vermieden hätte, voraussichtlich zu Gunsten des Beamten entschieden, ihn also voraussichtlich befördert hätte.
8Vgl. zu den Voraussetzungen: BVerwG, Beschluss vom 16. Oktober 1991 - 2 B 115.91 -, ZBR 1992, 106 ; Urteil vom 18. April 2002 - 2 C 19.01 - , ZBR 2003, 137.
9Die von dem Verwaltungsgericht im Übrigen angezogenen rechtlichen Maßstäbe greifen nicht rechtsfehlerhaft in den Auswahl- und Beurteilungsspielraum der Beklagten ein, der ihr bei Personalentscheidungen der fraglichen Art eröffnet ist. Das Verwaltungsgericht hat den von der Beklagten nur verbal umschriebenen, jedoch nicht näher belegten Leistungsstand der Beamten L. , T. und I. zum Stichtag 01. März 1996 anhand von nachträglich gefertigten Leistungsbeschreibungen überprüft, die die Beklagte erst in Befolgung eines entsprechenden Auflagenbeschlusses des Gerichts angefertigt hat. Diese Leistungsbeschreibungen sind in der Form einer dienstlichen Beurteilung gemäß den Beurteilungsrichtlinien des Auswärtigen Amtes vom 10. November 1994, wenn auch nicht durchgehend unter Beachtung aller für das Beurteilungsverfahren geltender Maßgaben verfasst worden. Demnach war dem Beamte L. im Beurteilungszeitraum die "Gesamtnote 5 - 6" zuerkannt worden, was die Beurteilungsrichtlinien als Prädikat nicht vorgesehen haben. Im Zweifel ist er damit jedoch um eine halbe Stufe schlechter bewertet worden als der Kläger ("weit überdurchschnittlich, 6 Punkte"), sodass er - L. - nach Einschätzung des Verwaltungsgerichts grundsätzlich aus der Konkurrenz ausschied. Im Wesentlichen gleich beurteilt waren der Kläger und der Beamte T. , wie es der Bevollmächtigte der Beklagten im Schriftsatz vom 14. Januar 2002 - zu Recht - eingeräumt hat, obwohl der Beamte T. in der Gesamtbewertung (nominell) als "sehr gut" bewertet worden ist. Diese Note sahen die Beurteilungsrichtlinien nicht vor; diese Umschreibung sollte jedoch möglicherweise zeigen, dass die beste Note der Skala vergeben werden sollte. Gemessen an der Notenskala der Beurteilungsrichtlinien und dem Ergebnis der für Einzelmerkmale zu vergebenden Noten konnte ihm schlüssig allerdings nur das zweitbeste Prädikat der siebenstufigen Notenskala verliehen werden ("weit überdurchschnittlich, 6 Punkte"), wie es das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt und die Beklagte schriftsätzlich eingeräumt hat. Da Zwischennoten ebenso wie andere weitere Differenzierungen nicht vorgesehen und von der Beklagten konkret nicht vorgetragen sind, konnten die Beamten T. , L. und der Kläger von dem Verwaltungsgericht als - im Verhältnis zum Beamten L. "allenfalls", weil der Kläger eher leistungsstärker eingestuft war - im Wesentlichen gleich beurteilt betrachtet werden. Warum dieses Vorgehen im Ansatz rechtsfehlerhaft sein soll, wie es die Beklagte vortragen lässt, ist nicht erkennbar. Die Beklagte betreibt eine sogenannte "Topfwirtschaft", in deren Rahmen sie höherwertige Dienstposten überträgt, ohne den Beamten entsprechende Ämter zu verleihen. Die etwaige Übertragung eines höherwertigen Amtes erfolgt später, falls Planstellen verfügbar werden und der fragliche Beamte als am besten geeignet erscheint. Der sogenannte Inlandsdienst des Auswärtigen Amtes soll dabei durch die Besonderheit gekennzeichnet sein, dass Beförderungen in ein nach BesGr. A 16 BBesO bewertetes Amt seltener vorkommen sollen als im Auslandsdienst. Die für eine solche "Inlandsbeförderung" in Betracht kommenden Beamten sollen auch aus diesem Grunde eher lebensälter sein und wurden - abweichend von den einschlägigen Beurteilungsrichtlinien des Auswärtigen Amtes vom 11. November 1994 nach der von der Beklagten vorgetragenen Beurteilungspraxis - spätestens ab dem 50. Lebensjahr nicht mehr (regel-)beurteilt. Die Beklagte hat nach ihrem eigenen Vorbringen, das - soweit erkennbar - durch den Inhalt ihrer Verwaltungsvorgänge bestätigt wird, in langjähriger Praxis anlässlich der anstehenden Vergabe von Planstellen (Beförderung im Rahmen der Topfwirtschaft) allgemein und jedenfalls auch für die hier in Rede stehenden Beamten keine Anlassbeurteilungen mehr verfasst und den Leistungsstand der Beamten aufgrund deren langjähriger Zugehörigkeit zum Auswärtigen Amt und aufgrund der eigenen Erkenntnisse des Personalreferats auch ohne (neuerliche) förmliche dienstliche Beurteilungen eingeschätzt. In welchem Umfang diese bei objektiver Betrachtung fragwürdige und im Zweifel auch regelmäßig rechtswidrige Praxis verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen - etwa den Bewerbungsverfahrensanspruch - und rechtlich allgemein anerkannte Auswahlverfahrensgrundsätze verletzt, bedarf keiner näheren Bewertung. Ebenso kann offen bleiben, ob die gewählte Vorgehensweise der Beteiligten bzw. des Gerichts auch in einer anderen Auswahlsituation berechtigt ist und die Rekonstruktion einer zurückliegenden Auswahlentscheidung auch in anderen Fällen möglich ist. Denn jedenfalls im vorliegenden Fall hat die Beklagte durch die auf Verlangen des Gerichts nachträglich erstellten Leistungsbeschreibungen und in einer vergleichsweise überschaubaren Konkurrenzsituation die verfassungsrechtlich gebotene (Mindest-)Vergleichbarkeit der Bewerber nachträglich herstellen können.
10Das Verwaltungsgericht durfte seiner Entscheidung auch zugrunde legen, dass der Kläger anstelle der noch in die engere Auswahl zu ziehenden Beamten T. und L. voraussichtlich befördert worden wäre, wenn die Beklagte die beanstandeten Fehler des Auswahlverfahrens vermieden hätte. Die entsprechende Wertung des Gerichts stellt entgegen der Auffassung der Beklagten keinen Verstoß gegen den Grundsatz dar, dass das Gericht der Behörde eröffnete Beurteilungsspielräume nicht ausfüllen darf und es ihm etwa verwehrt ist, eine eigene Eignungsentscheidung zu treffen.
11Vgl. dazu: BVerwG, Beschluss vom 30. März 1988 - 6 B 1.88 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 1 -.
12Einer solchen gerichtlichen Bewertung bedurfte es schon nicht, weil bei - trotz aller Bedenken - positiv festgestelltem und von der Beklagten eingeräumtem - im Verhältnis zum Beamten L. im Übrigen schon zu dessen Gunsten unterstellten - Gleichstand der Beurteilungsergebnisse eine sachgerechte Differenzierung anhand von sogenannten Hilfskriterien vorzunehmen war und das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung nur diejenigen Hilfskriterien zugrunde gelegt hat, die die Beklagte nach eigenem Vorbringen regelmäßig heranzieht. Welche Hilfskriterien er mit welchem Gewicht bei Beförderungsentscheidungen heranzieht, bestimmt der Dienstherr zwar nach seinem Ermessen. Es bleibt daher grundsätzlich seiner Entscheidung überlassen, zwischen mehreren möglichen und dem Leistungsgrundsatz noch Rechnung tragenden Auswahlmethoden zu wählen, sofern nur das Prinzip selbst nicht in Frage gestellt wird.
13Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1986 - 2 C 41.84 -, DVBl. 1986, 1156.
14Allerdings wäre der Kläger bei Anwendung jedes dieser Hilfskriterien (Dienstalter, Lebensalter oder Standzeit) vorzuziehen gewesen. Er war am 01. März 1996 noch nicht 63 Jahre alt, seit 1972 Vortragender Legationsrat (BesGr. A 15 BBesO) und stand seit dem Jahre 1964 im Dienst des Auswärtigen Amtes. Die Beamten T. und L. sind erst im Jahre 1953 bzw. 1947 geboren und wären gemessen an jedem der drei genannten Hilfskriterien erst nach dem Kläger auszuwählen gewesen. Dass man den Kläger zum 01. März 1996 unter keinen Umständen befördert und das Stellenbesetzungsverfahren angesichts einer ansonsten anstehenden Beförderung des Klägers aus sachlichem Grund abgebrochen hätte, wird von der Beklagten nicht vorgetragen. Mit dem Kläger ist vielmehr spätestens seit dem Ende des Jahres 1995 seitens der Personalverwaltung des Auswärtigen Amtes besprochen worden, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Beförderung trotz des Herannahens der damals geltenden Altersgrenze (§ 12 Abs. 4 Nr. 3 BLV a.F.) noch erfolgen könne. Zuletzt wurde auch der Bundespersonalausschuss in einem Verfahren nach § 44 BLV um die Erteilung einer Ausnahme von der entgegen stehenden laufbahnrechtlichen Bestimmung ersucht. Dort hatte die Beklagte noch ausgeführt, der Kläger wäre unter Beachtung des Leistungsgrundsatzes unmittelbar nach Überschreitung der Beförderungssperrfrist - nach Vollendung seines 63. Lebensjahres am 05. Mai 1996 - gemäß § 12 BLV zu befördern gewesen. Diesen Standpunkt hat die Beklagte ursprünglich auch noch im Klageverfahren vertreten und dies etwa mit Schriftsatz vom 21. August 1997 nochmals vortragen lassen.
15Die weitere Rüge, das Verwaltungsgericht habe zulasten der Beklagten eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast dergestalt vorgenommen, dass die Beklagte den Nachweis der leistungsmäßigen Überlegenheit der Beamten T. und L. zu erbringen habe, greift nicht. Es trifft allerdings zu, dass das Verwaltungsgericht nach den von ihm selbst formulierten Obersätzen eine derartige Umkehr der regelmäßig dem Kläger obliegenden Darlegungslast angenommen hat. Nach der von dem Verwaltungsgericht zutreffend zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesgerichtshofes,
16vgl. BGH, Urteil vom 06. April 1995 - III ZR 183.94 -, ZBR 1995, 314; BVerwG, Urteil vom 23. November 1995 - 2 A 1.94-, Schütz/Maiwald, BeamtR, ES/B III 8 Nr. 10,
17kommen dem einen Schadensersatzanspruch wegen unterbliebener Beförderung verfolgenden Kläger nach den §§ 287 ZPO, 173 VwGO gewisse Erleichterungen zu, soweit der an seine Darlegungen anzulegende Maßstab in Rede steht. Der von dem Bundesverwaltungsgericht in der vorgenannten Entscheidung in Bezug genommene Bundesgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass im Falle der Amtshaftungsklage (§ 839 BGB, Art. 34 GG) zusätzlich zu diesen Erleichterungen nach § 287 ZPO eine Beweislastumkehr zulasten der Behörde anzunehmen sei, wenn die Amtspflichtverletzung und die zeitlich nachfolgende Schädigung des Betroffenen feststünden. Die Frage, ob diese Voraussetzungen der Umkehr der Darlegungs- und Beweislast vorliegend anzunehmen sind, bedarf jedoch keiner Entscheidung. Denn das Verwaltungsgericht ist aus den bereits genannten Gründen rechtsfehlerfrei und mit eingehender Begründung zu der positiven Feststellung gelangt ist, dass der Kläger gegenüber den Beamten L. und T. vorzuziehen gewesen wäre. Die sogenannte Beweislastumkehr kommt damit nicht entscheidungserheblich zum Tragen.
18Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich zugleich, dass auch eine Zulassung der Berufung wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ausscheidet. Eine Zulassung der Berufung wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten kommt nämlich nur in Betracht, wenn der Ausgang des durchzuführenden Berufungsverfahrens offen ist. Demgegenüber ist hier das Ergebnis eines durchzuführenden Berufungsverfahrens bereits zulasten der Beklagten vorgezeichnet. Das Antragsvorbringen stellt die angefochtene Entscheidung nicht in Frage.
192. Die Grundsatzrügen greift ebenfalls nicht. Denn die aufgeworfene Frage,
20ob der Dienstherr einem lebensbedrohlich erkrankten Beamten, bei dem die Möglichkeit der Heilung bestehe, im Sinne einer wohlwollenden positiven Einschätzung die für eine Beförderung erforderliche gesundheitliche Eignung zusprechen darf,
21wäre entsprechend den obigen Ausführungen vorliegend mit "nein" zu beantworten, weil dem begünstigten Beamten zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung jegliche gesundheitliche Eignung zur Dienstausübung fehlte und erforderliche Feststellungen, die eine diesbezügliche positive Prognose im Ansatz gerechtfertigt hätten, nicht getroffen worden sind.
22Die weiter aufgeworfene Frage,
23nach welchen Kriterien der Dienstherr bei einem im Wesentlichen gleichen Leistungsbild eine Auswahlentscheidung zu treffen hat und in welchem Umfang diese Auswahlentscheidung der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt, namentlich mangels schriftlicher Beurteilungsrichtlinien (von der Beklagten gemeint sind offenbar: Beförderungsrichtlinien) oder anderer Anhaltspunkte als Hilfskriterien nur das Dienstalter und die Standzeit herangezogen werden können,
24lässt sich im Sinne der angefochtenen Entscheidung beantworten, ohne dass es zu ihrer Klärung der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedürfte. Das Verwaltungsgericht hat die Hilfskriterien nur deshalb in seine rechtlichen Erwägungen einbezogen, weil die Beklagte diese als von ihr herangezogene Hilfskriterien benannt hat, und zwar im Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 1997 und - mit relativierenden Einschränkungen - etwa in den Schriftsätzen vom 21. August 1997 und vom 27. November 1998.
253. Die Darlegungen der Beklagten lassen nicht erkennen, dass das Verwaltungsgericht von einer obergerichtlichen oder höchstrichterlichen Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO abgewichen ist. Eine Divergenz liegt nur vor, wenn in der angefochtenen Entscheidung in Anwendung derselben Rechtsvorschrift ein tragender abstrakter Rechtssatz aufgestellt wird, der einem in der Entscheidung des Divergenzgerichts aufgestellten, ebenfalls entscheidungstragenden abstrakten Rechtssatz widerspricht. Vgl. BVerwG, Beschluss vom 04. Dezember 1998 - 2 B 152.97 -, Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 59; Seibert in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 124, Rn. 203.
26Dass das Verwaltungsgericht einen entsprechenden Rechtssatz aufgestellt hätte, hat die Beklagte nicht näher vorgetragen und ist im Übrigen auch nicht ersichtlich. Die Beklagte bemängelt etwa, dass das Verwaltungsgericht rechtsfehlerhaft und entgegen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine eigene Entscheidung über die Eignung eines Beamten getroffen habe und kritisiert damit lediglich, das Verwaltungsgericht habe sich nicht an die rechtlichen Vorgaben verschiedener Urteile des Bundesverwaltungsgerichts gehalten. Das reicht für die Darlegung einer Divergenz im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht aus und trifft sachlich aus den oben genannten Gründen nicht zu.
27Gleiches gilt, soweit eine Abweichung von einem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. März 1988 gerügt wird.
28Vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. März 1988 - 6 B 1.88 -, Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 1.
29Wie bereits unter 1. ausgeführt, hat das Verwaltungsgericht nicht der Behörde vorbehaltene Beurteilungsspielräume ausgefüllt und (rechtsfehlerhaft) eine eigene Eignungsentscheidung getroffen. Die mit der Divergenzrüge verknüpfte Frage, nach welchen (Hilfs-)Kriterien der Dienstherr bei einem im Wesentlichen gleichen Leistungsbild eine Auswahlentscheidung zu treffen hat, entzieht sich einer generalisierenden Betrachtung und bedarf aus den unter 2. genannten Gründen keiner Klärung in einem Berufungsverfahren. Das Verwaltungsgericht hat, wie bereits unter 1. ausgeführt, keine eigene "Eignungsentscheidung" getroffen und in diesem Zusammenhang auch keinen von dem Bundesverwaltungsgericht abweichenden Rechtssatz aufgestellt.
30Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
31Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 4 Satz 2 analog, Abs. 1 lit. a), 14 Abs. 1 und Abs. 3, 15 GKG. Zugrunde zu legen ist der 6,5-fache Monatsbetrag des Ruhegehalts, bemessen an dem Endgrundgehalt nach der Besoldungsgruppe A 16 BBesO in der unter dem 20. April 2001 bekannt gemachten Höhe (BGBl. I, S. 648 - [5.246,49 EUR x 6,5 X 0,75 = 25.576,64 EUR]).
32Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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