Urteil vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 A 1324/16
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Beklagte wird unter entsprechender Änderung des Bescheides vom 18. März 2014 und des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2015 verpflichtet, dem Kläger für die Zeit vom 19. Februar 2014 bis zum 31. Mai 2014 die Bezüge weiter zu gewähren, die ihm am 17. Februar 2014 zustanden.
Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen trägt die Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Der am 10. November 1947 geborene Kläger war zuletzt als Ministerialdirektor der Besoldungsgruppe B 9 im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) tätig. Mit Bescheid des BMU vom 13. November 2012 wurde der gesetzlich mit Ablauf des 31. Dezember 2012 vorgesehene Ruhestandseintritt des Klägers nach § 53 Abs. 2 Bundesbeamtengesetz (BBG) um drei Jahre auf den Ablauf des 31. Dezember 2015 hinausgeschoben. Mit am 18. Februar 2014 ausgehändigter Urkunde des Bundespräsidenten vom 14. Februar 2014 wurde der Kläger in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Unter dem 21. Februar 2014 teilte das BMU dem Kläger mit, dass er nach § 58 Abs. 2 BBG als dauernd in den Ruhestand versetzt gelte, da er die für ihn gemäß § 51 Abs. 2 BBG geltende Regelaltersgrenze überschritten habe.
3Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 18. März 2014 die Versorgungsbezüge für den Kläger ab dem 19. Februar 2014 fest. Dabei legte sie ein Ruhegehaltssatz von 71,75 % zu Grunde. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 24. März 2014 Widerspruch, den er damit begründete, dass ihm für die Monate Februar bis Mai 2014 seine aktiven Bezüge nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Beamtenbesoldungsgesetz (BBesG) weiter zu gewähren seien. Die Voraussetzungen hierfür lägen vor, weil er in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden sei. Die Vorschrift des § 58 Abs. 2 BBG regele nur den beamtenrechtlichen Status und sei nicht auf § 4 BBesG anwendbar.
4Mit Bescheid vom 5. Februar 2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe die Regelaltersgrenze bei der Versetzung in den einstweiligen Ruhestand bereits erreicht gehabt, daher gelte er gemäß § 58 Abs. 2 BBG gleichzeitig als in den dauernden Ruhestand versetzt. § 4 BBesG sei aus systematischen Gründen wegen § 58 Abs. 2 BBG nicht anwendbar. Die Intention der Regelung des § 4 Abs. 1 BBesG liege darin, das bei politischen Beamten oftmals unvorhersehbare Ausscheiden aus dem Dienst im aktiven Berufsleben, also vor Erreichen der Regelaltersgrenze, finanziell abzumildern. Nach Erreichen der Regelaltersgrenze bestehe keine Notwendigkeit mehr, die Besoldung weiter zu gewähren, da das finanzielle Auskommen durch die Zahlung der Versorgungsbezüge abgesichert sei.
5Der Kläger hat am 2. März 2015 Klage erhoben.
6Zur Begründung hat er vorgetragen: Die Voraussetzungen für eine Weitergewährung der Dienstbezüge nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG seien nach seiner Versetzung in den einstweiligen Ruhestand am 18. Februar 2015 erfüllt. Der Anspruch werde durch § 58 Abs. 2 BBG nicht eingeschränkt. Zwar würden danach die in den einstweiligen Ruhestand versetzten Beamten mit Erreichen der Regelaltersgrenze als dauernd in den Ruhestand versetzt gelten. In seinem Fall sei aber zu beachten, dass der Eintritt in den Ruhestand um drei Jahre auf Ende 2015 hinausgeschoben worden sei. Des Weiteren habe die Fiktion in § 58 Abs. 2 BBG lediglich eine statusrechtliche Funktion; sie sei keine Regelung des Besoldungsrechts. Es gelte der Grundsatz der Subsidiarität der Versorgung gegenüber der Besoldung. Zudem solle die Leistung von Übergangsgeld nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG für den politischen Beamten die Folgen eines unvorhersehbaren Ausscheidens aus dem Dienst abmildern. Sie diene nicht nur der finanziellen Abfederung eines Übergangs in eine andere berufliche Tätigkeit, sondern generell dem Ausgleich von ausscheidungsbedingten Nachteilen – so habe er etwa seine Zweitwohnung am Dienstsitz nicht fristgerecht zum Ausscheiden aus dem aktiven Dienst kündigen und seinen Jahresurlaub für 2013 nicht antreten können. Deswegen könne der Anspruch auf Übergangsgeld nicht davon abhängig sein, dass der betreffende Beamte die für ihn geltende Regelaltersgrenze noch nicht erreicht habe. Dies stelle im Übrigen eine unzulässige Altersdiskriminierung dar und verstoße gegen Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie des Rates 2000/78/EG vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie - ABl. EG Nr. L 303 S. 16). Deswegen müsse § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG dahingehend ausgelegt werden, dass die Weitergewährung der Besoldung auch nach Überschreiten der Regelaltersgrenze und nach Eintritt der Fiktion des § 58 Abs. 2 BBG zu erfolgen habe.
7Der Kläger hat schriftsätzlich (sinngemäß) beantragt,
8die Beklagte unter entsprechender Abänderung des Bescheides vom 18. März 2014 und desWiderspruchsbescheides vom 5. Februar 2015 zu verpflichten, ihm für die Zeit vom 19. Februar 2014 bis zum 31. Mai 2014 anstelle von Versorgungsbezügen Dienstbezüge nach dem ihm verliehenen Amt zu gewähren.
9Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Sie hat zur Begründung vorgetragen: Im Fall des Klägers sei der mit Urkunde vom 14. Februar 2014 bewirkte einstweilige Ruhestand auf der Grundlage der Fiktion des § 58 Abs. 2 BBG in den dauernden Ruhestand übergegangen und habe nur für eine „juristische Sekunde“ bestanden. An den einstweiligen Ruhestand anknüpfende besoldungsrechtliche Folgen seien daher nicht eingetreten. Dies entspreche auch dem mit der Gewährung von Übergangsgeld verbundenen gesetzgeberischen Sinn und Zweck, der darin bestehe, dem (politischen) Beamten eine Neuorientierung auf dem Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Dieser Zweck könne bei einem Beamten, der bereits die Regelaltersgrenze überschritten habe, nicht erreicht werden, denn diesem stehe ein angemessenes Ruhegehalt zu. Darin liege weder ein Verstoß gegen die Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie noch gegen § 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Danach sei die Festlegung einer Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand ebenso zulässig wie daran anknüpfende besoldungs- und versorgungsrechtliche Folgen.
12Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und im Wesentlichen zur Begründung ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Weitergewährung seiner Dienstbezüge nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG. Er sei zwar mit Urkunde des Bundespräsidenten vom 14. Februar 2014 am 18. Februar 2014 in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden. Da er zu diesem Zeitpunkt aber die Regelaltersgrenze bereits erreicht gehabt habe, habe dies gemäß § 58 Abs. 2 BBG zugleich dazu geführt, dass er mit Wirkung vom 18. Februar 2014 als dauernd in den Ruhestand versetzt gegolten habe. Die von § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG vorausgesetzte Versetzung in den einstweiligen Ruhestand falle mit der dauernden Versetzung in den Ruhestand zusammen. Beamte, die dauernd in den Ruhestand versetzt worden seien, gehörten aber nicht zum von § 4 BBesG begünstigten Personenkreis. Dass der Eintritt in den Ruhestand über die Regelaltersgrenze hinaus bis zum 31. Dezember 2015 verlängert worden sei, führe zu keinen anderen Ergebnis, da der Eintritt der Fiktion des § 58 Abs. 2 BBG nicht vom Eintritt des nach § 53 BBG hinausgeschobenen Ruhestandes abhinge, sondern allein vom Erreichen der Regelaltersgrenze. Darin, dass Beamte die die für sie geltende Regelaltersgrenze erreicht hätten, nicht in den Genuss des Übergangsgeldes kommen könnten, liege auch keine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters i.S.v. Art. 2 der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie bzw. i.S.v. § 2 AGG. Die so gegebene Ungleichbehandlung von Beamten im (nur) einstweiligen Ruhestand gegenüber solchen, die dauernd in den Ruhestand versetzt worden seien, sei angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt. Habe der in den einstweiligen Ruhestand versetzte Beamte die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht, sei im Gegensatz zu einem Beamten, bei dem dies der Fall sei, regelmäßig zu erwarten, dass er ein anderes Beschäftigungsverhältnis eingehe und weitere Versorgungsanwartschaften begründe. Gerade zur Erleichterung dieses Übergangs diene die befristete Weitergewährung der Dienstbezüge nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG, indem sie den gewohnten Lebensunterhalt des Beamten für eine Übergangszeit sichere. Dieser Zweck werde typischerweise bei solchen Beamten wie dem Kläger, die nach Erreichen der Regelaltersgrenze einen Anspruch auf angemessene Versorgung haben, nicht erreicht. Unerheblich sei, dass der Kläger nach seinem Vortrag durch sein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis (auch) wirtschaftliche Nachteile erlitten habe, die er beim planmäßigen Ausscheiden aus dem Dienst am 1. Januar 2016 nicht erlitten hätte und zu deren Ausgleich das Übergangsgeld hätte herangezogen werden können. Das Übergangsgeld diene nicht dem Schutz vor dem Verlust oder der Entwertung beruflich bedingter Erwartungen und Dispositionen. Vielmehr solle es für die Dauer einer für das Finden einer anderen beruflichen Betätigung als angemessen erachteten Übergangszeit den gewohnten Lebensstandard des Beamten (weiter) sichern. Dies sei bei einem Beamten, der nach Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Versorgungsbezüge auf dem von ihm maximal erreichbaren Versorgungsniveau habe, nicht notwendig.
13Der Kläger hat die vom Senat zugelassene Berufung wie folgt begründet: Der Wortlaut der Vorschriften, die Gesetzessystematik und der Gesetzeszweck sprächen dafür, dass die Fiktion in § 58 Abs. 2 BBG den Anspruch aus § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG unberührt lasse. Nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG komme es nicht darauf an, dass er sich noch während des gesamten Anspruchszeitraums im einstweiligen Ruhestand befunden habe, sondern nur darauf, dass er in diesen versetzt worden sei. Weder § 4 BBesG noch § 58 Abs. 2 BBG enthielten Einschränkungen zur Weitergewährung der Dienstbezüge. In systematischer Hinsicht handele es sich bei der Fortzahlung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG um einen eigenständigen besoldungsrechtlichen – und nicht versorgungsrechtlichen – Anspruch. Ihrem Sinn und Zweck nach diene die Weitergewährung der Dienstbezüge der Kompensation von Dispositionen, die ein politischer Beamter im Hinblick auf seinen Dienst habe treffen müssen und dürfen. Ein solcher Beamter müsse jederzeit mit der Beendigung seines Dienstverhältnisses rechnen und könne nicht die notwendigen Regelungen im Vorfeld treffen. Diesen Kompensationszweck habe das Verwaltungsgericht verkannt, indem es den Zweck des Fortzahlungsanspruchs auf die Erleichterung des Übergangs in ein neues Beschäftigungsverhältnis eingeengt habe. Schließlich führe die Verneinung des Fortzahlungsanspruchs zu einer unzulässigen Altersdiskriminierung, da ein gleicher Sachverhalt, nämlich die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand, unterschiedlich behandelt werde, je nachdem ob die Versetzung vor oder nach Erreichen der Regelaltersgrenze erfolge, wobei unberücksichtigt bliebe, dass der Eintritt seines – des Klägers – Ruhestand bis Ende 2015 hinausgeschoben worden sei.
14Der Kläger beantragt,
15die Beklagte unter entsprechender Änderung des Bescheides vom 18. März 2014 und des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2015 zu verpflichten, ihm für die Zeit vom 19. Februar 2014 bis zum 31. Mai 2014 die Bezüge weiter zu gewähren, die ihm am 17. Februar 2014 zustanden.
16Die Beklagte beantragt,
17die Berufung zurückzuweisen.
18Sie verteidigt das angefochtene Urteil und macht vertiefend und ergänzend geltend: Der Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG sowie die klarstellende Erläuterung in den zugehörigen Verwaltungsvorschriften besagten unmissverständlich, dass es für die Fortzahlung der Dienstbezüge nicht nur auf den Akt der Versetzung in den einstweiligen Ruhestand ankomme, sondern dass für den Beginn und die Dauer der Zahlung auch der Status als Beamter im einstweiligen Ruhestand entscheidend sei. Hierfür spreche auch, dass sich der Anspruch gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG seiner Dauer nach verkürze oder sogar ganz entfalle, wenn die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand zwar bekannt gegeben (äußere Wirksamkeit), der Ruhestandsbeginn jedoch erst auf einen späteren Zeitpunkt festgelegt worden sei (innere Wirksamkeit). Dann beginne die dreimonatige Zahlungsfrist nach § 4 Abs. 1 Satz1 BBesG mit der Bekanntgabe zu laufen, die Rechtsfolge der Weiterzahlung der Bezüge sei hingegen an den erst später wirksam werdenden Status als Beamter im einstweiligen Ruhestand gebunden. Unter systematischen Gesichtspunkten gehöre § 4 BBesG trotz seiner Stellung im Besoldungsrecht zum Versorgungsrecht, da ein Besoldungsanspruch nur aktiven Beamten zustehe. Weiterhin stelle die den Weitergewährungsanspruch des Klägers ausschließende Fiktion in § 58 Abs. 2 BBG auf das Erreichen der Regelaltersgrenze ab, ein Hinausschieben des Ruhestandseintritts nach § 53 BBG sei unerheblich. Schließlich ergebe sich aus dem Sinn und Zweck der Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG, dass sich der Beamte im Anspruchszeitraum tatsächlich im einstweiligen Ruhestand befinden müsse. Die Weitergewährung solle das plötzliche Ausscheiden aus dem aktiven Dienst abmildern und dem Beamten solle Gelegenheit gegeben werden, sich auf dem Arbeitsmarkt neu zu orientieren. Nach Erreichen der Regelaltersgrenze bestehe allerdings keine Dienstleistungsverpflichtung mehr und der Beamte müsse keine weiteren Dispositionen im Hinblick auf eine neue berufliche Tätigkeit treffen; ihm stehe dann ein angemessenes Ruhegehalt zu. Der Fortzahlungsanspruch diene nicht der Kompensation finanzieller Nachteile wie die weiterlaufenden Mietkosten einer am Dienstort angemieteten Zweitwohnung. Aufwandsentschädigungen knüpften an die Dienstverrichtung an und entfielen nach § 4 Abs. 1 Satz 2 unmittelbar nach Beendigung des aktiven Dienstverhältnisses.
19Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung des Senats vom 12. Februar 2019 verwiesen.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (3 Hefte) Bezug genommen.
21E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
22Die zulässige Berufung des Klägers hat Erfolg.
23Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Weitergewährung seiner Dienstbezüge für den Zeitraum vom 19. Februar 2014 bis zum 31. Mai 2014, § 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Bescheid der Bundesfinanzdirektion West vom 18. März 2014 und der Widerspruchsbescheid der Bundesfinanzdirektion Mitte vom 5. Februar 2015 sind rechtwidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, soweit sie für den vorgenannten Zeitraum Versorgungsbezüge statt Dienstbezüge festsetzen.
24Rechtsgrundlage für die Weitergewährung der Dienstbezüge ist § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG. Danach erhält der in den einstweiligen Ruhestand versetzte Beamte, Richter oder Soldat für den Monat, in dem ihm die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand mitgeteilt worden ist, und für die folgenden drei Monate die Bezüge weiter, die ihm am Tag vor der Versetzung zustanden.
25Die Voraussetzungen für den Anspruch liegen vor. Der Kläger, der Ministerialdirektor auf Lebenszeit und damit politischer Beamter im Sinne des § 54 Abs. 1 Nr. 1 BBG war, wurde mit Urkunde des Bundespräsidenten vom 14. Februar 2014 in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Dieser ist während des Anspruchszeitraums des § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG nicht in einen dauernden Ruhestand übergegangen. Die Fiktion des § 58 Abs. 2 BBG greift im Fall des Klägers – Hinausschieben des Eintritts des dauernden Ruhestandes – nicht ein (dazu I.). Ungeachtet dessen sprechen Sinn und Zweck des § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG gegen die Annahme, der Fortzahlungsanspruch entfalle mit der Fiktion des dauernden Ruhestands (dazu II.) Der Anspruch des Klägers auf Fortzahlung der Dienstbezüge besteht für den Zeitraum vom 19. Februar 2014 bis 31. Mai 2014 und geht auf die Fortgewährung der Dienstbezüge, die dem Kläger am 17. Februar 2014 aus dem von ihm innegehabten Amt zustanden (dazu III.).
26I. Der einstweilige Ruhestand des Klägers ging während des Anspruchszeitraums nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG nicht in den dauernden Ruhestand über, obwohl der Kläger im Zeitpunkt der Aushändigung der Urkunde am 18. Februar 2014 die gesetzliche Regelaltersgrenze des § 51 Abs. 2 BBG bereits überschritten hatte.
27Die Fiktion des § 58 Abs. 2 BBG, wonach die in den einstweiligen Ruhestand versetzten Beamten mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze als dauernd in den Ruhestand versetzt gelten, greift vorliegend nicht ein. Zum einen hat der Kläger die gesetzliche Regelaltersgrenze nicht – wie nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift vorausgesetzt – erst nach dem Eintritt in den einstweiligen Ruhestand erreicht, sondern schon davor (dazu 1.). Zum anderen kann die Fiktion ihren Sinn und Zweck, den Beamten im einstweiligen mit dem im dauernden Ruhestand gleichzustellen, nicht erreichen, wenn – wie beim Kläger – der Eintritt in Ruhestand über die Regelaltersgrenze hinausgeschoben wurde. In diesen Fällen bestimmt nicht mehr die (wirkungslos gewordene) gesetzliche Regelaltersgrenze den Zeitpunkt, an dem der Beamte ohne den einstweiligen Ruhestand in den (dauernden) Ruhestand getreten wäre, sondern die individuelle Altersgrenze (dazu 2.).
281. § 58 Abs. 2 BBG bestimmt, dass die in den einstweiligen Ruhestand versetzten Beamtinnen und Beamten „mit Erreichen“ der Regelaltersgrenze als dauernd in den Ruhestand versetzt gelten. Die Vorschrift betrifft schon nach ihrem Wortlaut (nur) Sachverhalte, in denen der Beamte erst nach einer Versetzung in den einstweiligen Ruhestand die Regelaltersgrenze erreicht. Nach dem eindeutigen Wortsinn kann nur ein zukünftiges Ereignis oder ein zukünftiger Zustand „erreicht“ werden, nicht jedoch ein bereits eingetretenes Ereignis oder schon bestehender Zustand. Auch aus der Verwendung des Partizips Perfekt „versetzt“ folgt, dass der Beamte vor dem Ereignis „Vollendung des von der Regelaltersgrenze bestimmten Lebensalters“ in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden sein muss.
29Danach wird der Fall des Klägers vom Wortlaut des § 58 Abs. 2 BBG nicht erfasst. Dieser konnte nach seiner Versetzung in den einstweiligen Ruhestand die gesetzliche Regelaltersgrenze nicht mehr erreichen, weil er sie schon zuvor überschritten hatte. Die Regelaltersgrenze, die für ihn nach § 51 Abs. 2 Satz 2 BBG anknüpfend an sein Geburtsdatum 10. November 1947 bei 65 Jahren und einem Monat lag, erreichte er am 10. Dezember 2012. Der Kläger wurde indes erst danach in den einstweiligen Ruhestand versetzt.
302. Gegen ein Eingreifen der Fiktion sprechen vorliegend auch ihr Sinn und Zweck. § 58 Abs. 2 BBG soll die statusmäßige Gleichstellung von Beamten im einstweiligen Ruhestand mit Beamten im dauernden Ruhestand bei Erreichen der Regelaltersgrenze bewirken mit der (insoweit alleinigen) Folge, dass der in den einstweiligen Ruhestand versetzte Beamte nicht mehr verpflichtet ist, einer erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis nach § 57 BBG nachzukommen.
31Vgl. Franke, in: Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht (GKÖD), Stand Lieferung 10/12, § 58 BBG, Rn. 6; vgl. zur Vorgängerbestimmung in § 41 Abs. 5 BBG a. F.: Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, § 41 a. F., Rn. 11; zu § 30 Abs. 4 BeamtStG vgl. von Roetteken/Rothländer, Hessisches Bedienstetenrecht, Stand: 298. Aktualisierung, § 30 BeamtStG, Rn. 136; zu§ 31 Abs. 5 LBG NRW vgl. Schrapper/Günther, Landesbeamtengesetz NRW, § 31, Rn. 6.
32In der Sache soll der in den einstweiligen Ruhestand versetzte Beamte danach bei Erreichen der Altersgrenze bezogen auf seine Pflicht, (erneut) Dienst zu leisten, statusmäßig so gestellt werden wie ohne die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand. Einer solchen Regelung bedarf es, weil eine Versetzung in den (dauernden) Ruhestand mit der Folge des Wegfalls dieser Pflicht bei einem Beamten ausscheidet, der bereits im Ruhestand ist. Die statusmäßige Gleichstellung wird jedoch bei einem Abstellen auf die Regelaltersgrenze nur in den typischen (Regel)Fällen erreicht, in denen die Regelaltersgrenze ursprünglich für den Eintritt in den Ruhestand maßgeblich war. In den atypischen (Ausnahme)Fällen der §§ 52 und 53 BBG markiert die Regelaltersgrenze, dagegen nicht (mehr) den Zeitpunkt, an dem der Beamte ohne den einstweiligen Ruhestand in den Ruhestand getreten wäre und damit auch nicht den Zeitpunkt, an dem der einstweilige Ruhestand unter Wegfall der Verpflichtung des § 57 BBG in einen dauernden übergeht. In den Ausnahmefällen des Hinausschiebens oder des Vorziehens des Eintritts in den dauernden Ruhestand übernimmt vielmehr der individuell wirksam verfügte Endzeitpunkt diese Wirkungen.
33Zwar verschiebt ein – wie hier – Hinausschieben des Eintritts des Ruhestands nach § 53 BBG nicht die sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Regelaltersgrenze als solche.
34Vgl. BR-Drs. 815/12, Seite 12; zur Regelung in § 32 LBG NRW Schrapper/Günther, LBG NRW, 2. Auflage 2017, § 32, Rn. 2 m. w. N.; a. A. zu § 34 des Hessischen Beamtengesetzes vonRoetteken/Rothländer, Hessisches Bedienstetenrecht, Stand: 298. Aktualisierung, § 34 HessBG, Rn. 32.
35Mit dem Hinausschieben des Eintritts des Ruhestands auf einen späteren Zeitpunkt entfällt jedoch gegenüber dem betroffenen Beamten die (einzige) materielle Wirkung der gesetzlichen Regelaltersgrenze, die gerade darin liegt, den Zeitpunkt – also die Altersgrenze – zu bestimmen, in dem er in den dauernden Ruhestand tritt. Dieser Zeitpunkt bestimmt sich mit dem Hinausschieben im Einzelfall ausnahmsweise abweichend anhand des Endzeitpunkts des Hinausschiebens. Erst in diesem Zeitpunkt erreicht der Beamte die für ihn geltende (individuelle) Altersgrenze. Das Dienstverhältnis besteht daher bis zu diesem Endzeitpunkt des Hinausschiebens grundsätzlich mit allen Rechten und Pflichten fort, im einstweiligen Ruhestand mit Ausnahme der sich unmittelbar aus dem Status des einstweiligen Ruhestandes ergebenden Einschränkungen wie der fehlenden aktuellen Pflicht zur Dienstleistung. Bis zu diesem Zeitpunkt ist daher auch grundsätzlich eine erneute Berufung nach § 57 BBG möglich.
36Würde die Fiktion auch in diesen Fällen mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze eingreifen, würde sie damit nicht nur an einen Umstand anknüpfen, der gegenüber dem Betroffenen keine rechtliche Wirkung mehr entfaltet. Den Beamten würden darüber hinaus in Bezug auf seine Dienstleistungspflicht widersprüchliche Rechtsbefehle treffen. Er ist nämlich aufgrund des bestandskräftigen und daher für ihn und den Dienstherrn bindenden Hinausschiebens bis zum Erreichen der individuellen Altersgrenze nach § 57 BBG verpflichtet, ggf. einer erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit Folge zu leisten. Gleichzeitig scheint diese Verpflichtung aufgrund der Umwandlung des einstweiligen Ruhestands in einen dauernden zu entfallen. Dieser Widerspruch ist in umgekehrter Entsprechung noch deutlicher bei einer im Vergleich zur Regelaltersgrenze vorgezogenen Altersgrenze zu erkennen. Der Beamte wäre hier, obwohl er seine (bindende) individuelle Altersgrenze schon erreicht hat, scheinbar bis zum späteren „Erreichen“ der Regelaltersgrenze zu einer Reaktivierung nach Maßgabe des § 57 BBG verpflichtet.
37Es besteht auch nach dem Wortlaut der Vorschrift kein Anhalt, dass der Gesetzgeber solche atypischen Fälle mit regeln wollte. Dasselbe gilt auch für die bis zum Inkrafttreten des BBG 2009 geltende Vorgängerfassung der Norm (§ 41 Abs. 5 BBG a. F.), die für das Eintreten der Fiktion statt auf das Erreichen der Regelaltersgrenze auf die Vollendung des 65. Lebensjahres abgestellt hatte. Insbesondere ist dem Wortlaut nicht im Ansatz zu entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der Fiktion auch regeln wollte, dass individuelle Altersgrenzen sich immer mit der Versetzung in den einstweiligen Ruhestand erledigen. Gegen eine solche Annahme spricht im Übrigen, dass die in der Fiktion allein herangezogene Regealtersgrenze auch bei Erledigung des Hinausschiebens nicht wieder auflebt, weil sie in der Vergangenheit liegt.
38Ob in den Fällen, in denen eine von der Regelaltersgrenze abweichende Altersgrenze gilt, eine analoge Anwendung des § 58 Abs. 2 BBG in Betracht kommt, oder ob sich die gewünschte Folge – Umwandlung des einstweiligen Ruhestands in den dauernden Ruhestand – bei Erreichen der ursprünglich maßgeblichen Altersgrenze mittelbar aus dem Gesetz (vgl. § 51 Abs. 1 Satz 1 BBG) ergibt, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Die individuelle Altersgrenze des Klägers liegt hinter dem nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG längstens möglichen Anspruchszeitraum.
39Nach alledem konnte auch beim Kläger eine Gleichstellung von einstweiligem und dauerndem Ruhestand nicht mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze herbeigeführt werden. Die Regelaltersgrenze war gegenüber dem Kläger wirkungslos. Für ihn galt aufgrund der Verfügung des BMU vom 13. November 2012, den Eintritt des Ruhestands um drei Jahre hinauszuschieben, mit dem 31. Dezember 2015 eine neue individuelle Altersgrenze. Der Bescheid des BMU war wirksam und bestandskräftig, er hat sich bis zum 31. Dezember 2015 weder durch Zeitablauf oder auf sonstige Weise erledigt, noch wurde er nach §§ 48, 49 VwVfG oder anderweit aufgehoben vgl. § 43 Abs. 2 VwVfG.
40II. Ist der einstweilige Ruhestand des Klägers im Anspruchszeitraum nicht gemäß § 58 Abs. 2 BBG in einen dauernden übergegangen, kommt es vorliegend nicht darauf an, ob der Anspruch nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG mit der (bloßen) Versetzung in den einstweiligen Ruhestand im vollen Umfang entsteht oder ob der Ruhestand während des gesamten Anspruchszeitraums einstweilig sein muss. Aber auch unterstellt, der einstweilige Ruhestand des Klägers wäre – wie die Beklagte meint – aufgrund der Fiktion des § 58 Abs. 2 BBG nach nur einer juristischen Sekunde in einen dauernden Ruhestand übergegangen, ließe dies den Fortzahlungsanspruch des Klägers unberührt. Der Wortlaut der Vorschrift lässt zwar auch die von der Beklagten vertretene Interpretation zu. Sinn und Zweck des § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG sprechen jedoch jedenfalls in der vorliegenden Konstellation – Hinausschieben des altersbedingten Ruhestandseintritts über den Fortzahlungszeitraum hinaus – gegen einen Ausschluss des Anspruchs.
41Der Regelung des § 4 BBesG liegt – wie dem § 14 Abs. 6 BeamtVG – der Gedanke zugrunde, dass der in den einstweiligen Ruhestand versetzte Beamte gegenüber dem allgemeinen Ruhestand einen vorübergehend erhöhten Alimentationsbedarf hat, weil er sich auf die ihn unter Umständen unerwartet treffende Veränderung seines Status nicht sinnvoll im Voraus einstellen kann. Der auf drei Monate begrenzte Fortzahlungsanspruch soll den Beamten vor einer überraschenden Besoldungseinbuße durch den unvorhersehbaren Statusverlust schützen,
42Kümmel/Pohl, Bundesbesoldungsrecht, 78. Ergänzungslieferung Dezember 2018, § 4 BBesG, Rn. 3,
43und den Übergang vom aktiven Dienstverhältnis in den Ruhestand in finanzieller Hinsicht mildern. Dem Beamten soll die Anpassung seiner privaten Haushaltsführung an eine einschneidende Veränderung seiner Einkommensverhältnisse ermöglicht werden, indem die bis zur Versetzung in den einstweiligen Ruhestand bestehenden Einkommensverhältnisse aufrechterhalten bleiben.
44Vgl. VG Osnabrück, Urteil vom 10. November 1999 – 3 A 23/98 –, juris, Rn. 12; VG Lüneburg, Urteil vom 21. März 2000 – 1 A 41/98 –, juris, Rn. 17; im Sinne eines erhöhten Alimentationsbedarfs aufgrund der den Beamten unerwartet treffenden Versetzung in den einstweiligen Ruhestand auch Kathke, in: Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, 76. Update 11/18, § 4 BBesG, Rn. 2.
45Die einschränkende Annahme, der Fortzahlungsanspruch diene im Wesentlichen der Erleichterung des Übergangs in ein neues Beschäftigungsverhältnis und dieser Zweck könne bei einem Beamten, der – wie der Kläger – nach Erreichen der Regelaltersgrenze einen Anspruch auf angemessene Versorgung habe, nicht erreicht werden, findet im Gesetz keine Stütze. Hier kommt vielmehr der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, den Anspruch aus § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG jedenfalls dem Grunde nach grundsätzlich unabhängig von der Aufnahme einer neuen Beschäftigung zu gewähren. Auch dafür, dass jedenfalls die Absicht bestehen müsste, eine solche neue Beschäftigung zu finden, gibt die Fassung der Norm nichts her. Es ist schließlich auch nichts dafür erkennbar, dass die Erbringung der Leistung in der praktischen Anwendung der Norm einschränkend davon abhängig gemacht würde, dass der in den einstweiligen Ruhestand versetzte Beamte seinen Lebensunterhalt auch künftig (vornehmlich) durch eine neue Beschäftigung und nicht beispielsweise – ggf. in Ergänzung eines schon bestehenden Anspruchs auf Ruhegehalt – durch den Einsatz vorhandenen Vermögens zu decken gedenkt.
46Der Gesetzgeber hat den Fall, dass ein in den einstweiligen Ruhestand versetzter Beamter während des dreimonatigen Fortzahlungszeitraums eine neue Beschäftigung eingeht, in § 4 Abs. 2 BBesG ausdrücklich geregelt. Nimmt ein Beamter im Anspruchszeitraum eine neue berufliche Tätigkeit auf, schließt dies den Anspruch nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG nicht aus. Vielmehr wird lediglich das neu erzielte Einkommen auf die Weitergewährung der Besoldung angerechnet, allerdings nur dann, wenn es sich um eine Tätigkeit bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn handelt und nicht in der Privatwirtschaft.
47Auch das Argument, der Kläger habe nach Erreichen der Regelaltersgrenze einen Anspruch auf angemessene Versorgung, verfängt nicht. Das Bestehen eines Versorgungsanspruchs schließt nach der gesetzlichen Konzeption zur besoldungs- und versorgungsrechtlichen Behandlung von in den einstweiligen Ruhestand versetzten Beamten den Anspruch aus § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG nicht aus. Weder dem Besoldungs- noch dem Versorgungsrecht sind nachteilige Auswirkungen auf den Anspruch nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG in Form von Kürzungs- oder Ausschlusstatbeständen zu entnehmen, obwohl es regelmäßig vorkommen dürfte, dass ein Beamter, der in den einstweiligen Ruhestand versetzt wurde, Anspruch auf Versorgungsbezüge hat. Die Ansprüche auf nachlaufende Dienstbezüge gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG und auf Versorgungsbezüge ergänzen sich im Rahmen eines nach der gesetzlichen Konzeption dreistufigen Modells: Der in den einstweiligen Ruhestand versetzte Beamte wird zunächst durch die Fortzahlung der zuletzt erhaltenen Dienstbezüge gemäß § 4 BBesG weiter besoldet. Im Anschluss daran erhält er nach § 14 Abs. 6 BeamtVG ein privilegiertes, weil unabhängig von den ruhegehaltsfähigen Dienstzeiten nach dem Höchstsatz festzusetzendes Ruhegehalt für die Dauer, die er sein Amt innehatte bzw. für mindestens 6 Monate und höchstens drei Jahre. Erst danach setzen die regulären, nach den ruhegehaltsfähigen Dienstzeiten bemessenen Versorgungsbezüge ein. Der in den einstweiligen Ruhestand versetzte Beamte hat danach stets einen – wenn auch befristeten – Anspruch auf (Höchst-) Versorgungsbezüge nach § 14 Abs. 6 BeamtVG. Entfiele bei einem solchen Alimentationsanspruch der Zweck des § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG, ginge diese – für einen kurzen (überlappenden) Zeitraum noch günstigere – Regelung von vorneherein ins Leere und sie wäre überflüssig. Folgerichtig kann es auch nicht zu Lasten des Fortzahlungsanspruchs nach § 4 Abs. 1 BBesG gehen, wenn die regulären Versorgungsbezüge für eine solche angemessene Versorgung sorgen.
48Im Übrigen wird auch der Zweck der Weitergewährung der Dienstbezüge nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG, die bis zur Versetzung in den einstweiligen Ruhestand bestehenden Einkommensverhältnisse über einen Zeitraum von drei Monaten aufrechtzuerhalten, ersichtlich nicht erreicht, wenn der Beamte auf seine bei Erreichen der Regelaltersgrenze „erdienten“ Versorgungsbezüge verwiesen würde. Die Versorgungsbezüge liegen selbst bei einer Bemessung nach dem Höchstsatz von 71,75 vom Hundert deutlich unter den (fortgezahlten) Dienstbezügen.
49Hiervon ausgehend befand sich der Kläger in einer unter den (Schutz-) Zweck der Norm fallenden Interessenlage. Er ist plötzlich und aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen aus dem aktiven Dienst ausgeschieden, was zu einer unvorhergesehenen Minderung seines Einkommens geführt hat. Im Zeitpunkt der Versetzung in den einstweiligen Ruhestand am 18. Februar 2014 durfte der Kläger damit rechnen, dass er erst Ende des Jahres 2015 in den Ruhestand treten würde. Er durfte auch im Rahmen seiner wirtschaftlichen Planungen davon ausgehen, dass er – vorbehaltlich des über jedem politischen Beamten permanent schwebenden Risikos einer sofortigen Versetzung in den einstweiligen Ruhestand – bis zu diesem Termin weiter seine Besoldung beziehen würde. Die aus übergeordneten politischen Gründen erfolgte Versetzung in den einstweiligen Ruhestand kam damit für den Kläger in gleicher Weise unvorhergesehen wie für einen Beamten, der vor Erreichen der Regelaltersgrenze in den einstweiligen Ruhestand versetzt wird.
50Hat nach alledem das Erreichen der Regelaltersgrenze keine nachteilige Wirkung auf den Anspruch des Klägers aus § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG, kann dahin stehen, ob ein an die Regelaltersgrenze anknüpfender Anspruchsausschluss eine gegen Art. 2 Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie und § 2 AGG verstoßende Altersdiskriminierung darstellen würde.
51III. Dem Kläger sind nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BBesG die Bezüge für den Monat zu zahlen, in dem die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand mitgeteilt worden ist, und für die folgenden drei Monate. Dem Kläger wurde die Versetzung mit Aushändigung der entsprechenden Urkunde am 18. Februar 2014 mitgeteilt. Der Fortzahlungsanspruch besteht dementsprechend ab dem 19. Februar 2014 und reicht bis zum 31. Mai 2014. Die Höhe des Anspruchs richtet sich nach den Dienstbezügen, die dem Kläger am Tag vor der Versetzung zustanden, mithin nach den sich am 17. Februar 2014 aus dem nach Besoldungsgruppe B 9 bewerteten Amt eines Ministerialdirektors ergebenden Bezügen.
52Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
53Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
54Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen der §§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG nicht erfüllt sind. Mit Blick auf die mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmende „Singularität“ dieses Verfahrens vermag der Senat insbesondere eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht zu erkennen.
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