Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 15 A 2125/17
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 8.567,54 € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Die für die Prüfung maßgeblichen Einwände (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) begründen weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.) noch führen sie auf besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (2.) oder deren grundsätzliche Bedeutung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (3.).
41. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor.
5Ernstliche Zweifel sind gegeben, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Sie sind (nur) begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt.
6Vgl. zuletzt BVerfG, Beschlüsse vom 16. Januar 2017 - 2 BvR 2615/14 -, juris Rn. 19, und vom 9. Juni 2016 - 1 BvR 2453/12 -, juris Rn. 16, jeweils mit weiteren Nachweisen.
7Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem Antrag,
8die Bescheide des Bürgermeisters der Beklagten über die Festsetzung und Erhebung des Erschließungsbeitrags nach dem Baugesetzbuch in Verbindung mit der Satzung der Stadt H. über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen vom 29. Januar 2015 aufzuheben, soweit dort ein Beitrag von mehr als 14.002,14 € festgesetzt ist,
9zu Recht abgewiesen.
10Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass es sich bei dem abgerechneten Teil der E.-----straße nicht um eine vorhandene Straße im Sinne von § 242 Abs. 1 BauGB handelt. Dies hat es unter anderem damit begründet, dass der in Rede stehende Straßenabschnitt - was die Kläger nicht in Abrede stellen - im Jahr 1961 noch durch den Außenbereich führte, er also keine innerörtliche Anbaustraße darstellte. Dementsprechend könnten noch Erschließungsbeiträge und nicht nur noch Straßenausbaubeiträge nach § 8 KAG NRW erhoben werden.
11Wird eine nach dem Willen der Gemeinde endgültig hergestellte und ihre Aufgabe im vollen Umfang erfüllende Außenbereichsstraße infolge des Inkrafttretens eines sie erfassenden Bebauungsplans zu einer Anbaustraße, ist ihr Zustand unter dem Blickwinkel einer erschließungsbeitragsrechtlichen erstmaligen endgültigen Herstellung erneut zu beurteilen. Eine als Außenbereichsstraße endgültig hergestellte Verkehrsanlage kann als beitragsfähige Erschließungsanlage durchaus eine unfertige Anbaustraße sein. Für diese erneute Beurteilung ist abzustellen auf die Anforderungen, von deren Erfüllung die endgültige Herstellung einer beitragsfähigen Anbaustraße in dem Zeitpunkt abhängig ist, in dem die betreffende Verkehrsanlage zur beitragsfähigen Anbaustraße wird. Diese Anforderungen ergeben sich regelmäßig sowohl aus der Merkmalsregelung der einschlägigen Erschließungsbeitragssatzung als auch aus allgemeinen erschließungsrechtlichen Gesichtspunkten über die Eignung einer Verkehrsanlage, den anliegenden Grundstücken eine ausreichende wegemäßige Erschließung (§§ 30 ff. BauGB) zu vermitteln, sowie aus dem konkreten Bauprogramm.
12Vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Mai 2015 - 9 C 14.14 -, juris Rn. 28, und vom 10. Oktober 1995 - 8 C 13.94 -, juris Rn. 17.
13Maßgebend für die erschließungsbeitragsrechtliche Beurteilung ist damit § 7 der Satzung über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen in der Gemeinde Q. vom 6. Juli 1962.
14Ihr zufolge waren die öffentlichen zum Anbau bestimmten Straßen, Wege und Plätze endgültig hergestellt, wenn sie eine Pflasterung, eine Asphalt-, Teer-, Beton- oder ähnliche Decke neuzeitlicher Bauweise und eine Straßenentwässerung sowie die etwa vorgesehene Beleuchtung aufwiesen und an eine dem öffentlichen Verkehr gewidmete Straße angeschlossen waren.
15Daraus ergibt sich, dass die maßgebliche Erschließungsbeitragssatzung die beitragsfähige Erschließungsanlage Straße als (insbesondere) aus einer Fahrbahn mit zugehöriger Entwässerung bestehend definierte.
16Vgl. dazu auch OVG NRW, Urteil vom 12. Februar 1998 - 3 A 176/93 -, juris Rn. 10 ff.; sowie außerdem Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl. 2018, § 2 Rn. 47, die zum kunstmäßigen Ausbau auch eine Kanalisation zählen.
17Vorliegend fehlte es bis zur hier in Rede stehenden Maßnahme aber an einer Straßenentwässerung. Ob eine „Teileinrichtung Fahrbahn“ - als zum Befahren mit Fahrzeugen bestimmte Fläche - der E.-----straße isoliert betrachtet den örtlichen Ausbaugepflogenheiten mit einem Grundbestand an kunstmäßigem Ausbau entsprach,
18vgl. insoweit BVerwG, Urteile vom 24. Februar 2010 - 9 C 1.09 -, juris Rn. 15, und vom 11. Juli 2007 - 9 C 5/06 -, juris Rn. 40; OVG S.-H., Urteil vom 24. Oktober 2007 - 2 LB 26/07 -, juris Rn. 43 ff; Driehaus/Raden, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 10. Aufl. 2018, § 2 Rn. 47,
19ist nach der Merkmalsregelung der maßgeblichen Erschließungsbeitragssatzung unerheblich.
202. Die Berufung ist nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen der besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten der Rechtssache zuzulassen.
21Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Angriffe der Kläger gegen die Tatsachenfeststellungen oder die rechtlichen Würdigungen, auf denen das angefochtene Urteil beruht, begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung gäben, die sich nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren klären ließen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern würden. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Dass der Ausgang des Rechtsstreits in dem vorgenannten Sinn offen ist, lässt sich auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens aus den unter 1. genannten Gründen nicht feststellen. Besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten wirft die Rechtssache auch ansonsten nicht auf.
223. Die Berufung ist nicht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
23Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im betreffenden Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.
24Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.
25Die von den Klägern gestellte Frage,
26„welche straßenbautechnischen Mindestanforderungen an die Fahrbahn einer Straße zu stellen sind, damit diese als erstmalig endgültig hergestellte Teileinrichtung im Sinne von § 127 Abs. 3 BauGB qualifiziert werden kann,
27führt schon deswegen nicht auf einen grundsätzlichen Klärungsbedarf in einem Berufungsverfahren, weil sie sich aus den unter 1. genannten Gründen in einem Berufungsverfahren nicht entscheidungserheblich stellen würde.
28Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO.
29Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
30Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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