Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 A 1323/10
Tenor
Der Antrag wird auf Kosten des Klägers abgelehnt.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfah¬ren auf 33.642,18 Euro festgesetzt.
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G r ü n d e :
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die (sinngemäß) geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 2, 3 und 5 VwGO sind nicht hinreichend dargelegt bzw. liegen auf der Grundlage der Darlegungen des Klägers nicht vor.
31. An der Richtigkeit des Urteils erster Instanz bestehen keine ernstlichen Zweifel, die eine Zulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigen. Zweifel solcher Art sind begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt. Eine hinreichende Darlegung erfordert es, unter eingehender Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil dessen Fehlerhaftigkeit zu erklären und zu erläutern. Das Oberverwaltungsgericht soll allein aufgrund der Begründung des Zulassungsantrags die Zulassungsfrage beurteilen können, ohne weitere aufwändige Ermittlungen anstellen zu müssen.
4Ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. statt vieler: Beschluss vom 27. Juni 2011 – 1 A 1177/09 –, juris Rn. 9 m. w. N. = NRWE.
5Solche Zweifel sind nicht hinreichend dargelegt bzw. liegen nicht vor.
6a) Die Schwerbehindertenvertretung ist ordnungsgemäß gemäß § 95 Abs. 2 SGB IX beteiligt worden. Herr C. als erster Vertreter der Schwerbehindertenvertretung bei der Deutschen Telekom, T-Com, Privatkundenniederlassung West N. , hat mit Schreiben vom 13. Dezember 2005 mitgeteilt, er sei darüber informiert worden, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen in den vorzeitigen Ruhestand versetzt werde.
7Die Beklagte musste die Schwerbehindertenvertretung vor dem Erlass des Zurruhesetzungsbescheides im August 2007 nicht erneut beteiligen, nachdem die Aufgaben der Kundenniederlassung West im Juni 2007 in die Deutsche Kundenservice West GmbH übergegangen waren. Der Betrieb Niederlassung West ist nämlich nach den unbestrittenen Angaben der Beklagten durch einen identitätswahrenden Betriebsübergang auf die Deutsche Kundenservice West GmbH übergegangen und war seit 2005 unverändert.
8b) Der Betriebsrat der Privatkundenniederlassung West ist ebenfalls ordnungsgemäß beteiligt worden, und zwar zweimal: im Dezember 2005 und im Januar 2007. Auf die zutreffenden Ausführungen unter 1. b) des Urteils des Verwaltungsgerichts wird insoweit verwiesen. Selbst wenn der Betriebsrat nach dem erfolglosen Wiedereingliederungsversuch und der Anhebung des Grades der Behinderung des Klägers hätte neu beteiligt werden müssen, ist dies jedenfalls im Januar 2007 erfolgt. Daher kommt es nicht darauf an, ob sich aus der vom Kläger zitierten Rechtsprechung der Arbeitsgerichte zu Kündigungsschutzverfahren, zu Entfristungsverfahren und zum Mitbestimmungsrecht des Personalrates bei befristeten Arbeitsverträgen folgt, dass hier der Betriebsrat hätte erneut beteiligt werden müssen.
9c) Die Gleichstellungsbeauftragte war vor der Zurruhesetzung des Klägers nicht zu beteiligen. Denn das Bundesgleichstellungsgesetz gilt nach seinem § 3 Abs. 1 nicht für Beschäftigte der privatrechtlich organisierten Deutschen Telekom AG.
10d) Soweit der Kläger meint, er sei vor der Zurruhesetzung nicht ordnungsgemäß angehört worden, genügen seine Ausführungen nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO. Das Verwaltungsgericht hat auf den Seiten 8, ab dem 3. Absatz, bis zum ersten Absatz auf Seite 10 seines Urteils ausführlich und nachvollziehbar begründet, warum der Kläger ausreichend angehört worden ist. Mit diesen Ausführungen setzt sich der Kläger nicht hinreichend auseinander, sondern stellt lediglich seine abweichende Rechtsansicht dar.
11e) Auch die Ausführungen des Klägers unter Ziffer 1.2 seines Zulassungsantrags zur materiellen Rechtswidrigkeit der Zurruhesetzung genügen nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO. Das Verwaltungsgericht hat unter Ziffer 2 seines Urteils ausführlich und unter umfassender Würdigung des Sachverhalts begründet, dass und mit welcher Begründung der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides am 22. Januar 2008 als dienstunfähig anzusehen war. Das Verwaltungsgericht hat sich dabei eingehend mit den Einwendungen des Klägers gegen die von der Beklagten eingeholten ärztlichen Stellungnahmen befasst. Es hat auch nachvollziehbar begründet, warum es rechtlich zulässig war, den Kläger durch eine bei einer GmbH beschäftigte Ärztin begutachten zu lassen.
12Vgl. hierzu auch den Senatsbeschluss vom 20. Oktober 2011 – 1 B 1084/11 –, juris, Rn. 59 = NRWE.
13Mit diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts setzt sich der Kläger nicht hinreichend auseinander, sondern beschränkt sich im Wesentlichen darauf, seine Argumente zu wiederholen, die er bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht hatte.
142. Die Berufung ist nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Solche Schwierigkeiten hat der Kläger mit seinem bloßen Verweis auf das Zulassungsvorbringen zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht dargelegt. Aus den Ausführungen zu 1. ergibt sich zudem, dass das in Bezug genommene Zulassungsvorbringen insgesamt nicht durchgreift.
153. Die Berufung ist auch nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
16Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung des Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird. Ist die aufgeworfene Frage eine Rechtsfrage, so ist ihre Klärungsbedürftigkeit nicht schon allein deshalb zu bejahen, weil sie bislang nicht obergerichtlich oder höchstrichterlich entschieden ist. Nach der Zielsetzung des Zulassungsrechts ist vielmehr Voraussetzung, dass aus Gründen der Einheit oder Fortentwicklung des Rechts eine obergerichtliche oder höchstrichterliche Entscheidung geboten ist. Die Klärungsbedürftigkeit fehlt deshalb, wenn sich die als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts nach allgemeinen Auslegungsmethoden und auf der Basis der bereits vorliegenden Rechtsprechung ohne Weiteres beantworten lässt.
17Vgl. Senatsbeschluss vom 13. Oktober 2011 – 1 A 1925/09 –, juris, Rn. 31 m. w. N. = NRWE.
18In Anwendung dieser Grundsätze greift das dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugeordnete Zulassungsvorbringen nicht durch.
19Die vom Kläger als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage
20"ob durch die weiteren Untersuchungen, die Wiedereingliederung und die Zuweisung eine Zäsur dahingehend gesetzt worden ist, dass erneut das Verfahren bei Null hätte anfangen müssen, also durch Anhörung des Beamten und nochmalige neue Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung und des Betriebsrates unter Beachtung der zwischenzeitlich eingetretenen Fakten und Erkenntnisse",
21hat keine grundsätzliche Bedeutung. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, lässt sie sich ohne Weiteres verneinen. Im Übrigen hat der Kläger nicht hinreichend dargelegt, inwieweit diese Frage Bedeutung über den Einzelfall hinaus haben kann.
224. Die Berufung ist schließlich nicht wegen eines sinngemäß geltend gemachten Verfahrensmangels nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO mit der Begründung zuzulassen, das Verwaltungsgericht habe kein gerichtliches Sachverständigengutachten zur Frage der dauerhaften Dienstunfähigkeit des Klägers eingeholt. Der Kläger hat in seinem Zulassungsantrag schon nicht hinreichend dargelegt, aus welchen konkreten Gründen die vorhandenen ärztlichen Stellungnahmen ungeeignet sein sollen. Im Übrigen liegt auch kein Verfahrensmangel vor. Das Verwaltungsgericht durfte sich zur Begründung auf die vorhandenen, ausführlich begründeten und plausiblen ärztlichen Stellungnahmen stützen, die der Kläger mit seinem Vorbringen nicht substantiiert in Zweifel gezogen hat.
23Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung bemisst sich nach den §§ 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1, 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, 40 GKG.
24Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO und hinsichtlich der Streitwertfestsetzung gemäß den §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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