Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 6 A 2720/17
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 25.000,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
3Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO fristgerecht dargelegt ist und vorliegt. Das ist nicht der Fall.
41. Aus den im Zulassungsverfahren vorgetragenen Gründen ergeben sich die behaupteten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils nicht.
5Stützt der Rechtsmittelführer seinen Zulassungsantrag auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen. Dabei muss er den tragenden Rechtssatz oder die Feststellungen tatsächlicher Art bezeichnen, die er mit seinem Antrag angreifen will, und mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellen. Es genügt hingegen nicht, wenn er pauschal die Unrichtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts behauptet oder wenn er lediglich sein Vorbringen erster Instanz wiederholt, ohne im Einzelnen auf die Gründe des angefochtenen Urteils einzugehen. Diesen Anforderungen entspricht das Zulassungsvorbringen nicht.
6Das Verwaltungsgericht hat die auf die Verpflichtung des beklagten Landes gerichtete Klage, den Eintritt des Klägers in den Ruhestand bis zum Ablauf des Monats Februar 2018 hinauszuschieben, durch Urteil vom 25. September 2017 abgewiesen. Der
7Kläger sei mit Ablauf des 29. Februar 2016 wegen Erreichens der Altersgrenze (vgl. § 31 LBG NRW) in den Ruhestand getreten. Damit sei ein Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand rechtlich nicht mehr möglich. Art. 19 Abs. 4 GG stehe dem nicht entgegen. Dem Gebot effektiver Rechtsschutzgewährung sei dadurch Genüge getan, dass der Beamte vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze im Wege einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutzes ein vorläufiges Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand erreichen könne, wenn er meine, der Dienstherr habe seinen Antrag auf Hinausschieben der Altersgrenze zu Unrecht abgelehnt. Vorliegend seien dem Kläger nahezu zwei Monate nach der ablehnenden Entscheidung des beklagten Landes verblieben, um um einstweiligen Rechtsschutz nachzusuchen. Innerhalb dieses Zeitraums wäre eine vorläufige Regelung bzw. Sicherung seines Status zu erlangen gewesen.
8Diesen näher begründeten Erwägungen setzt das Zulassungsvorbringen nichts Durchgreifendes entgegen.
9Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass nach dem Eintritt des Klägers in den Ruhestand wegen Erreichens der Altersgrenze mit Ablauf des 29. Februar 2016 ein Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand (vgl. § 32 LBG NRW) nicht mehr in Betracht kommt. Bereits begrifflich ist ein Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand nur möglich, solange der Ruhestand noch nicht begonnen hat.
10Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2011
11- 2 B 94.11 -, juris Rn. 14; OVG NRW, Beschluss vom 29. Mai 2013 - 6 B 201/13 -, DÖD 2013, 272 = juris Rn. 6; VGH BW, Urteil vom 11. Juni 2013
12- 4 S 83/13 -, juris Rn. 21; OVG Hamburg, Beschluss vom 5. Juni 2012 - 1 Bs 98/12 -, IÖD 2012, 244 = juris Rn. 6.
13Im Übrigen würde ein nachträgliches Hinausschieben des Eintritts in den Ruhestand einer rückwirkenden (statusändernden) Wiederbegründung des aktiven Beamtenverhältnisses gleichkommen, die aber im Hinblick auf die Regelung in § 8 Abs. 4 BeamtStG unzulässig und insoweit unwirksam wäre; einer erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis mit Wirkung ex nunc stünde § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BeamtStG entgegen.
14Vgl. auch VGH BW, Urteil vom 11. Juni 2013 - 4 S 83/13 -, a. a. O. Rn. 21.
15Der Einwand des Klägers, in Anbetracht der üblichen Dauer eines verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens hätte er vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze keine vorläufige Regelung bzw. Sicherung seines Status erreichen können, greift nicht durch. Ihm verblieb nach Erhalt des Ablehnungsbescheides am 5. Januar 2016 genügend Zeit, um beim Verwaltungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung (vgl. § 123 VwGO) zu beantragen. Die Verwaltungsgerichte, die bei der Auslegung und Anwendung des § 123 VwGO gehalten sind, den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) Rechnung zu tragen,
16vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 1988
17- 2 BvR 745/88 -, BVerfGE 79, 69 = juris Rn. 17,
18gewähren im Verfahren nach § 123 VwGO auch sehr kurzfristig den erforderlichen Rechtsschutz. Nötigenfalls nutzen sie die Möglichkeit, durch eine Zwischenentscheidung (sog. Hängebeschluss) Zeit für eine den Anforderungen des Art. 19 Abs. 4 GG genügende Prüfung der Sach- und Rechtslage zu gewinnen.
192. Die Berufung ist auch nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
20Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird. Die Begründung des Zulassungsantrags verfehlt diese Anforderungen. Der Kläger formuliert bereits keine konkrete Rechtsfrage, sondern macht geltend, den Ausführungen des BVerwG im oben genannten Beschluss vom 21. Dezember 2011 - 2 B 94.11 -, a. a. O. Rn. 14, sei nicht zu folgen bzw. sie seien nicht nachzuvollziehen.
213. Die sinngemäß erhobene Verfahrensrüge (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) greift ebenfalls nicht durch.
22Eine mangelnde Sachaufklärung kann dem Verwaltungsgericht schon deshalb nicht vorgeworfen werden, weil von einem anwaltlich vertretenen Beteiligten im Allgemeinen - so auch hier - erwartet werden kann, dass er eine von ihm für notwendig erachtete Beweisaufnahme bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der gemäß § 86 Abs. 2 VwGO vorgesehenen Form beantragt. Ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung hat der Kläger keinen Beweisantrag gestellt. Die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung musste sich dem Verwaltungsgericht auch sonst nicht aufdrängen; insoweit wird auf die Ausführungen unter 1. Bezug genommen.
234. Soweit der Kläger schließlich auf sein erstinstanzliches Vorbringen verweist, verkennt er, dass (auch) dies den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht genügt.
24Nach alledem kommt es im vorliegenden Verfahren auf die Frage, ob die Klage mit Ablauf des Monats Februar 2018 unzulässig geworden ist, nicht mehr an.
25Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
26Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Satz 4 GKG.
27Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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