Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 19 B 1331/19
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Vater der Antragstellerin trägt als vollmachtloser Vertreter die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
1
Die Beschwerde ist unbegründet.
2Aus den mit der Beschwerde dargelegten Gründen, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO) zu Unrecht als unzulässig angesehen hat. Der Eilantrag ist von Herrn B. I. nicht im eigenen Namen, sondern im Namen der Antragstellerin gestellt worden. Wenngleich er damit auch seine eigenen Interessen als mitsorgeberechtigter Vater wahrgenommen haben dürfte, ist Herr I. im erstinstanzlichen Eilverfahren ersichtlich in Vertretung der Antragstellerin aufgetreten.
3Für eine wirksame Stellung eines Eilantrags für die Antragstellerin fehlte es dem Vater der Antragstellerin jedoch an der erforderlichen Vertretungsbefugnis, weil er nicht alleiniger Inhaber des Personensorgerechts ist. Wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, bedarf die gemäß §§ 2, 106 BGB beschränkt geschäftsfähige Antragstellerin in schulischen Rechtsstreitigkeiten der Vertretung durch beide Inhaber der elterlichen Sorge nach §§ 1626, 1629 BGB. Die Rechte und Pflichten der Eltern nehmen nach dem SchulG NRW die nach bürgerlichem Recht für die Person des Kindes Sorgeberechtigten wahr (§ 123 Abs. 1 Nr. 1 SchulG NRW). Das Recht zur Personensorge für die Antragstellerin kann Herr I. insoweit nur gemeinsam mit der Mutter der Antragstellerin ausüben. Diese ist mit jeglicher Prozessführung in Bezug auf die Entscheidung der Versetzungskonferenz vom 26. Juni 2019 nicht einverstanden, weil sie dem weiteren Verbleib der Antragstellerin in der Schuleingangsphase zugestimmt und sogar einen entsprechenden Antrag nach § 7 Abs. 3 AO-GS gestellt hat. Demzufolge hat die Mutter der Antragstellerin die den vormaligen Prozessbevollmächtigten erteilte Vollmacht nicht unterzeichnet. Ebenso wenig hat sie Herrn I. vor der gerichtlichen Geltendmachung in der Versetzungsangelegenheit zur alleinigen Vertretung der Antragstellerin bevollmächtigt.
4Ein Alleinvertretungsrecht des Vaters der Antragstellerin ergibt sich entgegen dem Beschwerdevortrag auch nicht aus § 1629 Abs. 1 Satz 4 BGB. Die von dieser Vorschrift vorausgesetzte Gefahr im Verzug, bei der ein Elternteil zu allen Rechtshandlungen berechtigt ist, die zum Wohl des Kindes notwendig sind, und bei der der andere Elternteil unverzüglich zu unterrichten ist, lag im Zeitpunkt der Stellung des Eilantrags ersichtlich nicht vor. Die Eltern der Antragstellerin wurden von der Schule bereits im Februar 2019 über die Möglichkeit einer Nichtversetzung der Antragstellerin informiert und haben in mehreren nachfolgenden Gesprächen die Vor- und Nachteile eines weiteren Verbleibs der Antragstellerin in der Schuleingangsphase mit der Klassenlehrerin erörtert.
5Im Übrigen bliebe die Beschwerde auch im Falle einer Sachprüfung erfolglos. Die Voraussetzungen für den mit ihr weiterhin geltend gemachten Anordnungsanspruch sind auch mit dem Beschwerdevortrag nicht glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO). Weder aus dem Beschwerdevortrag noch aus den schulischen Unterlagen (vgl. insbesondere die Lern- und Förderempfehlung vom 7. Februar 2019, die Gesprächsnotizen vom 2. Mai, 18. und 24. Juni 2019 sowie die Anlage zum Protokoll der Versetzungskonferenz am 26. Juni 2019) ergeben sich Umstände, die mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Versetzungsanspruch der Antragstellerin begründen könnten. Ein solcher erscheint aufgrund der in den genannten Dokumenten beschriebenen Defizite in den Fächern Deutsch und Mathematik, der Konzentrationsschwächen und des Betreuungsbedarfs der Antragstellerin durch Lehrkräfte nahezu ausgeschlossen. Es spricht deutlich Überwiegendes dafür, dass die Antragstellerin durch einen Verbleib in der Klasse 2 zu Recht die Möglichkeit erhält, sich mit gefestigtem Lern- und Entwicklungsstand den erhöhten Anforderungen in der nächsthöheren Klasse zu stellen.
6Auch der Hilfsantrag bliebe im Beschwerdeverfahren erfolglos. Wie bereits vom Verwaltungsgericht dargestellt, stützt sich die streitige Entscheidung der Versetzungskonferenz vom 26. Juni 2019 auf die erste Alternative des § 7 Abs. 3 Halbs. 1 AO-GS (Beschlussfassung nach Anhörung der Eltern). Daher gehen die Darlegungen in der Beschwerdebegründung zur zweiten Alternative dieser Bestimmung (Beschlussfassung auf Antrag der Eltern) an der Sache vorbei.
7Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, wonach die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Rechtsmittelführer zur Last fallen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass im Fall des Fehlens einer wirksamen Bevollmächtigung die Prozesskosten grundsätzlich dem aufzuerlegen sind, der den nutzlosen Verfahrensaufwand veranlasst hat.
8BVerwG, Beschluss vom 29. November 2010 - 6 B 59.10 -, NJW 2011, 1894, juris, Rn. 11 mit weiteren Nachweisen.
9Dies ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren der Vater der Antragstellerin, weil er auch im Beschwerdeverfahren als vollmachtloser Vertreter für die Antragstellerin aufgetreten ist.
10Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
11Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 66 Abs. 3 Satz 3, 68 Abs. 1 Satz 5 GKG).
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Referenzen
- BGB § 2 Eintritt der Volljährigkeit 1x
- BGB § 1629 Vertretung des Kindes 2x
- BGB § 1626 Elterliche Sorge, Grundsätze 1x
- VwGO § 146 1x
- § 123 Abs. 1 Nr. 1 SchulG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 920 Arrestgesuch 1x
- VwGO § 123 2x
- BGB § 106 Beschränkte Geschäftsfähigkeit Minderjähriger 1x
- ZPO § 294 Glaubhaftmachung 1x