Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 A 1691/19
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 880,90 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Der auf die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3 und Nr. 4 VwGO gestützte Antrag hat keinen Erfolg.
3Die Berufung ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulas-sen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO innerhalb der Begründungsfrist dargelegt ist und vorliegt. Dabei bedeutet „darlegen“ i. S. v. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil fallbezogen zu erläutern, weshalb die Voraussetzungen des jeweils geltend gemachten Zulassungsgrundes im Streitfall vorliegen sollen. Das Oberverwaltungsgericht soll allein aufgrund der Zulassungsbegründung die Zulassungsfrage beurteilen können, also keine weiteren aufwändigen Ermittlungen anstellen müssen.
4Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Oktober 2013
5– 1 A 106/12 –, juris, Rn. 2 m. w. N.
6Hiervon ausgehend rechtfertigt das fristgerechte Zulassungsvorbringen des Klägers die begehrte Zulassung der Berufung aus keinem der geltend gemachten Zulassungsgründe. Soweit es den Anforderungen an die Darlegung dieser Gründe genügt, greift es in der Sache nicht durch.
7Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seiner klageabweisenden Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf die begehrten weiteren Beihilfeleistungen zu den Arzneimitteln. Aufwendungen für nichtverschreibungspflichtige apothekenpflichtige und nicht apothekenpflichtige Arzneimittel seien gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 7 Satz 2 der Verordnung über Beihilfen in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen vom 5. November 2009 in der Fassung der Vierten Verordnung zur Änderung der Beihilfeverordnung NRW vom 15. November 2013 (GV. NRW. S. 644) – BVO NRW – nicht beihilfefähig. Soweit ihm die streitgegenständlichen Aufwendungen für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen entstanden seien, stehe der Gewährung von Beihilfen der Ausschlusstatbestand des § 4 Abs. 1 Nr. 7 Satz 5 BVO NRW entgegen. Der ausnahmslose Ausschluss der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen verstoße weder gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG normierten Gleichheitsgrundsatz noch gegen die ebenfalls verfassungsrechtlich geschützte Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Hinsichtlich der übrigen, ebenfalls nichtverschreibungspflichtigen Arzneimittel fehle es an dem für die Beihilfefähigkeit erforderlichen Eingreifen einer der in der BVO NRW normierten Rückausnahmen, etwa für Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 7 Satz 4 BVO NRW), oder infolge einer Ausnahmeentscheidung im Einzelfall. Dem Kläger stünden schließlich auch keine Beihilfen aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten zu. Weder könne der Kläger aus dem am 14. Dezember 1989 vor dem Verwaltungsgericht in dem Verfahren 3 K 505/87 geschlossenen Vergleich einen Anspruch auf Anerkennung der streitgegenständlichen Aufwendungen für die durch den Heilpraktiker verschriebenen Arzneimittel herleiten noch ergebe sich ein solcher unter Vertrauensschutzgesichtspunkten.
8I. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
9Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt.
10Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 28. August 2018– 1 A 249/16 –, juris, Rn. 2, vom 9. Juli 2018 – 1 A 2592/17 –, juris, Rn. 2, vom 5. Januar 2017 – 1 A 2257/15 –, juris, Rn. 9 f., und vom 29. Januar 2016– 1 A 1862/14 –, juris, Rn. 3 f., jeweils m. w. N.
11Der Rechtsmittelführer muss darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht unrichtig ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden An-nahmen des Verwaltungsgerichts auseinander setzen und im Einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernstlichen Zweifeln begegnen. Er muss insbesondere die konkreten Feststellungen tatsächlicher oder rechtlicher Art benennen, die er mit seiner Rüge angreifen will. Diesen Darlegungsanforderungen wird nicht genügt, wenn sich sein Vorbringen in einer Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags erschöpft, ohne im Einzelnen auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung einzugehen.
12Vgl. Seibert, in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a, Rn. 206 m. w. N.
131. Weite Teile des Zulassungsvorbringens des Klägers werden den vorgenannten Darlegungsanforderungen nicht gerecht.
14Soweit der Kläger sich in Abschnitt A. der Zulassungsbegründung darauf beschränkt, die Inhalte seiner erstinstanzlichen Schriftsätze wörtlich zu zitieren, fehlt es vollumfänglich an der im Zulassungsverfahren erforderlichen Auseinandersetzung mit den erstinstanzlichen Entscheidungsgründen. Insoweit legt das Zulassungsvorbringen bereits nicht dar, inwieweit diese Ausführungen zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils führen sollen.
15Des Weiteren fehlt es an einer hinreichenden Darlegung, soweit der Kläger einen Verstoß des Verwaltungsgerichts gegen den Amtsermittlungsgrundsatz geltend macht, weil dieses die nach seinem Vortrag schwerwiegenden Erkrankungen nicht hinreichend gewürdigt und aufgeklärt habe (vgl. Abschnitt B.4. der Zulassungsbegründung). Weder findet sich im Zulassungsvorbringen eine Auseinandersetzung mit der diesbezüglichen Argumentation des Verwaltungsgerichts noch wurde das Vorliegen des behaupteten Schweregrades an Erkrankungen im Zulassungsverfahren hinreichend glaubhaft gemacht. Die umfangreiche Wiedergabe des früheren Behandlungsverlaufs und der eingenommenen Medikamente ohne nähere Belege reicht hierfür nicht aus. Es ist nicht Aufgabe des Senats, die individuellen Nachweise für diesen sehr allgemein gehaltenen Vortrag zu suchen und die Argumente hierdurch zu vertiefen.
16Schließlich fehlt es auch bezüglich der Auffassung des Klägers, das erkennende Gericht habe die besondere Fürsorgepflicht des Dienstherrn aus einem weiteren Gesichtspunkt nicht hinreichend gewürdigt, indem es das Fehlen anerkannter wissenschaftlicher Behandlungsmethoden für die Erkrankung des Klägers verkannt habe, an einer Glaubhaftmachung und damit hinreichenden Darlegung des diesbezüglichen Vortrags in der Zulassungsbegründung (vgl. Abschnitt B.5.).
172. Soweit das Zulassungsvorbringen des Klägers den Anforderungen an die Darlegung genügt, greift es in der Sache nicht durch. Die vorstehenden Maßgaben zu-grunde gelegt, rechtfertigt es nicht die Annahme ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils.
18a) Dies gilt zunächst für das Vorbringen des Klägers, das Verwaltungsgericht habe sich zu Unrecht auf § 75 Abs. 8 Nr. 2 lit. c) LBG NRW bezogen, obwohl diese Vorschrift nur die Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen für Untersuchungen und Behandlungen normiere, wohingegen die Erstattungsfähigkeit von Medikamenten in § 75 Abs. 8 Nr. 2 lit. d) LBG NRW geregelt sei.
19Auch wenn diese Differenzierung im Grundsatz zutreffend ist, folgen hieraus – anders als der Kläger meint – keine für ihn günstigeren Tatbestandsvoraussetzungen. Seine Annahme, das Fehlen der Einschränkung "nach wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten oder unwirtschaftlichen Methoden" aus lit. c) in der hier einschlägigen lit. d) wirke sich für ihn günstig aus, trifft nicht zu. Im Gegenteil hat der Gesetzgeber § 75 Abs. 8 Nr. 2 lit. c) LBG NRW enger gefasst. Dies hat zur Folge, dass Beschränkungen oder Ausschlüsse von Aufwendungen für Untersuchungen und Behandlungen in den Beihilfevorschriften ausschließlich auf Grundlage wissenschaftlich nicht allgemein anerkannter oder unwirtschaftlicher Methoden bestimmt werden können. Demgegenüber enthält die Formulierung in § 75 Abs. 8 Nr. 2 lit. d) LBG NRW keine derartige Einschränkung auf bestimmte Formen an Beschränkungen und Ausschlüssen von Aufwendungen unter anderem für nicht verschreibungspflichtige oder verschreibungspflichtige Arzneimittel.
20Dies hat zur Folge, dass die wissenschaftlich nicht allgemein anerkannten oder unwirtschaftlichen Methoden auch einer der unbenannten Gründe in § 75 Abs. 8 Nr. 2 lit. d) LBG NRW sein können, die Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zu beschränken bzw. auszuschließen. Dass die BVO NRW entsprechendes in zulässiger Weise umsetzt, hat das Verwaltungsgericht ausführlich begründet und sich hierbei an der Rechtsprechung des Senats orientiert.
21Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. Mai 2018 – 1 A 1028/17 –, juris, Rn. 36.
22b) Auch das Vorbringen des Klägers, der Gesetzgeber habe die Beschränkungen und Ausschlüsse nicht in einer Rechtsverordnung, sondern im Landesbeamtengesetz selbst regeln müssen, um den vom Bundesverfassungsgericht aus Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG abgeleiteten Anforderungen gerecht zu werden, rechtfertigt entgegen der Auffassung des Klägers keine Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils sowie der Amtsermittlung des erstinstanzlichen Gerichts.
23Auch das beihilferechtliche Regelungssystem muss sich an dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, der sich aus dem rechtsstaatlichen und demokratischen Verfassungssystem des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 1 und 3 GG) ergibt, messen lassen. Dieser Grundsatz verlangt, dass staatliches Handeln in bestimmten grundlegenden normativen Bereichen durch förmliches Gesetz legitimiert wird. Der parlamentarische Gesetzgeber ist verpflichtet, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen, und darf sie nicht anderen Normgebern oder schlicht dem Verwaltungsvollzug überlassen. Wann danach eine Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber erforderlich ist, lässt sich nur mit Blick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen. Ob und welche Leistungen der Dienstherr im Falle von Krankheit und Pflegebedürftigkeit erbringt, ist für den Beamten und seine Familie von herausragender Bedeutung. Die Leistungen gestalten den Fürsorgegrundsatz aus und bestimmen mit über das dem Beamten gewährte Niveau der Alimentation. Dies gebietet es, die tragenden Strukturprinzipien und wesentliche Einschränkungen des Beihilfesystems durch Parlamentsgesetz zu regeln. Zu den tragenden Strukturprinzipien des Beihilferechts zählen insbesondere die Bestimmung des Leistungssystems, das dem Beamten und seiner Familie Schutz im Fall von Krankheit und Pflegebedürftigkeit bietet, die Festlegung der Risiken, die abgedeckt werden, die Bestimmung des Personenkreises, der Leistungen beanspruchen kann, der Grundsätze, nach denen Leistungen erbracht, bemessen oder ausgeschlossen werden, und die Anordnung, welche zweckidentischen Leistungen und Berechtigungen Vorrang haben. Des Weiteren muss der parlamentarische Gesetzgeber die Verantwortung für Beihilfekürzungen in Form von Selbstbeteiligungen übernehmen, wenn sie die Schwelle der Geringfügigkeit überschreiten.
24Vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. März 2016 – 5 B 11.16 –, juris, Rn. 13 m. w. N.; siehe auch Urteile vom 3. Juni 2009 – 2 C 27.08 –, juris, Rn. 8, und vom 17. Juni 2004 – 2 C 50.02 –, BVerwGE 121, 103-115, juris, Rn. 19; zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG siehe stellvertretend Beschluss vom 14. März 1989– 1 BvR 1033/82 –, BVerfGE 80, 1-39, juris, Rn. 58
25Gemessen an diesen Anforderungen wird die Ausgestaltung des § 75 Abs. 8 Nr. 2 lit. d) LBG NRW rechtsstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen – insbesondere auch aus Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG – für sich genommen gerecht. Anders als der Kläger meint, ist es nicht zwingend Sache des Gesetzgebers, die Beschränkungen und Ausschlüsse selbst durch formelles Gesetz zu regeln und konkrete Vorgaben für deren Ausgestaltung etwa bei bestimmten Arzneimitteln zu geben. Zu den tragenden Strukturprinzipien zählen nach dem Vorstehenden insoweit lediglich die Grundsätze, nach denen Leistungen erbracht, bemessen oder ausgeschlossen werden. Dem ist der nordrhein-westfälische Landesgesetzgeber in Bezug auf § 75 Abs. 8 Nr. 2 lit. d) LBG NRW dadurch nachgekommen, dass er die Fallkonstellationen aufgelistet hat, in denen das Finanzministerium durch Rechtsverordnung die Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen unabhängig von ihrer Notwendigkeit und Angemessenheit, jedoch unter Beachtung der Grundsätze beamtenrechtlicher Fürsorge beschränken oder ausschließen kann. Hierzu zählen unter anderem, worauf es vorliegend ankommt, Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige oder verschreibungspflichtige Arzneimittel.
26c) Auch der weitere klägerische Einwand, die maßgebliche Vorschrift des "§ 4 Abs. 7 Nr. 2 BVO NRW" (gemeint ist offenbar § 4 Abs. 1 Nr. 7 Satz 2 Ziff. 2 BVO NRW) sei verfassungswidrig, da deren Satz 3 gegen den Gleichheitssatz verstoße, ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils zu begründen. Der Kläger hält es für eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung, dass der Ausschluss für nichtverschreibungspflichtige apothekenpflichtige und nicht apothekenpflichtige Arzneimittel aus § 4 Abs. 1 Nr. 7 Satz 2 BVO NRW gemäß dem dortigen Satz 3 für Personen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr keine Anwendung finde, ohne dass Differenzierungspunkte erkennbar wären.
27Diese Annahme ist nicht begründet, da die ungleiche Behandlung nach dem Lebensalter, infolge derer der Ausschluss des Satzes 2 zwar auf den Kläger Anwendung findet, nicht jedoch auf den Personenkreis i. S. v. Satz 3, sachlich gerechtfertigt ist.
28Der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, stellt es dem Normgeber aber frei, auf Grund autonomer Wertungen Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Dabei hat er grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum, wenn die Ungleichbehandlung nicht an ein personenbezogenes, d. h. von den Betroffenen gar nicht oder nur schwer beeinflussbares Merkmal, sondern an Lebenssachverhalte anknüpft oder von freiwilligen Entscheidungen der Betroffenen abhängt.
29Vgl. hierzu: BVerwG, Urteile vom 5. Mai 2010 – 2 C 12.10 –, juris, Rn. 10, vom 26. August 2009 – 2 C 62.08 –, juris, Rn. 11, und vom 28. Mai 2008 – 2 C 24.07 –, juris, Rn. 25, jeweils m. w. N., v. a: zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
30Umgekehrt unterliegt der Gesetzgeber bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen – wie vorliegend – regelmäßig einer strengen Bindung. Diese Bindung ist umso enger, je mehr sich die personenbezogenen Merkmale den in Art. 3 Abs. 3 GG genannten annähern und je größer deshalb die Gefahr ist, dass eine an sie anknüpfende Ungleichbehandlung zur Diskriminierung einer Minderheit führt. Die engere Bindung ist jedoch nicht auf personenbezogene Differenzierungen beschränkt. Sie gilt vielmehr auch, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt. Überdies sind dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann.
31Vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Januar 1993– 1 BvL 38/92 –, BVerfGE 88, 87-103, juris, Rn. 35.
32Betrifft die angegriffene Maßnahme ein Gebiet, in dem der Normgeber über ein weites Ermessen verfügt, so ist ein Gleichheitsverstoß nur dann anzunehmen, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung schlechthin nicht finden lässt, die Regelung also willkürlich erscheint. Bewegt sich der Normgeber dagegen auf einem Gebiet, auf dem er engen rechtlichen Bindungen unterliegt, so kann ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz schon dann angenommen werden, wenn für die Differenzierung keine Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können.
33Vgl. hierzu: BVerwG, Urteile vom 5. Mai 2010 – 2 C 12.10 –, juris, Rn. 10, vom 26. August 2009 – 2 C 62.08 –, juris, Rn. 11, und vom 28. Mai 2008 – 2 C 24.07 –, juris, Rn. 25, jeweils m. w. N., v. a: zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
34Die vom Normgeber für eine Differenzierung im Beihilfesystem angeführten Gründe müssen im Rahmen der Prüfung eines Verstoßes gegen den Gleichheitssatz auch vor dem Hintergrund Bestand haben, dass die Beihilfe ihre Grundlage in der in ihrem Kern verfassungsrechtlich geschützten Fürsorgepflicht des Dienstherrn findet. Solange der Gesetzgeber am gegenwärtig praktizierten "Mischsystem" aus privat finanzierter Eigenvorsorge und ergänzender Beihilfe festhält, ist der allgemeine Gleichheitssatz insofern verletzt, wenn eine bestimmte Regelung die im Beihilfesystem angelegte Sachgesetzlichkeit ohne zureichenden Grund verlässt. Durch Leistungseinschränkungen und Leistungsausschlüsse darf sich der Vorschriftengeber innerhalb des geltenden Beihilfesystems danach nicht zu seiner grundsätzlichen Entscheidung in Widerspruch setzen, Beihilfe zu gewähren, soweit sie dem Grund nach notwendig und der Höhe nach angemessen ist. Da es sich bei der Begrenzung der Beihilfefähigkeit durch Leistungsausschlüsse und Leistungsbeschränkungen um eine Einschränkung dieses Grundsatzes handelt, bedarf ein Ausschluss oder eine Begrenzung in formeller Hinsicht einer (hier wie ausgeführt vorliegenden) ausdrücklichen Rechtsgrundlage und in materieller Hinsicht einer inneren, den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG standhaltenden Rechtfertigung.
35Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10. Dezember 2010– 1 A 565/09 –, juris, Rn. 90; siehe auch bereits BVerwG, Urteile vom 5. Mai 2010 – 2 C 12.10 –, juris, Rn. 11, vom 26. August 2009 – 2 C 62.08 –, juris, Rn. 12, und vom 28. Mai 2008 – 2 C 24.07 –, juris, Rn. 26.
36In Anwendung dieser Grundsätze ist nicht erkennbar, dass die Differenzierung nach minderjährigen und volljährigen Personen durch § 4 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 BVO NRW gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt.
37Der – abgesehen von Minderjährigen (Satz 3) – ausnahmslose Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen von der Beihilfefähigkeit gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 7 Satz 2 Ziff. 2 BVO NRW ist nicht zu beanstanden. Gerechtfertigt wird dies im Kern mit der im Regelfall zu erwartenden Geringfügigkeit der für solche Arzneimittel entstehenden Aufwendungen.
38Vgl. speziell zum Ausschluss betreffend besondere Therapierichtungen: OVG NRW, Urteil vom 18. Mai 2018 – 1 A 1028/17 –, juris, Rn. 53; zudem allgemein zum Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Medikamente: Urteile vom 8. Juni 2010 – 1 A 1328/08 –, juris, Rn. 43 ff., vom 10. Dezember 2010 – 1 A 565/09 –, juris, Rn. 87 ff., vom 11. Juli 2011 – 1 A 498/09 –, juris, Rn. 73 ff., vom 21. November 2011– 1 A 335/09 –, juris, Rn. 34 ff., vom 5. Dezember 2011 – 1 A 501/09 –, juris, Rn. 36 ff., 123 ff., vom 12. September 2014 – 1 A 1601/13 –, juris, Rn. 30, sowie Beschluss vom 17. Februar 2011 – 1 A 349/09 –, juris, Rn. 64 ff.
39Ein sachlicher Differenzierungsgrund für die Rückausnahme zugunsten von Personen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr ergibt sich insoweit schon aus dem Umstand, dass selbst die grundsätzlich geringfügigen Aufwendungen diesen Personenkreis aufgrund der weithin fehlenden regelmäßigen Einkünfte regelmäßig härter treffen als volljährige Personen. Eine Rückausnahme zu Gunsten dieses Personenkreises verfolgt daher einen sachlichen Grund, wobei sich der Verordnungsgeber wegen der Vielzahl möglicher Fallkonstellationen zulässigerweise auch einer Pauschalierung bedienen darf. Außerdem orientiert sich die Rückausnahme insoweit an der gesetzlichen Krankenversicherung, um die in der Regel betroffene Familie eines beihilfeberechtigten Beamten um diese Aufwendungen zu entlasten. Der Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel von der dortigen Versorgung gilt auch in der gesetzlichen Krankenversicherung in weitem Maße nicht für Kinder und Jugendliche bis maximal zur Vollendung des 18. Lebensjahres (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 5 SGB V); diese Regelung hat auch Eingang in die Richtlinie über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie) gefunden und dient nach dem Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drs. 15/1525, Seite 86) "zur Berücksichtigung der besonderen Belange von Familien mit Kindern". Neben dieser materiellen Zielsetzung liegt eine sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung nicht zuletzt darin begründet, dass der Verordnungsgeber diesen Gedanken des gesetzlichen Krankenversicherungssystems in entsprechender Weise auf das Beihilfesystem überträgt und damit eine Vergleichbarkeit der Versorgungssysteme herstellt.
40d) Entsprechendes gilt auch für das weitere Zulassungsvorbringen des Klägers, die von ihm angenommene – hier jedoch zuvor nicht festgestellte – Verfassungswidrigkeit erstrecke sich auch auf § 4 Abs. 7 Satz 5 BVO NRW. Nach seiner Begründung nehme diese Vorschrift dieselbe Differenzierung anhand des Lebensalters vor, ohne dass es eine sachliche Rechtfertigung dafür gebe, Kindern und Jugendlichen im Gegensatz zu dem Kläger eine Erstattung der Medikamente der besonderen Therapieeinrichtungen zu gewähren. Dass dies allerdings nicht zutrifft und ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung existiert, wurde bereits dargelegt; die vorstehenden Ausführungen gelten insoweit entsprechend.
41II. Die Berufung ist auch nicht wegen der von dem Kläger geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
42Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung des Zulassungsgrundes ist die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird. Ist die aufgeworfene Frage eine Rechtsfrage, so ist ihre Klärungsbedürftigkeit nicht schon allein deshalb zu bejahen, weil sie bislang nicht obergerichtlich oder höchstrichterlich entschieden ist. Nach der Zielsetzung des Zulassungsrechts ist vielmehr Voraussetzung, dass aus Gründen der Einheit oder Fortentwicklung des Rechts eine obergerichtliche oder höchstrichterliche Entscheidung geboten ist. Die Klärungsbedürftigkeit fehlt deshalb, wenn sich die als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage entweder schon auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts nach allgemeinen Auslegungsmethoden oder aber (ggf. ergänzend) auf der Basis bereits vorliegender Rechtsprechung ohne weiteres beantworten lässt.
43Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 28. August 2018– 1 A 2092/16 –, juris, Rn. 34, und vom 13. Februar 2018 – 1 A 2517/16 –, juris, Rn. 32.
44In Anwendung dieser Grundsätze liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung nicht vor.
45Ungeachtet dessen, dass der Kläger in der Zulassungsbegründung keine konkrete, von ihm als grundsätzlich bedeutsam erachtete Rechtsfrage formuliert hat, rechtfertigt die sinngemäße Frage danach, ob der Gesetzgeber eine konkretere Regelung im Gesetz hätte treffen müssen, anstatt dem Verordnungsgeber eine Globalermächtigung zu erteilen, die Erstattung sämtlicher Arzneimittel auszuschließen, nicht die Zulassung der Berufung. Diese Frage kann, wie sich aus den Ausführungen unter Gliederungsziffer I.2. dieses Beschlusses ergibt, schon anhand der bisherigen obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung beantwortet werden, ohne dass es eines Zulassungsverfahrens bedarf. Sie ist daher nicht klärungsbedürftig.
46IV. Die begehrte Zulassung der Berufung kann schließlich auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO erfolgen.
47Nach dieser Vorschrift ist die Berufung zuzulassen, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts von einer Entscheidung eines in der Norm aufgeführten divergenzrelevanten Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine solche Divergenz ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn ein inhaltlich bestimmter, die angefochtene Entscheidung tragender Rechtssatz dargelegt wird, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung eines divergenzrelevanten Gerichts aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat.
48Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 21. April 2010– 1 A 1326/08 –, juris, Rn. 34, und vom 25. Januar 2012 – 1 A 640/10 –, juris, Rn. 2; ferner etwa Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 215 bis 217, m. w. N.
49Der Kläger macht insoweit geltend, das Verwaltungsgericht sei von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 1958 sowie von den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2004 und des Bundesgerichtshofs vom 2. Dezember 1981 abgewichen.
50Dieses Vorbringen geht ins Leere, weil das angefochtene Urteil die gerügten Ausführungen zu den Anforderungen des Art. 80 GG, die dem erwähnten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvL 18/56, v. a. Rn. 74 ff.) zu entnehmen sind, schlicht nicht enthält und Anhaltspunkte für eine verdeckte Divergenz weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind.
51Entsprechendes gilt auch für die Ausführungen zu dem Umfang und der Tragweite der Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Insoweit ist nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht von den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts (2 C 50.02, Rn. 10 ff.) und des Bundesgerichtshofs (Az. unbekannt, ggf.: IVa ZR 206/80) in den vorgenannten Entscheidungen abgewichen ist. Auf die Ausführungen unter Gliederungsziffer I.2. wird insofern verwiesen.
52Unabhängig davon genügt das Vorbringen des Klägers auch nicht den Anforderungen an eine hinreichende Darlegung, weil es schon an der Bezeichnung und Gegenüberstellung divergierender Rechtssätze im vorgenannten Sinn fehlt.
53Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
54Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 und 3 GKG.
55Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach den §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unan-fechtbar. Das angefochtene Urteil ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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