Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 19 B 1371/21
Tenor
Die Anhörungsrüge wird als unzulässig verworfen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens.
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Die Anhörungsrüge ist nach § 152a Abs. 4 Satz 1 VwGO unzulässig. Nach dieser Vorschrift ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht in der gesetzlichen Form erhoben ist. Hierzu gehört nach § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO, dass sie das Vorliegen eines entscheidungserheblichen Gehörsverstoßes im Sinn des § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO darlegt. Diese Voraussetzung erfüllen die beiden Schriftsätze des Antragstellers vom 18. August 2021 nicht. Mit ihnen legt er die tatsächlichen Voraussetzungen weder einer den Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO verletzenden Überraschungsentscheidung noch eines ‑ nach seiner Auffassung ‑ gehörsverletzenden Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 86 VwGO dar.
2Eine Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das Gericht seine Entscheidung ohne vorherigen richterlichen Hinweis auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verfahrensverlauf auch unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen und Sachverhaltswürdigungen nicht zu rechnen braucht.
3BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 3. Mai 2021 ‑ 2 BvR 1176/20 ‑, juris, Rn. 21, vom 13. Februar 2019 ‑ 2 BvR 633/16 ‑, juris, Rn. 24, vom 5. März 2018 ‑ 1 BvR 1011/17 ‑, NZM 2018, 440, juris, Rn. 16 m. w. N.; BVerwG, Beschlüsse vom 9. Januar 2020 - 5 B 25.19 D -, juris, Rn. 18 m. w. N., und vom 14. Juni 2018 ‑ 3 BN 1.17 ‑, juris, Rn. 26, Urteil vom 31. Juli 2013 ‑ 6 C 9.12 ‑, BVerwGE 147, 292, juris, Rn. 38 m. w. N.; OVG NRW, Beschlüsse vom 29. Juli 2021 ‑ 19 A 2877/20.A ‑, juris, Rn. 7, vom 29. Juli 2021 ‑ 19 A 4125/19 ‑, juris, Rn. 14, und vom 14. Dezember 2020 ‑ 19 A 2706/18.A ‑, juris, Rn. 38 m. w. N.
4In seinen beiden genannten Schriftsätzen benennt der Antragsteller keinen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt, auf den der Senat den angefochtenen Beschluss gestützt hat und der für ihn überraschend gewesen sein soll. Er leitet einen Gehörsverstoß vielmehr nur verfahrensbezogen daraus ab, dass der Senat seiner Anregung, einen Erörterungstermin anzuberaumen, nicht gefolgt ist und eine von ihm erwartete Beschwerdeerwiderung des Schulamts nicht abgewartet habe. Abgesehen davon entbehren die beiden Erwartungen des Antragstellers, dass der Senat vor der Entscheidung über die Beschwerde eine mögliche Beschwerdeerwiderung abwarten und einen Hinweis zum weiteren Vorgehen erteilen würde, einer hinreichenden Grundlage.
5Auch im Übrigen hat der Antragsteller keine Gehörsverletzung des Senats dargelegt. Die Rüge, der Senat habe in gehörsverletzender Weise gegen den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 86 VwGO verstoßen, ist ungeeignet, eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO zu begründen. Ein etwaiger Aufklärungsmangel begründet grundsätzlich ‑ und auch hier ‑ keinen Gehörsverstoß.
6OVG NRW, Beschlüsse vom 8. Juni 2021 ‑ 19 A 2142/20.A ‑, juris, Rn. 9, vom 13. November 2020 ‑ 19 A 450/20.A -, juris, Rn. 26, vom 2. Januar 2020 ‑ 19 A 4368/18.A -, juris, Rn. 4, vom 1. März 2019 - 6 A 1882/18.A -, juris, Rn. 34, und vom 18. April 2016 ‑ 19 A 1514/14.A -, juris, Rn. 8, m. w. N.; Bay. VGH, Beschluss vom 4. Juni 2021 - 10 ZB 21.1542 -, juris, Rn. 10 m. w. N.
7Unabhängig davon legt der Antragsteller auch keinen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 VwGO dar. Aus den beiden genannten Schriftsätzen geht nicht hervor, weshalb sich eine Nachfrage des Senats beim Schulamt nach freigewordenen Schulplätzen hätte aufdrängen sollen.
8Im Übrigen erschöpfen sich die Ausführungen des Antragstellers in Rügen gegen die inhaltliche Richtigkeit des angefochtenen Beschlusses (nachträgliche Aufnahme eines neu zugezogenen Mädchens, „Verheimlichen“ eines freigewordenen Schulplatzes). Die Anhörungsrüge nach § 152a VwGO ist kein Rechtsbehelf, welchem solche Rügen unterfallen.
9BVerwG, Beschluss vom 18. März 2016 ‑ 1 A 1.16 ‑, juris, Rn. 2; Bay. VGH, Beschluss vom 9. April 2021 ‑ 9 ZB 21.30361 ‑, juris, Rn. 3.
10Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
11Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil im Verfahren der Anhörungsrüge eine streitwertunabhängige gerichtliche Festgebühr in Höhe von 60,00 Euro anfällt (Nr. 5400 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz).
12Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).
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