Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 E 413/20
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
1
G r ü n d e
2Die von den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin aus eigenem Recht (§ 32 Abs. 2 Satz 1 RVG) erhobene Streitwertbeschwerde, die nach der Beschwerdebegründung auf eine Erhöhung des auf die Wertstufe bis 8.000,00 Euro festgesetzten Streitwerts auf einen in die Wertstufe bis 19.000,00 Euro fallenden Streitwert abzielt, ist zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
3Das Verwaltungsgericht hat den Streitwert des erstinstanzlichen Verfahrens in die zutreffende Wertstufe eingeordnet und entsprechend fehlerfrei festgesetzt.
4Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens war das (sinngemäße) Begehren der Antragstellerin, einer Tarifbeschäftigten des BAMF,
5der Antragsgegnerin vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, die zu ihren – der Antragstellerin – Gunsten im Rahmen der Verbeamtungsaktion 2018 – Verbeamtung mittlerer Dienst – freigehaltene Planstelle der Besoldungsgruppe A 6 BBesO mit einem/r anderen Bewerber/in als ihr zu besetzen, solange nicht über ihre Bewerbung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.
6Der Streitwert ist in Verfahren dieser Art, wie die Beschwerde auch nicht in Abrede stellt, nach den speziellen, gemäß §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG anzuwendenden Regelungen des § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 und 3 (nicht, wie das Verwaltungsgericht versehentlich ausgeführt hat, auch Satz 4) GKG zu bestimmen. Die Voraussetzungen des § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG liegen hier vor, weil das Verfahren die Übernahme in das Probebeamtenverhältnis und damit die Begründung eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses betrifft, dabei aber nicht ein Dienstverhältnis auf Lebenszeit zum Gegenstand hat (vgl. § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG und § 6 Abs. 3 Nr. 1 BBG). Angeordnete Rechtsfolge ist der Ansatz der Hälfte der für ein Kalenderjahr fiktiv zu zahlenden Bezüge im angestrebten Dienstverhältnis, wobei maßgebend für die Berechnung das im Zeitpunkt der den jeweiligen Rechtszug einleitenden Antragstellung laufende Kalenderjahr (§ 52 Abs. 6 Satz 2 GKG und § 40 GKG) und das zu diesem Zeitpunkt bereits bekanntgemachte einschlägige Besoldungsrecht sind. Bei der Berechnung der Bezüge im vorstehenden Sinne ist, soweit es das Grundgehalt betrifft, nicht auf das jeweilige Endgrundgehalt abzustellen, sondern auf das Grundgehalt, das sich unter Berücksichtigung der für den jeweiligen Antragsteller geltenden Erfahrungsstufe ergibt, weil das Gesetz seit der Neufassung des seinerzeitigen § 52 Abs. 5 GKG mit Wirkung zum 1. August 2013 nicht mehr auf den festen "Betrag des Endgrundgehalts" abstellt, sondern auf die Summe der (dem Betroffenen) für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge. Ferner haben bei dieser Berechnung die von § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Satz 3 GKG angeführten Bezügebestandteile außer Betracht zu bleiben. Der sich in Anwendung der genannten Regelungen des § 52 GKG ergebende Betrag ist im Hinblick auf die im Eilrechtsschutz lediglich angestrebte vorläufige Sicherung um die Hälfte zu reduzieren, so dass im Ergebnis ein Viertel des Jahresbetrages anzusetzen ist.
7Vgl. zuletzt OVG NRW, Beschlüsse vom 9. Mai 2019 – 1 E 359/19 –, juris, Rn. 5 ff. (vorläufige Untersagung der Vergabe eines Beförderungsdienstpostens), und vom 7. September 2017 – 6 B 1072/17 –, juris, Tenor und Rn. 20 (vorläufige Sicherung des Anspruchs auf Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst); vgl. auch den eine Einstellung als Polizeivollzugsbeamter auf Probe betreffenden Eilbeschwerdebeschluss des Senats vom 2. Dezember 2016 – 1 B 1194/16 –, juris, Rn. 32, in dem der hälftige Jahresbetrag nur wegen der nach den (zusammen betrachteten) Anträgen zu 1. und 2. (auch) beantragten Vorwegnahme der Hauptsache (Einstellung und Beschäftigung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens) nicht halbiert worden ist.
8Die angesprochene Reduzierung des Streitwerts rechtfertigt sich aus dem Umstand, dass der in Eilverfahren der in Rede stehenden Art angestrebte und allein mögliche Ausspruch hinter dem Ausspruch in einem zugehörigen Hauptsacheverfahren zurückbleibt. Zwar dient das Eilverfahren der Sicherung des in der Hauptsache zu verfolgenden Anspruchs auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über das Begehren, in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen zu werden. Im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kann der jeweilige Antragsteller aber die Verpflichtung der Behörde zur Neubescheidung seiner Bewerbung oder gar zu einer entsprechenden Übernahme nicht erreichen. Er kann vielmehr nur eine vorläufige Sicherung erlangen, nämlich die Untersagung der von der Behörde angestrebten Besetzung, wobei diese Untersagung in zeitlicher Hinsicht bis zu einer erneuten, rechtsfehlerfreien Entscheidung über das Begehren des Antragstellers begrenzt ist.
9Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 27. März 2012– 1 E 45/12 –, juris, Rn. 7, und vom 9. Mai 2019– 1 E 359/19 –, juris, Rn. 7 f., m. w. N. (vorläufige Untersagung der Beförderung bzw. der Vergabe eines Beförderungsdienstpostens); zu Eilbegehren bei Einstellungskonkurrenzen allgemein bzw. speziell bei der Konkurrenz um Übernahme in das Probebeamtenverhältnis vgl. Bodanowitz, in: Schnellenbach/Bodanowitz, Beamtenrecht in der Praxis, 10. Aufl. 2020, § 3 Rn. 50, und Schnellenbach, Konkurrenzen im öffentlichen Dienst, 2. Aufl. 2018, 3. Kap. Rn. 38.
10Der von der Beschwerde hervorgehobene Umstand, dass das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernimmt und daher nach Prüfungsmaßstab, ‑umfang sowie -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben darf, ändert an den vorstehenden Erwägungen nichts.
11Ausführlich hierzu, auch unter Auseinandersetzung mit der von der Beschwerde zitierten abweichenden obergerichtlichen Rechtsprechung: OVG NRW, Beschluss vom 20. April 2018 – 1 E 205/18 –, n. v., BA S. 2 bis 5; vgl. ferner Senatsbeschluss vom 9. Mai 2019 – 1 E 359/19 –, juris, Rn. 9.
12Der nach den vorstehenden Maßgaben zu bestimmende Jahresbetrag beläuft sich hier angesichts des angestrebten Amtes der Besoldungsgruppe A 6 BBesO und bei Zugrundelegung sowohl der niedrigsten möglichen Erfahrungsstufe (1) als auch der hier auf der Grundlage der Angaben in der Antragsschrift vom 11. Dezember 2019 höchstens denkbaren Erfahrungsstufe (3) (dazu vgl. §§ 27, 28 BBesG) für das maßgebliche Jahr der Antragstellung (2019) auf 28.766,76 Euro bzw. auf 30.901,65 Euro (Grundgehalt A 6, Erfahrungsstufe 1, und Erhöhungsbetrag belaufen sich von Januar bis März 2019 einschließlich jeweils auf 2.342,93 Euro und für die übrigen Monate des Jahres auf 2.415,33 Euro; bei Ansatz der Erfahrungsstufe 3 ergeben sich Monatsbeträge von 2.516,81 Euro bzw. 2.594,58 Euro). Die Division dieser Jahresbeträge mit dem Divisor 4 führt zu Beträgen i. H. v. 7.191,69 Euro bzw.– abgerundet – 7.725,41 Euro und damit zu Streitwerten, die in die von dem Verwaltungsgericht festgesetzte Wertstufe bis 8.000,00 Euro fallen.
13Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.
14Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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Referenzen
- 1 E 359/19 3x (nicht zugeordnet)
- 6 B 1072/17 1x (nicht zugeordnet)
- 1 B 1194/16 1x (nicht zugeordnet)
- 1 E 45/12 1x (nicht zugeordnet)
- 1 E 205/18 1x (nicht zugeordnet)