Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 A 2090/21.A
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens zu je ¼; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
1
G r ü n d e
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Die Berufung ist nicht wegen der allein geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zuzulassen.
4Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift, wenn sie eine konkrete noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Für die Darlegung dieserVoraussetzungen ist neben der Formulierung einer Rechts- oder Tatsachenfrage erforderlich, dass der Zulassungsantrag konkret auf die Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit der Rechts- bzw. Tatsachenfrage sowie ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht.
5Gemessen hieran rechtfertigen die von den Klägern als grundsätzlich bedeutsam angesehene Fragen,
6"1. Inwiefern droht Personen, die sich in Südafrika exilpolitisch parteilich engagieren, bei Rückkehr politische Verfolgung im Sinne des § 3 Nr. 1 AsylG durch staatliche und nicht-staatliche Akteure des Landes, für das sie sich engagieren (§ 3c AsylG)?2. Inwieweit ist der südafrikanische Staat tatsächlich in der Lage, exilpolitisch aktive Personen und deren Angehörige innerhalb des ganzen Landes aktiv zu schützen und politische Freiheitsrechte zu garantieren?3. Inwieweit ist der südafrikanische Staat tatsächlich im Sinne des § 3d Abs. 1 Nr. 1 in der Lage, effektive und effiziente Strafverfolgung durchzusetzen?",
7nicht die begehrte Zulassung der Berufung.
8Das Zulassungsvorbringen, mit dem die Kläger unter Vorlage diverser Dokumente die Fähigkeit der von ihnen als schwach und machtlos bezeichneten südafrikanischen Sicherheitsbehörden anzweifeln, die Bürger des Landes effektiv vor privatem Unrecht zu schützen, das in ihrem Fall von privaten pakistanischen Verfolgern ausgehen soll, zeigt nämlich schon nicht auf, dass die Beantwortung der aufgeworfenen Fragen sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird.
9Das Verwaltungsgericht hat die Klage, soweit sie auf die Verpflichtung der Beklagten gerichtet ist, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, sie als Asylberechtigte anzuerkennen und ihnen (hilfsweise) subsidiären Schutz zuzuerkennen, mit einer Mehrfachbegründung abgewiesen: Die geschilderten Bedrohungshandlungen (versuchter Überfall auf das Wohnhaus der Familie; anonyme Drohnachricht per WhatsApp) erreichten nach Art und Ausmaß nicht die für eine Verfolgungshandlung i. S. d. §§ 3 Abs. 1, 3a Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylG erforderliche Intensität. Selbst wenn man in den geschilderten Bedrohungshandlungen asylrelevante Verfolgungshandlungen erblicken könnte, fehlte es diesen ausgehend von dem gesamten Vorbringen des Klägers zu 1. an einer kausalen Anknüpfung an einen rechtlich relevanten Verfolgungsgrund i. S. v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG, weil der Kläger zu 1. über die Hintergründe und Drahtzieher des Überfalls und den Urheber der anonymen Nachricht nur Spekulationen habe anstellen können. Unabhängig davon und selbständig tragend sei es den Klägern zuzumuten, sich im Falle (erneuter) Bedrohungen der Hilfe der staatlichen Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden zu bedienen, die grundsätzlich i. S. v. § 3d AsylG willens und in der Lage seien, ihre Staatsbürger vor privatem Unrecht zu schützen. Ferner – ebenfalls selbständig tragend – seien die Kläger auf die bestehende Möglichkeit einer inländischen Fluchtalternative zu verweisen (§ 3e Abs. 1 AsylG); insbesondere sei nicht nachvollziehbar, wie die (zuletzt in X. wohnhaften) Kläger namentlich in der Anonymität einer der südafrikanischen Großstädte wie Kapstadt, Johannesburg oder Pretoria von den (vermuteten) Verfolgern aufgefunden werden sollten.
10Die Kläger haben von diesen jeweils selbständig tragenden Begründungsansätzen mit ihrem Zulassungsvorbringen lediglich einen Begründungsansatz angegriffen, nämlich die Erwägung des Verwaltungsgerichts, sie seien für den Fall (erneuter) Bedrohungen auf die Hilfe der schutzwilligen und ‑fähigen staatlichen Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden zu verweisen. In Bezug auf die drei weiteren Begründungsansätze hätte es in ihnen oblegen, jeweils einen einschlägigen Zulassungsgrund nach § 78 Abs. 3 AsylG darzulegen. Hierzu lässt sich der Antragsbegründung jedoch nichts entnehmen. Das gilt auch in Bezug auf den vierten Begründungsansatz, der die Möglichkeit einer inländischen Fluchtalternative annimmt. Das (möglicherweise auch hierauf bezogene) Zulassungsvorbringen, die Familie habe sich durch einen Umzug erfolglos den Nachstellungen zu entziehen versucht, haben die Kläger nämlich schon keinem Zulassungsgrund erkennbar zugeordnet. Unabhängig davon ist es ersichtlich ungeeignet, dem in Rede stehenden Begründungsansatz etwas entgegenzusetzen. Die Familie hat bei dem gemeinten Umzug X. nämlich nicht verlassen, sondern nur das Wohngebiet gewechselt (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung, S. 3 Mitte).
11Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO. Die Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens ergibt sich aus § 83b AsylG.
12Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG). Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig, § 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG.
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