Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 A 4733/04.PVL
Tenor
1. Das Beschwerdeverfahren des Beteiligten wird eingestellt.
2. Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e
2I.
3Die Stadt C. führt ihr Theater sowie ihr Philharmonisches Orchester als eigenbetriebsähnliche Einrichtung ohne Rechtspersönlichkeit unter der Bezeichnung "Bühnen und Orchester der Stadt C. " (im Folgenden: Einrichtung "Bühnen und Orchester"). Die Leitung dieser Einrichtung obliegt der Werkleitung, die aus dem Intendanten und dem Verwaltungsdirektor besteht. Die Einrichtung "Bühnen und Orchester" ist keine selbständige Dienststelle im Sinne des § 1 Abs. 3 LPVG NRW.
4Mit einem am 14. März 2002 abgeschlossenen und bis zum 17. Juli 2003 befristeten Dienstvertrag wurde Herr U. C1. als Orchestergeschäftsführer eingestellt. Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 des Vertrages übt Herr C1. eine überwiegend künstlerische Tätigkeit aus. Darüber hinaus enthält § 4 Abs. 2 des Vertrages eine inhaltliche Beschreibung der vertragsgegenständlichen Tätigkeit. In § 6 Abs. 2 des Vertrages heißt es:
5 Im übrigen richtet sich das Vertragsverhältnis nach dem Normalvertrag und den sonstigen zwischen dem Deutschen Bühnenverein - Bundesverband deutscher Theater - und der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger abgeschlossenen Tarifverträgen."
6Mit im Wesentlichen inhaltsgleichem Vertrag vom 5. Mai 2003 wurde das Arbeitsverhältnis mit Herrn C1. bis zum 17. Juli 2005 verlängert.
7Ebenfalls mit befristeten Dienstverträgen wurden Herr G. L. als Technischer Inspektor, Vertreter des Technischen Direktors in Sanierungs- und Umbaufragen und Werkstättenleiter für alle Kunstgattungen, Frau L1. N. und Frau B. -L2. F. als Gewandmeisterinnen für alle Kunstgattungen, Herr S. I. als Technischer Direktor für alle Kunstgattungen sowie Frau E. T. als Theatermalerin für alle Kunstgattungen eingestellt.
8Keiner der Beschäftigten hatte die Beteiligung des Antragstellers beantragt.
9Trotz eines entsprechenden Verlangens des Antragstellers lehnte der Beteiligte die Einleitung von Mitbestimmungsverfahren in Hinblick auf die Einstellung der genannten Beschäftigten ab und verwies den Antragsteller diesbezüglich auf den Rechtsweg.
10Am 5. November 2003 hat der Antragsteller das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet.
11Zur Begründung hat der Antragsteller geltend gemacht: Sein Mitbestimmungsrecht sei weder nach § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 3 LPVG NRW wegen einer Beschäftigung nach dem Bühnennormalvertrag noch nach § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 Alt. 3 LPVG NRW wegen einer überwiegend künstlerischen Tätigkeit ausgeschlossen. Grundsätzlich gelte, dass die Bezugnahme auf einen Tarifvertrag in einem Arbeitsvertrag ebenso wenig zum Ausschluss von Mitbestimmungsrechten führen könne wie die Vereinbarung, es werde eine überwiegend künstlerische Tätigkeit ausgeübt. Eine Beschäftigung nach dem Bühnennormalvertrag liege in keinem der streitgegenständlichen Fälle vor. Der Begriff Bühnennormalvertrag" müsse - auch wenn es sich bei der gesetzlichen Verweisung auf das Bühnentarifrecht um eine dynamische Verweisung handele - entsprechend der Intention des historischen Gesetzgebers ausgelegt werden und erfasse nur die Berufsgruppen, die unter die bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Tarifverträgen NVSolo und NVChor/Tanz gefallen seien. Alle anderen Bühnenberufe, insbesondere Tätigkeiten im Bereich der Bühnentechnik bzw. der Bühnenverwaltung, fielen nicht unter diesen Begriff. Die Tatsache, dass der seit dem 1. Januar 2003 geltende Tarifvertrag NVBühne nunmehr zahlreiche Berufe aus dem Bereich der Bühnentechnik und der Bühnenverwaltung erfasse, ändere daran nichts. Insbesondere der ursprünglich vom NVSolo erfasste Bereich sei durch den NVBühne maßlos und über die Intention des historischen Gesetzgebers hinaus erweitert worden. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der NVBühne in den Geltungsbereich anderer, von der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di abgeschlossener Tarifverträge (BAT, B-MTG) eingreife. Für den Bereich der Bühnentechniker sei aber nach wie vor ver.di der kompetente Tarifvertragspartner, da die Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger bzw. die Vereinigung Deutscher Opernchöre, die den NVBühne abgeschlossen hätten, kaum Mitglieder aus diesem Bereich hätten. Außerdem ergebe sich aus der Gesetzessystematik, dass unter § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 3 LPVG nur Beschäftigte fielen, die ausschließlich künstlerisch tätig seien. Schließlich sei die Anwendung des NVBühne auf die Arbeitsverhältnisse von Beschäftigten, die - wie im vorliegenden Fall - nicht künstlerisch tätig seien, rechtsmissbräuchlich. Die betroffenen Beschäftigten seien auch nicht überwiegend künstlerisch tätig, vielmehr sei ihr Aufgabenbereich von organisatorischen, technischen oder handwerklichen Aufgaben geprägt, hinter denen künstlerische Tätigkeiten, so sie überhaupt feststellbar seien, zurückträten.
12Der Antragsteller hatte zunächst einen abstrakten Hauptantrag und einen konkreten Hilfsantrag gestellt. Im Anhörungstermin vor der Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen hat der Antragsteller erklärt, den Hauptantrag nicht weiterzuverfolgen.
13Der Antragsteller hat beantragt,
14"festzustellen, dass die in dem Abschluss der Arbeitsverträge mit
15- Herrn U. C1. als Geschäftsführer des Orchesters, eingestellt am 15. März 2002, in der Fassung des Arbeitsvertrages vom 05. Mai 2003,
16- Herrn S1. I. als Technischem Direktor, eingestellt am 02. September 2002,
17- Herrn L3. G. L. als Technischem Inspektor und Werkstättenleiter, eingestellt am 01. Oktober 2002, in der Fassung des Arbeitsvertrages vom 01. Juli 2004,
18- Frau E. T. als Theaterplastikerin und Theatermalerin, eingestellt am 20. Januar 2003,
19- Frau L1. N. als Gewandmeisterin, eingestellt am 27. Mai 2002,
20- Frau M. F1. als Gewandmeisterin, eingestellt am 01. März 2004,
21liegenden Personalmaßnahmen auch ohne Antrag dieser Beschäftigten der Mitbestimmung des Antragstellers gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 LPVG-NRW unterliegen".
22Der Beteiligte hat beantragt,
23den Antrag abzulehnen.
24Zur Begründung hat er ausgeführt: Der Antrag sei weitgehend rechtsmissbräuchlich, da ein Mitglied des Personalrates, Herr Heinz T1. , bei der Einstellung der betroffenen Beschäftigten beteiligt gewesen bzw. nachträglich informiert worden sei. Das vom Antragsteller geltend gemachte Mitbestimmungsrecht sei gemäß § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 3 LPVG NRW ausgeschlossen, da sämtliche betroffenen Beschäftigten nach dem Bühnennormalvertrag beschäftigt würden. Hilfsweise berufe er sich auf § 72 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 Alt. 3 LPVG NRW, da die betroffenen Beschäftigten überwiegend künstlerisch tätig seien.
25Mit Beschluss vom 29. September 2004 hat die Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen beschlossen, das Verfahren, soweit es um die Beschäftigten I. , N. und F. geht, abzutrennen und unter dem Aktenzeichen 12 K 3286/04.PVL fortzuführen.
26In der Sache hat die Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen in dem Beschluss vom 29. September 2004 festgestellt, dass die in dem Abschluss der Arbeitsverträge mit Herrn L. als Technischem Inspektor und Werkstättenleiter und mit Frau T. als Theaterplastikerin und Theatermalerin liegenden Personalmaßnahmen auch ohne Antrag dieser Beschäftigten der Mitbestimmung des Antragstellers gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 LPVG NRW unterliegen. Den den Orchestergeschäftsführer U. C1. betreffenden Antrag hat die Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen abgelehnt. Soweit der Antrag zurückgenommen worden ist, hat die Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen das Verfahren eingestellt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt: Die Einstellung der Beschäftigten L. und T. unterliege nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 - 1. Mitbestimmungstatbestand - LPVG NRW der Mitbestimmung des Antragstellers, da das Mitbestimmungsrecht weder nach § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 3 LPVG NRW noch nach § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 LPVG NRW entfalle. Bei diesen Beschäftigten handele es sich nicht um Beschäftigte an Theatern, die nach dem Bühnennormalvertrag beschäftigt würden, und sie seien auch nicht überwiegend künstlerisch tätig. Ein Mitbestimmungsrecht an der Einstellung des Beschäftigten C1. scheitere an der Vorschrift des § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 3 LPVG NRW, da er im Sinne dieser Vorschrift nach dem Bühnennormalvertrag beschäftigt werde. Sofern auf die erstmalige Einstellung auf Grundlage des Dienstvertrags vom 14. März 2004 abgestellt werde, liege eine Beschäftigung nach dem Bühnennormalvertrag vor, da auf den Beschäftigten C1. der NVSolo Anwendung finde. Der Beschäftigte sei Person in ähnlicher Stellung" im Sinne des § 1 Abs. 2 NVSolo, weil er durch seine vertraglich festgeschriebene Tätigkeit unmittelbar an der Erarbeitung und Umsetzung der künstlerischen Konzeption der aufgeführten Werke mitwirke. Werde auf eine auf der Grundlage des Dienstvertrags vom 5. Mai 2003 beruhende Einstellung abgestellt, liege eine Beschäftigung nach dem Bühnennormalvertrag vor, weil die Geltung des NVBühne für den von diesem Beschäftigten ausgeübten Beruf gerechtfertigt und die Einbeziehung dieses Beschäftigten in den von § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 3 LPVG NRW erfassten Personenkreis von der dynamischen Verweisung auf den Bühnennormalvertrag gedeckt sei. Im Übrigen sei das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers hinsichtlich der Einstellung des Beschäftigten C1. auch gemäß § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 Alt. 3 LPVG NRW ausgeschlossen, da dieser überwiegend künstlerisch tätig sei und keinen Antrag auf Beteiligung des Antragstellers gestellt habe.
27Gegen den ihm am 23. Oktober 2004 zugestellten Beschluss hat der Prozessbevollmächtigte des Beteiligten am 23. November 2004 Beschwerde eingelegt und diese am 1. März 2005 begründet. Mit Schriftsatz vom 21. April 2006 hat der Prozessbevollmächtigte des Beteiligten die Beschwerde zurückgenommen.
28Die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers haben gegen den ihnen am 25. Oktober 2004 zugestellten Beschluss vom 22. November 2004 Beschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist um einen Monat am 24. Januar 2005 begründet.
29Mit Aufhebungsvertrag vom 27. März 2006 ist der Beschäftigte U. C1. im gegenseitigen Einvernehmen zum 31. Mai 2006 aus dem Dienstverhältnis mit der Stadt C. entlassen worden. Die Stelle des Orchestergeschäftsführers hat mit Vertrag vom 27. März 2006 Herr Frank M. am 11. Juni 2006 übernommen. Dieser ist auf der Grundlage eines Dienstvertrags beschäftigt, dessen Inhalt demjenigen entspricht, der mit dem Beschäftigten U. C1. abgeschlossen worden war.
30Zur Begründung der Beschwerde trägt der Antragsteller vor: Die dienstvertragliche Bezugnahme auf den NVBühne könne die Beteiligungsrechte des Personalrats nicht beseitigen. Die vertraglichen Regelungen verbunden mit dem Dienstverteilungsplan besagten in keiner Weise, ob die dort genannten Tätigkeiten auch tatsächlich ausgeführt würden. Der Beschäftigte C1. sei überwiegend im organisatorischen Bereich tätig und kümmere sich vor allem um die Erstellung von Dienstplänen sowie das Planen von Veranstaltungen und das Einteilen der Arbeit, vor allem der Büroarbeiten. Er habe keinerlei künstlerischen Einfluss oder Verantwortung auf den Spielplan oder die Spielplangestaltung. Eine nähere Betrachtung des Dienstverteilungsplans belege, dass die gesamte Verantwortung im künstlerischen und verwaltungstechnischen Bereich allein beim Generalmusikdirektor bzw. dem Verwaltungsdirektor liege. Aufgrund dessen sei der Orchestergeschäftsführer nicht an der unmittelbaren Erarbeitung und Umsetzung einer künstlerischen Konzeption beteiligt. Er schaffe allenfalls organisatorische Rahmenbedingungen, was aber nicht ausreiche. Der Orchestergeschäftsführer sei nur weisungsberechtigt gegenüber der Sekretärin des Generalmusikdirektors und gegenüber den Orchesterwarten. Die künstlerische Konzeption sei allein Angelegenheit des Generalmusikdirektors. Der Orchestergeschäftsführer sei insoweit allenfalls organisatorisch ausführendes Organ. Unter den Begriff des Bühnennormalvertrags im Sinne der gesetzlichen Bestimmung könne nur der Personenkreis subsumiert werden, der unter dem Geltungsbereich des NVSolo und des NVChor/Tanz gefallen sei. Der Geltungsbereich des NVSolo habe nur die dort in § 1 Nr. 2 genannten Bühnenmitglieder umfasst. Zu diesen zählten insbesondere nicht die eher dem bühnentechnischen oder dem Bühnenverwaltungsbereich zuzuordnenden Berufe wie unter anderem der des Orchestergeschäftsführers. Die Tatsache, dass der neue NVBühne eine ähnliche Bezeichnung habe wie der Bühnennormalvertrag in der Bestimmung des § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 3 LPVG NRW mache ihn noch nicht zu einem Bühnennormalvertrag im Sinne der gesetzlichen Bestimmung. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschäftigte C1. überwiegend künstlerisch tätig gewesen sei. Dies ergebe sich insbesondere nicht aus dem Dienstverteilungsplan und werde im Übrigen im Hinblick auf die faktische Ausübung seiner Tätigkeit auch ausdrücklich bestritten.
31Der Antragsteller hat seinen erstinstanzlichen Antrag, soweit er noch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist, dahingehend neu gefasst, dass er beantragt,
32festzustellen, dass die Einstellung eines Orchestergeschäftsführers unter den vertraglichen Bedingungen, auf denen das Beschäftigungsverhältnis des aus der Dienststelle ausgeschiedenen Beschäftigten U. C1. beruhte, der Mitbestimmung des Antragstellers unterliegt, auch wenn kein Antrag des Beschäftigten vorliegt.
33Der Antragsteller beantragt,
34den angefochtenen Beschluss zu ändern und dem erstinstanzlichen Antrag, soweit er noch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist, in seiner neuen Fassung zu entsprechen.
35Der Beteiligte beantragt,
36die Beschwerde zurückzuweisen.
37Zur Begründung führt er an: Da der Orchestergeschäftsführer unter § 1 Abs. 2 des NVBühne falle, sei die Mitbestimmung des Antragstellers nach § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 3 LPVG NRW ausgeschlossen. Im Übrigen sei der Orchestergeschäftsführer auch überwiegend künstlerisch tätig. Schwerpunkt seiner Arbeit sei die inhaltlich-künstlerische Unterstützung der Programm- und Konzeptionsarbeit des Generalmusikdirektors im Orchesterwesen. Entgegen der Auffassung des Antragstellers könne nicht davon ausgegangen werden, dass der ursprüngliche Bereich des NVSolo durch den NVBühne erweitert und der Versuch gemacht worden sei, Berufsgruppen in eine Dauerbefristungsregelung zu transportieren. Vielmehr seien in dem NVBühne die unter § 1 Abs. 2 NVSolo benannten Personen in ähnlicher Stellung konkretisiert worden und in § 1 Abs. 3 NVBühne die Personen des bisherigen Bühnentechnikertarifvertrags in den NVBühne aufgenommen worden.
38Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Beteiligten vorgelegten Unterlagen verwiesen.
39II.
401. Nachdem der Beteiligte seine Beschwerde gegen den Beschluss der Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen mit Schriftsatz vom 21. April 2006 zurückgenommen hat, ist dessen Beschwerdeverfahren einzustellen (§ 79 Abs. 2 Satz 1 LPVG NRW i.V.m. § 89 Abs. 4 Satz 2 ArbGG).
412. Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene und rechtzeitig begründete Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg.
42Der Antrag ist mit dem Teil, der allein noch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist, zulässig.
43Gegen die in diesem Teil erfolgte Neufassung des erstinstanzlichen Antrags bestehen keine Bedenken. Mit der vorgenommenen Umstellung von einem konkreten auf einen abstrakten Antrag hat der Antragsteller dem Umstand Rechnung getragen, dass der Beschäftigte U. C1. im Verlauf des Beschwerdeverfahrens endgültig aus der Dienststelle ausgeschieden ist und damit der im Zusammenhang mit dessen Beschäftigungsverhältnis entstandene konkrete Streit seine Erledigung gefunden hat.
44Dem abstrakten Antrag fehlt es nicht an dem erforderlichen Feststellungs- und Rechtsschutzinteresse. Der Streit über die vom Antrag umfasste abstrakte Rechtsfrage knüpft an einen konkret in der Dienststelle aufgetretenen Vorgang an und es steht zu erwarten, dass sich die streitige abstrakte Rechtsfrage auch in Zukunft mit mehr als nur geringfügiger Wahrscheinlichkeit erneut stellen wird. Denn an Stelle des Herrn C1. ist ein neuer Orchestergeschäftsführer zu im Wesentlichen gleichen Bedingungen eingestellt worden.
45Der Antrag ist aber unbegründet.
46Die Einstellung eines Orchestergeschäftsführers unter den vertraglichen Bedingungen, auf denen das Beschäftigungsverhältnis des aus der Dienststelle ausgeschiedenen Beschäftigten U. C1. beruhte, unterliegt nicht der Mitbestimmung des Antragstellers.
47Dass bei der Aufnahme der Tätigkeit eines Orchestergeschäftsführers die sich aus § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 - 1. Mitbestimmungstatbestand - LPVG NRW ergebenden Tatbestandsmerkmale für das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts bei einer Einstellung vorliegen, liegt auf der Hand und ist auch zwischen den Beteiligten nicht streitig. Allerdings besteht dieses Mitbestimmungsrecht nicht uneingeschränkt. Es ist vielmehr bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 3 LPVG NRW vollständig ausgeschlossen und bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 LPVG NRW von einem Antrag des jeweiligen Beschäftigten abhängig.
48Vorliegend ist das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers bereits durch § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 3 LPVG NRW vollständig ausgeschlossen, so dass es nicht darauf ankommt, ob ein entsprechender Antrag des Beschäftigten vorliegt.
49Nach § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 3 LPVG NRW gilt § 72 Abs. 1 Satz 1 LPVG NRW nicht für Beschäftigte an Theatern, die nach dem Bühnennormalvertrag beschäftigt werden. Diese Voraussetzungen sind in der Person eines Orchestergeschäftsführers, der unter denselben vertraglichen Bedingungen eingestellt wird, auf denen das Beschäftigungsverhältnis des aus der Dienststelle ausgeschiedenen Beschäftigten U. C1. beruhte, erfüllt.
50Der Bühnennormalvertrag im Sinne der vorbezeichneten Bestimmung ist eine Sammelbezeichnung für diejenigen tarifvertraglichen Regelwerke, die die Arbeitsverhältnisse der Bühnenkünstler in verschiedenen Sparten normativ gestalten. Es waren dies bis 31. Dezember 2002 der Normalvertrag Solo - NVSolo - vom 1. Mai 1924, zuletzt geändert durch Tarifvertrag vom 12. Juli 1993, sowie der Normalvertrag Chor/Tanz - NVChor/Tanz - vom 2. November 2000, geändert durch Tarifvertrag vom 17. April 2001. Die Verweisung auf das Bühnentarifrecht in § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 3 LPVG NRW ist dynamisch. Angesichts der gegenwartsbezogenen Formulierung der Vorschrift ("... beschäftigt werden") sind die maßgeblichen Bestimmungen des Bühnentarifrechts in der jeweiligen aktuellen Fassung zugrunde zu legen, die in demjenigen Zeitpunkt gelten, in welchem die etwaige personalvertretungsrechtliche Beteiligung ansteht. Aufgrund dieser dynamischen Verweisung hat als Bühnennormalvertrag im Sinne des § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 3 LPVG NRW nunmehr der Normalvertrag Bühne - NVBühne - vom 15. Oktober 2002 zu gelten, der ab 1. Januar 2003 den Normalvertrag Solo und den Normalvertrag Chor/Tanz abgelöst hat (vgl. § 1 Buchst. a und s des Begleittarifvertrages zum NVBühne).
51Vgl. zum Ganzen: BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 2003 - 6 P 4.03 -, Buchholz 251.7 § 72 NWPersVG Nr. 31 = PersR 2004, 30 = ZTR 2004, 104.
52Der Orchestergeschäftsführer in der Einrichtung "Bühnen und Orchester" wird nach dem Normalvertrag Bühne beschäftigt. Als solcher ist er Solomitglied nach § 1 Abs. 1 und 2 NVBühne.
53Dies folgt allerdings nicht schon daraus, dass sich nach § 6 Abs. 2 des Dienstvertrags das Vertragsverhältnis über die getroffenen Einzelabreden hinaus nach dem Normalvertrag und den sonstigen zwischen dem Deutschen Bühnenverein - Bundesverband deutscher Theater - und der Genossenschaft Deutscher Bühnen- Angehöriger abgeschlossenen Tarifverträgen richtet. Maßgeblich ist vielmehr, dass der Orchestergeschäftsführer nach seiner arbeitsvertraglich festgelegten beruflichen Funktion unter den persönlichen Geltungsbereich des Normalvertrags Bühne fällt. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass die Tarifvertragsparteien aufgrund ihrer spezifischen Erfahrung am ehesten in der Lage sind, den Kreis derjenigen Personen zu definieren, deren Arbeitsverhältnisse aufgrund ihrer besonderen Nähe zum künstlerischen Geschehen am Theater besonderer Regelungen bedürfen, die sich von sonst im öffentlichen Dienst geltenden wesentlich unterscheiden. Für die Bestimmung des von § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 3 LPVG NRW erfassten Personenkreises sind daher diejenigen Tarifnormen maßgeblich, die den persönlichen Geltungsbereich des Normalvertrags Bühne beschreiben. Einschlägig sind hier § 1 Abs. 1 und 2 NVBühne.
54Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 2003 - 6 P 4.03 -, a.a.O.
55Dass § 1 Abs. 2 NVBühne mit seiner Definition des Solomitgliedes namentlich mit Blick auf die umfassende Aufzählung beruflicher Funktionen über die Definition des Bühnenmitglieds in § 1 Abs. 2 NVSolo hinausgeht, wirft in Bezug auf die Anwendung im Rahmen von § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 3 LPVG NRW keine Bedenken auf. Mit seiner Verweisung auf das jeweils aktuelle Bühnentarifrecht hat der Gesetzgeber zugelassen, dass die Tarifvertragsparteien den Entwicklungen des modernen Theaterbetriebes folgend den Kreis der Bühnenmitglieder ausweiten würden.
56Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 2003 - 6 P 4.03 -, a.a.O.
57Mit dieser zukunftsoffenen Vorstellung des Gesetzgebers steht im Einklang, dass § 1 Abs. 2 NVBühne als Solomitglieder nunmehr ausdrücklich auch Orchestergeschäftsführer aufführt.
58Denn die Tätigkeit eines Orchestergeschäftsführers ist gekennzeichnet durch ihre besondere Anbindung an die - genuin künstlerische - Tätigkeit des Generalmusikdirektors. Der Orchestergeschäftsführer steht bei seiner Tätigkeit in einem besonderen Näheverhältnis zum Generalmusikdirektor und arbeitet eng mit diesem zusammen. Sein Tätigkeitsbereich ist geprägt durch die Unterstützung des Generalmusikdirektors bei dessen vielfältigen, unzweifelhaft dem künstlerischen Bereich zuzuordnenden Aufgaben.
59Dies findet seine Bestätigung in den detailliert aufgeführten Aufgabenstellungen nach dem Dienstverteilungsplan der Einrichtung "Bühnen und Orchester", die nach übereinstimmenden Bekundungen des Antragstellers und des Beteiligten typisch für das Berufsbild eines Orchestergeschäftsführers sind. Dort ist das Tätigkeitsfeld des Orchestergeschäftsführers allgemein dahingehend beschrieben, dass diesem grundsätzlich die Aufgaben obliegen, die ein spezielles fachliches Verständnis als Orchestermusiker voraussetzen. Aus der sich daran anschließenden beispielhaften Aufzählung der Angelegenheiten, die unter diese allgemeine Aufgabenbeschreibung zu fassen sind, ist insbesondere hervorzuheben, dass es dem Orchestergeschäftsführer obliegt, die Orchesterbesetzung für Konzerte, Opern, Operetten usw. in Zusammenarbeit mit dem Generalmusikdirektor bzw. dem Kapellmeister zu regeln, dass er für die Spielfähigkeit des Orchesters in der vorgeschriebenen Besetzung verantwortlich ist und dass er bei der Programmgestaltung des Orchesters und dessen Präsentation im Außenauftritt nach den künstlerischen Vorstellungen des Generalmusikdirektors mitarbeitet. Im Weiteren obliegt dem Orchestergeschäftsführer die Vorbereitung und Durchführung von Marketingmaßnahmen und Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit in Abstimmung mit dem Generalmusikdirektor, die Teilnahme an Regiesitzungen, Spielplan- und Dispositionsgesprächen mit dem Generalmusikdirektor, Intendanten, künstlerischen Betriebsbüro und Orchestervorstand sowie die Beratung des Generalmusikdirektors und Verwaltungsleiters bei den ihnen obliegenden Orchesterverwaltungsarbeiten. Zu erwähnen ist schließlich auch noch, dass der Orchestergeschäftsführer die Stellenausschreibungen vorbereitet, an der Bewerberauswahl teilnimmt und die Aushilfsmusiker verpflichtet. All diese Aufgaben belegen - auch unter Berücksichtigung der ebenfalls wahrzunehmenden Aufgaben im administrativen und organisatorischen Bereich -, dass das Tätigkeitsfeld des Orchestergeschäftsführers zwar auf der Schnittstelle zwischen dem künstlerischen Bereich und dem Bereich der Bühnenverwaltung liegt, seinem Schwerpunkt nach aber durch die besondere Anbindung an den künstlerischen Bereich und insbesondere die Aufgaben des Generalmusikdirektors künstlerisch geprägt ist. Damit unterscheidet sich die Tätigkeit einer Orchestergeschäftsführer auch ganz wesentlich von der Tätigkeit eines Geschäftsführers in einem wirtschaftlichen Unternehmen.
60Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist es deshalb - ähnlich wie bei einem Referenten für Öffentlichkeitsarbeit
61- vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 2003 - 6 P 4.03 -, a.a.O. -
62oder einem Referenten des Intendanten
63- vgl. dazu Beschluss des Fachsenats vom 9. Juni 2004 - 1 A 2774/02.PVL -, PersR 2005, 81 = PersV 2004, 420 = ZTR 2005, 110 -
64gerechtfertigt, dass die Tarifvertragsparteien die Orchestergeschäftsführer nunmehr grundsätzlich demselben Regelwerk unterwerfen wie die Einzeldarsteller und alle sonstigen Personen, die traditionell zu den Bühnenmitgliedern zählen. Die Einbeziehung dieses Personenkreises in den Ausschlusstatbestand des § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 3 LPVG NRW ist die Beachtung der aufgezeigten verfassungsrechtlichen Grenzen von der dynamischen Verweisung auf den Bühnennormalvertrag gedeckt. Die Orchestergeschäftsführer sind in ähnlicher Weise kunst- und bühnenbezogen tätig wie diejenigen Personen, die in der Aufzählung des § 1 Abs. 2 NVSolo enthalten waren und die der Gesetzgeber bei der Schaffung des Ausschlusstatbestandes im Blick hatte. Der Gesetzgeber kann die Position eines Orchestergeschäftsführers als Vertrauensstellung ansehen, deren Besetzung er der Theaterleitung allein überlassen will. Dass diese tarifliche Weiterentwicklung Leitvorstellungen des nordrhein-westfälischen Landesgesetzgebers im Bereich des Personalvertretungsrechts zuwiderläuft, kann nicht festgestellt werden.
65Da für das Vorliegen einer Beschäftigung auf der Grundlage eines Bühnennormalvertrags i.S.v. § 72 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 3 LPVG NRW maßgeblich darauf abzustellen ist, ob der betreffende Beschäftigte nach seiner arbeitsvertraglich festgelegten Funktion unter den persönlichen Geltungsbereich des Normalvertrags Bühne fällt
66- vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Oktober 2003 - 6 P 4.03 -, a.a.O. -,
67kommt es nicht auf die vom Antragsteller für erforderlich erachtete Aufklärung an, wie die konkrete Tätigkeit des Orchestergeschäftsführers U. C1. ausgestaltet gewesen ist. Dieser Umstand könnte allenfalls dann erheblich sein, wenn Anhaltspunkte dafür bestünden, dass - um die Mitbestimmungsrechte des Personalrats auszuschließen - nur formal im Arbeitsvertrag eine Funktion festgelegt worden ist, die aber tatsächlich nicht ausgeübt werden soll. Davon kann vorliegend aber nicht die Rede. Vielmehr ist im Gegenteil festzustellen, dass der Orchestergeschäftsführer U. C1. in vielfältiger Weise im künstlerischen Bereich tätig gewesen ist, indem er etwa den Generalmusikdirektor bei der Programmgestaltung beraten, selbständig Konzerte und andere musikalische Produktionen erarbeitet und organisiert sowie die Arbeit der Einrichtung in der Öffentlichkeit dargestellt hat. Dem entsprechen auch sowohl die Angaben zum Schwerpunkt der Arbeit des Orchestergeschäftsführers in § 4 Abs. 2 des Dienstvertrags als auch die Beschreibung der Tätigkeiten des Orchestergeschäftsführers in der Stellenausschreibung.
68Dass es sich bei der Einrichtung "Bühnen und Orchester" um eine von einer deutschen Gemeinde getragene Bühne im Sinne von § 1 Abs. 1 NVBühne handelt, hat die Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen zutreffend festgestellt, was von den Beteiligten auch nicht in Frage gestellt worden ist.
69Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren.
70Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss zu 2. ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.
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