Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 6 B 1226/13
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
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G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
3Aus den in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründen, die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht dem erstinstanzlich gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hätte stattgegeben müssen.
4Das Verwaltungsgericht hat den Erlass der sinngemäß begehrten einstweiligen Anordnung, den Antragsgegner zu verpflichten, den Antragsteller vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem Verfahren VG Aachen – 1 K 2417/13 – zum Auswahlverfahren für die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst im Jahr 2014 zuzulassen, abgelehnt. Es fehle jedenfalls an der Glaubhaftmachung des nach § 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO erforderlichen Anordnungsanspruchs. Aus den Ausführungen des LAFP in dem Bescheid vom 20. August 2013 und den weiteren Ausführungen in der Antragserwiderung ergebe sich, dass der Antragsteller polizeidienstuntauglich sei. Unter Beachtung von Nr. 9.1.1 und Nr. 9.1.2 der PDV 300 sei seine Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst ausgeschlossen, weil er voraussichtlich den nach § 116 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW geforderten besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst nicht genügen werde; daher komme auch die Teilnahme am Auswahlverfahren nicht in Betracht. Der Antragsteller habe nach eigenen Angaben von 1994 bis März 2007 an Asthma bronchiale gelitten. Der Internist und Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie, Schlaf- und Intensivmedizin, Dr. med. A. H. habe ein hyperreagibles Bronchialsystem diagnostiziert.
5Mit der Beschwerde werden keine durchgreifenden Einwendungen gegen diese Feststellungen des Verwaltungsgerichts erhoben.
6Die Annahme der Polizeidienstuntauglichkeit durch das Verwaltungsgericht wird mit dem Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren – die Zulässigkeit des sich in einem Verweis auf den erstinstanzlichen Schriftsatz vom 10. Oktober 2013 erschöpfenden Vorbringens unterstellt (vgl. § 146 Abs. 4, Satz 3 VwGO) – nicht in Frage gestellt. Der Begriff der – für die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst vorausgesetzten (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3 LVOPol NRW) – Polizeidiensttauglichkeit wird maßgeblich konkretisiert durch die Polizeidienstvorschrift „Ärztliche Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit“ (PDV 300), die aufgrund besonderer Sachkunde gewonnene, die spezifischen Anforderungen des Polizeivollzugsdienstes berücksichtigende (ärztliche) Erfahrungssätze zusammenfasst.
7Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 7. Februar 2013 – 6 E 581/12 –, vom 2. Dezember 2008 – 6 B 1458/08 – und vom 10. November 1998 – 6 B 2220/98 – jeweils nrwe.de.
8Nach Nr. 2.3.3 PDV 300 ist ein Bewerber als „polizeidienstuntauglich“ zu beurteilen, wenn ein oder mehrere Fehler festgestellt werden, die in der Anlage 1 unter einer Fehlernummer aufgeführt sind. Unter Nr. 9.1.1 der Anlage zur PDV 300 sind als Fehler, die eine Einstellung ausschließen, aufgeführt: „Chronische oder überstandene, nichttuberkulöse Krankheiten der Atmungsorgane (z.B. rezidivierende Bronchitis, Bronchiektasen, Boecksches Sarkoid, Bronchialasthma, Emphysem, Lungenzysten)“; unter Nr. 9.1.2 der Anlage zur PDV 300 „Allergische Krankheiten der Atmungsorgane (z.B. allergisches Bronchialasthma, starker Heuschnupfen)“. Der Antragssteller selbst hat – wie bereits vom Verwaltungsgericht ausgeführt – bei der Antragstellung angegeben, dass er von 1994 bis März 2007 an Asthma bronchiale gelitten habe. Der Internist und Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie, Schlaf- und Intensivmedizin, Dr. med. A. H. hat in seiner ärztlichen Bescheinigung festgestellt, dass nach den durchgeführten Untersuchungen ein „hyperreagibles Bronchialsystem“ bestehe. Diese Untersuchung und Stellungnahme erfolgten aufgrund der vom Antragsgegner unter dem 3. Juli 2013 im Einstellungsverfahren angeforderten „Aktuellen Nachuntersuchung durch den Lungenfacharzt incl. Provokationstest zum Ausschluss Asthma/hyperreagibles Bronchialsystem“.
9Soweit der Antragsteller zunächst zahlreiche Umstände benennt, die auf eine aktuell offenbar überdurchschnittlich gute körperliche Leistungsfähigkeit schließen lassen, sind diese schon deswegen nicht geeignet, die Annahme der Polizeidienstuntauglichkeit in Zweifel zu ziehen, weil das Abstellen (allein) auf die derzeitige gesundheitliche Verfassung mit Blick auf die hier maßgebliche, eine Langzeitprognose verlangende Polizeidiensttauglichkeit zu kurz greift.
10Anhaltspunkte dafür, dass die PDV 300 für die hier beim Antragsteller diagnostizierte Erkrankung zu Unrecht generell eine erhöhte Wahrscheinlichkeit künftiger Erkrankungen, Leistungsschwächen oder sogar vorzeitiger Dienstunfähigkeit zu Grunde legt, werden mit der Beschwerde nicht aufgezeigt. Aber auch mit Blick auf den individuellen Gesundheitszustand des Antragstellers wird nichts Durchgreifendes vorgetragen, was für die rechtliche Fehlerhaftigkeit der Annahme der Polizeidienstuntauglichkeit sprechen könnte. Soweit der Antragsteller auf die stetige Verbesserung seines Gesundheitszustandes in den letzten Jahren, seine nunmehr seit sieben Jahren andauernde Beschwerdefreiheit hinsichtlich des vor 19 Jahren festgestellten Asthma bronchiale sowie die bereits vor sieben Jahren zum Abschluss gebrachte Behandlung der Atemorgane verweist, lässt er außer Acht, dass bei ihm – wie die von Dr. med. A. H. im Juli 2013 durchgeführten Untersuchungen belegen – nach wie vor ein „hyperreagibles Bronchialsystem“ vorliegt. Allein mit der subjektiven, nicht näher substantiierten Einschätzung des Antragstellers, seine Erkrankung sei überwunden und mit einem Wiederaufleben nicht zu rechnen, wird weder die (eindeutige) Diagnose des Dr. med. A. H. noch die – wie oben dargestellt – fundierte allgemeine Annahme der PDV 300, die Polizeidienstuntauglichkeit sei bei einem unter Nr. 9.1.1 oder Nr. 9.1.2 der Anlage zur PDV 300 Anlage aufgeführten „Fehler“ gegeben, in Zweifel gezogen. Entsprechendes gilt mit Blick auf die vom Antragsteller ausführlich geschilderten (Alltags-)Erfahrungen, insbesondere im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit bei der Freiwilligen Feuerwehr. Dass die aufgezeigten Untersuchungsergebnisse fehlerhaft zustande gekommen oder vom untersuchenden Arzt Dr. med. A. H. falsch interpretiert worden sein könnten, macht die Beschwerde nicht geltend und ist auch sonst nicht ersichtlich.
11Vor diesem Hintergrund ist auch nicht erkennbar, unter welchem Gesichtspunkt es von Belang sein könnte, dass die entsprechenden Feststellungen von einem niedergelassenen Facharzt und nicht von einem Polizeiarzt getroffen worden sind.
12Die Annahme der Polizeidienstuntauglichkeit trifft ferner nicht deswegen auf rechtliche Bedenken, weil andere Bewerber – der Antragsteller verweist auf Raucher – möglicherweise ebenfalls erhöhten gesundheitlichen Risiken ausgesetzt sind. Dass der Dienstherr damit das ihm bei der Regelung des Zugangs zum öffentlichen Amt zustehende Ermessen überschritten haben könnte, ist nicht ersichtlich.
13Entsprechendes gilt, soweit der Antragsteller darauf verweist, dass in öffentlichen Gebäuden und Restaurants mittlerweile flächendeckend ein Rauchverbot gelte. Auch wenn damit eine Ursache für eine Reaktion eines „hyperreagiblen Bronchialsystems“ ausgeschaltet sein mag, verbleiben gleichwohl weitere potentielle Auslöser sowie Einsatzsituationen, in denen entsprechende Luftbelastungen, etwa in privaten Räumen, nach wie vor gegeben sind.
14Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
15Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
16Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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