Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 6 A 2988/11
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 30.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Aus den im Zulassungsverfahren dargelegten Gründen, die der Senat allein zu prüfen hat, ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
4Das Klagebegehren ist entgegen der Auffassung der Klägerin nach den im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bzw. der gerichtlichen Entscheidung geltenden Regelungen über Höchstaltersgrenzen für Lehrer in der nordrhein-westfälischen Laufbahnverordnung in der Fassung vom 30. Juni 2009 – LVO NRW – (GV. NRW S. 381) zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu in seinem Urteil vom 23. Februar 2012 – 2 C 76.10 –, juris, Rdnrn. 11 bis 13, ausgeführt:
5"Der Erfolg einer Klage, mit der ein Anspruch auf Erlass eines Verwaltungsakts oder auf erneute Entscheidung darüber geltend gemacht wird, richtet sich nach dem materiellen Recht, das zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung auf den Sachverhalt anzuwenden ist. Aufgrund der Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) haben die Gerichte bei der Beurteilung von Verpflichtungs- und Neubescheidungsbegehren Rechtsänderungen zu beachten, die während des behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens in Kraft getreten sind, sofern das neue, zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltende Recht nichts anderes bestimmt. Durch seine Auslegung ist zu ermitteln, ob Verpflichtungs- und Neubescheidungsbegehren für bestimmte Fallkonstellationen noch nach dem aufgehobenen oder inhaltlich geänderten Recht zu beurteilen sind (stRspr; vgl. Urteile vom 31. März 2004 – BVerwG 8 C 5.03 - BVerwGE 120, 246 <250> = Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 20 S. 74 f. und vom 24. Juni 2004 - BVerwG 2 C 45.03 – BVerwGE 121, 140 <143 f.> = Buchholz 237.0 § 9 BaWüLBG Nr. 1 S. 4).
6Dies gilt auch dann, wenn die Verwaltung den Erlass des beantragten Verwaltungsakts rechtswidrig abgelehnt hat, diese Entscheidung aber von einer danach in Kraft getretenen Rechtsänderung gedeckt wird. Auch hier kann das Verwaltungsgericht die Verwaltung nur dann zum Erlass des Verwaltungsakts oder zur erneuten Entscheidung darüber verurteilen, wenn das neue Recht für diese Fälle die Anwendung des alten Rechts anordnet oder einen Anspruch für derartige Fälle (sog. Folgenbeseitigungslast) einräumt (stRspr, vgl. Urteile vom 17. Dezember 1954 - BVerwG 5 C 97.54 – BVerwGE 1, 291 <295 f.> = Buchholz 332 § 72 MRVO 165 Nr. 2 S. 3 f., vom 6. März 1987 - BVerwG 8 C 65.84 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 99 S. 2, vom 18. Juni 1998 - BVerwG 2 C 20.97 - Buchholz 237.7 § 15 NWLBG Nr. 2 S. 2 und vom 24. Juni 2004 a.a.O. S. 143 f. bzw. S. 4).
7Nach diesen Rechtsgrundsätzen sind die Regelungen über die Höchstalters-grenze für Lehrer in der nordrhein-westfälischen Laufbahnverordnung in der Fassung vom 30. Juni 2009 auf alle Anträge auf Einstellung oder Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe anwendbar, die zum Zeitpunkt des Inkraft-tretens dieser Rechtsverordnung am 18. Juli 2009 nicht bestandskräftig beschieden waren. (...)"
8Aus der von der Klägerin angeführten Regelung des § 6 Abs. 2 Satz 5 LVO NRW folgt nichts Abweichendes. Nach dieser Ausnahmevorschrift erhöht sich das Höchstalter, wenn der Bewerber an dem Tage, an dem er den Antrag gestellt hat, die Höchstaltersgrenze nicht überschritten hatte und die Einstellung oder Übernahme innerhalb eines Jahres nach der Antragstellung erfolgt. Die Klägerin geht fehl, wenn sie meint, aus dieser Regelung ergebe sich, dass auf die Rechtslage abzustellen sei, die zum Zeitpunkt des Antrags auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe (hier vom 13. Mai 2009) galt. Ein solcher Regelungsgehalt lässt sich schon mit ihrem Wortlaut nicht vereinbaren. Die Vorschrift bestimmt gerade nicht, dass anstelle der in der LVO NRW i.d.F. vom 30. Juni 2009 geregelten Höchstaltersgrenzen das im Zeitpunkt der Antragstellung geltende Recht (keine wirksame Höchstaltersgrenze) maßgeblich sein soll. Sie sieht lediglich vor, dass dem Bewerber die Höchstaltersgrenze (der LVO NRW i.d.F. vom 30. Juni 2009) nicht entgegen gehalten werden kann, wenn er diese im Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht überschritten hatte. Das entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Mit dem Abstellen auf das Lebensalter im Zeitpunkt der Antragstellung sollen Härten vermieden werden, die durch den Ablauf des Einstellungsverfahrens, insbesondere dessen Dauer, bedingt sind.
9Vgl. auch OVG NRW, Urteile vom 23. Mai 2007 – 6 A 1085/05 –, juris, und vom 30. Mai 2008 – 6 A 3347/07 – , juris, sowie Beschluss vom 18. August 2011 – 6 A 863/11 –, n.v., (in anderem Zusammen-hang bzw. zu § 84 Abs. 1 Satz 2 LVO NRW a.F.).
10Die am 2. Januar 1956 geborene Klägerin hatte die maßgebliche Höchstaltersgrenze von 40 Jahren (§§ 6 Abs. 1, 52 Abs. 1 LVO NRW) bereits im Zeitpunkt der Antragstellung im Mai 2009 überschritten.
11Die Neuregelungen zur Höchstaltersgrenze in der Fassung vom 30. Juni 2009 verstoßen auch nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung. Sie sind mit der Richtlinie 2000/78/EG des Rates der Europäischen Union vom 27. November 2000 und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vereinbar.
12Vgl. dazu eingehend BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2012, a.a.O., Rdnrn. 42 bis 46.
13Das von der Klägerin zitierte Urteil des EuGH vom 12. Januar 2010 – C-229/08 – stellt die Vereinbarkeit der Regelungen über die Höchstaltersgrenze mit dem Verbot der Altersdiskriminierung nicht in Frage. Denn die darin enthaltenen Ausführungen geben für die im vorliegenden Verfahren maßgebliche Rechtfertigung der Höchstaltersgrenze für die Einstellung von Lehrern nach Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG nichts her. Wie bereits vom Verwaltungsgericht festgestellt, hat der EuGH in der Entscheidung keine Ausführungen zur Rechtfertigung einer Höchstaltersgrenze (für den Feuerwehrdienst) im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG gemacht. Eine Rechtfertigung auf der Grundlage dieser Vorschrift war nämlich nicht zu prüfen, da die Ungleichbehandlung wegen Alters in dem dort zu entscheidenden Fall bereits in Anbetracht von Art. 4 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG gerechtfertigt war.
14Vgl. EuGH, Urteil vom 12. Januar 2010 – Rs. C-229/08 –, juris, Rdnr. 45.
15Dass der EuGH mit seinem allein auf eine Rechtfertigung nach Art. 4 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG gestützten Begründungsansatz Bedenken hinsichtlich einer Rechtfertigung nach Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG zum Ausdruck bringen wollte, ist eine reine Mutmaßung der Klägerin und weder geeignet, die – wie oben dargestellt – vom Verwaltungsgericht zu Recht angenommene Rechtfertigung der Höchstaltersgrenze nach Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG in Zweifel zu ziehen, noch das im Rahmen des Art. 267 AEUV bestehende Vorlageermessen des Verwaltungsgerichts auf eine Vorlagepflicht zu reduzieren. Aus dem Umstand, dass der EuGH der Bundesregierung offenbar zunächst einen auf die Rechtfertigung nach Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG bezogenen Fragenkatalog vorgelegt hat, folgt schon angesichts der ausschließlich auf diesen Rechtfertigungsgrund bezogenen Vorlagefragen des vorlegenden nationalen Gerichts nichts Abweichendes. Vielmehr war es im Hinblick auf den dem EuGH vorgelegten speziellen Fall, in dem das Lebensalter ein Eignungsmerkmal darstellte,
16vgl. dazu auch BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2011 – 2 B 2.11 –, juris, Rdnr. 7, und vom 16. März 2011 – 2 B 43.11 -, juris, Rdnr. 7,
17naheliegend, die Überprüfung der Rechtfertigung allein im Hinblick auf das Vorhandensein wesentlicher und entscheidender beruflicher Anforderungen i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG vorzunehmen.
18Auch das des Weiteren zur Begründung des Zulassungsantrags benannte Urteil des EuGH vom 21. Juli 2011 – Rs. C-159/10, C-160/10 –, NVwZ 2011, 1249, verlangt keine abweichende Einschätzung der Vereinbarkeit der Regelungen über die Höchstaltersgrenze mit höherrangigem (europäischem) Recht. Die Klägerin verweist darauf, dass nach dieser Entscheidung die Angemessenheit und Erforderlichkeit einer Maßnahme nach Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG nur dann nachgewiesen sei, wenn sie auf Beweismittel gestützt werde, deren Beweiskraft das nationale Gericht zu beurteilen habe. Die bloße Behauptung, dass die Festlegung eines Einstellungshöchstalters dem Gemeinwohlinteresse diene und gewährleisten solle, dass die Dienstzeit des Beamten in einem angemessenen Verhältnis zu seinem Anspruch auf Versorgung im Ruhestand stehe, helfe hier somit nicht weiter. Der Beklagte müsse vielmehr darlegen, welche Fakten konkret dazu führen sollen, dass "ab einem bestimmten Alter der Übernahme in das Beamtenverhältnis" dieses angemessene Verhältnis nicht mehr bestehe.
19Zunächst gibt die Klägerin damit die Erwägungen des EuGH in dem benannten Urteil nur unvollständig wieder. Unter den Randnummern 80 und 81 weist der EuGH im Zusammenhang mit der Erforderlichkeit von Beweismitteln nämlich auch darauf hin, "dass die Mitgliedstaaten über einen weiten Ermessensspielraum bei der Wahl einer Maßnahme verfügen, die sie für erforderlich halten. Diese Wahl kann daher auf wirtschaftlichen, sozialen, demografischen und/oder Haushaltserwägungen beruhen, die vorhandene und nachprüfbare Daten, aber auch Prognosen umfassen, die sich naturgemäß auch als falsch erweisen können und daher eine gewisse Unsicherheit bergen. Die Maßnahme kann außerdem auf politischen Erwägungen beruhen, die oftmals einen Ausgleich zwischen verschiedenen denkbaren Lösungen implizieren und es ebenfalls nicht erlauben, das gewünschte Ergebnis als sicher zu betrachten."
20Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 23. Februar 2012 (a.a.O., Rdnrn. 44 bis 46) die zitierte Entscheidung des EuGH vom 21. Juli 2011 zum Ausgangspunkt genommen und zu den darin aufgestellten Anforderungen ausgeführt:
21"Legitime Ziele im Sinne von § 10 Satz 1 AGG können sich insbesondere aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung ergeben; daneben kommt jedes weitere sozialpolitische Ziel in Betracht (EuGH, Urteil vom 13. September 2011 - C-447/09, Prigge u.a. - NJW 2011, 3209 <Rn. 81>). Die Mitgliedstaaten verfügen über einen weiten Spielraum bei der Wahl der Maßnahmen, die sie zur Erreichung eines legitimen Ziels für erforderlich halten. Die Wahl kann auf politischen, wirtschaftlichen, sozialen, demografischen oder fiskalischen Erwägungen beruhen, wobei letztere für sich allein nicht ausreichen (EuGH, Urteil vom 21. Juli 2011 – Rs. C 159/10 und 160/10, Fuchs und Köhler – NvwZ 2011, 1249 <Rn. 61, 73 f. und 80 f.>). Die Angemessenheit und Erforderlichkeit einer Maßnahme ist nachgewiesen, wenn sie im Hinblick auf das verfolgte Ziel nicht unvernünftig erscheint und auf Beweismittel gestützt ist, deren Beweiskraft das nationale Gericht zu beurteilen hat (EuGH, Urteil vom 21. Juli 2011 a.a.O. Rn. 83). Somit ist § 10 AGG Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (Urteil vom 19. Februar 2009 a.a.O. Rn. 15).
22Das Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten, das der Höchstaltersgrenze nach § 6 Abs. 1 und § 52 Abs. 1 LVO NRW zugrunde liegt, stellt ein legitimes Ziel im Sinne von § 10 Satz 1 AGG dar. Die Berechtigung dieser Erwägung ergibt sich aus dem Zusammenhang zwischen der Dienstleistung der Beamten und den Versorgungsleistungen im Ruhestand. Wie unter 2.a) dargelegt, erdienen Beamte die lebenslang zu gewährende Versorgung während der aktiven Zeit. Die unionsrechtliche Anerkennung des daraus folgenden Interesses an einer adäquaten Lebensdienstzeit wird durch Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c RL (§ 10 Satz 3 Nr. 3 AGG) belegt, wonach Ungleichbehandlungen wegen des Alters insbesondere die Festlegung eines Höchstalters für die Einstellung aufgrund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand einschließen. Eine Höchstaltersgrenze für den Zugang zum Beamtenverhältnis stellt dem Grunde nach ein geeignetes und erforderliches Mittel dar, um eine angemessene, die Versorgung rechtfertigende Lebensdienstzeit sicherzustellen.
23Die Höchstaltersgrenze des vollendeten 40. Lebensjahres nach § 6 Abs. 1 und § 52 Abs. 1 LVO NRW ist in Anbetracht des unionsrechtlich anerkannten weiten Spielraums des Verordnungsgebers auch angemessen im Sinne von § 10 Satz 2 AGG. Insoweit kann auf die Ausführungen unter 2.c) zur Verhältnismäßigkeit dieser Höchstaltersgrenze verwiesen werden."
24Vgl. dazu auch BVerwG, Beschluss vom 26. März 2012 – 2 B 26.11 –, juris, Rdnr. 20.
25Eine Verpflichtung, statistische Erhebungen oder Berechnungen, etwa über die Auswirkungen unterschiedlicher Höchstaltersgrenzen auf die Versorgungslasten zugrunde zu legen, hat das Bundesverwaltungsgericht mit Blick auf den bei der Festlegung einer Höchstaltersgrenze im Vordergrund stehenden Abwägungscharakter in seinem Urteil vom 23. Februar 2012, a.a.O., Rdnr. 39, ausdrücklich verneint:
26"Der Verordnungsgeber war nicht verpflichtet, der Entscheidung über die Höchstaltersgrenze statistische Erhebungen oder Berechnungen über die Auswirkungen unterschiedlicher Festlegungen auf die Versorgungslasten zugrunde zu legen. Denn bei der Festlegung der Höchstaltersgrenze handelt es sich um eine Abwägungsentscheidung mit im Wesentlichen feststehenden Vorgaben: Je niedriger die Höchstaltersgrenze ist, desto länger ist typischerweise die Lebensdienstzeit, in der die Altersversorgung erdient werden kann. Davon ausgehend steht dem Verordnungsgeber ein Einschätzungsspielraum zu, den er im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG so ausüben muss, dass der leistungsbezogene Zugang zum Beamtenverhältnis auch für Bewerber mit außergewöhnlichem beruflichen Werdegang oder Lebensweg über einen längeren Zeitraum möglich bleibt und anerkannte Verzögerungsgründe durch eine angemessene Erhöhung des Zugangsalters berücksichtigt werden."
27Das Zulassungsvorbringen enthält im Übrigen keinen konkreten Hinweis dazu, unter welchem Gesichtspunkt es der Vorlage (weiterer) Fakten bedurft hätte.
28Des Weiteren lässt sich dem Zulassungsvorbringen nicht entnehmen, weshalb der Umstand, dass Art. 4 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG nach der Rechtsprechung des EuGH eng auszulegen sei, (zwangsläufig) zu folgern sein soll, dass Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2000/78/EG ebenfalls eng auszulegen sei. Auch wird nicht dargelegt, welche Konsequenzen daraus für das vorliegende Verfahren zu ziehen sein sollen.
29Die Klägerin wendet weiter ein, dass bereits § 14 Abs. 1 BeamtVG, nach dem die für die Berechnung des Ruhegehalts maßgebende ruhegehaltfähige Dienstzeit für jedes Jahr mit einem Faktor von 1,79375 % berücksichtigt werde, gewährleiste, dass Personen, die in einem höheren Lebensalter in das Beamtenverhältnis übernommen würden, nur eine geringere ruhegehaltfähige Dienstzeit und damit auch nur ein geringeres Ruhegehalt erreichen könnten. Die Argumentation des Verwaltungsgerichts wird damit nicht in Frage gestellt. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 23. Februar 2012, a.a.O., Rdnr. 24, die Höhe der Ruhegehälter für die Festlegung der Höchstaltersgrenze ausdrücklich lediglich als Orientierungshilfe angesehen:
30"Die Dienstzeit von ungefähr zwanzig Jahren, die derzeit erforderlich ist, um das nach fünf Dienstjahren gewährte Mindestruhegehalt zu erdienen, stellt eine Orientierungshilfe, aber keine bindende Vorgabe für die Bestimmung der Höchstaltersgrenze dar. Es ist nicht ausgeschlossen, ein Lebensalter als Höchstaltersgrenze festzulegen, das niedriger liegt als dasjenige, das sich aus dem Ruhestandsalter abzüglich einer Dienstzeit von zwanzig Jahren ergibt. Dies folgt aus dem Zweck der Höchstaltersgrenze, der lebenslangen amtsangemessenen Versorgung eine angemessene Lebensdienstzeit gegenüberzustellen (Urteil vom 19. Februar 2009 a.a.O. Rn. 20)."
31Unter Rdnr. 20 des Urteils vom 19. Februar 2009 – 2 C 18.07 –, juris, führt das Bundesverwaltungsgericht aus:
32"Ebenso wenig ist eine Altersgrenze von weniger als 45 Jahren bereits deshalb ausgeschlossen, weil die nach einer Dienstzeit von fünf Jahren gewährte Mindestversorgung von 35% der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge nach rund 20 Dienstjahren ohnehin erdient ist. Entscheidend ist nicht die Relation zwischen aktiver Dienstzeit und Ruhegehaltsatz, sondern ein angemessenes Verhältnis zu den gesamten Versorgungslasten. Das fiskalische Interesse des Dienstherrn kann deshalb nur dahin gehen, eine möglichst lange aktive Dienstzeit seiner Beamten sicherzustellen."
33Schließlich hat das Verwaltungsgericht zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW vereint. Der berufliche Werdegang der Klägerin hat sich nicht aus von ihr nicht zu vertretenden Gründen in einem Maße verzögert, das die Anwendung der Höchstaltersgrenze unbillig erscheinen ließe. Eine unbillige Verzögerung des beruflichen Werdegangs folgt insbesondere nicht daraus, dass die Klägerin bereits unter dem 13. Mai 2009, also zu einem Zeitpunkt, zu dem kein Einstellungshöchstalter galt, einen Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis gestellt hatte und das beklagte Land mit dessen Bearbeitung über zwei Monate bis zum Inkrafttreten der neuen Laufbahnverordnung am 18. Juli 2009 gewartet hat. Zu einer entsprechenden Fallkonstellation hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 23. Februar 2012, a.a.O., Rdnr. 49 ausgeführt:
34"Auch die Voraussetzungen einer Ausnahme nach § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW liegen nicht vor. Die Anwendung der neuen Höchstaltersgrenze begründet keine unbillige Härte. Die Klägerin konnte nicht darauf vertrauen, dass der Verordnungsgeber nach dem Urteil des Senats vom 19. Februar 2009 (a.a.O.) keine neue Höchstaltersgrenze einführen oder die nach diesem Urteil gestellten Übernahmeanträge generell von deren Geltung ausnehmen würde. Für eine derartige Ausnahme hat kein Anlass bestanden, weil der Senat eine Höchstaltersgrenze grundsätzlich für zulässig erklärt hatte.
35Der Beklagte hat die Bescheidung des Übernahmeantrags auch nicht unangemessen lange hinausgezögert. Er durfte schon deshalb bis zum Inkrafttreten der neuen laufbahnrechtlichen Regelungen zuwarten, weil die Landesregierung als Verordnungsgeber diese Regelungen bei Eingang des Antrags der Klägerin im Juli 2009 bereits beschlossen hatte."
36Umstände, die im Fall der Klägerin eine von diesen Überlegungen abweichende Beurteilung erforderten, sind nicht ersichtlich. Dass das Zuwarten mit der Bearbeitung des Antrags bis zum Inkrafttreten der Neuregelung nicht unangemessen ist, wird im Übrigen auch mit Blick auf den zeitlichen Rahmen des § 75 VwGO gestützt.
37Vgl. dazu auch BVerwG, Beschluss vom 16. März 2011, a.a.O.
38Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
39Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.
40Hinsichtlich der aufgeworfenen Rechtsfragen
41"1. Ist § 6 Abs. 2 Satz 5 LVO dahingehend auszulegen, dass er auch in den Fällen zur Anwendung kommt, in denen bei Antragstellung ein anderes Einstellungshöchstalter galt als das zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag?"
42"2. Ist für die Frage, ob eine Bewerberin oder ein Bewerber das Einstellungshöchstalter für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe überschritten hat, auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Antragstellung oder auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen?"
43"3. Verstößt die Regelung zum Einstellungs-höchstalter für Lehrerinnen und Lehrer gegen das Verbot der Altersdiskriminierung in der Richtlinie 2000/78/EG und dem AGG?"
44"4. Liegt eine Verzögerung des beruflichen Werdegangs eines Bewerbers i.S.v. § 84 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 LVO auch in denjenigen Fällen vor, in denen ein Antrag eines Bewerbers auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe in der Vergangenheit in rechtswidriger Weise abgelehnt wurde und in denen die Verwaltung über einen neuen Antrag des Bewerbers nicht zeitnah entschieden hat, um so den Antrag ablehnen zu können?"
45fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit, weil sie sich auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts sowie auf der bereits vorliegenden Rechtsprechung ohne Weiteres in dem oben dargestellten Sinn beantworten lassen.
46Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
47Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GKG.
48Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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