Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 13 C 1/14
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 20. November 2013 geändert.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Kosten beider Rechtszüge trägt der Antragsteller. Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 € festgesetzt.
1
Gründe:
2Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet. Die von ihr fristgerecht dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist, § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO, geben Anlass, den angefochtenen Beschluss abzuändern. Mit diesem hat das Verwaltungsgericht die Antragsgegnerin verpflichtet, den Antragsteller nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Wintersemesters 2012/2013 vorläufig zum Bachelor-Studiengang "Bildungswissenschaften- Lehramt an Grundschulen" zuzulassen, weil zumindest 5 Studienplätze mehr als die festgesetzten Studienplätze zur Verfügung stünden. Die Antragsgegnerin habe ohne den Nachweis entsprechender Kapazitäten 90 zusätzliche Studienplätze zur Verfügung gestellt. Die von ihr errechnete Kapazität stelle deshalb keine ernst zu nehmende Größe dar.
3Hiergegen wendet die Antragsgegnerin zu Recht ein, der Antragsteller habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ein Anspruch auf Zulassung zum Studium außerhalb der festgesetzten Kapazität bestehe schon deshalb nicht, weil der Antrag nicht den Anforderungen des § 23 Abs. 5 VergabeVO NRW genüge. Bis zum Ablauf der Ausschlussfrist (1. Oktober 2012) sei weder das Original noch die beglaubigte Abschrift des Hochschulzeugnisses eingereicht worden.
4Diese Auffassung steht im Einklang mit der ständigen Senatsrechtsprechung zu § 23 Abs. 5 VergabeVO NRW in der bis zum Inkrafttreten der Siebten Verordnung zur Änderung der Vergabeverordnung vom 24. Juni 2013 (GV. NRW. 2013, S. 383) geltenden Fassung (im Folgenden: § 23 Abs. 5 VergabeVO NRW a.F).
5Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. Oktober 2013 ‑ 13 B 981/13 - und vom 21. Mai 2013 - 13 B 341/13 ‑, jeweils juris.
6An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.
7Zwar wird der Begriff der erforderlichen Unterlagen, der auch in § 3 Abs. 6 Satz 4, § 26 Abs. 3 und 6 sowie § 29 Abs. 1 VergabeVO NRW Verwendung findet, in der Verordnung nicht näher bestimmt. Dies stellt aber keinen Verstoß gegen das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot dar, weil er sich durch Auslegung für den jeweiligen Regelungsbereich bestimmen lässt. Dabei sind insbesondere der Sinn und Zweck der jeweiligen Regelung sowie systematische Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Erforderliche Unterlagen im Sinne des § 23 Abs. 5 VergabeVO NRW a. F. sind danach diejenigen Unterlagen, die dazu geeignet sind, das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zulassung zum Studium außerhalb der festgesetzten Kapazität nachzuweisen.
8Hierzu gehört der Nachweis der Hochschulzugangsberechtigung nach § 49 Abs. 2 Satz 1 HG NRW. Fehlt es schon hieran, besteht kein Anlass, den Bewerber gleichwohl am aufwändigen außerkapazitären Zulassungsverfahren zu beteiligen. Die in der Praxis übliche Differenzierung zwischen Hochschulzugang und Hochschulzulassung ändert hieran nichts.
9Soweit das Hochschulzeugnis nach den einschlägigen Regelungen der Hochschulen im innerkapazitären Verfahren regelmäßig erst bei der Einschreibung im Original oder in beglaubigter Kopie vorzulegen ist, kommt dem im Rahmen des hier anwendbaren § 23 Abs. 5 VergabeVO NRW a. F. keine Relevanz zu. Regelungen, die die Hochschule im außerkapazitären Verfahren zu einer entsprechenden Verfahrensweise ermächtigen könnten, enthält die Vergabeverordnung nicht. Insoweit unterscheidet sich das außerkapazitäre vom innerkapazitären Verfahren, für das in § 3 Abs. 6 Satz 2 und § 23 Abs. 2 Satz 1 VergabeVO NRW, der § 3 Abs. 6 Satz 2 VergabeVO NRW in Bezug nimmt, entsprechende Regelungen enthalten sind.
10Die Erwägungen, die die Hochschulen im innerkapazitären Verfahren auf die Vorlage des Hochschulzeugnisses verzichten lassen, sind auch nicht ohne Weiteres auf das außerkapazitäre Verfahren übertragbar. Während es im innerkapazitären Massenverfahren angezeigt sein kann, aus verwaltungsökonomischen Gründen auf die Vorlage der Hochschulzugangsberechtigung zu verzichten, trifft dies wegen der vergleichsweise niedrigeren Bewerberzahl auf das außerkapazitäre Verfahren nicht zu.
11Schließlich setzte die Geltendmachung eines außerkapazitären Zulassungsanspruchs nach § 23 Abs. 5 VergabeVO NRW a. F. auch nicht die Stellung eines innerkapazitären Antrags voraus. Der außerkapazitäre Weg zur Studienzulassung, der auf dem grundrechtlich begründeten Anspruch auf Hochschulzugang beruht, stand vielmehr selbstständig neben dem gesetzlich normierten Vergabeverfahren.
12Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. März 2013, - 13 C 91/12 -, juris.
13Die Möglichkeit, auf im innerkapazitären Verfahren vorgelegte Unterlagen zurückzugreifen, sah § 23 Abs. 5 VergabeVO NRW a.F. dementsprechend auch nicht vor. Vielmehr war der Antrag auf außerkapazitäre Zulassung „mit“ den erforderlichen Unterlagen zu stellen. Soweit der Verordnungsgeber eine andere Vorstellung gehabt haben sollte, ist dies unbeachtlich, denn eine solche ist in der hier anwendbaren Fassung des § 23 Abs. 5 VergabeVO NRW a. F. nicht zum Ausdruck gekommen.
14Dahinstehen kann deshalb, ob der Antragsteller sein Hochschulzeugnis im innerkapazitären Bewerbungsverfahren an die Antragsgegnerin übersandt hat. Dies könnte jedenfalls deshalb zweifelhaft sein, weil – wie dem Internetauftritt der Antragsgegnerin zu entnehmen und dem Senat auch durch Erkenntnisse aus anderen Verfahren bekannt ist -, ein solches im innerkapazitären Zulassungsverfahren regelmäßig nicht vorzulegen ist
15Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.
16Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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