Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 A 998/17
Tenor
Der Antrag wird auf Kosten des Klägers abgelehnt.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 703,82 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Der auf die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 und 5 VwGO gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO innerhalb der Begründungsfrist dargelegt ist und vorliegt. „Darlegen“ i. S. v. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO bedeutet, unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil fallbezogen zu erläutern, weshalb die Voraussetzungen des jeweils geltend gemachten Zulassungsgrundes im Streitfall vorliegen sollen. Die Zulassungsbegründung soll es dem Oberverwaltungsgericht ermöglichen, die Zulassungsfrage allein auf ihrer Grundlage zu beurteilen, also ohne weitere aufwändige Ermittlungen.
4Hiervon ausgehend rechtfertigt das – fristgerecht vorgelegte – Zulassungsvorbringen die begehrte Zulassung der Berufung aus keinem der geltend gemachten Zulassungsgründe. Soweit es den Anforderungen an eine hinreichende Darlegung genügt, greift es in der Sache nicht durch.
51. Die Berufung kann zunächst nicht wegen der geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen werden. Ernstliche Zweifel in diesem Sinne sind begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
6Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seiner die Klage abweisenden Entscheidung ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Gewährung weiterer Beihilfe für die von Prof. Dr. G. unter dem 28. Dezember 2015 analog abgerechnete Gebührennummer 5855 GV GOÄ. Die entsprechenden Aufwendungen des Klägers seien wegen der gewählten Form der Abrechnung beihilferechtlich nicht angemessen. Die geforderte Vergütung des Behandlers sei nach § 12 Abs. 1 GOÄ schon nicht fällig, da dem Kläger keine „dieser Verordnung entsprechende Rechnung“ erteilt worden sei. Denn die Rechnung entspreche nicht den formellen Anforderungen des § 12 Abs. 4 GOÄ. Diese Norm bestimme aus Gründen der Transparenz bzw. des Verbraucherschutzes für die Berechnung von Leistungen nach § 6 Abs. 2 GOÄ („Analogberechnung“), dass die entsprechend bewertete Leistung für den Zahlungspflichtigen verständlich zu beschreiben und mit dem Hinweis „entsprechend“ sowie der Nummer und der Bezeichnung der als gleichwertig erachteten Leistung zu versehen sei. Dem genüge die Rechnung nicht, da der Behandler es unterlassen habe, die als gleichwertig erachtete Leistung (Intraoperative Strahlenbehandlung mit Elek-tronen) zu umschreiben.
7a) Gegen diese Erwägungen des Verwaltungsgerichts, die das angefochtene Urteil allein tragen, macht der Kläger mit seinem – im Kern im Stile einer Berufungsbegründung verfassten – Zulassungsvorbringen (Begründungsschrift vom 31. Mai 2017, S. 2 unten, S. 9 unten, 10 ff.) zunächst geltend, die Rechnung sei (aller Voraussicht nach) ordnungsgemäß gestellt worden. Es sei mindestens unklar bzw. umstritten, ob in der Rechnung auch die als gleichwertig erachtete Leistung anzugeben sei. Nach Auffassung der Bundesärztekammer (BÄK) bestehe dieses Erfordernis jedenfalls nicht. Vielmehr sei es danach zulässig, bei der Rechnungstellung „Platzhalternummern“ (künstliche GOÄ-Nummern) aus dem Analogverzeichnis der BÄK zu verwenden. Nach den Beschlüssen des Ausschusses für Gebührenordnung der BÄK sei mittlerweile auch Nr. 5855 analog eine solche „Platzhalternummer“ für die (hier in Rede stehende) Photorefraktäre Keratektomie (PRK) mit Excimer-Laseranwendung.
8Dieses Vorbringen greift nicht durch. Die Behauptung, die in der Rechnung aufgeführte Gebührenznummer „A5855“ sei im „Verzeichnis der Analogen Bewertungen der Bundesärztekammer“ aufgeführt, ist schon nicht belegt und trifft unabhängig davon auch nicht zu. In der heute noch aktuellen Fassung dieses Verzeichnisses mit dem Stand Juli 2015 findet sich zwischen den Leistungen „A 5830“ und „A 5860“ keine Eintragung. Hierauf hat auch der Beklagte mit Schriftsatz vom 22. Juni 2017 (S. 9 f.) hingewiesen, und der Kläger hat dies daraufhin mit Schriftsatz vom 4. Juli 2017 eingeräumt. Der ursprünglich vom Kläger vorgelegte Beleg („B 7“), in dem die Gebührennummer 5855 analog bei der PRK mit Excimer-Laseranwendung aufgeführt ist, ist dementsprechend auch kein Auszug aus dem angesprochenen Verzeichnis, sondern stammt aus einem Kommentar zur GOÄ (Hermanns/Filler/Roscher), was der Kläger im Schriftsatz vom 16. Mai 2017 noch richtig angegeben hatte. Dieser Kommentierung ist im Übrigen zu entnehmen, dass eine nach der Gebührennummer 5855 analog abgerechnete Behandlung der in Rede stehenden Art nach Beschlüssen des o. g. Ausschusses eine individuelle Gesundheitsleistung („IGeL“) ist, also eine Leistung, für die nicht die Krankenkassen, sondern die Patienten leistungspflichtig sind (Selbstzahlerleistung). Vor diesem Hintergrund zeigt das Zulassungsvorbringen nicht ansatzweise auf, dass hinsichtlich der Anordnungen, die die vom Verwaltungsgericht herangezogene Vorschrift des § 12 Abs. 4 GOÄ trifft, hier Unklarheiten bestehen könnten.
9b) Ferner verweist der Kläger auf das Senatsurteil vom 23. November 2018– 1 A 1825/16 – (juris, Rn. 69), nach welchem ein in einer zahnärztlichen Rechnung ausgewiesener Betrag schon dann fällig wird, wenn die Rechnung die für die tatsächlich ausgewiesene (materiell nicht unbedingt zutreffende) Gebührennummer maßgeblichen formellen Vorgaben des § 10 GOZ – der Parallelvorschrift zu § 12 GOĠ– erfüllt. Dieses Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 25. Februar 2019 ist schon nicht berücksichtigungsfähig. Eine nach Ablauf der Begründungsfrist (§ 124a Abs. 4 Satz 1 i. V. m. Satz 4 VwGO) vorgelegte weitere Antragsbegründung kann mit Blick auf den Beschleunigungszweck dieser Frist nur insoweit bei der Entscheidung über den Zulassungsantrag berücksichtigt werden, als sie eine fristgemäß vorgelegte Begründung erläutert, ergänzt oder klarstellt, nicht jedoch, soweit mit ihr neuer Vortrag erfolgt.
10Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 20. November 2015 – 1 A 1682/14 –, juris, Rn. 9 f., und Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 133 und 257.
11Danach ist das angesprochene Vorbringen hier nicht berücksichtigungsfähig, weil es nach dem 12. Juli 2017 und damit nach Ablauf der Begründungsfrist vorgelegt worden ist und einen gänzlich „neuen“, vom Kläger im Zulassungsverfahren zuvor nicht behandelten Aspekt betrifft.
12Unabhängig davon würde eine Berücksichtigung dieses Vortrags auch nicht zu der Annahme führen, die mit der (ersten) Rechnung vom 28. Dezember 2015 geltend gemachte Forderung sei mit dieser fällig geworden. Denn diese Rechnung erfüllte gerade nicht die formellen Vorgaben des § 12 GOÄ. Geht man – naheliegend – davon aus, dass mit den Angaben „A5855 Keratotomie/Kapsulotomie“ durch den Zusatz „A“
13– zu der gebührenrechtlichen Unzulässigkeit eines solchen eigenen Zusatzes Kiesecker, in: Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 2. Aufl. 2012 GOÄ § 12 Rn. 30 und GOÄ § 6 Rn. 16 –
14und durch die Erläuterung der Gebührennummer durch eine andere als die originär zugehörige Leistungsbeschreibung tatsächlich eine analoge Leistungsberechnung vorgenommen worden ist, so fehlt es an der nach § 12 Abs. 4 GOÄ erforderlichen Bezeichnung der als gleichwertig erachteten – originären – Leistung.
15Dazu, dass eine Rechnung nicht fällig ist, wenn sie den formellen Vorgaben des § 12 Abs. 2 bis 4 GOÄ nicht genügt, vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2006 – III ZR 117/06 –, juris, Rn. 12 bis 14. Ebenso etwa Hoffmann/Kleinken, Gebührenordnung für Ärzte, Stand: Frühjahr 2012, C I § 12 GOÄ Rn. 1 und 7, und Spickhoff, in: Spickhoff, Medizinrecht, 3. Aufl. 2018, GOÄ § 12 Rn. 3 f. und 9.
16Würde man hingegen das tatsächliche Vorliegen einer analogen Leistungsberechnung verneinen, so würde die Rechnung nicht den Erfordernissen des § 12 Abs. 2 Nr. 2 GOÄ genügen, weil die Gebührennummer und die Bezeichnung der zugehörigen Leistung nicht miteinander korrespondieren.
17c) Schließlich hat der Kläger unter dem 16. Mai 2017 (und damit während des Laufs der Zulassungsbegründungsfrist) eine korrigierte Version der fraglichen Arztrechnung vorgelegt, in der die Leistung nunmehr anders bezeichnet ist als in der ersten Rechnung. Es heißt dort nun: „Keratotomie/Kapsulotomie – Analogbewertung 'entsprechend Ziffer 5855 – Intraoperative Strahlenbehandlung mit Elektronen'“. Der Kläger macht insoweit geltend, diese Korrektur könne und müsse noch im laufenden Verfahren berücksichtigt werden, da der Behandler mangels eingetretener Verjährung noch in der Lage gewesen sei, eine korrigierte oder neue Rechnung zu stellen.
18Auch dieses Vorbringen greift nicht durch.
19aa) Es genügt nicht den Anforderungen an eine hinreichende Darlegung. Der Kläger behauptet nämlich nur, dass der Umstand der dem Behandler hier noch möglichen, in der Sache neuen, erstmalig Fälligkeit herbeiführenden Rechnungstellung im vorliegenden (Zulassungs-)Verfahren Berücksichtigung finden könne und müsse, begründet diese für sich genommen substanzlose Behauptung aber nicht. Eine solche Begründung ist hier aber erforderlich, weil es sich nicht schon von selbst versteht, dass das neue Begehren im vorliegenden gerichtlichen Verfahren noch berücksichtigungsfähig ist.
20Es sprechen bei der hier nur veranlassten vorläufigen Betrachtung vielmehr durchaus Argumente dafür, dass die „nachgebesserte“ bzw. neue Arztrechnung schon überhaupt in diesem durch die Klage eingeleiteten gerichtlichen Verfahren unberücksichtigt bleiben muss.
21In diesem Sinne – einen entsprechenden Fall betreffend – VG Arnsberg, Urteil vom 25. August 2017– 13 K 2213/16 –, n. v., UA S. 8 f.; a. A. VG Münster, Urteil vom 10. Dezember 2018 – 5 K 3889/17 –, juris, Rn. 52 ff., auch unter Verweis auf OVG NRW, Urteil vom 10. März 2006 – 1 A 1142/04 –, juris, Rn. 78.
22Zweifelhaft ist bereits, ob die tatsächlich erfolgte „Nachbesserung“ (Erstellung einer Rechnung mit der alten Rechnungsnummer und dem alten Rechnungsdatum, bei der lediglich die Leistungsbeschreibung geändert ist) gebührenrechtlich zulässig ist und die Fälligkeit der geforderten Vergütung begründen kann. Ein systematischer Vergleich von § 12 Abs. 3 GOÄ mit § 12 Abs. 4 GOÄ verdeutlicht immerhin, dass nur § 12 Abs. 3 GOÄ es erlaubt, die von dieser Vorschrift verlangte verständliche und nachvollziehbare schriftlichen Begründung, ohne deren formelles Vorliegen Fälligkeit nicht eintritt, nach Rechnungstellung näher zu erläutern.
23Dazu, dass der Anspruch auf eine erweiterte Begründung den Zahlungspflichtigen in die Lage versetzen soll, einen Erstattungsanspruch gegen die Beihilfe oder die Krankenversicherung so weit wie möglich auszuschöpfen, vgl. Kiesecker, in: Prütting, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 2. Aufl. 2012 GOÄ § 12 Rn. 25, und Spickhoff, in: Spickhoff, Medizinrecht, 3. Aufl. 2018, GOÄ § 12 Rn. 8.
24Hieraus und aus der besonderen Schutzfunktion des § 12 Abs. 4 GOÄ
25– vgl. insoweit näher: Hoffmann/Kleinken, Gebührenordnung für Ärzte, Stand: Frühjahr 2012, C I § 12 GOÄ Rn. 1 –
26könnte der Schluss zu ziehen sein, dass eine den Anforderungen des § 12 Abs. 4 GOÄ nicht genügende Rechnung nicht einfach nachgebessert darf, sondern neu erstellt werden muss.
27Zu dem systematischen Argument vgl. schon VG Arnsberg, Urteil vom 25. August 2017– 13 K 2213/16 –, n. v., UA S. 8 f.
28Hält man eine solche „Nachbesserung“ statt einer Neuausstellung für zulässig, so stehen – wie auch bei einer neu ausgestellten Rechnung – auf der Grundlage der mit dem Zulassungsvorbringen nicht erschütterten Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts dem Behandler die für die fragliche Behandlung geforderten Gebühren erst seit Mai 2017 zu, weil erst mit der Vorlage der korrigierten bzw. neuen Rechnung Fälligkeit eingetreten ist. Auch dieser Umstand wirft Probleme auf. Die neu vorgelegte Rechnung kann nämlich schon aus zeitlichen Gründen nicht Gegenstand des im vorliegenden Verfahren in Rede stehenden Antrags und der angefochtenen Bescheide gewesen sein, weshalb der Kläger unter dem 15. Mai 2017 auch einen neuen Beihilfeantrag gestellt hat, der – soweit ersichtlich – bislang nicht beschieden ist.
29Der mithin zumindest möglichen Einschätzung, die zweite Rechnung könne in einem gerichtlichen Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden, kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, sie führe zu einem fürsorgepflichtwidrigen Ergebnis. Wird einem Beihilfeberechtigten – wie hier dem Kläger – erst in einem gerichtlichen Verfahren und nicht schon im Verwaltungsverfahren bewusst (gemacht), dass eine vorgelegte Rechnung nicht den formellen Anforderungen des § 12 Abs. 4 GOÄ genügt, so kann dieser, wenn ihm in der Folgezeit eine insoweit korrekte Rechnung gestellt wird, einen neuen Beihilfeantrag stellen. Dieser Antrag kann auch noch fristgerecht gestellt werden. Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 BVO NRW in der aktuellen, seit dem 1. Januar 2019 geltenden Fassung wird eine Beihilfe nur gewährt, wenn sie innerhalb von 24 Monaten nach Entstehen der Aufwendungen (§ 3 Abs. 5 Satz 2), spätestens jedoch 24 Monate nach der ersten Ausstellung der Rechnung beantragt wird; zuvor betrugen die Fristen jeweils ein Jahr. Die danach äußerste, an die erste Ausstellung der Rechnung anknüpfende Frist beginnt in Fällen der vorliegenden Art nicht schon mit der ersten Rechnung zu laufen. Diese stellt nämlich im Grunde eine „Nichtrechnung“ dar, weil sie die Anforderungen des § 12 Abs. 4 GOÄ verfehlt und deshalb weder die Fälligkeit der Forderung begründet noch einen Beihilfeanspruch auszulösen vermag. Abzustellen ist insoweit vielmehr auf die „erste Ausstellung“ der– unterstellt: gebührenrechtlich zulässigen – zweiten Rechnung, die die Forderung des Arztes erstmals fällig stellt. Im Falle des Klägers bedeutet das, dass sein wenige Tage nach dem Vorliegen der zweiten, richtigerweise auf ein Datum im Mai 2017 zu datierenden Rechnung gestellter Beihilfeantrag die einjährige Antragsfrist nach § 13 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 BVO NRW a. F. gewahrt hat.
30bb) Unabhängig davon kann die geänderte Rechnung jedenfalls nicht im vorliegenden Zulassungsverfahren berücksichtigt werden. Das Zulassungsvorbringen, die neue Rechnung müsse in das gerichtliche Verfahren einbezogen werden, zielt auf eine Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO ab, weil es den Streitgegenstand des Verfahrens (Verpflichtungsantrag mit der Behauptung von durch die erste Rechnung veranlassten Aufwendungen) erweitert. Eine (erweiternde) Klageänderung ist im Berufungszulassungsverfahren aber nicht möglich, weil nach § 124a VwGO Streitgegenstand allein die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist, auf die die Zulassungsgründe bezogen sein müssen.
31Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. August 2012– 1 A 1225/10 –, juris, Rn. 10 f., und Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 225, jeweils m. w. N.
322. Die Zulassung der Berufung kann auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO erfolgen. Die Rechtssache weist keine tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne dieser Vorschrift auf; namentlich können die Erfolgsaussichten des angestrebten Rechtsmittels nicht schon als offen bezeichnet werden. Der Kläger hat insoweit nur auf seinen Vortrag verwiesen, die in der ersten Rechnung gegebene Leistungsbeschreibung sei mit Blick auf die Verwendung einer „Platzhalternummer“ (voraussichtlich) hinreichend. Dieses Argument greift, wie bereits oben unter dem Gliederungspunkt 1. a) ausgeführt, nicht durch. Auf diese Ausführungen wird Bezug genommen. Dass die Rechtssache auch im Übrigen keine tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist, ergibt sich aus den weiteren Darlegungen unter 1. b) und 1 c) dieses Beschlusses, auf die ebenfalls verwiesen wird.
333. Die Berufung ist auch nicht wegen der vom Kläger geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
34Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung des Zulassungsgrundes ist die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird. Ist die aufgeworfene Frage eine Rechtsfrage, so ist ihre Klärungsbedürftigkeit nicht schon allein deshalb zu bejahen, weil sie bislang nicht obergerichtlich oder höchstrichterlich entschieden ist. Nach der Zielsetzung des Zulassungsrechts ist vielmehr Voraussetzung, dass aus Gründen der Einheit oder Fortentwicklung des Rechts eine obergerichtliche oder höchstrichterliche Entscheidung geboten ist. Die Klärungsbedürftigkeit fehlt deshalb, wenn sich die als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage entweder schon auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts nach allgemeinen Auslegungsmethoden oder aber (ggf. ergänzend) auf der Basis bereits vorliegender Rechtsprechung ohne weiteres beantworten lässt.
35Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 13. Februar 2018– 1 A 2517/16 –, juris, Rn. 32, und vom 13. Oktober 2011 – 1 A 1925/09 –, juris, Rn. 31, m. w. N.
36In Anwendung dieser Grundsätze liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung nicht vor. Insoweit sind bereits die Anforderungen an eine hinreichende Darlegung verfehlt, weil der Kläger keine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert hat. Sein entsprechendes Vorbringen (Zulassungsbegründungschrift S. 3 f.) deutet darauf hin, dass er die Frage für grundsätzlich bedeutsam hält, ob eine Rechnungstellung unter Verwendung einer „Platzhalternummer“ den Anforderungen des § 12 Abs. 4 GOÄ genügt. Dass diese Frage den vorliegenden Sachverhalt verfehlt, ist indes bereits weiter oben ausgeführt. Sie ist weder für das erstinstanzliche Urteil entscheidungserheblich gewesen noch könnte ihr in einem Berufungsverfahren Bedeutung zukommen.
374. Die Berufung kann schließlich auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wegen eines Verfahrensfehlers zugelassen werden. Der Kläger rügt, die Abweisung der Klage wegen der angenommenen fehlenden Fälligkeit der Rechnung sei für ihn völlig überraschend gewesen. Um ein faires Verfahren zu gewährleisten, hätte das Verwaltungsgericht ihm solche Hinweise geben müssen, die die Vorlage einer korrigierten Rechnung noch vor der Entscheidung des Gerichts ermöglicht hätten.
38Die damit der Sache nach erhobene Rüge, das angefochtene Urteil stelle eine Überraschungsentscheidung dar, greift nicht durch. Aus dem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs auch in der Ausprägung, die er in § 86 Abs. 3 und § 104 Abs. 1 VwGO gefunden hat,
39hierzu näher und m. w. N. OVG NRW, Beschluss vom 23. August 2010 – 1 A 3124/08 –, juris, Rn. 34 f.,
40folgt nur ausnahmsweise die Pflicht des Gerichts, vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinzuweisen. Eine solche Pflicht besteht, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkt stützen will und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf – selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen – nicht zu rechnen brauchte.
41St. Rspr. des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 6. Mai 2015 – 2 B 19.14 –, juris, Rn. 15, vom 15. Mai 2014 – 9 B 57.13 –, juris, Rn. 19, und vom 19. Februar 2009 – 2 C 42.07 –, juris, Rn. 9. Ferner etwa OVG NRW, Beschluss vom 23. August 2010 – 1 A 3124/08 –, juris, Rn. 34 ff., und Neumann/Korbmacher, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 138 Rn. 146.
42Diese Pflicht hat das Verwaltungsgericht hier aber offensichtlich nicht verletzt. Ausweislich des Protokolls des erstinstanzlich durchgeführten gerichtlichen Erörterungstermins vom 13. März 2017 hat der Berichterstatter die Beteiligten – und damit auch den in Begleitung seines Prozessbevollmächtigten erschienenen Kläger – bei der Erörterung der Rechtslage auf die „formell nicht korrekte Begründung der Analogabrechnung sowie die hierzu ergangene Rechtsprechung“ hingewiesen. Zum Beleg hat er, wie im Protokoll weiter festgehalten ist, ausdrücklich das Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 28. Juni 2011 – 13 K 620/11 – und den nachfolgenden Senatsbeschluss vom 12. Juli 2012 – 1 A 1820/11 – benannt. In dieser Situation wäre es Sache des Klägers bzw. seines Prozessbevollmächtigten gewesen, die Frage eines etwa gewünschten Nachreichens einer korrigierten Rechnung mit dem Gericht zu erörtern und ggf. darauf zu dringen, dass das Gericht mit der Entscheidung zuwartet, bis ihm eine korrigierte Rechnung vorliegt. Stattdessen hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers ausweislich des Protokolls erklärt, um ein Urteil zu bitten, und sich übereinstimmend mit dem Beklagten mit einer Entscheidung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.
43Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
44Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 und 3 Satz 1 GKG.
45Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach den §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar. Das angefochtene Urteil ist nun rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.
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