Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 B 1794/03
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt.
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Gründe
2Die statthafte, form- und fristgerecht begründete Beschwerde hat keinen Erfolg.
3Der Antrag auf Regelung der Vollziehung der angefochtenen Verfügung vom 12. März 2003 in der berichtigenden Fassung der Bescheide vom 31. März 2003 und vom 16. April 2003 ist zulässig.
4Nach Auffassung des Senats ist die angefochtene Verfügung ein Verwaltungsakt, der einer Versetzung zumindest im Wesentlichen vergleichbar ist, sodass vorläufiger Rechtsschutz regelmäßig nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu suchen ist. Die Zuweisung von anderenorts überzähligen Beamten und Arbeitnehmern an die Personal- und Serviceagentur der Deutschen Telekom AG (PSA) dient inhaltlich in erster Linie der Freistellung der Betroffenen von ihrer Dienstleistungs- bzw. Arbeitspflicht mit der Maßgabe, sich für die Vermittlung eines dauerhaften oder nur vorübergehenden anderweitigen Dienstpostens oder für eine ergänzende Qualifizierungsmaßnahme bereit zu halten. Die Frage, wann eine dauerhafte oder zumindest vorübergehende Anschlussbeschäftigung zu erwarten steht und ob eine Qualifizierungsmaßnahme überhaupt durchgeführt wird, ist zum Zeitpunkt der personellen Zuweisung zur PSA regelmäßig - und auch vorliegend - offen. Für eine so umschriebene Zuweisung zu einer hauseigenen Arbeitsvermittlung unter gleichzeitiger Freistellung von einer konkreten Dienstleistungspflicht ist keine spezielle Rechtsgrundlage erkennbar. Ob § 2 Abs. 3 Satz 2 PostPersRG i.V.m. § 26 Abs. 1 und 2 BBG eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage bietet, unterliegt zwar Bedenken; letztlich spricht aber auch in Fällen wie dem vorliegenden Vieles für die Zulässigkeit eines (entsprechenden) Rückgriffs auf das Institut der Versetzung nach § 26 Abs. 1 und 2 BBG.
5Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 24. Juli 2003 - 1 B 635/03 - und vom 01. September 2003 - 1 B 1347/03 -.
6Das rechtfertigt zugleich die Annahme, dass Widerspruch und Klage gegen die auch von der Antragsgegnerin als "Versetzung" bezeichnete Verfügung abweichend von § 80 Abs. 1 VwGO keine aufschiebende Wirkung haben (§ 126 Abs. 3 Nr. 3 BRRG).
7Der Antrag ist jedoch unbegründet.
8Die auf der Grundlage des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO durchzuführende Interessenabwägung fällt zulasten des privaten Suspensivinteresses der Antragstellerin aus, weil die angefochtene Verfügung auf der Grundlage der nach Aktenlage erkennbaren Umstände offensichtlich rechtmäßig ist. Die Verfügung vom 12. März 2003 in der Fassung der Bescheide vom 31. März 2003 und vom 16. April 2003, die formelle, gegebenenfalls im Widerspruchsverfahren nicht behebbare Mängel nicht erkennen lässt, ist nach dem Ergebnis der in der vorliegenden Verfahrensart gebotenen summarischen Prüfung auch in materieller Hinsicht im Ergebnis nicht zu beanstanden.
9Entsprechend § 26 Abs. 1 BBG kann ein Beamter innerhalb des Dienstbereiches seines Dienstherrn versetzt werden, wenn daran ein dienstliches Bedürfnis besteht. Nachdem eine Änderung des statusrechtlichten Amtes der Antragstellerin nicht verfügt worden ist, steht allein eine organisatorische Versetzung in Rede, die die Übertragung eines anderen Amtes im abstrakt-funktionellen Sinne bei einer anderen Behörde beinhaltet.
10Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 5. Aufl. 2001, Rn. 88.
11Dies ist die dauernde Zuweisung zu einer anderen Behörde zur Wahrnehmung (irgend)eines dem statusrechtlichen Amt entsprechenden Aufgabengebietes, wobei die Zuweisung eines amtsangemessenen Dienstpostens grundsätzlich nicht Gegenstand der Versetzungsverfügung ist.
12Problematisch ist allerdings, ob die hier angefochtene Verfügung überhaupt auf die Übertragung eines abstrakt-funktionellen Amtes bei der PSA in diesem Sinne gerichtet ist. Denn die Antragstellerin wurde nach dem durch die nachfolgenden Verfügungen berichtigten Ausgangsbescheid "dezentral der nächstgelegenen Organisationseinheit der Personalservice Agentur, Geschäftsstelle Düsseldorf, zugeordnet" und sollte unter Beibehaltung der bisherigen Regelarbeitsstelle in Düsseldorf mit dem aus einem beigefügten "Flyer" ersichtlichen Vermittlungsteam Kontakt aufnehmen. Den bis dahin inne gehabten Dienstposten musste sie jedoch in der Folgezeit endgültig verlassen, und die Übertragung eines (neuen) Dienstpostens bei der PSA ist trotz der organisatorischen Zuordnung zu der PSA nicht erfolgt. Sie ist vielmehr verpflichtet, an etwaigen Qualifizierungsmaßnahmen der PSA teilzunehmen, um für andere Tätigkeitsbereiche innerhalb oder außerhalb der Deutschen Telekom AG bereit zu sein, falls eine entsprechende Vermittlung Erfolg haben sollte.
13Daraus folgt jedoch nicht bereits die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügung. Da die "privatisierten" Beamten, die im Bereich der Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost eingesetzt werden, in jenen Unternehmen quasi "ohne Amt" sind und keinen "Dienst", sondern "Arbeit" leisten, kann es jedenfalls immer nur um die Verlagerung eines Tätigkeitsfeldes gehen, das dem ursprünglichen Amt vergleichbar ist.
14Vgl. Wolff, Die Wahrung der Rechtstellung von Beamten, die bei dem privatisierten Unternehmen von Bahn und Post beschäftigt sind, AÖR 127 (2002), S. 95; Ossenbühl/Ritgen, Beamte in privaten Unternehmen, 1999, 34, 41.
15Erforderlich für die Annahme einer (rechtmäßigen) Versetzung ist deswegen neben der dauernden - d. h. zeitlich nicht befristeten - personalpolitischen Zuordnung des Beamten zur neuen Dienststelle, dass diese Zuordnung zur Wahrnehmung eines dem statusrechtlichen Amt oder im Falle des § 26 Abs. 2 BBG eventuell eines anderen Amtes einer anderen Laufbahn entsprechenden Tätigkeitsfeldes erfolgt, sie also auf die entsprechende Eingliederung des Versetzten in die Arbeitsabläufe der neuen Dienststelle zielt. Dies setzt zumindest voraus, dass ein entsprechendes Tätigkeitsfeld - jedenfalls abstrakt - bei der Behörde überhaupt angesiedelt ist. Hieran könnte es vorliegend auch fehlen, wenn man die Aufgabe der PSA in den Vordergrund stellt, ihr zugewiesene Arbeitnehmer und Beamte anderweitig zu vermitteln. Mit Ausnahme derjenigen, die in der Arbeitsvermittlung selbst beschäftigt sind, werden - auch abstrakt - für die zugewiesenen Arbeitnehmer und Beamten insoweit keine dauerhaften Aufgaben und Tätigkeitsbereiche vorgehalten, sodass die Folgen einer gegen den Willen des Beamten erfolgten Versetzung zur PSA im Wesentlichen schon denen einer Zwangsbeurlaubung (§ 60 BBG) vergleichbar sind - dies mit der einzigen Ausnahme, dass der Beamte sich jederzeit für eine (Weiter-) Beschäftigung bereit halten muss. Eine andere Einschätzung ergibt sich allerdings, wenn man in den Blick nimmt, dass die PSA neben der Vermittlung eines dauerhaften Arbeitsplatzes zugleich auch im Hinblick auf den vorübergehenden Einsatz der ihr zugewiesenen andernorts "arbeitslos" gewordenen Beamten ebenso wie in Bezug auf die ihr zugewiesenen Arbeitnehmer als Leiharbeitsfirma auftritt. Hieraus ließe sich eine für die Annahme einer Versetzung erforderliche hinreichende - zeitlich nicht befristete - Eingliederung der zugewiesenen Beamten in die PSA als neue Dienststelle für die Zeit bis zur Vermittlung auf einen neuen dauerhaften Arbeitsplatz vertreten, welchen die PSA gewissermaßen als bei ihr gebündeltes Potential vorhält.
16Demnach ist die zunächst unbefristete, aber auch nicht auf Dauer beabsichtigte Zuweisung der Beamten zur PSA als neuer Dienststelle für die Zeit bis zur Vermittlung auf einen dauerhaften Arbeitsplatz mit Blick auf die Bewältigung der bereichsbezogenen, tatsächlich vorhandenen Personalüberhänge innerhalb der Deutschen Telekom AG im Allgemeinen rechtlich vertretbar. Die Rechtmäßigkeit einer solchen Zuweisung als Versetzung setzt aber in einem Fall wie dem vorliegenden, in welchem bereits im Zeitpunkt der Zuweisung zur PSA feststeht, dass nach der Versetzung zur PSA keine unmittelbare (amtsangemessene) Weiterbeschäftigung erfolgen wird, voraus, dass in der abgebenden Dienststelle durch die geforderten Organisations- und Aufgabenveränderungen solche Personalüberhänge tatsächlich entstanden sind, durch die dem Dienstherrn eine (amtangemessene) Weiterbeschäftigung der bisher eingesetzten Beamten unmöglich oder unzumutbar geworden ist.
17Vgl. dazu OVG NRW, Beschlüsse vom 24. Juli 2003 - 1 B 635/03 - und vom 01. September 2003 - 1 B 1347/03 -.
18Diese Anforderungen gehen über das eine Versetzung begründende dienstliche Bedürfnis in Form des Personalüberhangs i.S.d. § 26 Abs. 2 BBBG hinaus. Sie rechtfertigen sich aus dem Umstand, dass die Unmöglichkeit einer Weiterbeschäftigung bei der aufnehmenden Dienststelle regelmäßig auch dann zur Rechtswidrigkeit der Versetzungsverfügung führt, wenn diese - wie bei der Zuweisung zur PSA naturgemäß - nur mit einem Bedarf für die Hinwegversetzung begründet worden ist.
19Vgl. OVG NRW wie zuvor und Plog/Wiedow/ Beck/Lemhöfer, a.a.O., § 26 Rn. 23 a.
20Diese Anforderungen an eine Versetzung zur PSA sind erfüllt. Aufgrund der nach Aktenlage erkennbaren Umstände ist festzustellen, dass eine Weiterbeschäftigung der Antragstellerin auf ihrem bisherigen Dienstposten nicht mehr in Betracht kam. Die Antragstellerin war auf einem Dienstposten eingesetzt, der einer aus vier Dienstposten bestehenden Organisationseinheit zugeordnet war. Es handelte sich um den Bereich "Marketing Supporter Zielmarkt, AtNr. 125 21 (...) in der Aufgabengruppe CCZ". Im Rahmen der Neuorganisation der Kundendirektion X. sollten infolge der Beschlussfassung der zuständigen Clearingstelle der Geschäftskunden - Niederlassung X. in E. zwei der vier Dienstposten endgültig entfallen, sodass nach vorheriger Auswahl eine entsprechende Versetzung zweier Beamter erforderlich wurde. Die Auswahl der beiden zu versetzenden Dienstposteninhaber ist rechtsfehlerfrei erfolgt. Die Beklagte nimmt die hier in Rede stehenden Personalmaßnahmen nach Maßgabe eines Tarifvertrages - "Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung" (TV Ratio) - vor, der mit gewissen Modifikationen aufgrund der Verfügung HRM5-4, Mark N. , Arbeitgeberverband Telekom vom 02. Oktober 2002 auch für die bei der Antragsgegnerin beschäftigten Beamten gilt. Das darin für die Fälle einer Personalauswahl ("Identifikation") vorgesehene Auswahlverfahren (vgl. § 3 TV Ratio i.V.m. Anlage 1 zu dieser Vorschrift) hat die Antragsgegnerin beachtet. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen (Blatt 3 des amtlichem Umdrucks, dort Absatz 2). Die nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO maßgeblichen, im Beschwerdeverfahren gegen diese Einschätzung erhobenen Einwände der Antragstellerin verfangen nicht. Nach den einschlägigen Bestimmungen - Ziffer 3 Abs. 2 der Anlage 1 zu § 3 TV Ratio - ist im Falle einer Auswahl unter anderem nach "Alterskategorien" vorzugehen. Stehen bei mehren Alterskategorien je eine Person pro Kategorie zur Auswahl, ist von den mit weniger "Sozialpunkten" bewerteten Personen diejenige auszuwählen (zu "identifizieren"), die als leistungsfähiger eingestuft ist, hier in die "Leistungskategorie 1". Die damit indizierte Hinwegversetzung von leistungsstärkeren Mitgliedern mit vergleichsweise wenigen Sozialpunkten verstößt entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht gegen den Grundsatz der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG). Die Bestenauslese oder der Leistungsgrundsatz sind nach dem Wortlaut des Grundgesetzes und der konkretisierenden einfachgesetzlichen Vorschriften (hier: §§ 8 Abs. 1 und 23 BBG und § 1 BLV) Prinzipien, die regelmäßig nur bei der Vergabe von Ämtern und Dienstposten zu berücksichtigen sind, grundsätzlich jedoch nicht bei der Entscheidung, welche Dienstposteninhaber bei Wegfall des "Arbeitsplatzes" wegversetzt werden sollen. Das der Antragsgegnerin in § 26 BBG eröffnete Ermessen kann in verschiedener Weise ausgefüllt werden, wobei sie sich durch die oben genannte Verfügung vom 02. Oktober 2002 dahin gehend gebunden hat, die für Arbeitnehmer geltenden tarifvertraglichen Vorschriften entsprechend und mit gewissen Modifikationen anzuwenden. Insoweit mag es - wie von der Antragstellerin vorgetragen - aus Sicht des Betroffenen und auch unter Berücksichtigung der objektiven Interessen der Deutschen Telekom AG zweifelhaft sein, in den beschriebenen Konfliktfällen ausgerechnet die leistungsstärkeren Bediensteten für die Wegversetzung zur PSA vorzusehen. Dies zu entscheiden obliegt jedoch der Antragsgegnerin, die sich ausweislich des anzuwendenden Regelwerks sowie des in den Verwaltungsvorgängen befindlichen tabellarischen Materials dazu entschieden hat, verschiedene allgemeine soziale und familiäre Gesichtspunkte neben der "Betriebszugehörigkeit", dem Alter und dem aktuellen Leistungsstand in die - schematisierten - Erwägungen einzubeziehen. Dass dies vorliegend aufgrund besonderer Gegebenheiten konkret ermessensfehlerhaft wäre, ist nicht erkennbar.
21Die Tatsache, dass die Antragstellerin infolge der Personalmaßnahme bei der PSA derzeit nicht durchgehend und auch nur unterwertig beschäftigt wird, etwa in einer sogenannten Projekttätigkeit als Hostess, ist infolge des Wegfalls des bisherigen Dienstpostens und der bei der PSA bestehenden Besonderheiten grundsätzlich hinzunehmen. Die PSA dient dazu, für die Betroffenen eine Anschlusstätigkeit zu vermitteln und gegebenenfalls erforderliche Qualifizierungsmaßnahmen vorzunehmen. Sie stellt nur in ganz geringem Umfang neue dauerhafte Arbeitsplätze bzw. Dienstposten zur Verfügung und kann im Regelfall nur als konzerneigenes Arbeitsamt oder wie eine Leiharbeitfirma tätig werden.
22Der Rechtmäßigkeit der Maßnahme steht auch nicht entgegen, dass die Antragstellerin infolge der Neubewertung ihres früheren Dienstpostens seit dem 01. Januar 2003 gemessen an dem ihr übertragenen Amt unterwertig beschäftigt war. Dass die Antragsgegnerin die Wertigkeit des damals von der Antragstellerin konkret inne gehabten Dienstpostens in den Bereich von A 8 bis A 9 BBesO eingestuft hatte, ändert nichts an der Tatsache, dass der Dienstposten entfallen ist und die Notwendigkeit einer Versetzung oder Umsetzung bestand. Eine vorübergehende unterwertige Beschäftigung hat der Beamte darüber hinaus grundsätzlich hinzunehmen, und hinreichende Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Ausübung des dem Dienstherrn eröffneten Organisationsermessens sind nicht erkennbar. Sie werden von der Antragstellerin auch nicht bzw. nicht substantiiert vorgetragen.
23Im Ergebnis nicht anders wäre zu entscheiden gewesen, wenn einstweiliger Rechtsschutz nur nach § 123 Abs. 1 VwGO statthaft gewesen wäre. In diesem Fall hätte der Senat aus den gleichen Gründen nicht die Feststellung treffen müssen, dass die Antragsgegnerin vorläufig nicht berechtigt wäre, aus der angefochtenen Verfügung Rechtsfolgen zu ziehen und von der Antragstellerin deren Befolgung zu verlangen.
24Vgl. zu der Problematik OVG NRW, Beschluss vom 10. Juni 2002 - 1 B 755/02 -.
25Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 14 Abs. 1, 20 Abs. 3 GKG.
26Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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