Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 13 E 600/11
Tenor
Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers wird die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Münster vom 31. Januar 2011 geändert.
Der Streitwert wird auf 20.000,-- Euro festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen
1
G r ü n d e:
2Über die im eigenen Namen (§ 32 Abs. 2 Satz 1 RVG) von den Bevollmächtigten des Antragstellers eingelegte Streitwertbeschwerde entscheidet der Senat, weil in der ersten Instanz eine förmliche Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter nicht erfolgt ist und deshalb eine Entscheidungsbefugnis des Berichterstatters des Beschwerdegerichts gem. §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 6 Satz 1 GKG nicht besteht.
3Vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 19. Januar 2005 11 TE 3706/04 -, NVwZ-RR 2005, 583; OVG NRW, Beschlüsse vom 28. Oktober 2009 - 13 E 1347/09 -, und vom 18. Dezember 2008 - 13 E 1654/08 -; a. A.: Hamb. OVG; Beschluss vom 9. November 2010 - 3 So 157/10 -, NVwZ-RR 2011, 303.
4Die Beschwerde gegen die in Höhe von 5.000 Euro (§ 52 Abs. 2 GKG) erfolgte Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
5Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 2 GKG). Mit der Befugnis, den Streitwert nach richterlichem Ermessen zu bestimmen, ist dem Gericht im Interesse der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung die Möglichkeit eingeräumt, den Wert des Streitgegenstandes zu schätzen, sich einer weitgehenden Schematisierung und Typisierung für gleichartige Streitigkeiten zu bedienen und zu pauschalieren.
6Gegenstand des Verfahrens war der Antrag auf Unterlassung bestimmter Äußerungen der Antragsgegnerin in Zusammenhang mit einem Zeitungsinterview ihres Präsidenten bzw. mit Zeitungsberichten. Bei einem solchen Begehren richtet sich der Streitwert grundsätzlich nach der zu schätzenden Beeinträchtigung - auch der wirtschaftlichen Interessen - des Betroffenen, die von dem beanstandeten Verhalten verständigerweise zu besorgen ist und die mit dem prozessualen Begehren beseitigt werden soll.
7Vgl. Zöller/Herget, ZPO, 28. Aufl., § 3 Rdnr. 16, Stichwort: Unterlassung; LAG Rh.-Pf., Beschluss vom 17. Mai 2010 - 1 Ta 58/10 -, juris; LAG Köln, Beschluss vom 6. Juni 2003 - 13 (3) Ta 23/03 -, juris.
8Der Streitwert in Hauptsache-Verfahren wegen Unterlassens von Äußerungen wird dabei häufig, wie auch vom Verwaltungsgericht erfolgt, mit dem Auffangwert nach § 52 Abs. 2 GKG angenommen.
9Vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 3. April 2006 - 7 B 95/05 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 17. Februar 2009 - 13 A 2852/08 -, juris.
10Der Auffangwert wird aber auch häufig, so nach Auffassung des Senats auch in diesem Fall, den Interessen des Betroffenen nicht hinreichend gerecht. Der Antragsteller sieht sich einer intensiven Berichterstattung in der Presse über die Vorfälle in F. im Februar 2008 gegenüber, die zwar wohl weitgehend durch Presseveröffentlichungen in F. selbst veranlasst sind, für die der Antragsteller aber auch einen Zusammenhang mit Zeitungsinterviews durch Repräsentanten der Antragsgegnerin sieht. Dass die Zeitungsberichte geeignet sind, den Antragsteller in seiner beruflichen Ehre und in seiner beruflichen Tätigkeit als niedergelassener Arzt in X. zu beeinträchtigen, kann unabhängig davon, dass diese Frage in diesem Verfahren wegen der Erledigungserklärungen der Beteiligten nicht abschließend geklärt worden ist, angenommen werden. Dabei bleibt der vom Antragsteller geschilderte Vorfall im Juni 2010 während eines Kongresses in M. , wo er von den Söhnen eines in F. verstorbenen, von ihm behandelten Patienten beschimpft worden sei, wegen des direkten Angehens und wegen der insoweit nicht erkennbaren unmittelbaren Zusammenhangs mit den Zeitungsberichten außer Betracht.
11Die interessengerechte Bemessung des Streitwerts kann andererseits nicht an die Wertannahme in Zusammenhang mit approbationsrechtlichen Maßnahmen anknüpfen, aber auch nicht an einen prozentualen Wert in Bezug auf den Jahresverdienst des Antragstellers als Arzt. Der approbationsrechtliche Bereich wird mit dem Begehren auf Unterlassen bestimmter Äußerungen nicht unmittelbar tangiert. Für einen Wert in Relation zum behaupteten Jahresverdienst wäre – unabhängig davon, ob der angegebene Jahresverdienst von 130.000 Euro zutreffend ist – nur dann Raum, wenn konkret geltend gemacht worden wäre, in welchem Umfang Patienten wegen der Zeitungsberichte der Praxis des Antragstellers ferngeblieben sind; das ist nicht geschehen. Der gesamte (wirtschaftliche) Wert der Praxis steht, da der Antragsteller offenbar weiter als Arzt tätig ist, ohnehin nicht als Ansatz für die Streitwertbestimmung an.
12Im Rahmen des bei der Streitwertfestsetzung bestehenden Ermessens hält der Senat unter Berücksichtigung dessen, dass das Begehren des Antragstellers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes weitgehend der Bedeutung eines entsprechenden Verfahrens der Hauptsache entsprach, einen Streitwert von 20.000 Euro für angemessen und ausreichend. Mit diesem Wert wird dem Begehren auf Unterlassen von Äußerungen, die ihn in seiner Berufsehre betreffen und eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts bewirken (können), nach Auffassung des Senats hinreichend Rechnung getragen.
13Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
14Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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