Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 A 2216/18
Tenor
Der Antrag wird auf Kosten der Klägerin abgelehnt.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 130,49 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO innerhalb der Begründungsfrist dargelegt ist und vorliegt. „Darlegen“ i. S. v. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO bedeutet, unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil fallbezogen zu erläutern, weshalb die Voraussetzungen des jeweils geltend gemachten Zulassungsgrundes im Streitfall vorliegen sollen. Die Zulassungsbegründung soll es dem Oberverwaltungsgericht ermöglichen, die Zulassungsfrage allein auf ihrer Grundlage zu beurteilen, also ohne weitere aufwändige Ermittlungen.
4Hiervon ausgehend rechtfertigt das fristgerecht vorgelegte, gänzlich ungeordnete Zulassungsvorbringen die begehrte Zulassung der Berufung aus keinem der– (allenfalls) sinngemäß benannten – Zulassungsgründe. Es genügt ganz überwiegend bereits nicht den Anforderungen an eine hinreichende Darlegung und greift im Übrigen in der Sache nicht durch.
51. Die Berufung kann zunächst nicht wegen der sinngemäß geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen werden. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne sind begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
6Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung der Klageabweisung ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf weitere Beihilfe zu ihren Aufwendungen für die ihr von dem Arzt U. unter dem 16. März 2013 bzw. unter dem 20. März 2013 in Rechnung gestellten beiden ayurvedischen Massagen. Nicht entscheidungserheblich sei die Frage, ob Behandlungen nach der ayurvedischen Medizin wissenschaftlich anerkannt oder zumindest (nur) wissenschaftlich noch nicht anerkannt seien. Zwei isolierte Massagen seien nämlich auch dann keine ayurvedische Behandlung, wenn dabei eine größere Menge „medizinierten Öles“ zum Einsatz komme. Zugrunde zu legen sei, dass sich die Behandlung bei Herrn U. im Frühjahr 2013 auf die beiden in Rechnung gestellten ayurvedischen Massagen beschränkt habe. Denn die Klägerin habe trotz wiederholter Aufforderung durch das Gericht – zuletzt mit Fristsetzung nach § 87b Abs. 3 VwGO bis zum 4. April 2018 – weder dargelegt noch nachgewiesen, dass die beiden Massagen Teil einer umfassenden ayurvedischen Behandlung waren. Dass zwei isolierte Massagen keine ayurvedische Behandlung im medizinischen Sinne darstellten, ergebe sich ohne weiteres aus dem Gutachten von Dr. N. aus dem Jahr 2008, aus dem vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachten von Dr. L. und aus allgemein zugänglichen Quellen, nämlich aus den im Internet verfügbaren Erläuterungen einschlägiger Kliniken (Kliniken F. -Mitte und I. -klinik) zu Ayurveda-Behandlungen. Der weitere, auf Genehmigung der fraglichen beiden Massagen durch das Finanzministerium NRW gerichtete Klageantrag bleibe ebenfalls ohne Erfolg, weil er voraussetze, dass die ayurvedische Therapie als wissenschaftlich noch nicht anerkannte Heilbehandlung akzeptiert werde.
7Hiergegen macht die Klägerin mit ihrem Zulassungsvorbringen, soweit sich dieses nicht in einer von vornherein nicht zielführenden Bezugnahme auf nicht konkretisiertes erstinstanzliches Vorbringen erschöpft
8– vgl. insoweit OVG NRW, Beschluss vom 10. Januar 2019 – 1 A 4171/18 –, juris, Rn. 33 f. –,
9unter den Gliederungspunkten „Einheitlichkeit der Rechtsprechung“ und „Fortbildung des Rechts“ das Folgende geltend. Gerügt werde zunächst, dass das Verwaltungsgericht sie trotz der seinerzeit schon 4,5jährigen Verfahrensdauer erstmals am 2. März 2018 zu der Erklärung aufgefordert habe, ob die beiden Massagen Teil einer Ayurveda-Behandlung waren. Ferner führt sie gegen diese Aufforderung zwei Äußerungen des Sachverständigen Dr. L. an. Dieser habe die konkret durchgeführte Behandlung in seinem Gutachten für beihilfefähig erachtet und in der (ersten) mündlichen Verhandlung vom 1. März 2018 außerdem das Vorliegen guter Evidenzen für die Wirksamkeit von Ayurveda schon im Jahre 2013 festgestellt. Die ferner ergangene gerichtliche Aufforderung nach § 87b Abs. 3 VwGO vom 19. März 2018 sei schon wegen der falschen Jahresangabe 2018 unwirksam. Unabhängig davon hätte das Verwaltungsgericht durch Befragung des Arztes aufklären müssen, ob die beiden Massagen Teil einer Ayurveda-Behandlung waren. Auch habe sie zu der Aufforderung nach § 87b Abs. 3 VwGO mit den (in der Zulassungsbegründung noch einmal wörtlich zitierten) Schriftsätzen vom 14. März 2018 und vom 19. März 2018 ausreichend vorgetragen. Die Sanktion des § 87b Abs. 3 VwGO greife nicht, weil der Sachverständige die Massage eines Masseurs als Teil einer Ayurveda-Behandlung angesehen habe. Außerdem sei die in der Verfügung vom 19. März 2018 geäußerte Unterstellung des Verwaltungsgerichts unsinnig, sie – die Klägerin – wolle die Erledigung des Rechtsstreits verzögern. Die weitere Unterstellung im angefochtenen Urteil, die konkreten Massagen seien keine ayurvedischen Behandlung, und die entsprechende rechtliche Bewertung verließen unzulässig (und das Recht auf Gehör verletzend) den Boden der Tatsachen und stellten „'folgerichtig' eine unzulässige Beweiswertung dar“. Indem das Verwaltungsgericht die I. -klinik zitiert habe, habe es Tatsachen in das Verfahren eingeführt, ohne ihr zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die Einführung, „Verdrehung“ bzw. Nichtberücksichtigung der vom Sachverständigen angegebenen Tatsache, Massagen seien Teil der klägerischen Ayurveda-Behandlung, stellten einen schweren Verfahrensfehler dar. Die Abweisung des auf die Genehmigung der beiden Massagen gerichteten Klageantrags sei „keinesfalls ausreichend“, weil das Gutachten des Sachverständigen zu einer allgemeinen Zulassung „der Ayurveda“ zwinge.
10Dieses Vorbringen lässt sich dem Zulassungsgrund des §124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (nur) insoweit zuordnen, als die Klägerin die Annahme des Verwaltungsgerichts, die konkret erfolgten beiden Massagen stellten keine ayurvedischen Behandlung dar, für eine „Verdrehung“ der im Sachverständigengutachten geäußerten Einschätzung bzw. für eine tatsachenwidrige Nichtbeachtung dieser Äußerungen hält und deswegen die entsprechende Beweiswürdigung bemängelt. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erfasst in Abgrenzung zu § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO nämlich grundsätzlich auch Fehler bei der Feststellung und Würdigung des entscheidungserheblichen Sachverhalts und bei der Beweiswürdigung.
11Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 82 bis 85 und Rn. 189 f., sowie Kuhlmann, in: Wysk, VwGO, 2. Aufl. 2016, § 124 Rn. 16, jeweils m. w. N.
12Zwar entscheidet das Gericht gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Daraus folgt aber auch die Verpflichtung, der Überzeugungsbildung den im Verfahren festgestellten Sachverhalt vollständig und richtig zugrunde zu legen. Das Gericht darf nicht einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen oder Beweisergebnisse bei seiner rechtlichen Würdigung außer Acht lassen, insbesondere Umstände übergehen, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts, auch wenn die darauf basierende rechtliche Würdigung als solche nicht zu beanstanden ist.
13Vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Februar 2010– 2 B 126.09 –, juris, Rn. 4, m. w. N.
14Die in Rede stehende Rüge der Klägerin zeigt einen Fehler dieser Art nicht auf. Das Verwaltungsgericht hat seiner Entscheidung die Rechtsauffassung zugrunde gelegt, eine Ayurveda-Behandlung liege wegen des ganzheitlichen Ansatzes dieses Medizin- und Heilsystems nur vor, wenn sie dessen drei Kernelemente (innerliche Therapie, Ernährungstherapie und manuelle Therapien) umfasse; die hier nur nachgewiesenen beiden Massagen genügten dem nicht. Eine gegenteilige Aussage hat der Sachverständige Dr. L. entgegen der Ansicht der Klägerin nicht getroffen. In seinem Gutachten vom 21. August 2016 führt dieser zwar schlussfolgernd aus, dass es sich bei der durchgeführten Behandlung bei korrekter Indikationsstellung „um eine zu diesem Zeitpunkt wissenschaftlich anerkannte Heilbehandlung gehandelt“ habe, für die die Kosten erstattet werden sollten. Er ist bei dieser Aussage aber erkennbar von der (nicht zutreffenden) Vorstellung ausgegangen, dass diese Massagen Teil einer Gesamtbehandlung gewesen seien. Das ergibt sich aus der im Absatz zuvor geäußerten Bewertung, der erfolgte Einsatz körpertherapeutischer/massagetherapeutischer Verfahren der Ayurveda-Medizin entspreche der gängigen Ayurveda-Praxis bei Kopf-, Schulter- und Nackenschmerzen „als Bestandteil einer multimodalen Therapiestrategie“. Nach dieser Äußerung sind Massagen nämlich nur ein „Therapieelement“ (so der im folgenden Satz des Gutachtens verwendete Begriff) einer multimodalen, also mehrere unterschiedliche Behandlungselemente kombinierenden Behandlungsstrategie. Nichts Abweichendes ergibt sich aus den Erläuterungen, die der Sachverständige in der (ersten) mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 1. März 2018 zu seinem Gutachten gegeben hat. Die ausweislich des Verhandlungsprotokolls erfolgte (im weiteren Verlauf des Termins übrigens noch relativierte) Angabe, es habe bereits 2013 „gute Evidenzen für die Wirksamkeit von Ayurveda gegeben“, betrifft nämlich ungeachtet dessen, wie sie zu bewerten wäre, nicht die allein entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichts, die Klägerin habe im Frühjahr 2013 schon keine Ayurveda-Therapie, sondern nur zwei „isolierte“ Massagen erhalten.
152. Die Berufung kann auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen werden.
16Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung des Zulassungsgrundes ist die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.
17Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13. Februar 2018– 1 A 2517/16 –, juris, Rn. 32, und vom 13. Oktober 2011 – 1 A 1925/09 –, juris, Rn. 31 f., m. w. N.
18Diese Darlegungsanforderungen werden hier mit der bloßen, nur in einer Überschrift enthaltenen Behauptung, eine Zulassung sei aus Gründen der „Fortbildung des Rechts“ geboten, offensichtlich nicht erfüllt. Die Klägerin versäumt es schon, eine entsprechende Rechts- oder Tatsachenfrage auszuformulieren. Unterstellt man zu ihren Gunsten, dass sie geklärt wissen will, ob ayurvedische Behandlungen im Frühjahr 2013 bereits wissenschaftliche anerkannt oder zumindest (nur) noch nicht anerkannt waren, so fehlt es an der Darlegung, weshalb diese Frage für das angefochtene Urteil von Bedeutung gewesen sein soll, obwohl das Verwaltungsgericht bereits das Vorliegen einer ayurvedischen Therapie verneint hat.
193. Die begehrte Zulassung der Berufung kann ferner nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO erfolgen. Nach dieser Vorschrift ist die Berufung zuzulassen, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts von einer Entscheidung eines in der Norm aufgeführten divergenzrelevanten Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine solche Divergenz ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn ein inhaltlich bestimmter, die angefochtene Entscheidung tragender Rechtssatz dargelegt wird, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung eines divergenzrelevanten Gerichts aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat.
20Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. April 2010– 1 A 1326/08 –, juris, Rn. 34, und vom 25. Januar 2012 – 1 A 640/10 –, juris, Rn. 2; ferner etwa Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 215 bis 217, m. w. N.
21Mit der bloßen Berufung auf die „Einheitlichkeit des Rechts“ (Überschrift des Gliederungspunktes I.) ist eine die Berufung eröffnende Divergenz ersichtlich nicht dargelegt. Es fehlt schon an der Bezeichnung und Gegenüberstellung divergierender Rechtssätze. Namentlich finden sich, wie schon der Beklagte in seiner Erwiderungsschrift vom 26. Juli 2018 unwidersprochen und zutreffend ausgeführt hat, in der Zulassungsbegründung keinerlei Anhaltspunkte für oder Hinweise auf irgendeine gerichtliche Entscheidung, von der das Verwaltungsgericht i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO abgewichen sein könnte.
224. Die Berufung kann schließlich nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zugelassen werden. Danach ist die Berufung zuzulassen, wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Damit sind Verstöße gegen Vorschriften gemeint, die den Verfahrensablauf bzw. den Weg zu dem Urteil und die Art und Weise des Urteilserlasses regeln. Nicht erfasst sind hingegen Verstöße gegen Vorschriften, die den Urteilsinhalt betreffen und deren Verletzung sich als Mangel der sachlichen Entscheidung darstellt. Ein Verfahrensmangel ist nur dann ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird.
23Vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2017 – 5 B 10.17 –, juris, Rn. 19, m. w. N.
24Daran gemessen kommt die Zulassung der Berufung nicht in Betracht, weil das Zulassungsvorbringen einen solchen Verfahrensmangel unter keinem denkbaren Gesichtspunkt aufzeigt.
25a) Das gilt zunächst für die bereits oben behandelte sinngemäße Rüge, das Verwaltungsgericht habe die Äußerungen des Sachverständigen „verdreht“ bzw. ignoriert. Dass nämlich insoweit ein (auch) verfahrensrechtlich relevanter Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) dargelegt sein und vorliegen könnte, ist mit Blick auf die obigen Ausführungen zu 1. auszuschließen.
26b) Ein Verfahrensfehler ist auch nicht mit dem Vortrag der Klägerin in der Begründungsschrift (S. 5, drittletzter Absatz) dargelegt, die gerügte Bewertung des Verwaltungsgerichts, die konkreten Massagen seien keine ayurvedische Behandlung, verletze ihr Recht auf Gehör.
27Zur Wahrung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG hat das Gericht den Beteiligten zu allen maßgeblichen Rechts- und Tatsachenfragen die Gelegenheit einzuräumen, Stellung zu beziehen. Es muss den Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung ziehen. Das Gericht hat in den Entscheidungsgründen in angemessener Weise zum Ausdruck zu bringen, aus welchen Gründen es von einer Auseinandersetzung mit dem rechtlichen und tatsächlichen Vorbringen eines Beteiligten abgesehen hat. Es ist aber andererseits nicht verpflichtet, sich in den Entscheidungsgründen mit jedem rechtlichen und tatsächlichen Argument ausdrücklich zu befassen. Es darf ein Vorbringen außer Betracht lassen, das nach seinem Rechtsstandpunkt unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen auch in seine Erwägungen einbezogen hat. Nur bei Vorliegen deutlich gegenteiliger Anhaltspunkte kann ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör angenommen werden. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist aber erst dann verletzt, wenn Vortrag nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen ist, der aus der maßgeblichen Sicht des Gerichts entscheidungserheblich war oder gewesen wäre. Ebenso ist es für eine erfolgreiche Gehörsrüge erforderlich, dass die unterstellte Gewährung rechtlichen Gehörs zu einer anderen, für den Rechtsmittelführer günstigeren Entscheidung geführt hätte bzw. im Rahmen des Berufungsverfahrens führen würde.
28Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. August 2012– 1 A 864/11 –, juris, Rn. 3 bis 8, m. w. N.
29Diese Voraussetzungen sind mit der vorstehend wiedergegebenen Rüge ersichtlich nicht dargelegt. Es fehlt insoweit bereits an jeglichen Darlegungen, die über die Behauptung eines solchen Verstoßes hinausgehen. Sofern diese Behauptung auf die Rüge abzielen sollte, das Gericht habe mit seiner in Rede stehenden, allein entscheidungstragenden Bewertung, es habe schon keine ayurvedische Behandlung vorgelegen, eine sachverständige Äußerung und damit zugleich entsprechenden Vortrag der Klägerin missachtet, so griffe dies ersichtlich nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat nämlich gerade die insoweit relevante, von ihm nur anders (und zutreffend, s. o.) interpretierte gutachterlichen Äußerung herangezogen (UA S. 13), um seine im Urteil vorgenommene Bewertung, die für die Klägerin keineswegs überraschend gewesen ist (vgl. zuletzt die protokollierte Nachfrage des Gerichts, ob die Massagen in eine umfassende Behandlung eingebunden gewesen seien), zu begründen.
30c) Ein Gehörsverstoß ist auch nicht mit dem Vortrag dargelegt, das Verwaltungsgericht habe, indem es auf die im Internet verfügbaren Ausführungen der I. -klinik zum umfassenden Ansatz der Ayurveda-Behandlungen abgestellt habe, (nicht schon allgemeinkundige) Tatsachen in das Verfahren eingeführt, ohne der Klägerin zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
31Zur Darlegung einer geltend gemachten Versagung rechtlichen Gehörs in Bezug auf – wie hier – einzelne Feststellungen oder rechtliche Gesichtspunkte muss der Rechtsmittelführer ausführen, was er bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte und inwieweit dieser Vortrag zur Klärung des behaupteten Anspruchs geeignet gewesen wäre. Nur so wird nämlich dem Rechtsmittelgericht die nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO erforderliche Prüfung ermöglicht, ob das Urteil auf dem geltend gemachten Gehörsverstoß beruht.
32Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. April 1990– 2 B 37.90 –, juris, Rn. 2, m. w. N. (zu § 138 Nr. 3 VwGO), und OVG Brandenburg, Beschluss vom 28. Oktober 2003 – 2 A 369/02. AZ –, juris, Rn. 3; ferner Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 218 f. und § 124 Rn. 223, sowie Kuhlmann, in: Wysk, VwGO, 2. Aufl. 2016, § 138 Rn. 28.
33An solchen Ausführungen fehlt es hier. Unabhängig davon spricht auch nichts dafür, dass eine insoweit unterstellte Gewährung rechtlichen Gehörs zu einer anderen, für die Klägerin günstigere Entscheidung geführt hätte bzw. im Rahmen des Berufungsverfahrens führen würde. Das Verwaltungsgericht hat seine Einschätzung, die beiden Massagen stellten für sich genommen keine Ayurveda-Behandlung dar, nämlich überzeugend zugleich mit weiteren, diese Einschätzung ebenfalls stützenden Dokumente begründet, deren Heranziehung und Auswertung die Klägerin mit ihrer Zulassungsbegründung nicht angegriffen hat. Herangezogen hat es insoweit die Ausführungen des Dr. N. (Kliniken F. -Mitte) in dessen in einem anderen Verfahren erstellten, von der Klägerin selbst vorgelegten Gutachten vom 18. Februar 2008, entsprechende Äußerungen der Kliniken F. -Mitte im Internet sowie die Ausführungen des Dr. L. zur Multimodalität der Therapiestrategien in der Ayurveda-Medizin.
34d) Die Klägerin rügt ferner (sinngemäß), das Verwaltungsgericht sei verpflichtet gewesen, durch Befragung des Arztes U. aufzuklären, ob die beiden Massagen in eine multimodale Ayurveda-Behandlung eingebettet gewesen seien.
35Der mit diesem Vortrag geltend gemachte Verstoß gegen die Pflicht zur Amtsermittlung (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegt ungeachtet der Frage hinreichender Darlegung jedenfalls der Sache nach nicht vor. Ein solcher im Rahmen von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zu berücksichtigender Aufklärungsmangel kann, da die anwaltlich vertretene Klägerin ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat, hier nur dann angenommen werden, wenn sich die Beweiserhebung geradezu aufdrängt. Das ist jedoch jedenfalls der Sache nach nicht der Fall. Das Verwaltungsgericht durfte im Gegenteil ersichtlich von einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts absehen. Eine solche Aufklärung hätte sich nämlich auf eine nicht einmal von der Klägerin selbst behauptete Tatsache bezogen, die zudem aus ihrer Sphäre herrührte und deshalb ggf. – im Sinne einer Obliegenheit – von ihr zu belegen gewesen wäre. Außerdem sprach auch nichts dafür, dass sich die Klägerin im Frühjahr 2013 einer ganzheitlichen Ayurveda-Therapie unterzogen hat, da sie trotz gerichtlicher Aufforderungen keine weiteren Rechnungen des Arztes U. aus dem maßgeblichen Zeitraum vorgelegt und auch sonst keinen entsprechenden Vortrag geleistet hatte.
36e) Ein Verfahrensverstoß ergibt sich schließlich auch nicht aus den Ausführungen der Klägerin, mit denen sie die im Vorfeld der (zweiten) mündlichen Verhandlung vom 26. April 2018 erfolgten, an sie gerichteten Aufforderungen des Verwaltungsgerichts rügt, zu erklären und ggf. zu belegen, ob die fraglichen Massagen Teil einer ggf. längeren und umfassenderen Behandlung waren.
37aa) Das gilt zunächst in Bezug auf die insoweit zuletzt ergangene, mit dem Hinweis auf die Regelung des § 87b Abs. 3 VwGO versehene Aufforderung dieser Art. Nach § 87b Abs. 3 Satz 1 VwGO kann das Gericht Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach § 87b Abs. 1 und 2 VwGO gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn die weiteren Voraussetzungen der Vorschrift (Nr. 1 bis 3) gegeben sind und § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO dem nicht entgegensteht. Zwar kann eine auf § 87b Abs. 3 VwGO gestützte, als fehlerhaft angesehene Zurückweisung von Vorbringen durch das Verwaltungsgericht im Verfahren auf Zulassung der Berufung mit der Verfahrensrüge wegen eines Gehörsverstoßes geltend gemacht werden.
38Vgl. Ortloff/Riese, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: September 2018, § 87b Rn. 46a.
39Eine Zurückweisung ist hier aber nicht erfolgt. Das ergibt sich schon aus dem Umstand, dass es im Urteilszeitpunkt ersichtlich an zurückweisungsfähigem Vortrag gefehlt hat. Die Klägerin hat nämlich in Bezug auf die ihr gestellte Frage zu keinem Zeitpunkt Tatsachen angegeben oder Beweismittel bezeichnet. Dies ist entgegen der durch nichts belegten Behauptung in der Zulassungsbegründungsschrift weder mit ihren auf die Aufforderung reagierenden Schriftsätzen vom 19. März 2018 und vom 21. März 2018 noch danach in irgendeiner Weise geschehen, und auch zuvor fehlte es – namentlich im Schriftsatz vom 14. März 2018 – an jeglichem einschlägigen Vortrag. Bestätigt wird dieser Befund dadurch, dass das angefochtene Urteil dementsprechend auch keinerlei – ansonsten gebotene – Ausführungen zu einer Zurückweisung von Erklärungen und/oder Beweismitteln enthält.
40bb) Alles weitere Vorbringen, mit dem die Klägerin die gerichtlichen Aufforderungen vom 2. März 2018 und vom 19. März 2018 bzw. die entsprechende Vorgehensweise des Verwaltungsgerichts rügt, ist unerheblich. Schon nicht dargelegt ist zunächst, gegen welche (verfahrensrechtliche) Norm das Verwaltungsgericht verstoßen haben soll, indem es die Frage, ob überhaupt eine dem Konzept der Ayurveda-Medizin entsprechende Behandlung erfolgt ist, erst nach 4,5jähriger Verfahrensdauer aufgeworfen hat. Auf die angebliche Unwirksamkeit der Aufforderung nach § 87b VwGO vom 19. März 2018, die aus der Verwendung der Jahreszahl „2018“ statt – richtig – „2013“ in dem Verfügungstext folgen soll, kommt es aus mehreren Gründen nicht an. Die Klägerin hat nämlich, wie ihr Schriftsatz vom 19. März 2018 zeigt, – erstens – den offensichtlichen Schreibfehler als solchen erkannt. Zweitens hat das Gericht dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin daraufhin eine korrigierte Aufforderung zugestellt. Drittens schließlich hat das Gericht, wie bereits ausgeführt, eine Zurückweisung nach § 87b Abs. 3 VwGO gerade nicht vorgenommen. Die weitere Rüge der Klägerin, es sei unsinnig, ihr eine Verzögerungsabsicht zu unterstellen, lässt jede rechtliche Einordnung vermissen und kann deswegen ersichtlich keinen (verfahrensrechtlichen) Fehler des Verwaltungsgerichts aufzeigen. Im Übrigen trifft sie, wie schon die Lektüre der Aufforderung vom 19. März 2018 zeigt, der Sache nach nicht zu.
415. Die Rüge, die Abweisung des Klageantrags zu 1. sei zu Unrecht erfolgt, hat die Klägerin keinem Zulassungsgrund zugeordnet. Sie führt bei ihrer allenfalls in Betracht kommenden Einordnung als Rüge i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht auf die begehrte Zulassung der Berufung. Denn es ist ersichtlich nicht fehlerhaft, den behaupteten Anspruch auf Genehmigung der beiden Massagen durch das Finanzministerium NRW mit der – nach allem Vorstehenden nicht zu beanstandenden – Erwägung zu verneinen, dass eine ayurvedische Behandlung, „über deren wissenschaftliche Anerkennung (…) gegebenenfalls gestritten werden könnte“ (UA S. 13 Mitte), nicht gegeben ist. Dass genau diese Erwägung tragend war (und es folglich entgegen dem Zulassungsvorbringen nicht auf die gutachterlichen Äußerungen zu 2013 vorhandenen Evidenzen ankommen konnte), ergibt sich aus dem Aufbau des Urteils. Die den Klageantrag zu 1. betreffenden, ihm den Erfolg absprechenden Ausführungen schließen nämlich unmittelbar an die soeben zitierte Verneinung einer ayurvedischen Therapie im Frühjahr 2013 an und verweisen mit der Formulierung „vor diesem Hintergrund“ genau auf diese.
42Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
43Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 GKG.
44Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach den §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar. Das angefochtene Urteil ist nun rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.
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