Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 E 474/16
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
1
G r ü n d e
2Die (sinngemäß) im Namen der Klägerin erhobene Beschwerde,
3vgl. zum Fehlen eines eigenen Beschwerderechts des Prozessbevollmächtigten im Kostenfestsetzungsverfahren den Senatsbeschluss vom25. Januar 2011 – 1 E 32/11 –, juris, Rn. 7 ff.,
4über welche der Senat in der Besetzung mit drei Richtern entscheidet,
5vgl. die Senatsbeschlüsse vom 25. Januar 2011– 1 E 32/11 –, juris, Rn. 1 ff., vom 4. September 2013 – 1 E 876/13 –, NVwZ-RR 2013, 1021 = juris, Rn. 1, und vom 8. Oktober 2014 – 1 E 197/14 –, juris, Rn. 1,
6ist zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht, auf dessen zutreffende Ausführungen der Senat zunächst Bezug nimmt, hat zu Recht entschieden, dass die im Streit stehenden, zum Zwecke der Wahrnehmung der mündlichen Verhandlung erster Instanz entstandenen Reisekosten (Fahrt- und Übernachtungskosten) der Beklagten in Höhe von 433,03 Euro zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendige Kosten im Sinne des § 162 Abs. 1 VwGO gewesen sind. Auch das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine hiervon abweichende Entscheidung.
7Insoweit führt der Senat ergänzend aus:
8Dass Reisekosten zum Zwecke der Wahrnehmung eines Gerichtstermins – auch durch Behördenvertreter – gemessen an den Voraussetzungen des § 162 Abs. 1 VwGO im Rahmen der Kostenfestsetzung (§ 164 VwGO) grundsätzlich erstattungsfähig sind, steht außer Frage und wird von der Klägerin auch nicht in Zweifel gezogen. Wird aber ein Bediensteter mit der Wahrnehmung des Termins beauftragt, der nicht im Gerichtsbezirk ansässig ist, sondern dorthin aus relativ weiter Entfernung anreisen muss (hier: von Nürnberg nach Münster), so können die Belange einer aus der objektiven Sicht eines verständigen Beteiligten sachdienlichen Prozessführung mit den der Vorschrift des § 162 Abs. 1 VwGO ebenfalls zu entnehmenden Geboten einer sparsamen Prozessführung und der prozessualen Rücksichtnahme auf den Gegner in Konflikt geraten. Sie müssen in solchen Fällen deshalb zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden.
9Die Anforderungen an einen solchen Ausgleich würde es allerdings überspannen, wenn die Behörde von vornherein verpflichtet wäre, ihre innere Organisation maßgeblich daran auszurichten, dass bei Rechtsstreitigkeiten das Risiko von Prozesskosten anderer Verfahrensbeteiligter möglichst gering bleibt. Vielmehr obliegt es grundsätzlich ihrem Organisationsermessen, darüber zu entscheiden, wen sie ausgehend von dem Ziel effektiver Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unter sachlichen Gesichtspunkten für eine Entsendung als Terminsvertreter für geeignet hält, und die Zuständigkeit entsprechend festzulegen. Sie muss in diesem Zusammenhang insbesondere nicht aus weitreichender Rücksichtnahme auf den Prozessgegner Risiken eingehen, welche objektiv die Gefahr eines Unterliegens erhöhen können.
10Vgl. VG Berlin, Beschluss vom 23. Juli 2012 – 35 KE 19.12 u.a. –, juris, Rn. 9; VG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Mai 2008 – 13 K 5390/05 –, juris, Rn. 11 ff.; Kunze, in: Posser/Wolff, VwGO, 2. Aufl. 2014, § 162 Rn. 62.5; a. A. aber wohl OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 14. August 2003 – 2 O 15/01 –, juris, Rn. 5.
11Ein solches Risiko wäre hier aber nicht auszuschließen gewesen, wenn die Beklagte anstelle eines mit dem konkreten Fall und der Wahrnehmung der Aufgabe der Prozessvertretung vertrauten Mitarbeiters der von ihr organisationsrechtlich als zuständig bestimmten Stelle (Prozessvertretung Personal Süd = Kompetenzzentrum Süd, vgl. die Anlagen zum Schriftsatz der Beklagten vom 2. August 2016), die im Übrigen am Sitz der Zentrale der Beklagten (Nürnberg) ansässig ist, einen am Gerichtsort Münster ansässigen und typischerweise mit den Rechtsfragen, die sich in dem Verfahren gestellt haben, nicht annähernd so vertrauten Bediensteten mit der Vertretung in dem Termin vor dem Verwaltungsgericht betraut hätte. Anders als die Klägerin meint, stellen in diesem Zusammenhang die Übersendung der Akte und die Möglichkeit einer telefonischen Besprechung mit dem Sachbearbeiter kein ausreichendes Äquivalent dar, um bei generalisierender Betrachtung die Prozessrisiken möglichst gering zu halten. Das muss namentlich dann gelten, wenn wie hier gerade eine Zentralisierung der Aufgabe von der Behörde bewusst gewählt wurde, um in zulässiger Ausübung ihres Organisationsrechts die Wahrnehmung der Aufgabe der Prozessvertretung effizienter zu gestalten. Im vorliegenden Fall tritt hinzu, dass das Verwaltungsgericht der Beklagten mit der Terminsladung aufgegeben hat, zum Termin einen über die Sach-und Rechtslage ausreichend unterrichteten Mitarbeiter zu entsenden.
12Ob der nach dem oben Ausgeführten herzustellende sachgerechte Ausgleich zwischen den unter Umständen widerstreitenden Prinzipien einer effektiven und einer sparsamen Prozessführung in besonderen Fällen eine Ausnahme von der grundsätzlichen Erstattungsfähigkeit der Reisekosten von Mitarbeitern der zentralen Organisationseinheit Prozessvertretung Personal Süd der Beklagten gebieten kann, muss hier nicht abschließend entschieden werden. Da ein Mitarbeiter einer am Sitz der Beklagten ansässigen Organisationseinheit den Termin wahrgenommen hat, spricht jedenfalls hier nichts Überwiegendes dafür, einen Ausnahmefall anzunehmen.
13Vgl. entsprechend dazu, dass nach § 162 Abs. 1 VwGO, welcher im Verwaltungsprozess dem § 91 Abs. 2 ZPO als speziellere Vorschrift vorgeht, die Kosten eines am (Wohn-)Sitz seines Mandanten oder in dessen Nähe tätigen Rechtsanwalts grundsätzlich erstattungsfähig sind, etwa Sächsisches OVG, Beschluss vom 8. März 2016 – 3 E 10/16 –, NVwZ-RR 2016, 520 = juris, Rn. 4 und 5; Olbertz, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Loseblatt (Stand: Februar 2016), § 162 Rn. 50, m. w. N.
14Im Übrigen wäre eine etwaige Ausnahme – abgesehen vom nötigen Vorhandensein eines ortsnahen geeigneten Mitarbeiters – auch höchstens dann in Betracht zu ziehen, wenn der auswärtige Gerichtstermin klar erkennbar einen tatsächlich und rechtlich einfach gelagerten Fall beträfe. Letzteres lässt sich für das hier in Rede stehende besoldungsrechtliche Verfahren mit Schwerpunkt bei Fragen der Verjährung unbeschadet der erstinstanzlich erfolgten Übertragung der Entscheidungszuständigkeit auf den Einzelrichter aber nicht feststellen. So wurde nachgehend über die Frage der Zulassung der Berufung durch einen 14-seitigen Beschluss des Senats – 1 A 176/14 – entschieden.
15Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da lediglich die Festgebühr nach Nr. 5502 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG (Kostenverzeichnis) anfällt.
16Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
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