Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 A 2488/12
Tenor
Der Antrag wird auf Kosten des Klägers abgelehnt.
Der Streitwert wird für das zweitinstanzliche Verfahren auf die Wertstufe bis 25.000 Euro festgesetzt.
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Gründe:
2Der auf die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Antrag hat keinen Erfolg.
31. Es bestehen zunächst keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
4Das Verwaltungsgericht hat zu Recht einen Anspruch des Klägers aus § 15 Abs. 1 SUrlV auf rückwirkenden Widerruf seiner Beurlaubung verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe den Urlaub für den bewilligten Zweck verwendet. Er sei für eine Tätigkeit bei der J. GmbH & Co. KG beurlaubt worden und habe für diese Gesellschaft in den Monaten Januar bis Ende April 2011 tatsächlich gearbeitet. Ob dem ein geschlossenes oder faktisches Arbeitsverhältnis zugrunde liege, sei für die Urlaubsbewilligung rechtlich irrelevant.
5Diese Argumentation stellt der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen nicht schlüssig in Frage. Soweit er meint, Zweck seiner Beurlaubung sei die Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis und nicht nur eine bloße Tätigkeit bei einem anderen Unternehmen gewesen, begründet dies keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung. Denn davon ist der Sache nach auch das Verwaltungsgericht ausgegangen: Es hat nicht nur darauf abgestellt, dass der Kläger bei der J. GmbH & Co. KG (im Folgenden: J. ) rein tatsächlich gearbeitet hat. Vielmehr hat es zusätzlich angenommen, diese Tätigkeit habe eine arbeitsrechtliche Grundlage gehabt. Denn es hat ausgeführt, es sei für die Bewilligung des Urlaubs rechtlich unerheblich, ob die Arbeitsleistung auf der Grundlage eines geschlossenen oder eines faktisches Arbeitsverhältnisses erfolgt sei. Da nach Aktenlage kein schriftlicher Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und der J. geschlossen worden ist, hat das Verwaltungsgericht damit der Sache nach einen mündlich oder durch konkludentes Verhalten geschlossenen Vertrag, hilfsweise faktisches Arbeitsverhältnis angenommen. Diese Annahme hat der Kläger nicht in Frage gestellt. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass kein solches Arbeitsverhältnis vorgelegen haben könnte: Denn der Kläger hat mit Wissen und Wollen der J. etwa vier Monate lang für diese gearbeitet. Wie sich schon aus den Abschlagszahlungen ergibt, war er sich mit dieser auch darüber einig, dass seine Arbeitsleitung vergütet werden soll. Der Annahme, es habe ein wirksamer Arbeitsvertrag vorgelegen, steht nicht entgegen, dass sich der Kläger und die J. nicht über die Vertragsdauer geeinigt hatten, bevor der Kläger seinen Dienst bei der J. antrat.
6Vgl. zum Zustandekommen eines Arbeitsvertrags durch schlüssiges Verhalten Linck, in: Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 15. Aufl. 2013, § 32 Rn. 3 ff.
7Ohne Erfolg macht der Kläger der Sache nach geltend, seine Beurlaubung sei von Anfang an deswegen rechtswidrig gewesen, weil keine Outplacement-Vereinbarung zwischen der Beklagten und der J. zustande gekommen sei. Es mag zwar sein, dass eine Outplacement-Vereinbarung im Regelfall einer Beurlaubung von Beamten der Beklagten gemäß § 13 Abs. 1 SUrlV zugrunde liegt. Hier aber war eine solche Vereinbarung keine Bedingung für die Beurlaubung, weder ausdrücklich noch konkludent. Weder der Beurlaubungsantrag noch die Beurlaubungsverfügung vom 29. Dezember 2010 enthalten ausdrücklich eine solche Bedingung. Das Zustandekommen einer Outplacement-Vereinbarung war hier auch nicht konkludent Bedingung für die Beurlaubung. Dies ergibt sich aus dem Ablauf der Verhandlungen der Beklagten mit der J. : Nach der Auflistung des Klägers dazu von April 2011 bemühte er sich seit Ende November 2010 darum, dass eine Outplacement-Vereinbarung zwischen der Beklagten und der J. geschlossen wurde. Als der Kläger Mitte Dezember 2010 seine Beurlaubung beantragte und als diese Ende Dezember 2010 bewilligt wurde, lag noch keine Outplacement-Vereinbarung vor. Dies wussten alle Beteiligten. Trotzdem wurde der Kläger mit seinem Willen beurlaubt, weil er und vermutlich auch die Beklagte davon ausgingen, eine solche Vereinbarung werde später noch geschlossen. Dies kann nur bedeuten, dass die Outplacement-Vereinbarung nach der Vorstellung der Beteiligten nicht Bedingung für die Wirksamkeit der Beurlaubung sein sollte. Dafür spricht auch, dass die Beteiligten die Beurlaubung von Anfang an als rechtmäßig behandelt hätten, wenn die Outplacement-Vereinbarung– wie geplant – später zustande gekommen wäre. Aus denselben Gründen wie eben dargelegt war auch ein schriftlicher Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und der J. keine Wirksamkeitsbedingung für seine Beurlaubung.
8Der Umstand, dass die Outplacement-Vereinbarung und ein schriftlicher Arbeitsvertrag hier nicht Bedingungen für die Wirksamkeit der Beurlaubung waren, schließt es nicht aus, das endgültige Scheitern des Zustandekommens der geplanten Outplacement-Vereinbarung und des dauerhaften Arbeitsverhältnisses zum Anlass zu nehmen, die Beurlaubung wegen geänderter Tatsachen zu widerrufen.
9Soweit der Kläger geltend macht, die Beklagte habe es zu verantworten, dass keine Outplacement-Vereinbarung und kein Arbeitsvertrag zustande gekommen seien, führt dies nicht zu einem Anspruch auf rückwirkenden Widerruf seiner Beurlaubung. Denn diese war aus den eben genannten Gründen rechtmäßig und wurde zu dem bewilligten Zweck verwendet. Außerdem führte hier ein rückwirkender Widerruf der Beurlaubung dazu, dass das Gleichgewicht zwischen Dienstleistungspflicht des Beamten und Alimentationspflicht des Dienstherrn zum Nachteil des Dienstherrn gestört würde: Mit der Beurlaubung waren einerseits die Dienstleistungspflicht des Klägers suspendiert, andererseits auch die Beschäftigung- und Besoldungspflicht des Dienstherrn. Der Kläger könnte zwar rückwirkend für vier Monate besoldet werden, aber für diesen vergangenen Zeitraum keinen Dienst mehr für die Beklagte verrichten. Insofern unterscheidet sich der Fall von der grundsätzlich zulässigen rückwirkenden Umwandlung eines Urlaubs aus familienpolitischen Gründen in Erziehungsurlaub. In einem solchen Fall ist der betroffene Beamte in jedem Fall von der Dienstleistungspflicht befreit.
10Vgl. zu einem solchen Wechsel BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 – 2 C 8.95 –, ZBR 1996, 215 = juris.
11Ob einem Beamten ausnahmsweise ein Anspruch auf rückwirkenden Widerruf einer rechtmäßigen Beurlaubung zustehen könnte, wenn der Dienstherr das Zustandekommen einer Outplacement-Vereinbarung bzw. eines Arbeitsvertrages absichtlich vereitelt, kann offen bleiben. Anhaltspunkte dafür, dass dies hier vorliegen könnte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
12Der Kläger bedarf zum Schutz seiner finanziellen Interessen auch nicht zwingend eines rückwirkenden Widerrufs seiner Beurlaubung. Denn für die Dauer des faktischen Arbeitsverhältnisses hat er einen Anspruch gegen seinen Arbeitgeber, hier die J. , auf Zahlung einer seiner Tätigkeit angemessenen Vergütung (§ 612 BGB). Dieser Anspruch gegen die J. besteht unabhängig davon, ob die Beklagte dieser das Gehalt des Klägers ganz oder teilweise im Rahmen einer Outplacement-Vereinbarung erstattet. Abgesehen davon könnten dem Kläger möglicherweise Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zustehen, wenn diese das Zustandekommen der Outplacement-Vereinbarung und des Arbeitsvertrages schuldhaft verhindert hat und dem Kläger dadurch ein Schaden entstanden sein sollte.
132. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Es begründet keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten, den Zweck einer Beurlaubung für eine Tätigkeit bei einem Unternehmen zu bestimmen. Sowohl die Beteiligten als auch das Verwaltungsgericht sind zutreffend davon ausgegangen, dass dieser in einer Tätigkeit auf einer arbeitsrechtlichen Grundlage besteht. Welcher konkrete Sachverhalt hier nicht ausermittelt sein soll und worin insoweit besondere Schwierigkeiten bestehen sollen, hat der Kläger nicht dargelegt. Die Anwendung von Beamten- und Arbeitsrecht in dem angeführten „Dreiecksverhältnis“ begründet hier keine besonderen Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO. Denn die einzelnen Rechtsverhältnisse sind entsprechend den für sie geltenden Vorschriften (Beamten- oder Arbeitsrecht) gesondert zu beurteilen.
14So für die In-Sich-Beurlaubung nach § 4 Abs. 3 PostPersRG i. V. m. § 13 SUrlV OVG NRW, Beschluss vom 1. September 2004 – 1 B 1305/04 –, IÖD 2005, 41 = juris, Rn. 14 = NRWE.
15Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 GKG auf den §§ 52 Abs. 3, 47 Abs. 1 und 3, 39 Abs. 1 GKG in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung. Dabei hat der Senat für den Klageantrag zu 1. den Regelstreitwert von 5.000 Euro zugrunde gelegt und für den Klageantrag zu 2. die vom Kläger begehrte Besoldung für die Monate Januar bis einschließlich April 2011 [(4.471,37 Euro Grundgehalt + 256 Euro Amtszulage + 58,23 Euro Familienzuschlag) x 4] berücksichtigt. Ob man dabei – anders als in den Besoldungsmitteilungen der Beklagten – den in § 78 BBesG bestimmten Faktor für die Besoldung von Beamten bei den Postnachfolgeunternehmen berücksichtigt, wirkt sich auf die Wertstufe nach Anlage 2 zum GKG nicht aus.
16Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach den §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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Referenzen
- VwGO § 124 1x
- 1 B 1305/04 1x (nicht zugeordnet)