Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 8 B 1564/19
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 5. November 2019 wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- EUR festgesetzt.
Gründe
1Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist unbegründet.
21. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht der Hauptsache zur Regelung eines vorläufigen Zustands, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass diese Regelung nötig erscheint, um ihn vor den in § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO genannten Nachteilen zu bewahren. Der Antrag ist mithin begründet, wenn das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die Erforderlichkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) im Sinne des § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemacht worden sind. Das Beschwerdevorbringen des Antragsgegners stellt im Ergebnis nicht durchgreifend in Frage, dass diese Voraussetzungen hier vorliegen und den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem hier vom Verwaltungsgericht tenorierten Inhalt rechtfertigen.
3Das Verwaltungsgericht hat dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens 3 K 7726/19 vorläufig untersagt, den Bericht vom 25. Oktober 2018 über die bei der Antragstellerin am 27. Juni 2018 durchgeführte Umweltinspektion im Internet auf der Homepage der Bezirksregierung Düsseldorf zu veröffentlichen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die im Umweltinspektionsbericht unter Ziff. 1. bis 3. aufgeführten Mängel habe der Antragsgegner als geringfügige Mängel eingestuft, die augenscheinlich nicht zu Umweltbeeinträchtigungen führen könnten. Gegen die Vereinbarkeit dieser Begriffsbestimmung mit den gesetzlichen Rechtsgrundlagen bestünden jedoch erhebliche Bedenken, weil es danach nur auf umweltrelevante Feststellungen ankomme. Aufgrund der Einstufung der Feststellungen als geringfügige Mängel gehe der Antragsgegner aber selbst erkennbar nicht davon aus, dass diese zu einer Umweltbeeinträchtigung führen könnten und sie damit umweltrelevant seien. An dem unter Ziff. 9 aufgeführten Mangel halte der Antragsgegner nicht mehr fest. Aufgrund der lediglich summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage reichten diese Erwägungen aus, um den Bericht insgesamt nicht zu veröffentlichen. Weitere Feststellungen und rechtliche Einschätzungen seien zudem wegen ihrer tatsächlichen und rechtlichen Komplexität im Hauptsacheverfahren zu überprüfen und zu bewerten. Bei einer Gesamtwürdigung der festgestellten Mängel könnten auch vor dem Hintergrund der Angaben der Antragstellerin die Formulierungen im Inspektionsbericht unter Ziff. 4. bis 7. und 10. in der Sache nicht ausreichend transparent und unvollständig dargelegt sowie für die Öffentlichkeit irreführend sein. Die Feststellungen unter Ziff. 11 begegneten hingegen keinen rechtlichen Bedenken.
42. Jedenfalls im Ergebnis als berechtigt erweisen sich die zwischen den Beteiligten erörterten und auch vom Verwaltungsgericht aufgeworfenen Bedenken gegen die sachliche Richtigkeit und die Art der Darstellung der vom Antragsgegner in den Umweltinspektionsbericht aufgenommenen Beanstandungen. Jedenfalls insoweit hat die Antragstellerin sowohl einen Anordnungsanspruch (dazu a)) als auch einen Anordnungsgrund (dazu b)) glaubhaft gemacht. Eine teilweise Veröffentlichung des Inspektionsberichts hält der Senat unter Berücksichtigung aller Umstände für nicht sachgerecht (dazu c)).
5a) Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch in Gestalt des öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs hinreichend glaubhaft gemacht. Die für die Veröffentlichung eines Umweltinspektionsberichts erforderliche Richtigkeitsgewähr und Unmissverständlichkeit hinsichtlich der darin aufgenommenen Mängelbeanstandungen ist nach der hier allein möglichen summarischen Prüfung in weiten Teilen nicht gegeben.
6aa) Nach § 52a Abs. 5 Satz 1 BImSchG erstellt die zuständige Behörde nach jeder Vor-Ort-Besichtigung einer Anlage einen Bericht mit den relevanten Feststellungen über die Einhaltung der Genehmigungsanforderungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG und der Nebenbestimmungen nach § 12 BImSchG sowie mit Schlussfolgerungen, ob weitere Maßnahmen notwendig sind. Der Bericht ist nach § 52a Abs. 5 Satz 2 BImSchG dem Betreiber innerhalb von zwei Monaten nach der Vor-Ort-Besichtigung durch die zuständige Behörde zu übermitteln. Der Bericht ist gemäß § 52a Abs. 5 Satz 3 BImSchG der Öffentlichkeit nach den Vorschriften über den Zugang zu Umweltinformationen innerhalb von vier Monaten nach der Vor-Ort-Besichtigung zugänglich zu machen.
7Voraussetzung der Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung des Umweltinspektionsberichts ist unter anderem die Richtigkeit der darin enthaltenen wettbewerbsrelevanten Information. Die Behörde muss vor einer aktiven Unterrichtung der Öffentlichkeit die Richtigkeit der Information überprüfen, jedenfalls muss sie entsprechende Zweifel kenntlich machen. Stellt sich eine Information nachträglich als falsch heraus oder trifft sie aufgrund einer nachträglichen Veränderung der Umstände nicht mehr zu, muss die Behörde mit der Löschung oder der Richtigstellung/Aktualisierung der Information reagieren. Denn der in der Veröffentlichung eines Umweltinspektionsberichts zu sehende Eingriff in die betroffenen Grundrechte der Anlagenbetreiber ist verfassungsrechtlich nur unter Berücksichtigung der von der Behörde zu beachtenden Aufklärungs-, Auskunfts-, Löschungs- und Ergänzungspflichten sowie der aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit ebenfalls von der Behörde zu verantwortenden Richtigkeitsgewähr gerechtfertigt.
8Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 2014 ‑ 8 B 721/14 -, NWVBl. 2015, 153, juris Rn. 12, 40 ff.
9Hieraus folgt zugleich die Pflicht der Behörde, etwaige Beanstandungen dergestalt zu dokumentieren, dass sie hinsichtlich ihres rechtlichen und tatsächlichen Anknüpfungspunktes nachvollziehbar sind und vom Anlagenbetreiber im Rahmen seiner Beteiligung nach § 52a Abs. 5 Satz 2 BImSchG und gegebenenfalls vom Gericht auf ihre Richtigkeit verlässlich überprüft werden können.
10Des Weiteren soll die Verbreitung von Umweltinformationen gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 UIG in für die Öffentlichkeit verständlicher Darstellung und leicht zugänglichen Formaten erfolgen. Soweit möglich, gewährleisten die informationspflichtigen Stellen nach § 10 Abs. 6 i. V. m. § 7 Abs. 3 UIG, dass alle Umweltinformationen, die von ihnen oder für sie zusammengestellt werden, auf dem gegenwärtigen Stand, exakt und vergleichbar sind. Hieraus hat der Senat bereits abgeleitet, dass auch eine hinreichend klare und verständliche Darstellung der Bewertung festgestellter Mängel gegenüber der Öffentlichkeit notwendig ist.
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 2014 ‑ 8 B 721/14 -, NWVBl. 2015, 153, juris Rn. 47.
12Zweck des Zugänglichmachens der Berichte ist die Information der Öffentlichkeit– also auch möglicher Kunden und Geschäftspartner – unter anderem darüber, ob das Unternehmen seinen Verpflichtungen aus dem Genehmigungsbescheid nachkommt. Der Inhalt des Berichts kann einen wettbewerbsrelevanten Eindruck über die Zuverlässigkeit des Unternehmens vermitteln.
13Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 2014 ‑ 8 B 721/14 –, NWVBl. 2015, 153, juris Rn. 11.
14Diesem Informationszweck und der Wettbewerbsrelevanz des Umweltinspektionsberichts muss die Behörde mit hinreichend deutlichen, nachvollziehbaren und möglichst präzisen Mangelbeschreibungen Rechnung tragen. Nur so kann die Unterrichtung der Öffentlichkeit effektiv sein und zugleich den Anlagenbetreiber vor irreführenden oder zu Spekulationen einladenden Darstellungen schützen, die er nicht hinnehmen muss.
15bb) Ausgehend davon ist nach derzeitigem Erkenntnisstand die beabsichtigte Veröffentlichung des Umweltinspektionsberichts jedenfalls in weiten Teilen rechtswidrig.
16(1.) Die Mangelbeschreibung „Mangelnde Dokumentationspflicht im Rahmen der Abfalljahresbilanz 2017“ ist ungeachtet dessen, inwieweit ein nach Maßgabe von § 52a Abs. 5 Satz 1 BImSchG relevanter Mangel tatsächlich vorliegt, jedenfalls missverständlich formuliert.
17Nach dem erstinstanzlichen Vorbringen des Antragsgegners handelt es sich dabei um die im Revisionsschreiben vom 27. August 2018 unter 52.02 Ziff. 1 erläuterte Beanstandung. Danach bezieht sich diese Mangelfeststellung auf die Annahme von insgesamt 869,22 t des Abfallschlüssels 17 05 05 – „Baggergut, das gefährliche Stoffe enthält“. Dies sei im Rahmen der zu erstellenden Abfallbilanz nicht vollständig dokumentiert worden, was ein Verstoß gegen die in der Nebenbestimmung Nr. 8.5.1 der Genehmigungsbescheide vom 23. Juli 1998 und vom 4. Februar 2003 konkretisierte Dokumentationspflicht sei.
18Der Umstand, dass sich die unzureichende Dokumentation lediglich auf eine in Relation zu dem in der Abfallbilanz für das Jahr 2017 im Übrigen korrekt ausgewiesenen Input von 163.870,070 t eher geringfügige Einzelposition beschränkt, die die Antragstellerin nach der ihr erteilten Genehmigung unstreitig annehmen durfte und die auch die Einhaltung der genehmigten Kapazitätsobergrenze von 170.000 t/a ersichtlich nicht tangiert, wird in der Mangelbeschreibung des Umweltinspektionsberichts jedoch nicht ansatzweise deutlich. Aus sich heraus ist für die Öffentlichkeit aus der (schon sprachlich missglückten) Formulierung „Mangelnde Dokumentationspflicht im Rahmen der Abfalljahresbilanz 2017“ weder erkennbar, dass die Dokumentationspflicht nur in einem Punkt nicht erfüllt worden ist, noch welcher Art der Verstoß überhaupt sein soll. Die Formulierung lässt für sich genommen ohne Weiteres den Schluss zu, dass die von der Antragstellerin erstellte Abfallbilanz generell unzulänglich ist. Die Mangelbeschreibung hat so keinen hinreichenden Informationswert, provoziert Spekulationen und birgt damit zugleich die vermeidbare Gefahr, dass sie als Vorhalt einer vollständigen Missachtung der Dokumentationspflicht oder struktureller inhaltlicher Unzulänglichkeiten mit dementsprechend anderem Gewicht missverstanden wird.
19(2.) Soweit der Antragsgegner eine „Falsche Deklarierung von Abfällen als Produkt“ in den Umweltinspektionsbericht aufzunehmen beabsichtigt, ist derzeit nicht mit der gebotenen Sicherheit die Annahme berechtigt, dass ein Mangel vorliegt.
20Nach dem erstinstanzlichen Vorbringen des Antragsgegners handelt sich dabei um die im Revisionsschreiben vom 27. August 2018 unter 52.02 Ziff. 2 erläuterte Beanstandung. Danach führt der Antragsgegner diese Beanstandung auf die Erlasslage in Nordrhein-Westfalen zurück. Mit dem Erlass IV-3-951.02 vom 13. März 2007 sei dargelegt worden, unter welchen rechtlichen Voraussetzungen güteüberwachte Recyclingbaustoffe RCL I das Ende der Abfalleigenschaft nach § 5 KrWG erreicht haben und nicht als Abfall im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes anzusehen seien. Der Erlass beruhe auf der „Vereinbarung zum Ende der Abfalleigenschaften von güteüberwachten Recyclingbaustoffen“ vom 23. November 2006 zwischen dem Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, der Bundesgütegemeinschaft Recyclingbaustoffe e. V. sowie dem Wirtschaftsverband der Baustoffindustrie Nord-West e. V. Baustoffüberwachungs- und Zertifizierungsverband NRW. Da von Seiten der Verbände nicht alle Voraussetzungen erfüllt worden seien, sei die Vereinbarung nie wirksam geworden und sei vom Ministerium ausgesetzt worden (Erlass IV-3-951.02 vom 22. Juni 2009). Dies habe zur Folge, dass auch güteüberwachte RCL-Recyclingbaustoffe RCL I Abfälle im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes seien und somit den Bestimmungen dieses Gesetzes und der untergesetzlichen Verordnungen sowie der Verordnung über das Europäische Abfallverzeichnis unterlägen. Abgesehen davon, dass der Antragsgegner die aus seiner Sicht für die rechtliche Bewertung maßgeblichen Schriftstücke dem Gericht nicht vorgelegt hat, soll der Vorhalt rechtswidrigen Verhaltens im Grunde auf eine nicht zustande gekommene oder vollständig erfüllte Vereinbarung zurückzuführen sein, was für sich genommen die Annahme eines Verstoßes gegen die in § 52a Abs. 5 Satz 1 BImSchG genannten Genehmigungsanforderungen oder Nebenbestimmungen nicht trägt und eine Veröffentlichung in einem Umweltinspektionsbericht nicht rechtfertigt. Worin der Antragsgegner den aus seiner Sicht vorliegenden Gesetzesverstoß sieht, erläutert er nicht in nachvollziehbarer Weise; einen konkreten Bezug zu den Voraussetzungen des § 5 KrWG zeigt er nicht auf.
21(3.) Die Mangelfeststellung „Nicht ordnungsgemäße Lagerung von wassergefährdenden Stoffen“ ist weder in tatsächlicher Hinsicht hinreichend nachvollziehbar noch genügt die Beschreibung des Mangels den an sie zu stellenden Anforderungen.
22Nach dem erstinstanzlichen Vorbringen des Antragsgegners handelt sich dabei um die im Revisionsschreiben vom 27. August 2018 unter 52.03 Ziff. 8 erläuterte Beanstandung. Danach sei in einem Safe-Tank-Container festgestellt worden, dass die Auffangeinrichtung (Auffangwanne) für Fässer mit Betriebsmitteln (Hydrauliköl, Schmieröl und Altöl) mit Dreck (Boden, Erde o. a.) „beaufschlagt“ gewesen sei. Eine ordnungsgemäße Lagerung der Betriebsmittel sei damit nicht gewährleistet. Gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 3 und § 18 Abs. 1 und 2 AwSV müssten austretende wassergefährdende Stoffe schnell und zuverlässig erkannt und zurückgehalten werden. Ergänzend hat der Antragsgegner im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragen, dass das Volumen der Auffangwanne wegen des Inhalts an Boden und Erde „deutlich reduziert“ gewesen sei und die Auffangwanne im Falle einer Leckage ihre Funktion nicht im vorgesehenen Maße hätte erfüllen können. Weder mit diesen Beschreibungen noch anhand der Fotodokumentation sind das tatsächliche Ausmaß der Verschmutzung und die daraus gezogene Schlussfolgerung hinreichend nachvollziehbar.
23Abgesehen davon wird aus der für den Umweltinspektionsbericht vorgesehenen Formulierung für den objektiven Empfänger nicht ersichtlich, worin der nur abstrakt beschriebene Mangel eigentlich begründet sein soll. Stattdessen öffnet sie Raum für Spekulationen über den tatsächlichen Hintergrund dieses Vorhalts.
24(4.) Die Mangelbeschreibung „Unzulässige Annahme, Lagerung und Behandlung von Abfällen mit der AVV 10 09 08 führt der Antragsgegner ausweislich seines Revisionsschreibens vom 27. August 2018 (dort unter 52.03 Ziff. 1) auf eine (angebliche) Aussage des Geschäftsführers der Antragstellerin zurück, wonach Abfall mit dem AVV 10 09 08 in der Box C angenommen und zur weiteren Verarbeitung in die Halle der Antragstellerin umgelagert und anschließend dort behandelt (konditioniert) werde. Die Annahme und Behandlung des Abfalls mit dem AVV 10 09 08 in der Box C sei, so der Antragsgegner, durch die der I. E. GmbH erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung gedeckt, nicht aber die Annahme und Behandlung in der Halle der Antragstellerin. Jedenfalls mit Blick auf die eidesstattlichen Versicherungen des Geschäftsführers der Antragstellerin, er habe die ihm vom Antragsgegner zugeschriebene Erklärung, Abfälle mit dem AVV 10 09 08 würden in der Halle behandelt, nicht abgegeben, muss die Klärung der tatsächlichen Hintergründe dem Hauptsacheverfahren überlassen bleiben.
25(5.) Die Aufnahme der Mangelbeschreibung „Kein AwSV Prüfbericht des Hallenbodens vorgelegt“ in den Umweltinspektionsbericht ist jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil der Antragsgegner die damit verbundene Kategorisierung als „erheblichen Mangel“ nicht plausibilisiert hat.
26Der Antragsgegner kategorisiert die von ihm festgestellten Mängel entweder als „geringfügige Mängel“, als „erhebliche Mängel“ oder als „schwerwiegende Mängel“. Geringfügige Mängel definiert er als festgestellte Verstöße gegen materielle oder formelle Anforderungen, die augenscheinlich nicht zu Umweltbeeinträchtigungen führen können. Als erhebliche Mängel stuft er festgestellte Verstöße gegen materielle oder formelle Anforderungen ein, die zu Umweltbeeinträchtigungen führen können. Schwerwiegende Mängel sind nach seiner Definition solche Verstöße gegen materielle oder formelle Anforderungen, die zu akuten, erheblichen Umweltbeeinträchtigungen führen können.
27Schon im Verwaltungsverfahren hat die Antragstellerin - mit näherer Begründung - nicht nur ihre zum Zeitpunkt der Inspektion bestehende Verpflichtung zur Vorlage eines – wie vom Antragsgegner verlangt – von einem anerkannten Sachverständigen zu erstellenden Berichts in Frage gestellt, sondern ungeachtet dessen gegen diese Mangelbeschreibung auch eingewendet, dass die Einstufung als „erheblicher Mangel“ nicht nachvollziehbar sei; sie stehe außer Verhältnis zu dem sie vermeintlich tragenden Vorwurf. Diesen Einwand hat sie im gerichtlichen Verfahren wiederholt. Die jedenfalls auf einen solchen Vorhalt hin erforderliche Plausibilisierung der Mangelkategorisierung hat der Antragsgegner bislang unterlassen. Sie ist hier auch nicht deshalb entbehrlich, weil sie sich von selbst verstünde. Dies ist vor allem deshalb nicht der Fall, weil der Antragsgegner sogar den Mangel „Nicht ordnungsgemäße Lagerung von wassergefährdenden Stoffen“ als geringfügigen Mangel eingestuft hat.
28(6.) Hinsichtlich der Mangelbeschreibungen unter Ziff. 7. und 10. zieht der Antragsgegner inzwischen selbst eine präzisere Formulierung ernsthaft in Erwägung. Die Mangelfeststellung unter Ziff. 9. hat er sogar fallengelassen.
29b) Den Anordnungsgrund hat die Antragstellerin mit ihrem Vorbringen, im Falle der Veröffentlichung von – unrichtigen – Mangelfeststellungen unmittelbar mit erheblichen negativen wirtschaftlichen Folgen rechnen zu müssen, die auch nach einer etwaigen Klärung in einem Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, hinreichend glaubhaft gemacht.
30Vgl. dazu auch OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 2014 – 8 B 721/14 –, NWVBl. 2015, 153, juris, Rn. 39.
31c) Ungeachtet dessen, ob und inwieweit der Umweltinspektionsbericht über die vorstehend unter a) ausgeführten Gründe hinaus rechtlich zu beanstanden wäre, sieht der Senat in Ausübung seines prozessualen Ermessens (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 938 Abs. 1 ZPO) jedenfalls davon ab, dem Antragsgegner zumindest eine teilweise Veröffentlichung des Inspektionsberichts zu gestatten. Der geschilderte Zweck des Zugänglichmachens der Berichte, ein realitätsgerechtes Bild von der immissionsschutzrechtlichen (Un-) Rechtmäßigkeit des Anlagenbetriebs zu vermitteln, kann unter den hier gegebenen Umständen ein allenfalls noch fragmentarisch veröffentlichter Umweltinspektionsbericht nicht erreichen. Ein teilweise geschwärzter Bericht würde erst recht Anlass zu Missverständnissen und sogar Spekulationen bieten. Dadurch wäre weder dem sachlichen Informationsinteresse der Öffentlichkeit gedient, die einem solchen Bericht keine brauchbaren sachlichen Erkenntnisse entnehmen könnte, noch wäre dem Anspruch der Antragstellerin auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes genüge getan. Auch sind die nicht beanstandeten Mangelbeschreibungen nicht von solcher Art und solchem Gewicht, dass ein gesteigertes öffentliches Interesse an ihrer isolierten Veröffentlichung schon zum jetzigen Zeitpunkt angenommen werden müsste. Das gilt erst recht für die von der Antragstellerin ebenfalls in Frage gestellten Mängel, die auch nach Einschätzung des Antragsgegners jedenfalls zwischenzeitlich behoben worden sind (Nrn. 3, 8, 10 und 11).
32Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
33Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.
34Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5 und 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- 8 B 721/14 3x (nicht zugeordnet)
- 3 K 7726/19 1x (nicht zugeordnet)
- 8 B 721/14 1x (nicht zugeordnet)
- BImSchG § 52a Überwachungspläne, Überwachungsprogramme für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie 2x
- KrWG § 5 Ende der Abfalleigenschaft 1x