Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 12 A 2062/15
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
1
G r ü n d e :
2Der Prozesskostenhilfeantrag des Klägers war abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht die von § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorausgesetzte hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
3Wird in dem anzufechtenden Urteil des Verwaltungsgerichts die Berufung nicht zugelassen, wie es hier der Fall ist, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen (§ 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO) und sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Beantragt ein anwaltlich nicht vertretener Rechtsmittelführer in einer solchen Konstellation zunächst nur die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für einen formgerecht noch zu stellenden Zulassungsantrag, weil er die Kosten der Prozessführung nicht selbst tragen kann, so kann von ihm nicht verlangt werden, dass er bereits das ausführt, was gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO für die anwaltliche Begründung des Berufungszulassungsantrags selbst notwendig wäre. Geboten ist allerdings, dass die Voraussetzungen eines Zulassungsgrundes soweit dargetan werden, wie dies ohne anwaltlichen Beistand möglich und zumutbar ist. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein noch einzuleitendes Berufungszulassungsverfahren erfordert deshalb auch bei einem nicht anwaltlich vertretenen Kläger, dass innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ein Zulassungsgrund jedenfalls in groben Zügen dargelegt wird.
4Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Januar 2013
5- 16 A 2690/12 -, juris, m. w. N.
6Daran fehlt es hier. Der Kläger trägt in der Sache nichts vor, das auch nur ansatzweise ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts oder das Vorliegen eines anderen Zulassungsgrundes i. S. v. § 124 Abs. 2 VwGO naheliegend erscheinen lassen könnte. Im Übrigen bestehen auch jenseits der vom Kläger erhobenen Einwendungen keine Zweifel daran, dass das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat.
7Schon aus den Regelungen des bestandskräftigen Bewilligungsbescheides des Bundesverwaltungsamtes vom 7. März 2005 folgt, dass der Kläger dem Grunde nach verpflichtet ist, der Beklagten im Falle der Einlösung der Bundesgarantie durch die KfW den verauslagten Betrag zu erstatten, welcher sich nach der Höhe des bezogenen Kredits, der aufgelaufenen Zinsen sowie der Kosten unter Abzug ggf. bereits erbrachter Tilgungsleistungen bemisst (vgl. Ziffer 7, Satz 1 und 2, der im Bescheid aufgeführten Bedingungen). Die Einlösung der Bundesgarantie durch die KfW ist dabei als auflösende Bedingung zu werten, infolge deren Eintritts der Bewilligungsbescheid unwirksam wird. Dass die KfW die Bundesgarantie hier eingelöst hat, ist unzweifelhaft und wird durch das Klägervorbringen auch nicht in Frage gestellt. Ob der Eintritt der auflösenden Bedingung weiter davon abhängt, dass die Einlösung nach den Regelungen des Rahmenkreditvertrages und der maßgeblichen Förderbestimmungen berechtigterweise erfolgte, kann im vorliegenden Fall dahinstehen, weil substantielle Bedenken gegen die Berechtigung der KfW nicht vom Kläger erhoben worden sind und auch sonst nicht bestehen.
8Die Pflicht zur Erstattung erbrachter Leistungen ergibt sich aus § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG. § 50 SGB X ist nicht einschlägig, weil die Rückforderung eines Bildungskredits keine Verwaltungstätigkeit des Bundesverwaltungsamtes darstellt, die nach dem Sozialgesetzbuch ausgeübt wird. Namentlich wird das Bundesverwaltungsamt nicht auf der Grundlage des Bundesausbildungsförderungsgesetzes tätig, das gemäß § 68 Nr. 1 SGB I als besonderer Teil des Sozialgesetzbuches gilt. Die Regelung des § 39 Abs. 2 Satz 1 BAföG, nach der das Bundesverwaltungsamt die nach § 18 Abs. 1 BAföG geleisteten Darlehen verwaltet und einzieht, greift offensichtlich nicht, weil der Bildungskredit kein solches Darlehen ist. Dass die im Rückforderungsbescheid des Bundesverwaltungsamtes vom 7. Juli 2014 vorgenommene Berechnung des vom Kläger zu erstattenden Betrages fehlerhaft wäre, ist weder schlüssig vorgetragen noch anderweitig zu ersehen.
9Im Übrigen spricht auch nichts dafür, dass der mit der KfW abgeschlossene Rahmenkreditvertrag nichtig wäre - was ohnehin zu bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsansprüchen (§§ 812 ff. BGB) führen würde - oder dass die im Streit stehende Rückforderung gegen Grundrechte des Klägers verstieße.
10Der Umstand, dass das vorliegende Vertragsexemplar - welches, wie der Eingangsstempel zeigt, aus den Vorgängen der KfW stammt - keine Unterschriften der Vertretungsbefugten der KfW ausweist, lässt, anders als der Kläger meint, keineswegs auf eine Formnichtigkeit des Vertrags schließen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es nach § 126 Abs. 2 Satz 2 BGB nämlich, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet. Eine solches Prozedere ist gerade auch im Kreditwesen üblich. Dementsprechend wird in dem von der KfW herausgegebenen Informationsblatt „Informationen zum Abschluss eines Kreditvertrags über einen Bildungskredit mit Verbrauchern im Fernabsatz“ (Stand 10/2015) darauf hingewiesen, dass der Kreditvertrag zustande kommt, indem er vom Kreditnehmer ohne jede Änderung, Zusätze oder Streichung unterschrieben und an die KfW geschickt wird und die KfW dem Kreditnehmer ein von ihr gegengezeichnetes Exemplar des Kreditvertrages zurücksendet.
11https://www.bva.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BVA/Bildung/Bildungskredit/KfW_Informationsblatt/kfw_informationsblatt.pdf?__blob=publicationFile&v=6.
12Dass das für ihn bestimmte Vertragsexemplar nicht von der KfW gegengezeichnet worden ist, hat der Kläger nicht dargelegt.
13Wenn die KfW im Rahmen des Bildungskreditprogramms zinsgünstige Darlehen zur finanziellen Unterstützung von Auszubildenden in fortgeschrittenen Ausbildungsphasen bereitstellt, liegt darin offensichtlich kein sittenwidriges oder wucherisches Vorgehen, das zu einer Nichtigkeit nach §§ 134, 138 BGB führen könnte. Auch die Ausführungen des Klägers zu vermeintlichen Grundrechtsverstößen liegen weit neben der Sache. Es verstößt weder gegen Art. 2 GG noch gegen Art. 3 GG oder Art. 12 GG, wenn die Bundesregierung mit dem Bildungskreditprogramm ein auf Darlehensbasis geführtes zusätzliches Förderinstrument schafft, ohne hierzu von Verfassungs oder Gesetzes wegen überhaupt verpflichtet zu sein. Darin eine „Ausnutzung der existenziellen Zwangslage von Studierenden im fortgeschrittenen Studium“ zu sehen, ist abwegig.
14Vor diesem Hintergrund weist die Rechtssache ebenso wenig besondere Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) wie eine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) auf. Eine Divergenz i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO macht der Kläger ausdrücklich oder nur sinngemäß nicht geltend; sie liegt auch offensichtlich nicht vor.
15Das Vorbringen des Klägers vermittelt schließlich keine Anhaltspunkte für das Vorliegen eines der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegenden Verfahrensmangels, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Dass das Verwaltungsgericht über das mit der Klageerhebung gestellte und bescheidungsreife Prozesskostenhilfegesuch des Klägers erst zeitgleich mit dem in der Hauptsache ergangenen Urteil entschieden hat, vermag einen solchen Verfahrensmangel jedenfalls deshalb nicht zu begründen, weil die Klageabweisung hierauf nicht i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO beruhen kann. Denn es erscheint ausgeschlossen, dass das Verwaltungsgericht im Falle einer frühzeitigeren Bescheidung des Prozesskostenhilfeantrags zu einer für den Kläger günstigen Sachentscheidung hätte kommen können. Das folgt schon daraus, dass auch eine frühzeitigere Bescheidung nur negativ hätte ausfallen können. Aus den vorstehend dargelegten Gründen drängte sich nämlich bereits im Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Antrags auf, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte.
16Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
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Referenzen
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- § 39 Abs. 2 Satz 1 BAföG 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 126 Schriftform 1x
- BGB § 134 Gesetzliches Verbot 1x
- BGB § 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher 1x
- VwGO § 124a 4x
- § 68 Nr. 1 SGB I 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 152 1x
- §§ 812 ff. BGB 1x (nicht zugeordnet)
- VwVfG § 49a Erstattung, Verzinsung 1x
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