Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 2 B 1525/11
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,- Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde mit dem (sinngemäßen) Antrag,
3den angefochtenen Beschluss zu ändern und den Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage - 1 K 1956/11 - gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 23. August 2011 abzulehnen,
4ist zulässig und begründet.
5Die in der Beschwerdebegründung von der Antragsgegnerin dargelegten Gründe führen zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung.
6Der Eilantrag des Antragstellers ist zulässig, aber unbegründet.
71. Die - zulässigerweise - nachträglich am 9. September 2011 erfolgte Anordnung der sofortigen Vollziehung des Feststellungsbescheids vom 23. August 2011 über das Erlöschen der Baugenehmigung vom 22. April 2008 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 15. September 2008 ist in formaler Hinsicht nicht zu beanstanden. Insbesondere hat die Antragsgegnerin sie mit dem Hinweis auf die formelle Ordnungsfunktion des Baurechts und auf das öffentliche Interesse an der Verhinderung formell illegalen Bauens den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechend begründet.
8Vgl. zu diesem Punkt etwa OVG NRW, Beschluss vom 1. Dezember 2010 - 2 B 1514/10 -, S. 3 des amtlichen Umdrucks.
92. Die in materieller Hinsicht vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus.
10Maßgebliches Kriterium innerhalb der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung sind zunächst die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache. Erweist sich der angefochtene Verwaltungsakt bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als zu Lasten des Antragstellers offensichtlich rechtswidrig, überwiegt grundsätzlich das private Aussetzungsinteresse die gegenläufigen privaten und/oder öffentlichen Vollzugsinteressen. Stellt der Verwaltungsakt sich als offensichtlich rechtmäßig dar, überwiegt in der Regel das Vollzugsinteresse. Lässt sich hingegen bei summarischer Überprüfung eine Offensichtlichkeitsbeurteilung nicht treffen, kommt es entscheidend auf eine Abwägung zwischen den für eine sofortige Vollziehung sprechenden Interessen einerseits und dem Interesse des Betroffenen an einer Aussetzung der Vollziehung bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren andererseits an. Die Erfolgsaussichten sind dabei auch unabhängig von einer fehlenden Offensichtlichkeit einzubeziehen. Je höher diese sind, umso größer ist das Interesse an der aufschiebenden Wirkung. Sind die Erfolgsaussichten demgegenüber gering, fällt das Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts stärker ins Gewicht.
11Gemessen an diesem Maßstab überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Der Feststellungsbescheid vom 23. August 2011 ist offensichtlich rechtmäßig (dazu a). Ein besonderes öffentliches Vollzugsinteresse liegt vor (dazu b).
12a) Der Feststellungsbescheid der Antragsgegnerin vom 23. August 2011 ist offensichtlich rechtmäßig.
13aa) Ermächtigungsgrundlage für den streitgegenständlichen feststellenden Verwaltungsakt ist entweder § 77 Abs. 1 BauO NRW selbst oder § 61 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW.
14Auch feststellende Verwaltungsakte wie der vorliegende bedürfen einer gesetzlichen Grundlage, jedenfalls wenn sie - wie hier das Erlöschen der Baugenehmigung vom 22. April 2008 in Form des Änderungsbescheids vom 15. September 2008 - etwas als rechtmäßig feststellen, was der Betroffene - hier der Antragsteller - nicht für rechtmäßig hält. Allerdings muss die Befugnis zum Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts nicht ausdrücklich normiert sein. Es reicht aus, wenn sie dem Gesetz durch Auslegung entnommen werden kann.
15Vgl. BVerwG, Urteile vom 7. Dezember 2011 - 6 C 39.10 -, juris Rn. 13, vom 22. Oktober 2003 - 6 C 23.02 -, BVerwGE 119, 123 = NJW 2004, 1191 = juris Rn. 14, vom 9. Mai 2001 - 3 C 2.01 -, BVerwGE 114, 226 = NVwZ-RR 2001, 664 = juris Rn. 13, und vom 29. November 1985 - 8 C 105.83 -, BVerwGE 72, 265 = NJW 1986, 1120 = juris Rn. 12 f.
16Das ist zugrunde liegend der Fall.
17Bejaht man eine (konkludente) Erlassbefugnis nicht bereits aufgrund von § 77 Abs. 1 BauO NRW, demzufolge die Baugenehmigung erlischt, wenn innerhalb von drei Jahren nach Erteilung der Genehmigung mit der Ausführung des Bauvorhabens nicht begonnen oder die Bauausführung ein Jahr unterbrochen worden ist,
18so BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2002 -7 C 9.02 -, BVerwGE 117, 133 = DVBl. 2003, 209 = juris Rn. 9 ff. zu § 18 BImSchG,
19ergibt sich diese zumindest aus der allgemeinen bauordnungsrechtlichen Anordnungsermächtigung des § 61 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW. Genauso wie der Bauherr Feststellungsklage nach § 43 VwGO erheben kann, um klären zu lassen, ob eine Baugenehmigung gemäß § 77 Abs. 1 BauO NRW erloschen ist oder nicht, kann die Bauaufsichtsbehörde durch Verwaltungsakt eine entsprechende Feststellung treffen, um dadurch eine Bindungs- und Bestandskraftwirkung im Verhältnis zu dem Bauherrn zu erzeugen. Tritt Bestandskraft ein, kann sich der Bauherr gegenüber einer etwa nachfolgenden, auf die formelle Illegalität des Vorhabens gestützten Baueinstellungs- oder Nutzungsuntersagungsverfügung nicht erfolgreich darauf berufen, die Baugenehmigung sei nicht erloschen.
20bb) Die von der Antragsgegnerin in dem angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung entspricht der materiellen Rechtslage. Die Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 BauO NRW sind erfüllt.
21Der Antragsteller hat nicht innerhalb von drei Jahren nach Erteilung der Baugenehmigung vom 22. April 2008 in der Fassung vom 15. September 2008 mit der Ausführung des Bauvorhabens "Nutzungsänderung einer ehemaligen Hofstelle zu einem Schwimm- und Saunaclub und einer Scheune zu einem Wohnhaus" auf dem Grundstück Gemarkung T. , Flur 24, Flurstück 31 (T1.-----straße 115/115 a), begonnen.
22(1) Die Drei-Jahres-Frist des § 77 Abs. 1 BauO NRW lief am 2. Mai 2011 ab.
23Fristbeginn war der 1. Mai 2008, weil die Antragsgegnerin die - nicht mit einer aufschiebenden Bedingung versehene - Genehmigung am 28. April 2008 zur Post gab und sie dem Antragsteller danach gemäß § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW am dritten Tag nach der Aufgabe - dem 1. Mai 2008 - als bekannt gegeben galt. Da der 1. Mai 2011, der entsprechend §§ 31 Abs. 1 VwVfG NRW, 188 Abs. 2 Halbsatz 1 BGB das Fristende markiert, ein (Sonn- und) Feiertag war, endete die Frist unter Anwendung des Rechtsgedankens der §§ 31 Abs. 3 Satz 1 VwVfG NRW, 193 BGB mit Ablauf des nächstfolgenden Werktags, hier des 2. Mai 2011.
24Der Fristlauf war bis dahin weder unterbrochen noch gehemmt.
25Der Änderungsbescheid vom 15. September 2008 bewirkte keine Unterbrechung oder Hemmung (und auch keinen Neubeginn) der Frist. Durch ihn genehmigte die Antragsgegnerin kein neues oder wesentlich anderes Vorhaben. Die Änderung vom 15. September 2008 fasst lediglich die bestandsschutzbezogene Nebenbestimmung Nr. 1 Satz 2 zur Baugenehmigung vom 22. April 2008 dahingehend neu, dass diese erlischt, falls bei den Bauarbeiten die im Gutachten vom 9. November 2007 beschriebenen und am Tag der Aufnahme der Fotos (dem 15. August 2008) noch vorhandenen Außenwände und das Dach der ehemaligen Scheune nicht erhalten bleiben.
26Sonstige Unterbrechungs- oder Hemmungstatbestände sind nicht gegeben.
27Der Lauf der Frist des § 77 Abs. 1 BauO NRW wird (nur) unterbrochen oder gehemmt, wenn der Bauherr - anders als der Antragsteller - durch außerhalb seiner Person und Risikosphäre liegende Umstände an der Ausnutzung der Baugenehmigung gehindert wird. Solche Umstände können behördliche Eingriffe, höhere Gewalt oder ein Nachbarrechtsbehelf sein. Die Stellung eines Verlängerungsantrags nach § 77 Abs. 2 Satz 1 BauO NRW fällt nicht darunter, weil insoweit der Schutzgedanke nicht greift, den Bauherrn im Hinblick auf den Fristlauf von Hindernissen bei der Realisierung des Vorhabens freizustellen, auf die er keinen Einfluss hat. Der Bauherr ist dadurch hinreichend geschützt, dass die Verlängerung gemäß § 77 Abs. 2 Satz 2 BauO NRW auch rückwirkend erteilt werden kann.
28Vgl. zum Ganzen OVG NRW, Urteile vom 19. April 2010 - 7 A 2362/07 -, juris Rn. 46, und vom 16. Oktober 2008 - 7 A 696/07 -, juris Rn. 64, Beschluss vom 22. Juni 2001 - 7 A 3553/00 -, juris Rn. 3; Boeddinghaus/Hahn/Schulte, BauO NRW, Band II, Loseblatt, Stand Juni 2008, § 77 Rn. 12 ff.; Johlen, in: Gädtke/Czepuck/Johlen/Plietz/Wenzel, BauO NRW, 12. Auflage 2011, § 77 Rn. 10 ff., der allerdings hinsichtlich der Hemmungswirkung eines Verlängerungsantrags anderer Ansicht ist.
29Daran anschließend ist es für die Frist des § 77 Abs. 1 BauO NRW ohne Belang, dass der Antragsteller am 9. März 2011 bei der Antragsgegnerin einen Antrag auf Verlängerung der Geltungsdauer der Baugenehmigung stellte.
30(2) Bis zum Ablauf des 2. Mai 2011 hatte der Antragsteller nicht im Sinne von § 77 Abs. 1 BauO NRW mit der Ausführung des genehmigten Bauvorhabens begonnen.
31Der Beginn der Ausführung des Vorhabens, wie § 77 Abs. 1 BauO NRW ihn versteht, setzt ein tatsächliches Handeln des Bauherrn voraus. Er muss eine bauliche Tätigkeit entfalten, die in einem unmittelbaren, objektiven und nicht lediglich aus der Sicht des Bauherrn bestehenden Zusammenhang mit dem genehmigten Bauvorhaben steht. Ein Ausführungsbeginn liegt nur dann vor, wenn Bauarbeiten stattfinden, die zielgerichtet in Ausnutzung der erteilten Baugenehmigung erfolgen und der Errichtung des genehmigten Vorhabens dienen. Durch einen Vergleich des Bauscheins, der genehmigten Bauzeichnungen und etwaiger sonstiger genehmigter Anlagen mit der vom Bauherrn in Angriff genommenen baulichen Tätigkeit lässt sich objektiv feststellen, ob dieser mit der Ausführung des Vorhabens, so wie es genehmigt wurde, begonnen hat. Nicht ausreichend ist, wenn überhaupt Arbeiten auf dem Baugrundstück getätigt werden, die aus Sicht des Bauherrn in irgendeinem Zusammenhang mit dem Bauvorhaben stehen. Bloße Vorbereitungs- oder Sicherungsmaßnahmen oder die Durchführung nicht genehmigungspflichtiger Bauarbeiten genügen ebenfalls nicht.
32Vgl. OVG NRW, Urteile vom 16. Oktober 2008 - 7 A 696/07 -, juris Rn. 43 ff., vom 22. September 2005 - 7 A 3706/03 -, juris Rn. 31, und vom 13. November 1998 - 11 A 6375/96 -, juris Rn. 21 ff.
33Des Weiteren stellen Baumaßnahmen, die nur zögerlich und stückwerkhaft durchgeführt werden, keinen zielführenden Baufortschritt in Ausnutzung der Baugenehmigung dar, der den Fristablauf für ein Erlöschen der Baugenehmigung hindern könnte. Dies gilt erst recht, wenn objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, das der Bauherr subjektiv die Realisierung eines anderen Bauobjekts beabsichtigt.
34Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. Oktober 2005 - OVG 2 S 104.05 -, BRS 69 Nr. 155 = juris Rn. 10.
35Gemessen an diesen Maßstäben war bis zum 2. Mai 2011 kein Baubeginn im Sinne des § 77 Abs. 1 BauO NRW erfolgt.
36Inhalt der Baugenehmigung vom 22. April 2008 ist ein Umbau der alten - durch zwei Brände beschädigten - Hofstelle auf dem Vorhabengrundstück zu einem Schwimm- und Saunaclub mit Unterkellerung und ein Scheunenumbau zu einem Wohnhaus mit einer Wohneinheit. Nach den genehmigten Bauvorlagen soll die ehemalige Scheune einen Teilkeller aufweisen, wohingegen die umzubauende Hofstelle einen Vollkeller mit verschiedenen Räumen und unter anderem dem Podest für das Schwimmbad erhält, der im Osten und im Süden auch über eine Außentreppe begehbar ist. Das Erdgeschoss des geplanten Wohnhauses besteht ausweislich der Bauvorlagen neben anderem aus einer großen Deele nebst vorgelagerter Terrasse, der Schwimm- und Saunaclub im Nachbargebäude aus etlichen Räumen vom Schwimm-, Sauna- und Whirlpoolbereich bis hin zu einem Kaminzimmer und sanitären Einrichtungen. Im Obergeschoss des Wohnhauses verzeichnen die Bauvorlagen eine Wohnung mit Loggia, im angrenzenden Haus der ehemaligen Hofstelle hauptsächlich einen großflächigen Lese- und Loungebereich. Zuletzt zeigt das Dachgeschoss des Wohnhauses nochmals eine Wohnung mit Loggia, während im Dachgeschoss der umgebauten Hofstelle ein Flur mit mehreren Appartements auszumachen ist.
37Verglichen mit diesem Genehmigungsinhalt hat der Antragsteller bis zum 2. Mai 2011 keine Bautätigkeit entfaltet, die objektiv auf eine zielgerichtete Ausnutzung der Baugenehmigung im Sinne des § 77 Abs. 1 BauO NRW schließen lässt. Dies folgt maßgeblich aus den Feststellungen des Ortstermins vom 25. Januar 2012, die der Berichterstatter des Senats den übrigen Senatsmitgliedern anhand der gefertigten Lichtbilder erläutert hat, sowie der an die Ortsbesichtigung anschließenden Erörterung der Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten.
38Der Ortstermin vom 25. Januar 2012 hat ergeben, dass der Antragsteller den Teilkeller der ehemaligen Scheune nach außen hin abgedichtet sowie aus- und insbesondere in den Kellerboden eine Fußbodenheizung eingebaut und er im Erdgeschoss der Scheune in deren südlichem Bereich Wände mit Türen errichtet hat. In diesen Arbeiten kann jedoch, selbst wenn sie sämtlich vor dem 2. Mai 2011 abgeschlossen wurden, schon deswegen kein Baubeginn im Sinne von § 77 Abs. 1 BauO NRW gesehen werden, weil sie - wie der Antragsteller eingeräumt hat - in wesentlicher Hinsicht nicht mit den genehmigten Bauvorlagen übereinstimmen. Dies betrifft sowohl die Raumaufteilung des Teilkellers als auch die derzeitige Erdgeschossgestaltung in der Scheune. Aber auch davon abgesehen können die Baumaßnahmen im Inneren des Scheunengebäudes nicht als Baubeginn eingestuft werden. Sie lassen keinen zielführenden Baufortschritt erkennen, der sich als Zwischenschritt zur Errichtung des projektierten Wohnhauses begreifen ließe. Die Arbeiten sind zögerlich und stückwerkhaft erfolgt und haben nicht dazu geführt, dass der bestehende Baukörper - als dessen Vorstufe - eine Ähnlichkeit mit dem genehmigten Wohnhaus aufweist. Im Zuge der Erörterung vom 25. Januar 2012 hat der Antragsteller auch nicht überzeugend zu erklären vermocht, was er für ein Baukonzept verfolgt und wie er angesichts des bisherigen schleppenden Baufortgangs nunmehr eine zeitnahe und genehmigungskonforme Fertigstellung des Wohnhauses bewerkstelligen will.
39Abgesehen von der Scheune stellt sich die ehemalige Hofstelle im Übrigen unverändert im Wesentlichen als verfallende Brandruine dar. Der Antragsteller hat auch insofern keine ins Gewicht fallenden Baumaßnahmen eingeleitet, die als Schritte in Richtung einer Realisierung des oben beschriebenen genehmigten Bauvorhabens zu erkennen sind. Namentlich die Schließung von Fensteröffnungen und Mauerlücken sowie die Installierung eines Betonringankers auf Teilen der stehengebliebenen Außenmauern der Hofstelle reichen dafür nicht. Auch falls sie nicht als reine Sicherungsmaßnahmen zu charakterisieren sein sollten, haben diese Maßnahmen die Hofstelle objektiv nicht zielgerichtet und hinreichend planvoll in einen Zustand gebracht, der als Vorstufe oder bauliche Basis des umgebauten Schwimm- und Saunaclubs erschiene. Dies zeigt sich exemplarisch daran, dass der Antragsteller den westlichen Teil der vormaligen Stallung derart zugemauert hat, dass er gegenwärtig weder von außen betreten noch von außen eingesehen werden kann. Nur wenn man eine an die Außenmauer gelehnte Leiter besteigt, kann man einen Blick ins Innere des aufgegebenen Stalls werfen.
40Da es für den Beginn der Bauausführung auf die - geschilderten - objektiven Gegebenheiten und nicht auf die subjektive Einschätzung des Bauherrn ankommt, kann der Antragsteller einen rechtzeitigen Baubeginn nicht mit der im Verfahren vorgelegten eidesstattlichen Versicherung seines Architekten vom 18. Oktober 2011 glaubhaft machen. Dieser bestätigt nur, dass die Bauarbeiten, deren Durchführung anlässlich des Ortstermins vom 25. Januar 2012 nachvollzogen werden konnte, im März und April 2011 stattgefunden hätten. An der rechtlichen Bewertung dieser Arbeiten am Maßstab des § 77 Abs. 1 BauO NRW kann die eidesstattliche Versicherung nichts ändern. Aus diesem Grund ist auch nicht mehr entscheidungserheblich, wie es als Indiz zu bewerten ist, dass der Antragsteller in dem Gebührenrechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht - 3 K 1768/11 - ihm entsprechend §§ 85 Abs. 2 ZPO, 166 Abs. 2 Satz 1 BGB zurechenbar hat vortragen lassen, er habe am 20. Mai 2011 noch nicht mit der Bauausführung begonnen gehabt, sondern lediglich Maßnahmen zur Sicherung der gefährdeten Bausubstanz getroffen, und sein Architekt erst mit einer E-Mail an die Antragsgegnerin vom 20. April 2011 im Namen und im Auftrag des Antragstellers den Baubeginn angezeigt hat.
41(3) Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass auch nach dem 2. Mai 2011 von Arbeiten, die als Baubeginn zu werten sind, keine Rede sein kann. Daher wäre der Feststellungsbescheid vom 23. August 2011 im Übrigen auch dann rechtmäßig, wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung davon ausginge, ein Verlängerungsantrag nach § 77 Abs. 2 BauO NRW hemme den Fristlauf. Die Antragsgegnerin lehnte den Verlängerungsantrag mit am selben Tag zur Post gegebenen Bescheid vom 23. August 2011 ab, so dass die von dem Antragsteller nicht klageweise angegriffene Ablehnung am 26. September 2011 (vgl. zum Bekanntgabezeitpunkt wiederum § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW) bestandskräftig wurde. Selbst wenn die Erlöschensfrist damit ab dem 9. März 2011 für den Zeitraum von sieben Wochen und fünf Tagen - die Zeitspanne von da an bis zum 2. Mai 2011 - gehemmt gewesen wäre, wäre sie zwischenzeitlich seit dem 27. September 2011 verstrichen.
42b) Ein besonderes öffentliches Vollzugsinteresse liegt vor.
43Wie bereits angesprochen, kann die Bauaufsichtsbehörde gegen formell baurechtswidrige Zustände regelmäßig unter Anordnung der sofortigen Vollziehung vorgehen.
44Vgl. jeweils für eine Nutzungsuntersagung etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 31. Oktober 2011 - 2 B 1091/11 -, juris Rn. 18, vom 1. Dezember 2010 - 2 B 1514/10 -, S. 3 f. des amtlichen Umdruck, vom 19. Oktober 2010 - 2 B 1319/10 -, S. 3 des amtlichen Umdrucks, und vom 20. September 2010 - 7 B 985/10 -, NWVBl. 2011, 58 = juris Rn. 21.
45Davon ausgehend stand der Antragsgegnerin bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 9. September 2011 auch vorliegend grundsätzlich ein besonderes öffentliches Vollzugsinteresse zur Seite, weil sie - wie gezeigt, zu Recht - ein Erlöschen der Baugenehmigung vom 22. April 2008 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 15. September 2008 annahm und verhindern wollte, dass der Antragsteller ein damit formell illegales Vorhaben umsetzt.
46Dass ausnahmsweise wegen überwiegender privater Interessen des Antragstellers etwas anderes zu gelten hätte, hat der Antragsteller weder aufgezeigt noch ist dies sonst ersichtlich. Der Antragsteller hat nicht vorgetragen, ein vitales wirtschaftliches Interesse an einer einstweiligen weiteren Ausnutzung der Baugenehmigung zu haben. Dass er, wie er in der Erörterung vom 25. Januar 2012 vortrug, so schnell wie möglich in das umzubauende Wohnhaus einziehen wolle, begründet für sich genommen kein das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegendes Suspensivinteresse. Der Antragsteller hat es, obwohl er es in der Hand hatte, innerhalb von drei Jahren nach Erteilung der Baugenehmigung nicht unternommen, wenigstens diesen Vorhabenteil durch die Herrichtung der ehemaligen Scheune nennenswert voranzutreiben. Das jetzt von ihm bekundete (allgemeine) Interesse an einem raschen Einzug kann das öffentliche Vollzugsinteresse daher nicht verdrängen.
47Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
48Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
49Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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