Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 A 1797/14
Tenor
Der Antrag wird auf Kosten des Klägers abgelehnt.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 1.500 Euro festgesetzt.
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G r ü n d e
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 5 VwGO sind bereits nicht entsprechend den Anforderungen an eine hinreichende Darlegung (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) dargelegt oder liegen auf der Grundlage der maßgeblichen – fristgerecht vorgelegten – Darlegungen nicht vor.
31. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Zweifel solcher Art sind begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt. Der die Zulassung der Berufung beantragende Beteiligte hat gemäß § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung (seiner Ansicht nach) zuzulassen ist. Darlegen in diesem Sinne bedeutet, unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil fallbezogen zu erläutern, weshalb die Voraussetzungen des jeweils geltend gemachten Zulassungsgrundes im Streitfall vorliegen sollen. Das Oberverwaltungsgericht soll allein aufgrund der Zulassungsbegründung die Zulassungsfrage beurteilen können, also keine weiteren aufwändigen Ermittlungen anstellen müssen.
4Vgl. etwa Beschluss des Senats vom 18. November 2010 – 1 A 185/09 –, juris, Rn. 16 f.; ferner etwa Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 a Rn. 186, 194.
5In Anwendung dieser Grundsätze kann die begehrte Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht erfolgen.
6Der Kläger macht – zunächst ohne rechtlichen Anknüpfungspunkt – geltend, einer vorherigen Anerkennung der Beihilfefähigkeit der von ihm in der Zeit vom 29. September bis zum 19. Oktober 2013 im K.-bad in Bad L. in Anspruch genommenen Rehabilitationsmaßnahme habe es nicht bedurft. Es liege „darüber hinaus“ ein begründeter Ausnahmefall im Sinne von § 36 Abs. 1 Satz 4 BBhV vor, weswegen die Anerkennung auch nachträglich erfolgen könne. Er habe die Rehabilitationsmaßnahme trotz fehlender vorheriger Anerkennung antreten müssen, weil andernfalls seine Reservierung für das K.-bad verfallen wäre und er aufgrund der hohen Auslastung der Einrichtung dort im Jahr 2013 keinen Behandlungsplatz mehr hätte bekommen können. Nach allen ärztlichen Stellungnahmen habe er wegen besonderer Dringlichkeit die Rehabilitationsmaßnahme aber noch im Jahr 2013 durchführen müssen. Sie sei auch „nur in der gewünschten Einrichtung möglich“ gewesen, weil „das K.-bad die einzige Einrichtung“ sei, in welcher sein Krankheitsbild „medizinisch am besten behandelt werden“ könne. Das Ergebnis eines verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens wäre „in jedem Fall zu spät gekommen“, weil ein solches Verfahren nach dem in dem angegriffenen Urteil nicht in Abrede gestellten Vortrag regelmäßig mehrere Wochen, wenn nicht gar Monate dauere.
7Dieses Vorbringen führt nicht zur Annahme ernstlicher Zweifel im oben genannten Sinne an den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Aufwendungen für den Aufenthalt des Klägers im K.-bad nicht beihilferechtlich anzuerkennen sind. § 36 BBhV– für den hier maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen anzuwenden in der Fassung der Vierten Verordnung zur Änderung der Bundesbeihilfeverordnung vom 12. Dezember 2012 (BGBl. I, S. 2657) (im Folgenden: BBhVÄndV 4) – bestimmt in Abs. 1 Satz 1, dass Aufwendungen für Rehabilitationsmaßnahmen nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBhV nur beihilfefähig sind, wenn die Festsetzungsstelle auf entsprechenden Antrag die Beihilfefähigkeit vor Beginn der Rehabilitationsmaßnahme anerkannt hat. Nach § 36 Abs. 1 Satz 5 BBhV – die Regelung befand sich vor Inkrafttreten der BBhVÄndV 4 mit gleichem Wortlaut in § 36 Abs. 1 S. 4 BBhV – kann die Anerkennung in begründeten Ausnahmefällen auch nachträglich erfolgen.
8Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass von einem begründeten Ausnahmefall auszugehen ist, wenn z.B. die Entscheidung der Festsetzungsstelle aus medizinischen Gründen nicht abgewartet werden kann oder wenn die vorherige Anerkennung der Beihilfefähigkeit aus anderen Gründen ohne Verschulden des Antragstellers unterblieben ist. Diese Voraussetzungen sind nach Sinn und Zweck der Voranerkennung und nach dem Ausnahmecharakter der Vorschrift nur in besonders gelagerten Einzelfällen erfüllt. Der Beihilfeberechtigte muss bei Ablehnung seines Antrags durch die Festsetzungsstelle daher in der Regel notfalls um vorläufigen Rechtsschutz nachsuchen, um dem nicht zuletzt auch in seinem Interesse liegenden Erfordernis einer vorherigen Anerkennung der Beihilfefähigkeit einer Rehabilitationsmaßnahme durch die Festsetzungsstelle zu entsprechen.
9Vgl. OVG NRW, Urteil vom 22. Juni 2006 – 1 A 2526/04 –, RiA 2007, 226 = juris, Rn. 33 ff., und Beschluss vom 23. Mai 2006 – 6 A 3612/04 –, juris, Rn. 9 (jeweils zu § 13 Abs. 8 BVO NRW a.F., der Ausnahmen zur Voranerkennungspflicht betraf); ferner VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17. Dezember 2009 – 4 S 1909/07 –, juris, Rn. 41 (zu § 17 Abs. 9 Satz 1 BVO BW); Bay. VGH, Beschluss vom 12. Oktober 2011 – 14 ZB 10.2064 –, juris, Rn. 5 (zu § 36 BBhV).
10Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, ein begründeter Ausnahmefall liege hier nicht vor. Denn der Kläger hat es unterlassen, gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch zu nehmen, um eine vorherige Anerkennung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen einer Rehabilitationsmaßnahme im K.-bad zu erreichen. Der Kläger hat auch im Zulassungsverfahren keine besonderen Umstände dargelegt, deretwegen die Durchführung eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens in seinem Fall ausnahmsweise entbehrlich erschiene. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Kläger die Rehabilitationsmaßnahme im K.-bad spätestens am 15. August 2013 hätte verbindlich buchen müssen (so die im Zulassungsverfahren vorgelegte Bescheinigung des K.-bades), ist weder substantiiert dargelegt noch sonst ersichtlich, warum der Zeitraum zwischen der Ablehnung des Antrags am 27. Juli 2013 und dem 15. August 2013 nicht ausgereicht hätte, um rechtzeitig eine gerichtliche Eilentscheidung zu erhalten. Im Regelfall sind Verwaltungsgerichte in der Lage, bei Bedarf auch innerhalb von zwei Wochen im Eilverfahren zu entscheiden.
11Da der Kläger schon nicht rechtzeitig den ihm zumutbaren gerichtlichen Eilrechtsschutz beantragt hat, kann seine Behauptung, es sei aus medizinischen Gründen notwendig gewesen wäre, noch im Jahr 2013 eine Rehabilitationsmaßnahme gerade im K.-bad anzutreten, keinen Ausnahmefall im Sinne des § 36 Abs. 1 Satz 5 BBhV begründen. Sein Vorbringen zur medizinischen Notwendigkeit seines Aufenthalts im K.-bad begründet daher keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Abgesehen davon ist dieses Vorbringen unsubstantiiert.
122. Ein Verfahrensmangel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegt nicht vor. Der Kläger rügt einen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz, da sein „Beweisantrag vom 29.07.2014 nicht mehr berücksichtigt worden“ sei. Diese Ansicht ist unzutreffend. Das Verwaltungsgericht hat den in der mündlichen Verhandlung am 30. Juli 2014 (unter Bezugnahme auf den Schriftsatz vom 29. Juli 2014) gestellten Beweisantrag vor Schluss der mündlichen Verhandlung zu Recht als nicht entscheidungserheblich abgelehnt, weil es unter Zugrundelegung der zutreffenden Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts auf die Beweistatsache nicht ankam. Vor diesem Hintergrund musste sich dem Verwaltungsgericht die beantragte Beweiserhebung nicht auch von sich aus aufdrängen, so dass auch kein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz vorliegt.
133. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 GKG.
14Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach den §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar. Das angefochtene Urteil ist nunmehr rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.
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Referenzen
- §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 GKG 3x (nicht zugeordnet)
- BBhV § 36 Voraussetzungen für Rehabilitationsmaßnahmen 2x
- 1 A 185/09 1x (nicht zugeordnet)
- 1 A 2526/04 1x (nicht zugeordnet)
- 6 A 3612/04 1x (nicht zugeordnet)
- 4 S 1909/07 1x (nicht zugeordnet)