Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 10 A 2193/20
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 12.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
1Der zulässige Antrag ist unbegründet.
2Aus den innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegten Gründen ergeben sich weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch ein der Beurteilung des Senats unterliegender Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruhen kann (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
3Stützt der Rechtsmittelführer seinen Zulassungsantrag auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen. Dabei muss er den tragenden Rechtssatz oder die Feststellungen tatsächlicher Art, die er mit seinem Antrag angreifen will, bezeichnen und mit schlüssigen Gegenargumenten infrage stellen. Daran fehlt es hier.
4Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers mit dem Antrag, den Beklagten zu verpflichten, ihm unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 23. Mai 2019 den beantragten Vorbescheid für die Errichtung von zwei Garagen auf dem Grundstück in B., Gemarkung B., Flur 37, Flurstücke 193, 333/197 und 385 (im Folgenden: Vorhaben) zu erteilen, abgewiesen. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens sei nach § 35 BauGB zu beurteilen. Die zur Bebauung vorgesehenen Teile des besagten Grundstücks (im Folgenden: Vorhabengrundstück) seien nicht Bestandteil eines Bebauungszusammenhangs im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, wie sich aus den zutreffenden Entscheidungsgründen des Urteils der 8. Kammer des Verwaltungsgerichts vom 19. Oktober 2010 – 8 K 2707/10 – ergebe, auf die insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen werde. An der Grundstückssituation habe sich, wie aus den vor Ort getroffenen Feststellungen folge, gegenüber dem Jahr 2010 nichts geändert. Das Vorhaben sei als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB unzulässig, weil es öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtige, was sich aus den Ausführungen in dem Urteil vom 19. Oktober 2010 ergebe, auf die insoweit ebenfalls verwiesen werde. Dass der Kläger seinerzeit einen Vorbescheid für ein Wohnhaus und nicht – wie nunmehr – für zwei Garagen begehrt habe, führe zu keiner anderen Beurteilung.
5Ohne Erfolg rügt der Kläger, das Vorhabengrundstück sei Teil eines von der Bebauung entlang der Straße T. gebildeten Bebauungszusammenhangs. In der verfahrensfehlerfrei – hierzu unten – in Bezug genommenen Begründung des Urteils vom 19. Oktober 2010 hat die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts demgegenüber ausgeführt, der Bebauungszusammenhang ende südöstlich des T1. mit der Bebauung auf dem Flurstück 386 (T. 61) und umfasse nicht die von dort bis zur Bebauung auf dem Flurstück 450 (T. 97) reichende Freifläche, zu der auch das Vorhabengrundstück gehöre. Das Haus T. 97 stehe isoliert im Außenbereich.
6Diese Bewertung des Verwaltungsgerichts ist angesichts der abgesetzten Lage des Hauses T. 97 anhand der vorliegenden Karten und Luftbilder nachvollziehbar. Der Kläger setzt dem allein entgegen, dass die Freifläche wegen ihrer vergleichsweise geringen Ausdehnung als „Baulücke“ anzusehen sei. Tatsächlich spricht jedoch gerade die auch von ihm angesprochene Kompaktheit der Bebauung entlang des T1. bis zu der Bebauung auf dem Flurstück 386, an die sich die besagte Freifläche anschließt, gegen die Annahme eines Bebauungszusammenhangs über diese Bebauung hinaus, denn maßgeblich für einen solchen Bebauungszusammenhang ist der Eindruck der Geschlossenheit, den das Verwaltungsgericht aber hinsichtlich des Hauses T. 97, gestützt auf eine Ortsbesichtigung, verneint hat.
7Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass das Vorhaben als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB unzulässig sei, weil es öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB beeinträchtige, zieht der Kläger mit seinem Zulassungsantrag nicht in Zweifel. Das Vorhaben stellt sich – hiervon ist das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen – als Anschlussbebauung in den Außenbereich dar. Dies genügt bereits an sich, um es als siedlungsstrukturell unerwünscht zu qualifizieren. In § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB sind mit dem Entstehen, der Verfestigung und der Erweiterung einer Splittersiedlung lediglich typische Fälle einer solchen zu missbilligenden Siedlungsentwicklung genannt.
8Vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 24. Februar 1994 – 4 B 15.94 –, juris, Rn. 4, und Urteil vom 25. Januar 1985 – 4 C 29.81 –, juris, Rn. 9 f.; OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2014 – 2 A 741/13 –, juris, Rn. 26, mit weiteren Nachweisen.
9Dass es sich bei dem Vorhaben nicht um eine Wohnzwecken dienende bauliche Anlage handelt, schließt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange unter dem Aspekt der unerwünschten Erweiterung einer Splittersiedlung nicht aus. Nicht nur Wohnhäuser tragen zur Zersiedlung des Außenbereichs bei, sondern auch Gebäude, die anderen Zwecken dienen sollen und selbst keinen Bebauungszusammenhang vermitteln können. Hierzu zählen beispielsweise Garagen, Carports oder Stellplätze.
10Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. November 2018 – 2 A 1560/17 –, juris, Rn. 28, mit weiteren Nachweisen.
11Ob das Vorhaben zudem den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht, ist demnach nicht ausschlaggebend.
12Ein der Beurteilung des Senats unterliegender Verfahrensmangel gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, auf dem das angegriffene erstinstanzliche Urteil beruhen kann, ergibt sich aus dem Zulassungsvorbringen nicht.
13Der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe zur Begründung seiner Entscheidung lediglich pauschal auf das Urteil der 8. Kammer des Verwaltungsgerichts vom 19. Oktober 2010 – 8 K 2707/10 – Bezug genommen. Ein damit etwaig sinngemäß geltend gemachter Begründungsmangel liegt nicht vor.
14Nicht mit Gründen versehen im Sinne des § 138 Nr. 6 VwGO ist eine gerichtliche Entscheidung nur dann, wenn die Entscheidungsgründe ihre Funktion, die Beteiligten über die ihr zugrunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen zu unterrichten und gegebenenfalls dem Rechtsmittelgericht die Nachprüfung der Entscheidung auf ihre inhaltliche Richtigkeit in prozessrechtlicher und materiell-rechtlicher Hinsicht zu ermöglichen, nicht mehr erfüllen. Auch eine Bezugnahme beispielsweise auf den Inhalt von Schriftstücken oder den anderer gerichtlicher Entscheidungen kann diesen Zweck erfüllen, sofern die Beteiligten das in Bezug genommene Schriftstück oder die gerichtliche Entscheidung kennen oder von deren jeweiligem Inhalt ohne Schwierigkeiten Kenntnis nehmen können und sofern sich für sie und gegebenenfalls das Rechtsmittelgericht aus einer Zusammenschau der Ausführungen in der Bezug nehmenden Entscheidung und dem in Bezug genommenen Schriftstück beziehungsweise der in Bezug genommenen anderen gerichtlichen Entscheidung die für die richterliche Überzeugung maßgeblichen Gründe mit hinreichender Klarheit ergeben.
15Vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Dezember 2008 – 4 BN 25.08 –, juris, Rn. 9, mit weiteren Nachweisen.
16Das von dem Verwaltungsgericht zur Begründung seiner Entscheidung in Bezug genommene Urteil der 8. Kammer des Verwaltungsgerichts vom 19. Oktober 2010 in dem Verfahren 8 K 2707/10, das den seinerzeit von dem Kläger geltend gemachten Anspruch, den Beklagten zu verpflichten, ihm einen Vorbescheid für die Errichtung eines Wohngebäudes auf dem Vorhabengrundstück zu erteilen, zum Gegenstand hatte, ist den Beteiligten bekannt. Es ist etwa auch in dem von dem Verwaltungsgericht beigezogenen Verwaltungsvorgang des Beklagten enthalten, der dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zur Einsichtnahme übersandt worden ist. Der Beklagte hatte bereits in seinem Klageerwiderungsschriftsatz vom 11. November 2019 auf das Urteil vom 19. Oktober 2010 verwiesen. Die Bezugnahmen hierauf in dem angegriffenen Urteil sind entgegen der Auffassung des Klägers auch hinreichend klar. Die Textpassagen in dem Urteil vom 19. Oktober 2010, in denen die 8. Kammer des Verwaltungsgerichts seinerzeit die Zuordnung des Grundstücks zum Außenbereich begründet hat, sind eindeutig identifizierbar. Nichts anderes gilt für die Ausführungen zur Beeinträchtigung öffentlicher Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB durch das seinerzeit in Rede stehende Bauvorhaben.
17Ohne Erfolg rügt der Kläger zudem, das Verwaltungsgericht habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem es ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden habe. Einen unbedingten Verzicht auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung habe er nicht erklärt. Aufgrund der Beweiskraft der über den Ortstermin vom 29. Juni 2020 angefertigten Niederschrift (§ 98 VwGO, § 415 ZPO), deren Korrektur der Kläger nicht auf dem dafür vorgeschriebenen Weg der Protokollberichtigung zu erreichen versucht hat, ist jedoch davon auszugehen, dass die Beteiligten und damit auch der anwaltlich vertretene Kläger die Erklärung, auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu verzichten – so wie vorgelesen und genehmigt – unbedingt abgegeben haben.
18Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
19Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG. Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Der Senat orientiert sich bei der Ausübung seines Ermessens in ständiger Praxis an dem Streitwertkatalog der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts vom 22. Januar 2019 (BauR 2019, 619), der unter Nr. 2 Buchstabe d für Klagen, die die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung von Garagen zum Gegenstand haben, einen Streitwert von 4.000 Euro je Pkw vorsieht und unter Nr. 5 für Klagen auf Erteilung eines Vorbescheids einen Rahmen von 50 bis 100 Prozent des Genehmigungsstreitwerts vorschlägt. Legt man zugrunde, dass hier in den beiden zur Genehmigung gestellten Garagen jeweils zwei Pkw Platz finden können und mit der Entscheidung über den beantragten Vorbescheid die Frage der Zulässigkeit des Vorhabens im Wesentlichen geklärt sein dürfte, hält der Senat einen Streitwert in Höhe von 12.000 Euro (75 Prozent von vier mal 4.000 Euro) für angemessen.
20Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Sätze 1 und 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
21Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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Referenzen
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- 2 A 741/13 1x (nicht zugeordnet)