Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 B 113/19
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 2. Januar 2019 – 15 L 1723/18 – ist mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung wirkungslos.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt die Antragsgegnerin. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsteller zu 1/3 und der Antragsgegnerin zu 2/3 auferlegt.
Etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen tragen diese selbst.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 16.440,64 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2I. Das erstinstanzliche Verfahren, das allein die behauptete Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers durch die Auswahlentscheidung betroffen hat, ist durch übereinstimmende Erledigungserklärungen der Hauptbeteiligten (Antragsgegnerin und des Antragsteller)
3– dazu, dass eine Zustimmung von Nebenbeteiligten, etwa eines Beigeladenen, nach allgemeiner Ansicht nicht erforderlich ist, vgl. etwa Neumann/Schaks, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 161 Rn. 60 f., und Wysk, in: Wysk, VwGO, 2. Aufl. 2016, § 161 Rn. 12 f., jeweils m. w. N. –
4ebenso in der Hauptsache erledigt wie das Beschwerdeverfahren, soweit es diesen Gegenstand betrifft. Das Verfahren ist deshalb insoweit zur Klarstellung in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, und der angefochtene Beschluss ist entsprechend § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO für wirkungslos zu erklären.
5Die Einstellung des Beschwerdeverfahrens im Übrigen, d. h. im Umfang der von dem Antragsteller erhobenen Anschlussbeschwerde, erfolgt nach erklärter Rücknahme entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO.
6II. Die Entscheidung über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens beruht auf § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Nach dieser Vorschrift ist bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Verfahrenskosten zu entscheiden. Billigem Ermessen entspricht es in der Regel, demjenigen Beteiligten die Kosten aufzuerlegen, der in dem Verfahren ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses voraussichtlich unterlegen wäre. Dies trägt dem Grundgedanken des Kostenrechts Rechnung, nach dem der Unterliegende die Kosten des Verfahrens trägt (vgl. § 154 Abs. 1 und 2, § 155 Abs. 1 VwGO). Wird der Rechtsstreit – wie hier – erst in einem Rechtsmittelverfahren für erledigt erklärt, kommt es insoweit darauf an, ob das Rechtsmittel nach dem bisherigen Sach- und Streitstand voraussichtlich Erfolg gehabt hätte. In dem nach Erledigung der Hauptsache auf die Kostenfolge begrenzten Streit ist das Gericht allerdings regelmäßig nicht mehr verpflichtet, schwierige Rechtsfragen zu lösen und/oder noch weitere tatsächliche Ermittlungen anzustellen. Vielmehr reicht es grundsätzlich aus, das Risiko des Obsiegens bzw. Unterliegens auf der Grundlage einer summarischen Prüfung bzw. Bewertung der Sach- und Rechtslage abzuschätzen und davon ausgehend (ggf. unter Bildung einer Kostenquote) die Kosten zu verteilen. Namentlich bei schwieriger Bewertung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs kann, sofern ein ausreichender Sachbezug besteht, in die Ermessenserwägungen zur Kostenverteilung auch der Aspekt einfließen, in die (Verantwortungs-)Sphäre welches Beteiligten der Eintritt des erledigenden Ereignisses fällt. Davon ausgehend ist es hier sachangemessen, die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens unabhängig von den schwierig zu beurteilenden Erfolgsaussichten der Beschwerde der Antragsgegnerin aufzuerlegen. Denn die Antragsgegnerin hat mit dem Abbruch des Besetzungsverfahrens das erledigende Ereignis selbst herbeigeführt, und auch die für den Abbruch angeführten Gründe rühren aus ihrer Sphäre her.
7Die das Beschwerdeverfahren betreffende Kostenentscheidung erfolgt entsprechend §§ 92 Abs. 3 Satz 1, 126 Abs. 3 Satz 2, 155 Abs. 2, 161 Abs. 2 Satz 1, 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dabei bewertet das Gericht das Beschwerdebegehren, hinsichtlich dessen nach den obigen Erwägungen die Antragsgegnerin die Kostenlast trifft, entsprechend seinem Anteil (11.440,64 Euro) am Gesamtgebührenstreitwert (16.440,64 Euro) mit zwei Dritteln und den auf die Anschlussbeschwerde entfallenden Anteil (5.000,00 Euro) mit einem Drittel.
8Von der Erstattung auszunehmen sind den Beigeladenen im erst- oder zweitinstanzlichen Verfahren etwa entstandene außergerichtliche Kosten. Die Erstattung dieser Kosten entspricht in Anwendung des § 162 Abs. 3 VwGO nicht billigem Ermessen, weil die Beigeladenen im gesamten Verfahren keine Anträge gestellt haben und damit selbst kein Kostenrisiko eigegangen sind (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
9III. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren ergibt sich entsprechend § 45 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 GKG aus einer Addition der Teilstreitwerte, die sich für das Beschwerdebegehren der Antragsgegnerin und für die mit der Anschlussbeschwerde verfolgten Begehren des Antragstellers ergeben (11.440,64 Euro zuzüglich 5.000,00 Euro).
10Der gemäß §§ 40, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG sowie § 52 Abs. 1 i. V. m. Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 GKG für das Beschwerdebegehren anzusetzende Teilstreitwert beträgt 11.440,64 Euro. Auszugehen ist nach diesen Vorschriften von dem Jahresbetrag (§ 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG) der Bezüge, die dem jeweiligen Antragsteller nach Maßgabe des im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung bekanntgemachten, für Bundesbeamte der Postnachfolgeunternehmen geltenden Besoldungsrechts unter Zugrundelegung der jeweiligen Erfahrungsstufe fiktiv für das angestrebte Amt im Kalenderjahr der Antragstellung zu zahlen sind. Nicht zu berücksichtigen sind dabei die nach § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 und Satz 3 GGKG ausgenommenen Besoldungsbestandteile. Der nach diesen Maßgaben zu bestimmende Jahresbetrag ist wegen § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG und wegen der im Eilverfahren nur begehrten vorläufigen Sicherung auf ein Viertel zu reduzieren. Der nach den vorstehenden Grundsätzen zu ermittelnde Jahresbetrag beläuft sich hier angesichts des angestrebten Amtes (A 9_vz+Z), bei Zugrundlegung der Erfahrungsstufe 8 und unter Berücksichtigung der Besoldungserhöhung ab April 2019 für das maßgebliche Jahr 2019 auf den o. g. Wert. Für Januar bis März 2019 einschließlich ergibt sich zunächst eine Summe von 11.181,51 Euro (3.432,01 Euro + 295,16 Euro = 3.727,17 Euro x 3), der der Betrag für die übrigen Monate des Jahres (34.581,06 Euro; 3.538,06 Euro + 304,28 Euro = 3.842,34 Euro x 9) hinzuzusetzen ist, was auf einen Gesamtbetrag von 45.762,57 Euro führt. Die Division dieses Gesamtbetrages mit dem Faktor 4 ergibt den o. g. Teilstreitwert.
11Das mit der Anschlussbeschwerde verfolgte Begehren bewertet das Gericht insgesamt mit 5.000,00 Euro. Für den „Hilfsantrag zu 2.“, nach dem der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben werden sollte, „das am 15. Januar 2019 abgebrochene Verfahren zur Besetzung der Beförderungsplanstellen A 9 vz+Z im Rahmen der Beförderungsaktion 2018 fortzusetzen“, ist der Auffangstreitwert (in voller Höhe) festzusetzen.
12Zum Streitwert für Eilbegehren, die nach Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens auf dessen Fortsetzung gerichtet sind, vgl. allgemein OVG NRW, Beschlüsse vom 12. Juli 2018 – 1 B 1160/17 –, juris, Rn. 56 ff., und vom 5. März 2019 – 1 E 22/19 –, demnächst in juris.
13Der weiter gestellte „Hilfsantrag zu 3.“, mit dem der Antragsteller sinngemäß die Feststellung im Wege des Eilrechtsschutzes begehrt hat, dass die Antragsgegnerin verpflichtet gewesen ist, ihn im Rahmen der Beförderungsaktion 2018 auszuwählen und ihm fiktiv eine der drei ausgeschrieben gewesenen Beförderungsplanstellen A 9 vz+Z zu übertragen, bliebt bei der Wertberechnung außer Betracht. Er stellt sich nämlich ungeachtet der hier durch die Anschlussbeschwerde gegebenen besonderen prozessualen Situation der Sache nach lediglich als das bisherige, angesichts der von der Antragsgegnerin herbeigeführten Erledigung nur in ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren umformulierte Antragbegehren dar und ist daher bereits durch den Wert des Beschwerdebegehrens abgebildet.
14Eine Änderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung von Amts wegen (§ 63 Abs. 3 GKG) war nicht veranlasst. Zwar wäre nach dem maßgeblichen, im Zeitpunkt der Stellung des Eilantrags (2. August 2018) bekanntgemachten Besoldungsstand noch für das gesamte Jahre von monatlichen Bezügen (A 9 vz+Z, Erfahrungsstufe 8) in Höhe von 3.618,96 Euro (3.332,37 Euro + 286,59 Euro) und damit von einem Gesamtbetrag von 10.856,88 Euro auszugehen gewesen. Der tatsächlich festgesetzte Streitwert (11.740,35 Euro) fällt aber in die gleiche Wertstufe (bis 13.000,00 Euro) wie der zutreffend festzusetzende Streitwert.
15IV. Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach § 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
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