Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 12 A 3136/17
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungszulassungsverfahrens.
1
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
2Eine Zulassung der Berufung kommt nach § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO in Betracht, wenn ein Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 VwGO innerhalb der in § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Frist dargelegt worden ist und vorliegt. Dies ist hier nicht der Fall. Das mit Schriftsatz vom 12. Januar 2018 fristgemäß angebrachte Zulassungsvorbringen rechtfertigt eine Zulassung der Berufung nicht. Die geltend gemachten Zulassungsgründe gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 VwGO sind nicht hinreichend dargelegt bzw. liegen nicht vor.
3Das Verwaltungsgericht hat die Klageabweisung sinngemäß zusammengefasst wie folgt begründet: Die mit dem Hauptantrag erhobene Feststellungsklage sei jedenfalls unbegründet, weil die mit den Hilfsanträgen geltend gemachten Ansprüche nicht bestünden. Diese Ansprüche könnten angesichts der erfolgten Selbstbeschaffung nur unter den Voraussetzungen des § 36a Abs. 3 SGB VIII bestehen, die jedoch nicht vorlägen. Ein Systemversagen könne nicht festgestellt werden, weil die Entscheidung der Beklagten, dem Kläger kein Persönliches Budget für die bewilligte Schulbegleitung zu gewähren, fachlich gut vertretbar sei. Ein gesetzlicher Anspruch des Klägers auf Bewilligung eines Persönlichen Budgets bestehe nicht. Zudem sei die Selbstbeschaffung nicht zulässig gewesen, weil die Bedarfsdeckung hätte hinausgeschoben werden können.
4Dem setzt der Kläger nichts entgegen, was auf einen Zulassungsgrund führt.
5Zunächst legt er ernstliche Richtigkeitszweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht hinreichend dar.
6Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, die Ablehnung eines Persönlichen Budgets sei fachlich vertretbar, stellt der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen nicht infrage. Die vom Verwaltungsgericht für die angenommene fachliche Vertretbarkeit angeführten Gründe (Urteilsabdruck S. 11 letzter Absatz) entsprechen im Wesentlichen der Argumentation der Beklagten in den letzten beiden Absätzen auf Seite 3 und dem ersten Absatz auf Seite 4 des Widerspruchsbescheids vom 24. November 2016. Dieser stellt der Kläger keine schlüssigen Gegenargumente gegenüber.
7Soweit er darauf abstellt, dass der Hilfeplan der Beklagten vom 22. Juli 2016 keine Begründung für die Ablehnung eines Persönlichen Budgets enthalte und in dem Bescheid vom 27. Juli 2016 darauf abgestellt werde, dass er (der Kläger) aufgrund seines Alters nicht in der Lage sei, ein Persönliches Budget zu verwalten, geht das an der Begründung des Verwaltungsgerichts vorbei. Entsprechendes gilt für seine Ausführungen dazu, dass der Zweck eines Persönlichen Budgets auch bei einem minderjährigen Leistungsberechtigten erreicht werden könne.
8Soweit er sich darüber hinaus mit den von der Beklagten angeführten Argumenten der Qualitätssicherung und der Steuerung auseinandersetzt, greift auch dies nicht durch. Er lässt bereits den vom Verwaltungsgericht angelegten Maßstab der Vertretbarkeit außer Acht. Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass die Ausführungen des Klägers geeignet sind aufzuzeigen, dass sich eine Qualitätssicherung und eine Steuerung des Hilfefalls auch im Fall der Bewilligung eines Persönlichen Budgets realisieren lassen, ist damit nicht zugleich dargelegt, dass die Entscheidung der Beklagten fachlich unvertretbar ist. Eine fachliche Unvertretbarkeit dürfte erst dann anzunehmen sein, wenn die Bewilligung eines Persönlichen Budgets besser geeignet wäre, die grundsätzlich dem Beklagten obliegende Qualitätssicherung und Steuerung des Hilfefalls zu ermöglichen. Solches zeigt der Kläger nicht auf. Teilweise erschließt sich bereits die Grundlage der von ihm in diesem Zusammenhang dargestellten Annahmen nicht. Dies gilt etwa für die Annahme, dass in der Praxis das Hilfeplanverfahren nach § 36 SGB VIII auch dann durchgeführt werde, wenn die Schulbegleitung in Form des Persönlichen Budgets gewährt werde. Gleiches gilt für die Annahme, dass zusätzlich im Rahmen des Hilfeplanverfahrens eine Zielvereinbarung erarbeitet werde. Im Übrigen lassen sich seine Ausführungen dahingehend zusammenfassen, dass eine Qualitätssicherung und eine Steuerung des Hilfefalls auch mittels entsprechender Regelungen in einer Zielvereinbarung gemäß § 4 BudgetV erreicht werden können. Irgendeinen Vorteil für den Jugendhilfeträger, der die Ablehnung eines Persönlichen Budgets als fachlich unvertretbar erscheinen lassen könnte, zeigen diese Ausführungen indes nicht auf. In diesem Zusammenhang verhilft dem Kläger auch die Berufung auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt/Oder vom 7. Dezember 2011 - 6 K 1432/08 - nicht zum Erfolg, weil sich dieses nicht zur fachlichen Vertretbarkeit verhält, sondern auf der Annahme beruht, es besteht ein gesetzlicher (gebundener) Anspruch auf ein Persönliches Budget.
9Die Annahme des Verwaltungsgerichts, es bestehe kein gesetzlicher Anspruch auf ein Persönliches Budget, stellt der Kläger ebenfalls nicht durchgreifend infrage. Die Auffassung des Verwaltungsgericht beruht tragend auf der Annahme, dass die über § 7 Satz 1 SGB IX (in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung; im Folgenden: a. F.) zu berücksichtigenden Strukturprinzipien des Sozialgesetzbuches Achtes Buch einem unbedingten (gebundenen) Anspruch auf ein Persönlichen Budget entgegenstünden. Dem setzt der Kläger kein schlüssiges Argument entgegen.
10Soweit er sich zu § 7 Satz 2 SGB IX a. F. auslässt, steht das der Argumentation des Verwaltungsgerichts von vornherein nicht entgegen. Darüber hinaus erschließt sich anhand seiner Ausführungen nicht hinreichend, welche Bedeutung seine Differenzierung zwischen Leistungsvoraussetzungen oder Voraussetzungen und Inhalt des Anspruchs einerseits und Regelungen, die den Anspruch ausformen oder konkretisieren, oder Umfang und Ausführung des Leistungsanspruchs andererseits im Hinblick auf den Ansatz des Verwaltungsgerichts haben soll. Entsprechendes gilt für seine Differenzierung zwischen formellem Recht und den Regelungen des Leistungsrechts.
11Seine durch eine Literaturquelle untermauerte Auffassung zu § 7 Satz 1 SGB IX a. F., Abweichungen von den Vorschriften des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch seien nur dann zulässig, wenn dies ausdrücklich im Leistungsgesetz geregelt sei, stellt die anderslautende Auffassung des Verwaltungsgerichts, die sich ebenfalls auf eine (andere) Literaturquelle stützt, nicht in einer ernstliche Zweifel begründenden Weise infrage. Der Kläger stellt der Auffassung des Verwaltungsgerichts lediglich seine Auffassung gegenüber, ohne indes darzulegen, dass seiner Auffassung eher zu folgen ist als der des Verwaltungsgerichts. Der Wortlaut des § 7 Satz 1 SGB IX a. F. "… soweit sich aus den Leistungsgesetzen … nichts Abweichendes ergibt" spricht jedenfalls nicht für die Auffassung des Klägers, erforderlich sei eine ausdrückliche abweichende Regelung in dem Leistungsgesetz. Die Materialien zum Sozialgesetzbuch Neuntes Buch geben nichts dafür her, dass § 7 Satz 1 SGB IX a. F. nur ausdrückliche (abweichende) Regelungen meint. Soweit in den Materialen zu der genannten Vorschrift ausgeführt wird, dass die Besonderheiten in der gesetzlichen Unfallversicherung, die auf dem Prinzip des zivilrechtlichen Schadensersatzes (Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten) beruhten, unberührt blieben,
12vgl. BT-Drucks. 14/5074, S. 100,
13spricht dies eher für die Auffassung des Verwaltungsgerichts.
14In dessen Sinne nunmehr auch Luthe, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, 3. Auflage 2018, § 7 SGB IX Rn. 12.
15Der Kläger legt ferner nicht dar, dass ein Persönliches Budget entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts den Strukturprinzipien des Sozialgesetzbuches Achtes Buch nicht widerspricht. Dies zeigt er nicht allein durch den Hinweis auf, dass die qualifizierte Hilfeplanung "gewissermaßen dem Geist des SGB IX" entspreche. Auch kommt es nicht darauf an, ob die besonderen Vorgaben des § 36 SGB VIII betreffend eine qualifizierte Hilfeplanung "problemlos neben dem Recht des SGB IX Anwendung finden". Es geht nicht um das Verhältnis der Strukturprinzipien des Sozialgesetzes Achtes Buch allgemein zum Sozialgesetzbuch Neuntes Buch, sondern gerade zu den dortigen Regelungen zum Persönlichen Budget. Insoweit zeigt der Kläger keine Vereinbarkeit dadurch auf, dass er sinngemäß (zutreffend) geltend macht, dass die Regelungen zum Hilfeplanverfahren, namentlich § 36 Abs. 2 Satz 3 SGB VIII auch im Fall eines Persönlichen Budgets gelten würden. Vielmehr lässt sich gerade an der genannten Vorschrift aufzeigen, dass insbesondere die Steuerungsverantwortung des Jugendhilfeträgers (§ 36a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII) als ein Strukturprinzip des Sozialgesetzbuches Achtes Buch sich grundsätzlich nicht mit einem Persönlichen Budget vereinbaren lässt. Denn § 36 Abs. 2 Satz 3 SGB VIII baut auf der Steuerungsverantwortung und der tatsächlichen Steuerung des Hilfefalls durch den Jugendhilfeträger auf. Die in der Vorschrift angeordnete Beteiligung von anderen Personen, Diensten oder Einrichtungen, die bei der Durchführung der Hilfe tätig sind, funktioniert nur, wenn der Jugendhilfeträger den Hilfefall auch diesbezüglich in der Hand hat. Dies wäre gerade im vorliegenden Fall nicht so gewesen, wenn die Leistungen als Persönliches Budget gewährt worden wären. Entgegen dem sinngemäßen klägerischen Vorbringen können die Auswirkungen des Persönlichen Budgets nicht darauf reduziert werden, dass lediglich die Vergütung der anderen Personen, Dienste und Einrichtungen im Sinne des § 36 Abs. 2 Satz 3 SGB VIII durch den Leistungsberechtigten erfolgt. Denn der Kläger respektive seine Eltern verstehen das Persönliche Budget gerade als Mittel, um selbst anstelle der Beklagten die Auswahl der die Hilfe durchführenden Personen treffen zu können. Darüber hinaus hätten es die Eltern als Vertragspartner der die Hilfe durchführenden Person in der Hand, ob überhaupt und gegebenenfalls in welchem Umfang diese Person am Hilfeplanverfahren beteiligt wird.
16Die Auffassung des Verwaltungsgerichts erscheint auch nicht deshalb als zweifelhaft, weil es von einer Begrenzung des Selbstbestimmungsgedankens in § 1 SGB IX a. F. durch Erziehungsbedürfnisse von Kindern und Jugendlichen und der diesbezüglich bestehenden Mitverantwortung des Staates ausgegangen ist. Zwar weist der Kläger zutreffend darauf hin, dass es hier nicht um Erziehungsbedürfnisse geht, weil keine Hilfe zur Erziehung (§§ 27 ff. SGB VIII) in Rede steht, sondern Eingliederungshilfe (Teilhabeleistungen) aufgrund einer seelischen Behinderung im Sinne von § 35a Abs. 1 SGB VIII. Das ändert indes nichts daran, dass auch insoweit die vom Verwaltungsgericht betonte Mitverantwortung des Staates, abgeleitet aus seinem Wächteramt (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG), zum Tragen kommt. Denn das Wächteramt bezieht sich auf beide in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG genannten Komponenten, also auf Pflege und Erziehung der Kinder durch ihre Eltern. Mit Blick auf die seelische Behinderung des Klägers sowie auf § 35a Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII, der auf geeignete Pflegepersonen abstellt, liegt die Wertung auf der Hand, dass es um die Pflege eines Kindes geht. Dabei ist es für das Wächteramt des Staates und die daraus abzuleitende Mitverantwortung unerheblich, dass das Leistungsrecht bei der Hilfe zur Erziehung die Eltern, bei der Eingliederungshilfe dagegen das Kind selbst als Anspruchsberechtigten bestimmt.
17Woraus abgeleitet werden sollte, dass es bei der hier konkret in Rede stehenden (Eingliederungs-)Hilfemaßnahme um die Stärkung der Selbstbestimmung des Klägers geht oder gehen könnte, erschließt sich weder auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens noch sonst. Zwar nennt § 1 Satz 1 SGB IX a. F. als Zweck der Leistungen neben der Förderung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft die Förderung der Selbstbestimmung. Auf letztere stellt offensichtlich auch § 17 Abs. 2 Satz 1 SGB IX a. F. ab. Ein - wie der Kläger zum hier maßgeblichen Zeitpunkt noch - sechsjähriges Kind lebt jedoch unabhängig von seiner (hier seelischen) Behinderung allein aufgrund seines Alters noch überwiegend fremdbestimmt (durch seine Eltern). Das legt es nicht nahe, eine Stärkung des Selbstbestimmungsrechts eines Kindes durch Einräumung eines Persönlichen Budgets, dessen Verwaltung hier die Auswahl einer als Schulbegleiter geeigneten Person einschlösse, anzunehmen. Daran, dass die Verwaltung eines Persönlichen Budgets außerhalb des Horizonts eines sechsjährigen Kindes liegt und dementsprechend das Persönliche Budget in einem solchen Fall in der Regel als Mittel der Stärkung des Selbstbestimmungsrechts nicht in Betracht kommen dürfte, ändert sich nichts dadurch, dass das Kind (unterstellt) von seinen Eltern bei der Verwaltung des Budgets unterstützt würde. Diese Unterstützung wäre nichts anderes als die auch sonst aufgrund des Alters des Kindes erforderliche Fremdbestimmung. Dementsprechend geht es hier nicht um die Selbstbestimmung des Klägers, sondern um die seiner Eltern, die anstelle der Beklagten über die Belange ihres Kinders entscheiden möchten. Der Umstand, dass nach dem hier maßgeblichen Leistungsgesetz der Kläger Anspruchsberechtigter ist und er insoweit - wie auch sonst - von seinen Eltern (gesetzlich) vertreten wird, bewirkt nicht, dass Wünsche und Vorstellungen der Eltern hinsichtlich der zu gewährenden Hilfen zum Inhalt des Selbstbestimmungsrechts des Kindes werden.
18Den vorstehenden Ausführungen steht das vom Kläger an anderer Stelle vorgebrachte Argument, dass die Verweisung in § 35a SGB VIII in keiner Weise, insbesondere nicht durch ein Mindestalter des Leistungsberechtigten, eingeschränkt sei, nicht entgegen. Wenn der Sinn und Zweck einer Vorschrift, auf die verwiesen wird (hier § 57 Satz 2 SGB XII und über diesen § 17 Abs. 2 bis 4 SGB IX i. V. m. § 159 Abs. 5 SGB IX; sämtliche Vorschriften in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung), nicht erreicht werden kann, was hier, wie zuvor aufgezeigt, in Bezug auf die Förderung der Selbstbestimmung der Fall ist, besteht Veranlassung für eine teleologische Reduktion der Verweisung. Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass nach den Materialien zum Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022), auf das sowohl die Verweisung in § 35a Abs. 3 SGB VIII auf § 57 SGB XII a. F. (Art. 7 Nr. 2 des Gesetzes) als auch die Schaffung des § 159 Abs. 5 SGB IX a. F. (Art. 8 Nr. 13 des Gesetzes) zurückgeht, bereits nicht eindeutig ist, ob der Gesetzgeber bei der Änderung des § 35a Abs. 3 SGB VIII den gleichzeitig neu geschaffenen § 159 Abs. 5 SGB IX a. F. überhaupt im Blick hatte. Denn zur Änderung des § 35a Abs. 3 SGB VIII, insbesondere zum Verweis auf § 57 SGB XII a. F. (zum Zeitpunkt des Gesetzesentwurfs noch § 52 SGB XII) heißt es lediglich, dass dadurch die Möglichkeit der Teilnahme an einem trägerübergreifenden Persönlichen Budget eröffnet werde.
19Vgl. BT-Drucks. 15/1514, S. 72 (unter "Zu Artikel 7").
20Im Weiteren stellt der Kläger auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Voraussetzungen des § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII nicht vorlägen, nicht infrage. Soweit er die seiner Meinung nach fehlende Aufschiebbarkeit der Bedarfsdeckung sinngemäß damit begründet, dass die Benennung einer Schulbegleiterin durch die Beklage am 12. August 2016 zu spät erfolgt sei, weil er auf eine mehrwöchige Kontaktanbahnung vor Schulbeginn am 25. August 2016 - die Angabe "25.8.17" in der Zulassungsbegründung ist offensichtlich fehlerhaft - angewiesen gewesen sei, dringt er damit schon deshalb nicht durch, weil nach dem Tatbestand der angegriffenen Entscheidung der Vater des Klägers eine Schulbegleitung für den Kläger erst mit Wirkung ab dem 26. August 2016 angestellt hatte. Soweit er weiter rügt, dass ihm ein Wechsel der Schulbegleitung nicht zumutbar gewesen wäre, zeigt er auch damit keine Richtigkeitszweifel auf. Zum einen spricht gegen die Unzumutbarkeit eines Wechsels, dass es einen solchen Wechsel bereits im März 2017 gegeben hat, als der Vater des Klägers für diesen eine andere Schulbegleiterin anstellte. Zum anderen ist der Umstand, dass das Verwaltungsgericht auf einen Übergangszeitraum abgestellt hat, nicht dahingehend zu verstehen, es werde oder müsse nach diesem Zeitraum einen Wechsel geben. Das Abstellen auf einen Übergangszeitraum ist allein § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a und b SGB VIII geschuldet. Ansonsten zeigt der Kläger in Ansehung der von der Beklagten benannten Fachkraft nicht auf, dass ein Wechsel in der Schulbegleitung erforderlich geworden wäre. Das schlichte Bestreiten einer hinreichenden fachlichen Qualifikation der von der Beklagten benannten Kraft reicht nicht aus, zumal die Beklagte auch Angaben zu den Erfahrungen der Kraft gemacht hat und diese Erfahrungen dem Anforderungsprofil des Klägers entsprechen.
21Eine Zulassung der Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO kommt ebenfalls nicht in Betracht. Besondere rechtliche Schwierigkeiten legt der Kläger nicht hinreichend dar. Seine Ausführungen zu diesem Zulassungsgrund beschränken sich auf die Aussage, dass die Beantwortung der von ihm als streitig dargestellten Frage mit besonderen rechtlichen Schwierigkeiten behaftet sei, ohne dass er dies näher erläutert. Die von ihm dargestellte Frage betrifft im Ergebnis allein die Auslegung von § 7 Satz 1 SGB IX a. F. Dass die Auslegung dieser Vorschrift hinsichtlich des Schwierigkeitsgrades über das hinausgeht, was in verwaltungsgerichtlichen Verfahren, in denen bekanntermaßen häufig vor allem um die Auslegung von Rechtsvorschriften gestritten wird, quasi Durchschnitt ist, zeigt der Kläger nicht auf. Unabhängig davon liegt der angegriffenen Entscheidung tragend die Überlegung zugrunde, dass die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche aufgrund der erfolgten Selbstbeschaffung allenfalls unter den Voraussetzungen des § 36a SGB VIII bestehen könnten. Da der Kläger nach dem Vorstehenden die (selbstständig tragende) Begründung des Verwaltungsgerichts, die Voraussetzungen des § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII lägen nicht vor, nicht in Zweifel gezogen hat, käme es in einem Berufungsverfahren auf die Frage, hinsichtlich derer der Kläger besondere rechtliche Schwierigkeiten sieht, gar nicht an.
22Schließlich ist die Berufung nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erfordert, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage aufgeworfen wird, die über den konkreten Einzelfall hinaus für eine unbestimmte Anzahl von Verfahren bedeutsam ist, für die erstinstanzliche Entscheidung von Bedeutung war, auch im angestrebten Berufungsverfahren erheblich wäre und klärungsbedürftig sowie klärungsfähig ist. Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht.
23Zwar wirft der Kläger die Rechtsfrage auf, ob leistungsberechtigte minderjährige Kinder einen Anspruch darauf haben, dass ihnen Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII in Form des Persönlichen Budgets gewährt werden. Dazu, dass die Frage in dieser Allgemeinheit in einem Berufungsverfahren geklärt werden könnte, führt der Kläger jedoch nichts aus. Solches ergibt sich auch nicht mittelbar aus den von ihm bezeichneten Entscheidungen. Vielmehr sprechen diese eher dagegen. So trifft etwa die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Schleswig eine Aussage gerade nur für jüngere Kinder. In der Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs war die Antragstellerin volljährig und ging es um Hilfe für junge Volljährige gemäß § 41 SGB VIII. Im Übrigen ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen zum Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, dass mit Blick auf die Förderung der Selbstbestimmung als Ziel des Persönlichen Budgets das Alter des Leistungsberechtigten durchaus eine Rolle spielen kann. Dagegen ergibt sich aus dem Zulassungsvorbringen nicht, welche Altersgruppe mit "minderjährige Kinder" genau gemeint ist. Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die vom Kläger zitierten Entscheidungen auch hinsichtlich der Herleitung eines (möglichen) Anspruchs divergieren. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof geht von einer Ermessensentscheidung des Jugendhilfeträgers aus und nimmt dementsprechend einen Anspruch nur für den Fall einer Ermessensreduzierung auf Null an. Das Verwaltungsgericht Schleswig nimmt ein Gestaltungsermessen des Jugendhilfeträgers an. Das Verwaltungsgericht Frankfurt/Oder leitet einen Anspruch letztlich aus § 159 Abs. 5 SGB IX a. F. ab.
24Unabhängig davon würde sich die als grundsätzlich klärungsbedürftig aufgeworfene Frage aus den zu § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO angeführten Gründen in einem Berufungsverfahren nicht stellen. Sie wäre im Hinblick auf die tragende Begründung des Verwaltungsgerichts, dass die geltend gemachten Ansprüche wegen Fehlens derVoraussetzungen des § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII scheitern, ohne Relevanz.
25Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.
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