Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 B 214/12
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird geändert.
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 21.962,59 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Die Beschwerde hat Erfolg.
3Der erstinstanzlich sinngemäß gestellte Antrag,
4dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die im Justizministerialblatt des Landes Nordrhein-Westfalen vom 15. Juli 2010 erneut ausgeschriebene Stelle einer Präsidentin/eines Präsidenten des Sozialgerichts bei dem Sozialgericht E. dem Beigeladenen zu übertragen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist,
5ist nicht begründet.
6Gemäß § 123 Abs. 1 und 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn ein Anordnungsgrund und ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht sind. Der Antragsteller hat einen solchen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Die gegenteilige Annahme des Verwaltungsgerichts wird durch die insoweit maßgebliche Beschwerdebegründung des Antragsgegners (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) durchgreifend erschüttert. Eine Grundlage für die Annahme der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs durch den Antragsteller aus anderen, vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigten Gründen besteht ebenfalls nicht.
7Der Antragsteller hat keine Umstände glaubhaft gemacht, aus denen sich eine Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs ergibt.
8Soll ein Beförderungsamt oder ein Beförderungsdienstposten besetzt werden, so ist der Dienstherr bei seiner Auswahlentscheidung zwischen Bewerbern an Art. 33 Abs. 2 GG gebunden. Dieser gewährleistet – unbeschränkt und vorbehaltlos – jedem Deutschen nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach darf der Dienstherr bei seiner Auswahlentscheidung keinen Bewerber übergehen, der im Vergleich mit anderen Bewerbern die vom Dienstherrn – etwa im Rahmen eines Anforderungsprofils für die Stelle/den Dienstposten – aufgestellten Kriterien am besten erfüllt. Die von Art. 33 Abs. 2 GG erfassten Auswahlentscheidungen können grundsätzlich nur auf solche Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen; anderen Gesichtspunkten darf nur Bedeutung zugemessen werden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist bzw. erst dann, wenn sich aus dem Vergleich von unmittelbar leistungsbezogenen Gesichtspunkten kein Vorsprung von Bewerbern ergibt.
9Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 20. September 2007 – 2 BvR 1972/07 –, ZBR 2008, 167 = juris, Rn. 8, und vom 8. Oktober 2007 – u. a. 2 BvR 1846/07 –, ZBR 2008, 162 = juris, Rn. 11; BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2004 – 2 C 23.03 –, BVerwGE 122, 147 = juris, Rn. 11 f., und vom 25. November 2004 – 2 C 17.03 –, BVerwGE 122, 237 = juris, Rn. 13.f..
10Wird das insoweit durch Art. 33 Abs. 2 GG vermittelte (grundrechtsgleiche) subjektive Recht, der sog. Bewerbungsverfahrensanspruch, durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt, so folgt daraus zwar regelmäßig kein Anspruch auf Beförderung oder Vergabe des begehrten Dienstpostens; der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl möglich erscheint.
11Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. September 2002 – 2 BvR 857/02 –, ZBR 2002, 427 = juris, Rn. 13.
12Den für die Auswahlentscheidung nach dem Vorstehenden maßgeblichen Leistungs- und Eignungsvergleich der Bewerber hat der Dienstherr regelmäßig anhand aussagekräftiger, also hinreichend differenzierter und auf gleichen Beurteilungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen.
13Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2003 – 2 C 16.02 –, NVwZ 2003, 1397 = juris, Rn. 11 f.; OVG NRW, Beschlüsse vom 2. April 2009 – 1 B 1833/08 –, ZBR 2009, 344 = juris, Rn. 17 f., und vom 14. September 2010 – 6 B 915/10 –, juris, Rn. 4 f., m.w.N.
14Für den Bewerbervergleich maßgeblich sind dabei in erster Linie die Aussagen in den jeweils aktuellen dienstlichen Beurteilungen. Dies können je nachdem die letzten (zeitlich noch hinreichend aktuellen) Regelbeurteilungen oder aber aus Anlass des Besetzungsverfahrens erstellte Anlass-/Bedarfsbeurteilungen sein. Bei der Betrachtung der einzelnen Beurteilung kommt es zunächst auf das (im Leistungsurteil und – soweit besonders ausgewiesen – im Eignungsurteil) erreichte Gesamturteil an. Bei einem Vergleich der ausgewiesenen Gesamturteile sind etwaige nach dem Beurteilungssystem vorgesehene "Binnendifferenzierungen" innerhalb einer Note oder Notenstufe mit zu berücksichtigen.
15Dabei besteht bei der Erstellung von Anlassbeurteilungen keine Verpflichtung des Beurteilers, durch die Vergabe unterschiedlicher Gesamturteile eine Reihenfolge zwischen den Bewerbern festzulegen. Das widerspräche dem Grundsatz der Bestenauslese. Danach hat jeder Beamte und Richter einen Anspruch darauf, entsprechend seiner Eignung, Leistung und Befähigung beurteilt zu werden. Erfüllen demnach mehrere Kandidaten die Voraussetzungen für die Vergabe einer Notenstufe, ggf. auch der Spitzennote, so ist diese auch zu vergeben, selbst wenn beide Bewerber nicht in jeder Hinsicht und nicht in der Gesamtqualifikation uneingeschränkt gleichauf liegen, sich aber im vorgegebenen Notenrahmen bewegen.
16Ergibt sich auf dieser Grundlage kein Ansatzpunkt für einen Qualifikationsunterschied von Bewerbern, ist der Dienstherr nicht nur berechtigt, sondern im Grundsatz zugleich verpflichtet, die dienstlichen Beurteilungen der im Gesamturteil gleich bewerteten Bewerber inhaltlich auszuschöpfen, d.h. (im Wege einer näheren "Ausschärfung" des übrigen Beurteilungsinhalts) der Frage nachzugehen, ob die jeweiligen Einzelfeststellungen eine ggf. unterschiedliche Prognose in Richtung auf den Grad der Eignung für das Beförderungsamt, also für die künftige Bewährung in diesem Amt ermöglichen. Dabei ist es Sache des Dienstherrn, bei der gebotenen inhaltlichen Ausschöpfung der Beurteilungen einer ungerechtfertigten Überbewertung nur geringfügiger Unterschiede zu begegnen, etwa dadurch, dass er die Einzelfeststellungen in ihrer Wertigkeit gewichtet. Will der Dienstherr allerdings sich aufdrängenden oder zumindest nahe liegenden Unterschieden in den dienstlichen Beurteilungen keine Bedeutung beimessen, so trifft ihn insoweit eine Begründungs- und Substantiierungspflicht.
17Vgl. hierzu sowie allgemein zur Frage der inhaltlichen Ausschöpfung von dienstlichen Beurteilungen Beschluss des Senats vom 1. August 2011 – 1 B 186/11 –, juris, Rn. 11 ff., = NRWE, m. w. N.
18Ergibt sich im Hinblick auf das Anforderungsprofil der zu besetzenden Stelle, dass ein oder mehrere Bewerber zu einem früheren, vor dem aktuellen Beurteilungszeitraum liegenden Zeitpunkt Leistungen erbracht und Erfahrungen gesammelt haben, die aufgrund des Beurteilungszeitraums in der aktuellen Beurteilung keine Berücksichtigung haben finden können, die aber noch immer eine Aussagekraft für die aktuell zu erstellende Eignungsbewertung haben, so ist der Dienstherr verpflichtet, diese älteren Leistungen und Erfahrungen – etwa durch die Auswertung älterer Beurteilungen – bei seiner Auswahlentscheidung angemessen zu berücksichtigen.
19Vgl. Beschluss des Senats vom 16. Februar 2009 – 1 B 1918/08 –, juris, Rn. 8 = NRWE.
20Es widerspräche dem Grundsatz der Bestenauslese, wenn allein aufgrund des formell festgelegten Beurteilungszeitraums Leistungen, Kenntnisse und Fähigkeiten eines Bewerbers bei der Bewerberauswahl unberücksichtigt blieben, die noch eine Aussagekraft für seine gegenwärtige Eignung entfalten. Solche älteren Qualifikationsmerkmale, von deren Fortbestand auszugehen ist, sind zwar regelmäßig auch im Rahmen der aktuellen Beurteilung zu berücksichtigen, soweit diese eine Eignungsprognose für das angestrebte Amt enthält. Gerade in dem Fall, dass die Eignungsprognose bei mehreren Bewerbern mit demselben Gesamturteil abschließt, ergibt sich aber nach dem oben Dargestellten die Pflicht des Dienstherrn zur Ausschöpfung der Beurteilungen. In diesem Zusammenhang wäre es geradezu fehlerhaft, wenn sich der Dienstherr darauf beschränkte, die regelmäßig relativ knappe Begründung der Eignungsprognose in der aktuellen Beurteilung auszuschöpfen. Vielmehr hat er, um dem Grundsatz der Bestenauslese gerecht zu werden, auch sonstige Erkenntnisquellen wie vor allem die angesprochenen älteren Beurteilungen ergänzend heranzuziehen und auszuwerten, soweit diese Aussagen über auch aktuell noch relevante Eignungsmerkmale eines Kandidaten enthalten.
21Die danach erforderliche Ausschöpfung der Beurteilungen durch den Dienstherrn ist diesem auch nicht dann verwehrt, wenn die für ihn handelnde Person – anders als der Beurteiler selbst – nicht authentisch aus eigener Anschauung die Qualifikation der Bewerber beurteilen kann. Mit der Beurteilung befindet der Beurteiler abschließend über Eignung, Leistung und Befähigung des zu Beurteilenden. Dieser Prozess kann im Rahmen der Ausschöpfung und der Auswahlentscheidung nicht ergänzt, fortgeführt oder modifiziert werden. Mit der ggf. erforderlichen Ausschöpfung der Beurteilungen und der Auswahlentscheidung trifft der Dienstherr vielmehr eine Entscheidung darüber, welcher von mehreren Bewerbern auf Grundlage dieser Beurteilungen die bessere Qualifikation aufweist. In den Beurteilungen enthaltene Wertungen kann der Dienstherr nicht durch eigene ersetzen. Seine Aufgabe ist es vielmehr, die vorhandenen Wertungen mehrerer Beurteilungen in ein Verhältnis zueinander zu setzen und bei Bedarf zu gewichten. Dabei ist es ihm allerdings nicht verwehrt, Beurteilungen kritisch auf ihre Nachvollziehbarkeit zu hinterfragen und gegebenenfalls gesehene Rechtsfehler aufzudecken und nachzubessern oder nachbessern zu lassen.
22Vgl. Beschluss des Senats vom 16. Februar 2009 – 1 B 1918/08 –, juris, Rn. 16 = NRWE. Vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 22. Dezember 2009 – 5 ME 187/09 –, juris, Rn. 21, das die Pflicht zur Ausschöpfung jedenfalls für den Fall konzediert, dass zwei Bewerber nicht allein um ein höheres Statusamt, sondern – wie hier – zugleich um einen damit verbundenen Dienstposten konkurrieren.
23Die Entscheidung über die Auswahl unter mehreren Bewerbern liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Hierzu gehört es auch, darüber zu entscheiden, welchen der zu Eignung, Befähigung und Leistung zählenden Umständen der Dienstherr bei der Auswahlentscheidung größeres Gewicht beimisst. Bei dieser Ermessensentscheidung handelt es sich um einen Akt wertender Erkenntnis, der gerichtlich nur beschränkt daraufhin zu überprüfen ist, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen Tatbestand zugrunde gelegt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat.
24Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 5. September 2007 – 2 BvR 1855/07 –, NVwZ-RR 2008, 433 = juris, Rn. 8, und vom 11. Mai 2011 – 2 BvR 764/11 –, NVwZ 2011, 1191 = juris, Rn. 10; BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 1983 – 2 C 11.82 –, BVerwGE 68, 109 = juris, Rn. 13.
25Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Auswahlentscheidung des Antragsgegners nicht zu beanstanden.
261. Der Antragsgegner hat im Besetzungsvotum vom 19. Juli 2011 seine Auswahlentscheidung getroffen und begründet. Damit ist er der aus Art. 33 Abs. 2 i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Dokumentationspflicht nachgekommen. Nach den dort enthaltenen Ausführungen hat der Antragsgegner unter Berücksichtigung der in den aktuellen dienstlichen Beurteilungen enthaltenen Gesamturteile die dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen ausgeschöpft und die in ihnen enthaltenen Gesichtspunkte gewichtet. Seine insoweit maßgebenden Erwägungen hat er in der Begründung der Auswahlentscheidung niedergelegt.
272. Die der Auswahlentscheidung zu Grunde gelegten aktuellen dienstlichen Beurteilungen wie auch die im Besetzungsbericht der Präsidentin des Landessozialgerichts inhaltlich berücksichtigten älteren Beurteilungen, welche in die Auswahlentscheidung Eingang gefunden haben, um die in der Zeit vom 1. März 2000 bis zum 30. April 2005 vom Antragsteller ausgeübte Tätigkeit in der Gerichtsverwaltung des Landessozialgerichts sowie die vom 1. Dezember 2002 bis zum 30. September 2008 vom Beigeladenen erbrachte Verwaltungstätigkeit im Verwaltungsgericht B. zu erfassen, sind nicht zu beanstanden.
28Die Berücksichtigung der dienstlichen Beurteilungen, welche sich auf die zuvor genannten weiter zurückliegenden Zeiträume beziehen, war nach den eingangs dargestellten Grundsätzen geboten, weil es allein mit der Auswertung der aktuellen dienstlichen Beurteilungen – zu Lasten sowohl des Antragstellers als auch des Beigeladenen – für den Antragsgegner nicht möglich gewesen wäre, alle für die Besetzung der ausgeschriebenen Stelle relevanten Leistungs-, Eignungs- und Befähigungsmerkmale (namentlich solche, die aus der jeweils weiter zurückliegenden Verwaltungstätigkeit resultieren) sachgerecht in die Auswahlentscheidung einzubeziehen.
29Die Berücksichtigung insbesondere der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers vom 12. April 2005 wird von diesem auch nicht beanstandet. Im Gegenteil, er moniert mit erstinstanzlichem Schriftsatz vom 19. September 2011 ihre nicht hinreichende Berücksichtigung in der Auswahlentscheidung (s. dazu unten 3. b) cc)). Der Einwand des Antragstellers auf S. 4 des genannten Schriftsatzes, in seiner aktuellen dienstlichen Beurteilung seien seine Leistungen während seiner Verwaltungstätigkeit nicht gewürdigt worden, ist nicht so zu verstehen, dass er seine aktuelle dienstliche Beurteilung deswegen für fehlerhaft hält. Wie sich aus seinem weiteren Vorbringen ergibt, bezieht sich die entsprechende Passage seiner Antragsbegründung darauf, dass er deswegen die angemessene Berücksichtigung der Beurteilung vom 12. April 2005 in der Auswahlentscheidung verlangt, nicht aber die aktuelle Beurteilung beanstandet. Auch im Übrigen hat der Antragsteller keine Einwendungen gegen die ihn oder den Beigeladenen betreffenden aktuellen Beurteilungen vorgebracht. Dem Senat sind Fehler in diesen dienstlichen Beurteilungen ebenfalls nicht ersichtlich.
303. Vor dem Hintergrund des geschilderten begrenzten gerichtlichen Prüfungsmaßstabes hat der Antragsgegner die in ihrem Gesamturteil gleich lautenden dienstlichen Beurteilungen vertretbar und damit nicht angreifbar ausgeschöpft, um zu seiner Auswahlentscheidung zu gelangen. Eine Ausschöpfung der Beurteilungen war dabei nicht deswegen und nicht mit dem gefundenen Ergebnis von vornherein ausgeschlossen, weil der Antragsteller die formal für beide Bewerber mit "hervorragend" gleich lautende Spitzenbewertung in einem höheren Statusamt als der Beigeladene erhalten hat (a). Der Antragsgegner hat des Weiteren die sich aus diesen Beurteilungen ergebenden Erkenntnisse über die maßgeblichen Leistungs-, Eignungs- und Befähigungsmerkmale der Bewerber im Hinblick auf das Anforderungsprofil und die ihm im Rahmen dieses Anforderungsprofil zustehende weitergehende Gewichtung von stellenbezogenen Anforderungen in vertretbarer Weise in seine Entscheidungsfindung eingestellt (b).
31a) Das Verwaltungsgericht geht in dem angefochtenen Beschluss im Kern davon aus, dass es fehlerhaft gewesen sei, dem Antragsteller nur im Bereich der Rechtsprechung einen Leistungsvorsprung gegenüber dem Beigeladenen zu attestieren. Denn der im Gesamturteil gleichlautenden Bewertung des Antragstellers komme wegen seines höheren Statusamtes mehr Gewicht zu als der entsprechenden Leistungsbewertung des Beigeladenen. Ein Ausnahmefall, der nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dann gegeben sei, wenn die innegehabten Ämter nicht in einer Beförderungshierarchie stünden oder die Beamten über einen prägenden Zeitraum hinweg gleichwertige Aufgaben mit ebensolchen Anforderungen und einem entsprechenden Maß an Verantwortung wahrgenommen hätten, liege nicht vor. Denn die Ämter des Antragstellers und des Beigeladenen stünden nach diesem Maßstab in einer Beförderungshierarchie. Im Hinblick auf das Vorliegen einer Beförderungshierarchie könne auch nicht zwischen der Rechtsprechungs- und der Verwaltungstätigkeit der Bewerber differenziert werden. Es sei auch nicht von einem entscheidenden Eignungsvorsprung des Beigeladenen auszugehen, jedenfalls nicht von einem solchen, der geeignet wäre, den Leistungsvorsprung des Antragstellers zu überwiegen. Dem stehe entgegen, "dass die – hier personengleiche – Beurteilerin (Präsidentin des Landessozialgerichts) die Eignung beider Konkurrenten mit dem gleichen Prädikat bewertet hat". Zwar könne grundsätzlich ein Leistungsvorsprung durch die bessere Eignung eines anderen Bewerbers aufgewogen werden. Im vorliegenden Fall sei jedoch zu berücksichtigen, dass die Beurteilungen nicht nur mit einem Leistungs-, sondern auch mit einem Eignungsurteil abschlössen. Angesichts der sich daraus ergebenden identischen Beurteilung der Eignung für das Amt des Präsidenten des Sozialgerichts durch die Beurteilerin überschreite die darüber hinaus eigenständig vorgenommene Bewertung des Antragsgegners, der Beigeladene sei im Ergebnis besser qualifiziert, den dem Dienstherrn zukommenden Beurteilungsspielraum. Der Antragsgegner messe den Einzelfeststellungen in den Beurteilungen damit ein Gewicht zu, das die Beurteilerin angesichts gleicher Eignungsgesamturteile nicht gesehen habe. Bei identischen Eignungsprädikaten sei ein Eignungsvorsprung, der den Leistungsvorsprung des Antragstellers mehr als kompensieren könne, ausgeschlossen. Die in der Würdigung des Gewichts der Einzelmerkmale von der Bewertung der Beurteilerin abweichende Bewertung des Dienstherrn könne auch nicht mit dessen Verpflichtung zur Herstellung gleicher Maßstäbe gerechtfertigt werden, da die Beurteilerin in beiden Fällen identisch gewesen sei.
32Diesen tragenden Erwägungen der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung hat der Antragsgegner zur Begründung seiner Beschwerde Argumente von solchem Gewicht entgegen gesetzt, die ein Festhalten an der erstinstanzlichen Entscheidung ausschließen.
33Danach steht auch zur Überzeugung des Senats fest, dass es unter Berücksichtigung der Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen nicht von vornherein ausgeschlossen und damit vor dem Hintergrund des dem Antragsgegner zustehenden Beurteilungsspielraums vertretbar war, dem Beigeladenen in der Auswahlentscheidung eine größere Gesamtqualifikation zuzumessen als dem Antragsteller.
34aa)
35Es ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner das höhere Statusamt des Antragstellers nur im Hinblick auf seine Rechtsprechungstätigkeit, nicht aber bezüglich der Verwaltungstätigkeit berücksichtigt hat. Zu Recht geht das Verwaltungsgericht zunächst davon aus, dass dem gleichlautenden Gesamturteil einer Beurteilung eines Richters im höheren Statusamt dem Grundsatz nach größeres Gewicht gegenüber dem entsprechenden Gesamturteil in der Beurteilung eines Richters im niedrigeren Statusamt zukommt. Dies beruht darauf, dass an die Leistung des Richters mit der Beförderung in das höhere Statusamt gestiegene Anforderungen gestellt werden und ihm ein erhöhtes Maß an Verantwortung zukommt. Mit dieser Beförderung fällt er aus dem Kreise der vor der Beförderung mit ihm zu vergleichenden Richter heraus.
36Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 20. März 2007 – 2 BvR 2470/06 –, NVwZ 2007, 691 = juris, Rn. 15 f.; vom 11. Mai 2011 – 2 BvR 764/11 –, a. a. O., juris, Rn. 11; Urteil des Senats vom 16. April 2007 – 1 A 1789/06 –, RiA 2007, 271 = juris, Rn. 44 ff = NRWE.
37Wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zu Recht betont, gilt dieses größere Gewicht allerdings nicht ausnahmslos. Die zu seiner Annahme führenden Erwägungen können nicht schematisch angewandt werden; es kommt vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls, insbesondere auf den Grund für die statusrechtliche Besserstellung an.
38Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 20. März 2007 – 2 BvR 2470/06 –, a. a. O., juris, Rn. 17 f., und vom 11. Mai 2011 – 2 BvR 764/11 –, a. a. O., juris, Rn. 11.
39Dabei kann das Fehlen einer Beförderungshierarchie zwischen den Bewerbern ggf. dahingehend berücksichtigt werden, dass der höher besoldete Richter nicht ohne Weiteres auch in jeder Hinsicht der leistungsstärkere ist.
40Vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. März 2007 – 2 BvR 2470/06 –, a. a. O., juris, Rn. 22.
41Andererseits schließt das Bestehen einer Beförderungshierarchie jedoch nicht kategorisch die Berücksichtigung weiterer den Einzelfall charakterisierender Umstände aus. Denn nicht alle nach Art. 33 Abs. 2 GG zu berücksichtigenden Qualifikationsmerkmale finden Ausdruck im höheren Statusamt; dies kann auch innerhalb einer Beförderungshierarchie gelten. So sprechen vorliegend gewichtige, auf den Grundsatz der Bestenauslese rückführbare Gründe dafür, dass der Antragsgegner in vertretbarer Weise das größere Gewicht des höheren Statusamtes auf die Rechtsprechungstätigkeit des Antragstellers begrenzt und für die Verwaltungstätigkeit abgelehnt hat.
42Vgl. ebenfalls mit einer Differenzierung zwischen Rechtsprechungs- und Verwaltungstätigkeit BVerfG, Beschluss vom 20. März 2007 – 2 BvR 2470/06 –, a. a. O., juris, Rn. 19.
43Der Antragsteller bekleidet das Amt des Vorsitzenden Richters am Landessozialgericht ausschließlich mit Blick auf die größere Verantwortung, die er in diesem Amt im Bereich der Rechtsprechung trägt. Das im Anhang der anzuwendenden Verwaltungsvorschrift "Dienstliche Beurteilungen der Richterinnen und Richter sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte" des Justizministeriums vom 2. Mai 2005 (2000 – Z. 155), JMBl. NRW S. 121 (im Folgenden: Beurteilungs-AV) veröffentlichte Anforderungsprofil eines Vorsitzenden Richters am Landessozialgericht beschreibt ausschließlich Aufgaben und Anforderungen, die einen Bezug zur Rechtsprechungstätigkeit aufweisen. Verwaltungsaufgaben werden hier nicht genannt. Es ist zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass auch einem Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht Verwaltungsaufgaben übertragen werden. Der Antragsteller hat jedoch solche Aufgaben – abgesehen von wenigen Wochen nach seiner letzten Beförderung – nicht im Beförderungsamt wahrgenommen. Sie bilden demzufolge auch keinen Gegenstand der aktuellen Beurteilung.
44Ein maßgeblicher Umstand des Einzelfalls besteht auch darin, dass beide Bewerber ihre jeweilige Verwaltungserfahrung in einem nach der Besoldungsgruppe R 2 besoldeten Amt gesammelt haben. Schon dort ist die jeweilige Gesamtleistung – und damit auch die Leistung in Verwaltungsangelegenheiten – mit "hervorragend" bewertet worden. Der aktuellen Beurteilung des Antragstellers ist demgegenüber nicht zu entnehmen, dass die Beurteilerin über fünf Jahre nach Beendigung seiner Verwaltungstätigkeit die Leistung in Verwaltungsangelegenheiten nunmehr neu, und zwar gemessen am höheren Statusamt bewertet hat. Ein entsprechendes Verständnis der aktuellen Beurteilung ist schon deswegen ausgeschlossen, weil die bewerteten Leistungen des Antragstellers ausschließlich solche aus dem Bereich der Rechtsprechung sind. Es ist auch deswegen ausgeschlossen, weil die Beurteilerin ansonsten den angegebenen Beurteilungszeitraum in ihrer Bewertung erheblich überdehnt hätte. Es ist im Übrigen fernliegend anzunehmen, die Beurteilerin hätte die im Amt eines Richters am Landessozialgericht erbrachten Verwaltungsleistungen nachträglich auf das erhöhte Beurteilungsniveau eines Vorsitzenden Richters am Landessozialgerichts anheben wollen. Ist demnach eine differenzierte Betrachtungsweise im Hinblick auf die Rechtsprechungsleistungen einerseits und die Leistungen in Verwaltungsangelegenheiten andererseits nachvollziehbar, ja vor dem Hintergrund des Art. 33 Abs. 2 GG sogar geboten, kann es dem Grunde nach nicht beanstandet werden, dass der Antragsgegner im Hinblick auf die Rechtsprechung den Leistungen des Antragstellers ein größeres Gewicht und ihm demnach einen Vorsprung zumisst und im Übrigen betreffend die Leistungen in Verwaltungsangelegenheiten von einem Gleichstand (vgl. hierzu unten, b) bb)) ausgeht.
45bb)
46Es ist dem Verwaltungsgericht auch nicht darin zu folgen, dass es im vorliegenden Fall grundsätzlich ausgeschlossen war, dass der vom Antragsgegner angenommene Eignungsvorsprung des Beigeladenen so umfänglich ausfiel, dass er den Leistungsvorsprung des Antragstellers überwiegen konnte. Das kann zunächst nicht aus einer Personenidentität der Beurteilerin folgen, welche den Entscheidungsspielraum des Dienstherrn beschränkt haben soll.
47Denn die Annahme, die Bewerber seien von derselben Person, der Präsidentin des Landessozialgerichts beurteilt worden, trifft nicht zu. Richtig ist, dass der Antragsteller zuletzt unter dem 21. Dezember 2010 sowie nach seiner Gegenäußerung unter dem 9. Februar 2011 von der Präsidentin des Landessozialgerichts (zur Verdeutlichung: Frau Dr. C. ) beurteilt worden ist. Der Beigeladene ist hingegen unter dem 6. Oktober 2010 sowie unter dem 11. November 2010 durch den Vizepräsidenten des Landessozialgerichts (zur Verdeutlichung: Herr M. ) als Vertreter des Präsidenten, dessen Stelle seinerzeit vakant war, erstellt worden.
48Im Übrigen begrenzt die Personenidentität des Beurteilers den Beurteilungsspielraum des Dienstherrn nicht. Versteht man hierunter – eher fernliegend – auch den Fall, dass konsekutive Inhaber desselben Amtes oder einer ihrer Vertreter die Beurteilungen erstellen, kann sich ein entsprechender Bedarf schon im Hinblick auf einen ggf. erforderlich werdenden Ausgleich unterschiedlicher Schreib- und Sprachstile ergeben. Dieser Aspekt tritt zurück, wenn die Beurteilungen durch eine natürliche Person erstellt werden. Hier kann sich aber eine Pflicht zur Ausschöpfung deswegen ergeben, weil das zusammenfassende Gesamturteil selbst in einem Beurteilungssystem mit Binnendifferenzierung (sog. Drittelnoten) jedenfalls dann keine ausreichende Differenzierung zwischen den Bewerbern erlaubt, wenn diese dieselbe Benotung erhalten haben. Denn jede Drittelnote wie auch die nicht weiter in Drittelnoten unterteilte Spitzennote stellt einen Qualifikationsbereich und keine punktgenau gemessene Qualifikation dar. Das folgt im konkreten Fall allein schon daraus, dass nach der Beurteilungs-AV einschließlich der Drittelnoten insgesamt nur 13 Qualifikationsstufen zur Beurteilung der Richter und Staatsanwälte zur Verfügung stehen. Dies ist aus Praktikabilitätsgründen gut vertretbar, reicht andererseits bei der Vielfalt der dienstlichen Aufgaben und der unterschiedlichen und vielschichtigen Qualifikationsmerkmale der Amtsinhaber nicht aus, um jeden Richter oder Staatsanwalt punktgenau in seiner Qualifikation zu beurteilen. Insbesondere bei der Vergabe von Spitzenpositionen erhellt sich Vorstehendes unter Berücksichtigung des Umstandes, dass häufig Bewerber miteinander konkurrieren, die einen unterschiedlichen beruflichen Werdegang durchlaufen und insoweit auch unterschiedliche berufliche Erfahrungen gesammelt haben. Erhalten demnach mehrere Bewerber dieselbe Gesamtnote, bedeutet dies nicht, dass beide über eine exakt gleiche Qualifikation verfügen; sie gehören lediglich demselben Qualifikationsbereich an.
49Darüber hinaus besteht kein Rechtssatz und kein sachlicher Grund, wonach der auf dem höheren Statusamt beruhende Leistungsvorsprung des einen Bewerbers den durch Ausschöpfung der Beurteilungen ermittelten Eignungsvorsprung des anderen Bewerbers überwiegen muss. Dies gilt auch angesichts des vorrangigen Gewichts des Gesamturteils einer Beurteilung. Es widerspräche dem Grundsatz der Bestenauslese, wollte man dem durch das höhere Statusamt grundsätzlich bedingten Leistungsvorsprung ein konkretes Mindestmaß zumessen. Vielmehr ist dieser Abstand unter Heranziehung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Anlegung der Kriterien der Bestenauslese zu ermitteln. Im konkreten Einzelfall kommt hinzu, dass sich der Leistungsvorsprung des Antragstellers nur auf einen Teil der Leistungsbewertung bezieht, während in einem anderen Teil der Dienstherr von einem Gleichstand der Bewerber ausgegangen ist.
50Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts,
51Beschluss vom 27. September 2011 – 2 VR 3.11 –, IÖD 2011, 266 = juris, dort wohl Rn. 23 – 25,
52steht dem nicht entgegen. Danach ist die ausschlaggebende Bedeutung des Gesamturteils der Beurteilung Ausdruck des Laufbahnprinzips. Ein Beamter (oder Richter) sei aufgrund seiner Befähigung für eine bestimmte Laufbahn regelmäßig als geeignet anzusehen, diejenigen Dienstposten auszufüllen, die seinem Statusamt entsprechen oder dem nächsthöheren Statusamt zugeordnet seien. Dies könne sich dann anders verhalten, wenn "es ausschließlich um die Besetzung eines Dienstpostens" gehe. Das Bundesverwaltungsgericht betont selbst, dass diese Grundsätze "regelmäßig" gelten, dass Ausnahmen mithin denkbar sind. Sodann können die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts nur dahingehend verstanden werden, dass auch dann Differenzierungen eines Gesamturteils möglich sein müssen, wenn es lediglich "auch", und nicht "ausschließlich" um die Vergabe eines Dienstpostens geht. Denn die Vergabe eines Dienstpostens rechtfertigt deswegen eine differenzierte Bewertung der Bewerber, weil hierdurch die besonderen Anforderungen dieses Dienstpostens in der Auswahlentscheidung zu berücksichtigen sind. So soll der im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG geeignetste Bewerber ausfindig gemacht werden. Gleiches gilt aber dann, wenn zugleich mit dem Dienstposten ein anderes Statusamt vergeben wird. Ein Außerachtlassen der Anforderungen des Dienstpostens wäre hier vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Bestenauslese sachwidrig.
53Soweit der Antragsteller mit Schriftsatz vom 22. November 2011 in diesem Zusammenhang die Ansicht vertritt, dass einer schlechteren Leistungsbeurteilung keine bessere Eignungsbeurteilung folgen könne, weil die Eignungsprognose aus der Leistungsbeurteilung zu entwickeln sei, kann der Senat dem nicht folgen. Es ist zwar richtig, dass die Eignungsprognose aus der Leistungsbeurteilung zu entwickeln ist. Die Pflicht zur Entwicklung der Eignungsprognose aus der Leistungsbeurteilung bedeutet jedoch nur, dass der Dienstherr bei der Beurteilung der Eignung eines Beamten oder Richters für ein bestimmtes Amt bzw. für eine bestimmte Stelle die von ihm in der Vergangenheit erbrachten Leistungen zu berücksichtigen, nicht aber die Gesamtnote zu übernehmen hat. Aus diesen Leistungen ist auf die künftige Eignung in einem neuen Amt zu schließen. Besitzt der Bewerber allerdings keinerlei einschlägige Erfahrungen betreffend den Aufgabenbereich der angestrebten Stelle, ist es sehr wohl möglich, dass er für seine vergangenen Leistungen eine herausgehobene Beurteilung erhält, während die Eignungsnote demgegenüber abfällt. Gleichermaßen kann ein in seiner Leistung schlechter bewerteter Beamter oder Richter aufgrund einschlägiger Berufserfahrungen sehr wohl eine herausgehobene Eignungsprognose erhalten.
54b) Die vom Antragsgegner vorgenommene Gewichtung und Bewertung der Einzelmerkmale, welche zur Ermittlung des Qualifikationsvorsprungs des Beigeladenen geführt haben, ist nicht zu beanstanden.
55aa)
56Soweit der Antragsgegner von einem Leistungsvorsprung des Antragstellers im Hinblick auf die Rechtsprechungstätigkeit ausgeht, ist dies nicht zu hinterfragen, da es keinesfalls zu Lasten des Antragstellers geht. Gleiches gilt für die Annahme einer größeren Eignung des Antragstellers im Hinblick auf Rechtsprechungsaufgaben.
57bb)
58Der Annahme eines Leistungsgleichstandes im Hinblick auf die Verwaltungstätigkeit der Bewerber ist ein relevanter Fehler – jedenfalls zu Lasten des Antragstellers – nicht zu entnehmen. Zunächst hat der Antragsgegner zu Recht (s. o.) sich nicht darauf beschränkt, die aktuellen Beurteilungen auszuwerten, sondern hat auch ältere Beurteilungen in seine Betrachtung einbezogen, um so die weiter zurückliegenden Verwaltungsleistungen insbesondere des Antragstellers angemessen zu würdigen. Sodann hat der Antragsgegner im Hinblick auf die von den Bewerbern erbrachten Verwaltungsleistungen festgestellt, dass jeder Bewerber für sich einen Bereich von Verwaltungstätigkeiten ausgeübt hat, den er dem anderen Bewerber jeweils voraus hat. Dieser jeweilige Vorsprung sei nicht derart zu werten, dass dies zu einem Übergewicht zu Gunsten des einen oder des anderen Bewerbers führe. So habe der Antragsteller im Hinblick auf Verwaltungstätigkeiten beim Landessozialgericht gegenüber dem Beigeladenen einen Vorsprung, weil er anders als der Beigeladene nicht nur ein, sondern zwei Kerndezernate bearbeitet habe. Demgegenüber verfüge der Beigeladene durch seine Tätigkeit als bzw. in der Funktion als Vizepräsident des Verwaltungsgerichts über Verwaltungserfahrungen in der ersten Instanz. Diesen habe der Antragsteller nichts Vergleichbares entgegenzusetzen. Diese Feststellungen sind zunächst in tatsächlicher Hinsicht richtig. Sie zeigen die unterschiedlichen Berufserfahrungen und Werdegänge der beiden Bewerber zutreffend auf. Sodann besteht kein Anhaltpunkt anzunehmen, dass die ihrer Art nach unterschiedlichen Verwaltungstätigkeiten innerhalb der Justiz zwingend so zu bewerten waren, dass sich für den Antragsteller ein Leistungsvorsprung ergibt. Dafür sprechen verschiedene Umstände: Beide Bewerber hatten bei der Ausübung der jeweiligen Verwaltungstätigkeit ein nach der Besoldungsgruppe R 2 besoldetes Amt inne. Beide Bewerber sind in diesem Amt zuletzt mit der Spitzennote bewertet worden. Anhaltspunkte dafür, dass die Anforderungen, welche der Antragsteller im Rahmen seiner Dezernententätigkeit beim Landessozialgericht zu erfüllen hatte, grundsätzlich höher zu bewerten sind, als die Anforderungen, welche an einen Vizepräsidenten des Sozialgerichts zu stellen sind, sind nicht ersichtlich. Die jeweils erbrachten Verwaltungstätigkeiten sind im Falle des Beigeladenen dem Grundsatz nach durch das Anforderungsprofil für einen Vizepräsidenten des Sozialgerichts, und damit für einen nach der Besoldungsgruppe R 2 besoldeten Richter vorgesehen. Die Tätigkeiten als Dezernent beim Landessozialgericht werden zumindest in der obergerichtlichen Praxis typischerweise von einem nach der Besoldungsgruppe R 2 besoldeten Richter wahrgenommen. Der Antragsgegner hat schließlich zahlreiche einzelne Aufgaben aufgeführt, die der Beigeladene in der Funktion eines Vizepräsidenten zu erfüllen hatte und denen sich keine Minderwertigkeit gegenüber der vom Antragsteller ausgeübten Dezernententätigkeit entnehmen lässt. Hierzu gehören neben anderem die durch Verweis auf die Personal- und Befähigungsnachweisungen in Bezug genommene Zuständigkeit für die Angelegenheiten der Beschäftigten einschließlich der Beamtinnen und Beamten, für die Geschäftsverteilung der Serviceabteilungen, für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen sowie die vertretungsweise Übernahme von Aufgaben der Gerichtsleitung und der Außendarstellung des Gerichts.
59cc)
60Die Bewertung des Antragsgegners, der Beigeladene verfüge im Hinblick auf die zu besetzende Stelle über eine bessere Eignung in Verwaltungsangelegenheiten sowie die höhere Gewichtung dieses Eignungsvorsprungs gegenüber dem Eignungsvorsprung, welcher dem Antragsteller in Rechtsprechungsangelegenheiten attestiert worden ist, ist ebenfalls in sich schlüssig und nachvollziehbar. Anhaltspunkte, die zwingend auf eine zumindest gleichwertige Gesamteignung des Antragstellers führten, sind nicht gegeben.
61Der Antragsgegner hat seine Prognoseentscheidung im Kern damit begründet, dass er die Justizverwaltungsbefähigung der Bewerber als leitenden Maßstab für die Besetzung des Amtes herangezogen habe. Das entscheidende Gewicht habe er dabei der Verwendungsbreite der Bewerber sowie ihrer Führungs- und Leitungskompetenz zugemessen. Dabei habe er sich im Einklang mit dem durch das Anforderungsprofil gesetzten Maßstab gesehen und so einen Eignungsvorsprung des Beigeladenen in Verwaltungsangelegenheiten hergeleitet. Aus dem Anforderungsprofil wie auch aus besoldungsrechtlichen Wertungen habe er sodann hergeleitet, dass der Verwaltungseignung das größere Gewicht zukomme als der richterlichen Kompetenz, was zur besseren Eignung des Beigeladenen führe.
62Diese Einschätzung des Antragsgegners steht weder im Widerspruch zu dem für die Stelle maßgeblichen Anforderungsprofil noch lässt sie Erkenntnisse aus der vom Antragsteller hervorgehobenen Beurteilung vom 12. April 2005 in relevantem Umfang außer Acht. Sie enthält zudem keine sonstigen Wertungswidersprüche oder Ungereimtheiten zu Lasten des Antragstellers.
63Der Antragsteller geht fehl in der Annahme, die Betonung der Verwendungsbreite und die damit einhergehende Hervorhebung der Verwaltungstätigkeiten des Beigeladenen beim Sozialgericht stehe in Widerspruch zum Anforderungsprofil und überschreite damit den Beurteilungsspielraum des Antragsgegners. Der Antragsteller leitet seine Ansicht daraus her, dass das Anforderungsprofil selbst nur allgemein "Erfahrungen in der Bearbeitung von Verwaltungsangelegenheiten in der Justiz" benennt, ohne zwischen Verwaltungserfahrungen in der ersten und der zweiten Instanz zu unterscheiden. Damit verkennt der Antragsteller die Pflicht des Antragsgegners, unter Berücksichtigung des Anforderungsprofils die einzelnen Beurteilungsmerkmale der Bewerber im Hinblick auf das zu vergebende Amt zu gewichten.
64Mit der Aufstellung eines Anforderungsprofils legt der Dienstherr im Rahmen seiner Organisationsgewalt diejenigen Merkmale möglicher Bewerber fest, die den Kreis der zu vergleichenden Bewerber einengen. Damit trifft er eine teilweise Vorwegnahme der Auswahlentscheidung, die ausschließlich aufgrund der Kriterien der Bestenauslese erfolgen darf.
65Vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. November 2010 – 2 BvR 2435/10 –, NVwZ 2011, 746 = juris, Rn. 13.
66Bei den sich hieraus ergebenden Anforderungen handelt es sich jedoch nur um Mindestanforderungen, die den Kreis der potentiellen Bewerber begrenzen sollen.
67Vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 9. November 2011 – 2 M 163/11 –, juris, Rn. 20; Sächs. OVG, Beschluss vom 15. November 2011 – 2 B 99/11 –, juris, Rn. 9.
68Es steht dem Dienstherrn frei, im Rahmen der Auswahlentscheidung weitere Kriterien heranzuziehen und zu gewichten, um seiner Pflicht zur Ausschöpfung von Beurteilungen hinreichend nachzukommen. Bei der Festlegung dieser weiteren Kriterien ist er nur insoweit durch das Anforderungsprofil gebunden, als er sich nicht in Widerspruch zu diesem setzen darf. Denn in einem solchen Fall verletzte er das im Anforderungsprofil zum Ausdruck kommenden Ziel bestmöglicher Aufgabenwahrnehmung. Erfüllen mehrere Bewerber alle Anforderungskriterien, bleibt es der Entscheidung des Dienstherrn überlassen, welchen der zur Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung zu rechnenden Umstände er das größere Gewicht beimisst.
69Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. August 2001 – 2 A 3.00 –, BVerwGE 115, 58 = juris, Rn. 32.
70Mit dieser Entscheidung nimmt der Dienstherr seine Verpflichtung zur Bestenauslese wahr. Sie kann nicht dahingehend fehlinterpretiert werden, dass die konkret getroffene Entscheidung Ausdruck eines Ausschlusses bestimmter Bewerber "von vornherein" ist. Der Antragsteller nimmt in diesem Zusammenhang die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen,
71Beschluss vom 13. April 2000 – 12 B 1959/99 –, DÖD 2001, 127 = juris, dort wohl Rn. 8,
72in Bezug. Der dieser Entscheidung zu Grunde liegende Fall ist mit dem hier zur Entscheidung stehenden nicht vergleichbar. Der Antragsteller verkennt, dass der dortige Antragsteller mit Erfolg gerügt hatte, "von vornherein" nicht in einen Bewerbervergleich nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung einbezogen worden zu sein. Die Eignung, Befähigung und Leistung des Antragstellers sind jedoch vom Antragsgegner umfänglich in einem solchen Vergleich bewertet worden. Der "Ausschluss" des Antragstellers stand am Ende dieses Abwägungs- und Gewichtungsprozesses, nicht an dessen Anfang.
73Warum der Antragsteller im Schriftsatz vom 22. November 2011 sinngemäß die Ansicht vertritt, der dem Dienstherrn zustehende Beurteilungsspielraum beziehe sich nicht auf die Eignungsprognose, erschließt sich dem Senat nicht. Entscheidend ist jedenfalls, dass beide Bewerber unstreitig das Anforderungsprofil erfüllen und deswegen eine weitere Gewichtung der Qualifikationsmerkmale durch den Antragsgegner vorzunehmen war. Es stellt darüber hinaus keinen Widerspruch dar, wenn der Antragsgegner im konkreten Fall über die Mindestanforderungen hinaus zugunsten des Beigeladenen betont, dass dieser (auch) über Verwaltungserfahrungen auf der Ebene des Sozialgerichts verfüge und in diesem Punkt dem Antragsteller etwas voraus habe. Das Anforderungsprofil ist nicht dahingehend zu verstehen, dass es einer weiteren Differenzierung zwischen verschiedenen Verwaltungstätigkeiten im Wege stünde. Ein solcher Ansatz wäre vor dem Hintergrund der Bestenauslese auch nicht haltbar, weil er zusätzliche Kriterien, welche für die Eignungsprognose von Bedeutung sein können, von vorneherein ausschlösse. Dass der Antragsgegner im konkreten Fall der Verwendungsbreite des Antragsgegners ein besonderes Gewicht beigemessen hat, ist eine vertretbare Entscheidung.
74In Übereinstimmung mit dem Anforderungsprofil steht auch das weitere Abstellen auf die Führungs- und Leitungskompetenz. Diese bildet eine ausdrückliche Anforderung, welche im Anforderungsprofil durch zahlreiche Unterpunkte näher beschrieben und so in ihrer Bedeutung unterstrichen wird. Die vom Antragsgegner durch Zitate aus den dienstlichen Beurteilungen des Beigeladenen belegten und in sich schlüssigen Einzelmerkmale stehen in Übereinstimmung mit den Anforderungen dieser Unterpunkte. So lassen sich der "zeitgemäß kooperative Führungsstil" der Anforderung "Kooperation und Teamorientierung", "Fingerspitzengefühl im Umgang mit Menschen" u. a. der Anforderung "Förderung der Gerichtsangehörigen", "besondere Fähigkeit, andere ins Boot zu holen" und "mitreißend durch sein eigenes vorbildliches Handeln" der Anforderung "Motivierungsgeschick", "kraftvolle Führungsfähigkeit" der Anforderung "Zielorientierung" sowie "selbstkritische Reflexionen" der Anforderung "Lern- und Kritikfähigkeit, Flexibilität" zuordnen. Demgegenüber erscheint es weder sachlich falsch noch in der Gewichtung und Wertung unvertretbar, wenn der Antragsgegner dem Antragsteller attestiert, insbesondere in den Bereichen Arbeitsklima, Integrationskompetenz und konstruktive Zusammenarbeit weit zurückhaltender bewertet worden zu sein. Die in diesem Zusammenhang vom Antragsgegner getroffene Feststellung, dass diese Differenzierung nicht allein auf den unterschiedlichen sprachlichen Stil verschiedener Beurteilungsverfasser zurückzuführen sei, ist nachvollziehbar und wird auch dadurch bestätigt, dass die Präsidentin des Landessozialgerichts, welche eine der beiden Beurteilungen selbst verfasst hat, in ihrem zusammenfassenden Besetzungsbericht eine vergleichbare Bewertung vorgenommen hat, ohne einen Korrekturbedarf in sprachlicher Hinsicht zu sehen.
75Mit dieser Bewertung hat der Antragsgegner auch keine unzureichende Würdigung der in der Beurteilung des Antragstellers vom 12. April 2005 enthaltenen Wertungen vorgenommen. Zunächst hat der Antragsgegner auf S. 6 der Auswahlentscheidung vermerkt, dass der Vergleich der Verwaltungstätigkeiten der Bewerber eine Heranziehung auch älterer Beurteilungen erforderlich machte. Hierdurch wie auch durch die sich anschließende Nennung des Zeitraums, innerhalb dessen der Antragsteller Verwaltungstätigkeiten ausgeübt hat, wird hinreichend deutlich, dass der Antragsteller die genannte Beurteilung bei seiner Auswahlentscheidung berücksichtigt hat. Das gilt auch, soweit er – anders als die Beurteilung des Beigeladenen betreffend – nicht aus dieser Beurteilung wörtlich zitiert hat. Er hat aber – wie gezeigt – deutlich gemacht, in welchen Bereichen er einen Vorsprung des Beigeladenen gegenüber dem Antragsteller sieht.
76Die insoweit erfolgte stärkere Gewichtung der Qualifikationsmerkmale des Beigeladenen wird auch nicht durch die vom Antragsteller im Schriftsatz vom 19. September 2011 aufgeführten Zitate aus der Beurteilung vom 12. April 2005 in Frage gestellt. So deuten etwa im vom Antragsgegner benannten Bereich des Arbeitsklimas Formulierungen wie "Verständnis für die Belange der Mitarbeiterschaft", "vermag zu motivieren, sachgerecht anzuleiten und im Konfliktfall auszugleichen", "Umsicht und Fingerspitzengefühl im Umgang mit Menschen" nicht zwingend auf eine sachwidrige Wertung und Gewichtung durch den Antragsgegner hin. Ähnliches gilt für die weiteren vom Antragsgegner betonten und damit von ihm mit besonderem Gewicht versehenen Bereiche der Integrationskompetenz und der konstruktiven Zusammenarbeit.
77Auch die detailreiche Auflistung von Einzeltätigkeiten, welche der Antragsteller im Rahmen seiner Verwaltungstätigkeit im Landessozialgericht ausgeübt hat und auf die er mit Schriftsatz vom 19. September 2011 ausdrücklich hinweist, führt nicht auf einen Auswahlfehler des Antragsgegners. Es ist nicht Aufgabe einer Auswahlentscheidung, die vollständigen Inhalte von Stellenbeschreibungen, Geschäftsverteilungsplänen und Beurteilungen textlich zu übernehmen. Der Antragsgegner hat hingegen hinreichend deutlich gemacht, dass er die Beurteilung vom 12. April 2005, welche die Tätigkeit des Antragstellers in den von ihm benannten Aufgabenbereichen würdigt, bei seiner Auswahlentscheidung berücksichtigt hat. Ebenso hat er sich ausführlich mit der Verwaltungstätigkeit des Antragstellers im Landessozialgericht auseinandergesetzt und diese vor allem auch in ein Verhältnis zu der Verwaltungstätigkeit des Beigeladenen gesetzt. Der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand des Antragstellers, der Antragsgegner habe im Hinblick auf die im Einzelnen aufgeführten Tätigkeiten nicht hinreichend gewürdigt, inwieweit diese ihn besonders für das Amt des Präsidenten des Sozialgerichts qualifizieren, verfängt ebenfalls nicht. Denn der Antragsgegner hat deutlich gemacht, dass der Eignungsvorsprung des Beigeladenen u. a. auf den "unmittelbaren Kenntnissen der bei der Leitung eines erstinstanzlichen Gerichts anfallenden Problemstellungen" beruhe. Solche unmittelbaren Kenntnisse kann die Tätigkeit in der Verwaltung des Landessozialgerichts jedenfalls nicht vermitteln. Der Antragsteller ist diesbezüglich auch jede weitere Erläuterung schuldig geblieben. Im Übrigen hat der Antragsgegner dem Antragsteller nicht eine "hervorragende" Eignung zur Leitung eines erstinstanzlichen Gerichts abgesprochen.
78Ein Fehler der Auswahlentscheidung zu Lasten des Antragstellers ist auch nicht darin zu sehen, dass die Präsidentin des Landessozialgerichts in ihrem Besetzungsbericht vom 22. Februar 2011 dem Antragsteller eine "eher ausgleichende und umsichtige Sicht- und Vorgehensweise" bescheinigt hat, während sie beim Beigeladenen die "zupackende und durchsetzungsstarke Art" betont hat. Denn hierauf kommt es schon allein deswegen nicht an, weil das Justizministerium als personalentscheidende Stelle des Dienstherrn in seiner Auswahlentscheidung vom 19. Juli 2011, welche allein zur Überprüfung steht, eine solche Wertung und Gegenüberstellung nicht vorgenommen und sie auch nicht zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht hat.
79Entgegen der Einschätzung des Antragstellers in seinem Schriftsatz vom 22. November 2011 ist es auch nicht sachwidrig, von der Bewährung im Amt als Vizepräsident des Sozialgerichts auf die Eignung zur Wahrnehmung des Amtes des Präsidenten des Sozialgerichts zu schließen. Allein die bereits erfolgte vertretungsweise Wahrnehmung solcher Aufgaben sowie die Einbeziehung der unmittelbaren Kenntnis der bei der Leitung eines erstinstanzlichen Gerichts anfallenden Problemstellungen sind zwei in sich schlüssige und vom Antragsgegner zur Begründung herangezogene Aspekte, die nachvollziehbar auf die vom Antragsgegner in diesem Zusammenhang angenommene größere Verwendungsbreite des Beigeladenen schließen lassen.
80Auch die im Anschluss an die Hervorhebung der Verwaltungseignung des Beigeladenen erfolgte Abwägung mit der als besser angesehenen Rechtsprechungseignung des Antragstellers ist vertretbar. Der Ansatz des Antragsgegners, aufgrund der im Vergleich zu einem Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht geringeren Anforderungen an die Rechtsprechungseignung eines Präsidenten des Sozialgerichts von einer schon dem Anforderungsprofil zu entnehmenden Betonung der Verwaltungseignung auszugehen, ist schlüssig und nachvollziehbar. Hieraus leitet der Antragsgegner sachlich nicht angreifbar ab, dass der Vorteil, welchen der Antragsteller im Hinblick auf seine Rechtsprechungseignung genießt, im Hinblick auf das angestrebte Amt von geringerer Bedeutung ist.
81Vgl. mit einer entsprechenden Wertung betreffend einen Präsidenten des Finanzgerichts bereits Beschluss des Senats vom 14. September 2010 – 1 B 1112/10 –, juris, Rn. 30 = NRWE.
82dd)
83Schließlich hat der Antragsgegner den sich danach ergebenden Eignungsvorsprung des Beigeladenen in nachvollziehbarer Weise als dem Leistungsvorsprung des Antragstellers gegenüber gewichtiger und damit den Ausschlag in der Auswahlentscheidung gebend gewertet. So hat der Antragsgegner im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums mehrfach betont, dass er das für die Besetzung des Amtes entscheidende Kriterium in der Justizverwaltungsbefähigung bzw. der Verwaltungseignung der Bewerber sehe. Dies hat er u. a. damit begründet, dass das Anforderungsprofil (vgl. hierzu oben, cc) die richterliche Kompetenz für das Amt des Präsidenten des Sozialgerichts im Vergleich zu den Ämtern des Richters am Landessozialgericht und des Vorsitzenden Richters am Landessozialgericht zurücknehme. Dieses Ergebnis wiederholt der Antragsgegner in seinem "Gesamtergebnis", indem er den Antragsteller im Qualifikationsvergleich als "am besten qualifiziert" ansieht.
84Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären entspricht nicht der Billigkeit, weil dieser in beiden Instanzen keinen Antrag gestellt und sich damit selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
85Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren erfolgt auf der Grundlage der inzwischen (für die Zukunft) erfolgten Änderung der Streitwertpraxis der mit beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten befassten Senate des OVG NRW (1. und 6. Senat). Danach bemisst sich der Streitwert in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, welche die vorläufige Untersagung der Besetzung einer Beförderungsstelle oder eines Beförderungsdienstpostens zum Gegenstand haben, nunmehr nicht mehr nach der Hälfte des Auffangwertes des § 52 Abs. 2 GKG, sondern in Anwendung des § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 GKG nach dem 3,25-fachen Betrag des Endgrundgehalts, welches der Wertigkeit der Stelle bzw. des Dienstpostens entspricht.
86Vgl. etwa die Beschlüsse vom 19. März 2012 – 6 E 1406/11 –, juris und NRWE, und vom 27. März 2012 – 1 E 45/12 –, juris und NRWE.
87Das führt vorliegend auf den im Tenor festgesetzten Betrag (6.757,72 Euro x 3,25 = 21.962,59 Euro).
88Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO und – hinsichtlich der Streitwertfestsetzung – gemäß §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
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