Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 6 B 1426/21
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf die Wertstufe bis 19.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
3I. Die in der Beschwerdeschrift durch den Beigeladenen dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben keinen Anlass, den angefochtenen Beschluss zu ändern und den einstweiligen Rechtsschutzantrag der Antragstellerin nach § 123 VwGO abzulehnen.
4Das Verwaltungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, die Antragstellerin habe sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch nach § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2, § 294 ZPO glaubhaft gemacht. Der Antragstellerin stehe ein Anordnungsgrund zur Seite, da die begehrte einstweilige Anordnung mit Blick auf die von dem Antragsgegner konkret beabsichtigte Beförderung des Beigeladenen notwendig sei, um den materiellen Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin zu sichern. Diese habe einen Anspruch auf erneute Entscheidung über ihre Bewerbung, da die Auswahlentscheidung des Antragsgegners fehlerhaft sei. Zu Unrecht sei der Antragsgegner davon ausgegangen, dass sich aus den maßgeblichen Anlassbeurteilungen der Antragstellerin und des Beigeladenen vom 15. März 2021, die beide mit der identischen Gesamtbewertung von 5 Punkten schlössen, ein Gleichstand ergebe, der durch Ausschärfung der Beurteilungen anhand der Bewertung besonders gewichteter Einzelmerkmale aufzulösen sei. Zudem sei der Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin deshalb verletzt, weil eine unzulässige „Synchronisierung“ des Auswahlverfahrens mit dem Beurteilungsverfahren erfolgt sei. Ein Erfolg der Antragstellerin, bei einer erneuten Entscheidung des Antragsgegners nach Leistungskriterien für die Besetzung der Stelle ausgewählt zu werden, erscheine möglich.
5Dem setzt die Beschwerde nichts Durchgreifendes entgegen.
61. Im Hinblick auf den Bewerbungsverfahrensanspruch gilt Folgendes: Ein Beamter
7- im Folgenden wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit auf die gleichzeitige Verwendung der männlichen und weiblichen Sprachform verzichtet und gilt die männliche Sprachform für alle Geschlechter -
8hat zwar keinen Anspruch auf Übertragung eines Beförderungsamtes. Er hat aber ein Recht darauf, dass der Dienstherr bzw. der für diesen handelnde Dienstvorgesetzte eine rechtsfehlerfreie Entscheidung über die Vergabe des Beförderungsamtes trifft. Dieser Bewerbungsverfahrensanspruch ist vor allem darauf gerichtet, dass die Auswahl nach dem durch Art. 33 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten und in § 9 BeamtStG und § 19 Abs. 6 Satz 1 LBG NRW einfachgesetzlich konkretisierten Grundsatz der Bestenauslese - materiell-rechtlich richtig - vorgenommen wird, die Entscheidung sich mithin nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung richtet. Mit den Begriffen „Eignung, Befähigung und fachliche Leistung“ eröffnet Art. 33 Abs. 2 GG einen Beurteilungsspielraum des Dienstherrn. Die Beurteilung dieser Merkmale ist überwiegend ein Akt wertender Erkenntnis, der vom Gericht nur beschränkt darauf zu überprüfen ist, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachwidrige Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Der pflichtgemäßen Beurteilung des Dienstherrn ist es überlassen, welchen (sachlichen) Umständen er bei seiner Auswahlentscheidung das größere Gewicht beimisst und in welcher Weise er den verfassungsrechtlichen Grundsatz des gleichen Zugangs zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung verwirklicht, sofern nur das Prinzip selbst nicht in Frage gestellt ist.
9Vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Mai 1981 - 2 C 42.79 -, DÖV 1982, 76 = juris Rn. 19; OVG NRW, Beschlüsse vom 29. Juli 2019 - 6 B 800/19 -, juris Rn. 5, und vom 23. Mai 2013 - 6 B 335/13 -, juris Rn. 10.
10Für den Leistungs- und Eignungsvergleich der Bewerber sind in erster Linie die Aussagen in den jeweils aktuellen dienstlichen Beurteilungen maßgeblich. Dies können – je nachdem – die letzten (zeitlich noch hinreichend aktuellen) Regelbeurteilungen oder aber aus Anlass des Besetzungsverfahrens erstellte Anlass- bzw. Bedarfsbeurteilungen sein. Der Inhalt dienstlicher Beurteilungen ist dabei auf das Statusamt des Beamten bezogen, d. h. die im Beurteilungszeitraum auf dem oder den jeweiligen Dienstposten erbrachten Leistungen sind allein am Maßstab des innegehabten Statusamtes des Beamten zu messen.
11Vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2016 - 2 VR 1.16 -, BVerwGE 157, 168 = juris Rn. 24, und Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 27.14 -, ZBR 2016, 134 = juris Rn. 28; OVG NRW, Beschlüsse vom 16. Oktober 2017 - 6 B 685/17 -, NWVBl 2018, 110 = juris Rn. 14, und vom 21. Juni 2016 - 1 B 201/16 -, IÖD 2016, 164 = juris Rn. 15.
12Bei dem Vergleich der Beurteilungen der Bewerber kommt es zunächst darauf an, ob die Gesamtbeurteilungsergebnisse im Wesentlichen gleich (a.) oder ungleich (b.) sind.
13a. Ergibt sich ausgehend vom Gesamtbeurteilungsergebnis kein Ansatzpunkt für einen Qualifikationsunterschied der Bewerber, ist der Dienstherr nicht nur berechtigt, sondern im Grundsatz verpflichtet, die dienstlichen Beurteilungen der im Gesamturteil im Wesentlichen gleich bewerteten Bewerber inhaltlich auszuschöpfen, d.h. im Wege einer näheren Auswertung des übrigen Beurteilungsinhalts der Frage nachzugehen, ob die jeweiligen Einzelfeststellungen eine ggf. unterschiedliche Prognose in Richtung auf den Grad der Eignung für das Beförderungsamt, also für die künftige Bewährung in diesem Amt ermöglichen.
14Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 23. Januar 2015 - 6 B 1365/14 -, juris Rn. 4, vom 1. August 2011 - 1 B 186/11 -, juris Rn. 11; und vom 25. November 2010 - 6 B 749/10 -, juris Rn. 7 ff.
15Ob nach ihrem Gesamtergebnis wesentlich gleiche Beurteilungen vorliegen, die einen solchen weiteren Vergleich zulassen, richtet sich nicht allein nach dem formalen Gesamturteil. Vielmehr gebietet es der Leistungsgrundsatz, bei einem Vergleich des Gesamtergebnisses auch etwaige Unterschiede im Maßstab der Beurteilung der Bewerber zu berücksichtigen. Solche Unterschiede kommen etwa dann in Betracht, wenn sich bei konkurrierenden Bewerbern die dienstlichen Beurteilungen auf unterschiedliche Statusämter beziehen. In diesem Fall geht die Rechtsprechung von dem Grundsatz aus, dass bei formal gleichlautenden Gesamturteilen die Beurteilung des Beamten im höheren Statusamt grundsätzlich besser ist als diejenige des für ein niedrigeres Statusamt beurteilten Konkurrenten. Dies beruht auf der Überlegung, dass der Maßstab für die dienstlichen Anforderungen regelmäßig mit Blick auf das innegehabte Amt im statusrechtlichen Sinne zu bestimmen ist und mit einem verliehenen höheren Statusamt im Allgemeinen gegenüber dem zuvor innegehabten niedrigeren Statusamt gesteigerte Anforderungen sowie ein größeres Maß an Verantwortung verbunden sind.
16Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 4. Juli 2018 - 2 BvR 1207/18 -, NVwZ-RR 2018, 833 = juris Rn. 10, vom 17. Februar 2017 - 2 BvR 1558/16 -, NVwZ 2017, 1133 = juris Rn. 21, und vom 11. Mai 2011 - 2 BvR 764/11 -, NVwZ 2011, 1191 = juris Rn. 11; OVG NRW, Beschlüsse vom 22. Januar 2019 - 6 B 1422/18 -, juris Rn. 28, und vom 7. Januar 2019 - 1 B 1792/18 -, juris Rn. 11, jeweils mit weiteren Nachweisen.
17Diese Erwägung darf allerdings – worauf auch die Beschwerde hinweist – nicht schematisch auf jeden Fall der Beförderungskonkurrenz zwischen zwei formal gleich beurteilten Beamten unterschiedlicher Statusämter angewendet werden. Vielmehr hängt das zusätzlich zu berücksichtigende Gewicht der in einem höheren Statusamt erteilten Beurteilung von den Umständen des Einzelfalls ab, die es ausnahmsweise gebieten können, weitere Kriterien zu berücksichtigen.
18Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 4. Juli 2018 - 2 BvR 1207/18 -, a. a. O., Rn. 11, vom 17. Februar 2017 - 2 BvR 1558/16 -, a. a. O., Rn. 21, und vom 11. Mai 2011 - 2 BvR 764/11 -, a. a. O., Rn. 11; OVG NRW, Beschlüsse vom 22. Januar 2019 - 6 B 1422/18 -, a. a. O., Rn. 30, und vom 7. Januar 2019 - 1 B 1792/18 -, a. a. O., Rn. 13.
19Solche besonders gelagerten Umstände hat das Bundesverfassungsgericht etwa in einem Fall angenommen, in dem hinsichtlich eines bestimmten beurteilten und nun zu vergleichenden Teils der Gesamttätigkeit der Bewerber trotz des grundsätzlich gegebenen Statusunterschieds der gleiche Maßstab angelegt worden ist und deshalb insoweit gerade kein Statusunterschied bestanden hat.
20Vgl. insoweit BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. März 2007 - 2 BvR 2470/06 -, NVwZ 2007, 691 = juris Rn. 17, 18 ff. (jeweils nach R 3 BBesO bewertete Rechtsprechungstätigkeit eines nach R 4 BBesO besoldeten Vizepräsidenten eines OLG und eines nach R 3 BBesO besoldeten Vizepräsidenten eines LAG); ferner OVG NRW, Beschluss vom 7. Januar 2019 - 1 B 1792/18 -, a. a. O., Rn. 17 f.
21Eine weitere Fallgestaltung, in der zusätzliche Kriterien – wie etwa der berufliche Werdegang – zu berücksichtigen sein können, ist in der Rechtsprechung namentlich in Betracht gezogen worden, wenn Richter und Ministerialbeamte um gerichtliche Leitungspositionen konkurrieren. Eine solche Konstellation lag auch dem Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 4. Juli 2018 - 2 BvR 1207/18 - zugrunde, auf den die Beschwerde Bezug nimmt. In diesen Fällen besteht die Besonderheit, dass die von den Konkurrenten wahrgenommenen Ämter im statusrechtlichen Sinne nicht in einer Beförderungshierarchie zueinander stehen. Das zeigt sich nicht nur an deren Zuordnung zu verschiedenen Besoldungsordnungen. Vielmehr gehören die konkreten Ämter zu unterschiedlichen Bereichen staatlicher Aufgabenwahrnehmung und weisen entsprechend deutlich voneinander abweichende Tätigkeitsschwerpunkte auf. Die von den Amtsinhabern auf ihren Stellen gezeigten Leistungen sind deshalb nicht ohne weiteres miteinander vergleichbar. Dann kann aber auch der Grundsatz des höheren Gewichts einer im höheren Statusamt erhaltenen dienstlichen Beurteilung nicht uneingeschränkt Geltung beanspruchen.
22Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22. Januar 2019 ‑ 6 B 1422/18 -, juris Rn. 33 mit weiteren Nachweisen.
23Die gerichtliche Nachprüfung der gewichtenden Entscheidung der Auswahlbehörde über die Bedeutung des Statusunterschieds im konkreten Fall hat an die allgemeinen Grundsätze anzuschließen und umfasst ausschließlich die Prüfung, ob der Dienstherr von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, den beamten- und verfassungsrechtlichen Rahmen verkannt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat.
24So BVerfG, Beschluss vom 4. Juli 2018 - 2 BvR 1207/18 -, a. a. O., Rn. 12; OVG NRW, Beschluss vom 7. Januar 2019 - 1 B 1792/18 -, a. a. O., Rn. 21.
25b. Ergibt der Gesamtvergleich, dass keine wesentlich gleichen Beurteilungen vorliegen, so darf die Gesamtaussage der dienstlichen Beurteilungen nicht ohne Weiteres durch einen Rückgriff auf Einzelfeststellungen überspielt werden. Bei nicht wesentlich gleichen Beurteilungen ist der unmittelbare Vergleich einzelner Feststellungen vielmehr nur bei Vorliegen zwingender Gründe zulässig. Solche können etwa darin begründet liegen, dass dem Gesamturteil ein geringerer Aussagewert zukommt, weil zum Beispiel die Tätigkeit im angestrebten Amt in einem solchen Ausmaß von einzelnen ganz spezifischen Anforderungen geprägt wird oder insgesamt von der bisherigen Tätigkeit der Bewerber so weit entfernt ist, dass das Gewicht des Gesamturteils im Bewerbervergleich zurücktreten muss.
26Vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 2012 ‑ 2 BvR 1120/12 -, NVwZ 2013, 573 = juris Rn. 14, 17; die Entscheidungen BVerfG, Beschluss vom 17. Februar 2017 - 2 BvR 1558/16 -, a. a. O., juris Rn. 20; und vom 11. Mai 2011 - 2 BvR 764/11 -, a. a. O., Rn. 11, sowie OVG NRW, Beschlüsse vom 14. Januar 2020 - 6 B 1461/19 -, juris Rn. 21, betrafen jeweils Fälle mit unterschiedlicher formaler Gesamtnote.
272. Ausgehend von diesem Prüfungsmaßstab trifft die Feststellung des Verwaltungsgerichts zu, der Antragsgegner sei fehlerhaft davon ausgegangen, die Antragstellerin und der Beigeladene seien nach den Anlassbeurteilungen als im Wesentlichen gleich qualifiziert anzusehen, weshalb die auf Grundlage einer inhaltlichen Ausschöpfung der dienstlichen Beurteilungen getroffene Entscheidung zugunsten des Beigeladenen nicht unter Beachtung des Grundsatzes der Bestenauslese getroffen worden sei. Eine solche Annahme lag in der gegebenen Situation außerhalb des dem Dienstherrn grundsätzlich eröffneten Wertungsspielraums.
28Der Antragsgegner hat in seinem Auswahlvermerk vom 20. Mai 2021 festgestellt, dass die Anlassbeurteilungen der Antragstellerin und des Beigeladenen mit demselben Gesamturteil („Im Beurteilungszeitraum wurde eine Leistung und Befähigung gezeigt, die die Anforderungen in besonderem Maße übertreffen und mit 5 Punkten bewertet werden.“) enden. Von dem Grundsatz, wonach bei formal gleichlautenden Gesamturteilen die Beurteilung des Beamten im höheren Statusamt grundsätzlich besser ist als diejenige des für ein niedrigeres Statusamt beurteilten Konkurrenten, könne abgewichen werden. Auf Grund der Tatsache, dass der Beigeladene im Zeitraum vom 1. April 2013 bis zum 31. Juli 2017 bereits Leiter einer Hauptschule gewesen sei, seien als Beurteilungsgrundlage für die zu vergleichenden dienstlichen Beurteilungen dieselben inhaltlichen Anforderungen zu Grunde gelegt worden wie bei der Antragstellerin im höheren Statusamt. Die auf dieser Grundlage vorgenommene, im Einzelnen dargelegte „inhaltliche Ausschärfung“ der Beurteilungen ergebe einen Leistungsvorsprung des Beigeladenen. Bei Gleichstand in der Qualifikation würde ungeachtet dessen als erstes Hilfskriterium auf das Dienstalter der Bewerber zurückgegriffen werden, woraus sich ebenfalls ein Vorsprung des Beigeladenen ergebe.
29Ausweislich dessen hat der Antragsgegner den oben genannten Grundsatz vom höheren Gewicht der dienstlichen Beurteilung im höheren Statusamt in den Blick genommen, dann aber mit der Begründung von seiner Anwendung abgesehen, im Rahmen der dienstlichen Beurteilung des Beigeladenen seien dieselben inhaltlichen Anforderungen zu Grunde gelegt worden wie bei der Antragstellerin im höheren Statusamt. Diese Aussage lässt unterschiedliche Deutungen zu, welche indes jeweils einer tragfähigen Grundlage entbehren.
30Sollte der Antragsgegner gemeint haben, die dienstliche Beurteilung des Beigeladenen sei unter fiktiver Zugrundelegung des Statusamtes A 14 erfolgt und aus diesem Grund bestehe bei den formal gleichlautenden Gesamturteilen kein Qualifikationsunterschied, so bestünden gegen die damit für rechtmäßig gehaltene Vorgehensweise sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht durchgreifende Bedenken. In tatsächlicher Hinsicht wird in der vorliegenden dienstlichen Beurteilung lediglich auf das zu diesem Zeitpunkt aktuelle statusrechtliche Amt des Beigeladenen (A 13 (FN 12), Sekundarschulrektor als Leiter einer Abteilung mit mehr als 180 bis zu 360 Schülerinnen und Schüler einer Sekundarschule) Bezug genommen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass in dem über den Beigeladenen erstellten Leistungsbericht des Schulleiters eingangs auf die Besoldungsgruppe A 14 abgestellt wurde. Ungeachtet dessen bestünden in diesem Fall im Hinblick auf den aufgezeigten anzuwendenden statusamtsbezogenen Beurteilungsmaßstab und der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit des Beigeladenen erhebliche Bedenken gegen eine solche Maßstabsveränderung.
31Aber auch soweit – entsprechend dem Beschwerdevorbringen – der Antragsgegner hiermit die Bewertung getroffen haben möchte, aufgrund der früheren Tätigkeit des Beigeladenen im Statusamt A 14 sei trotz des folgenden statusrechtlichen Rückschritts und des damit gegebenen Statusunterschieds der Konkurrenten eine Ausnahme von dem Grundsatz vom höheren Gewicht der dienstlichen Beurteilung im höheren Statusamt anzunehmen, verfängt dies nicht.
32Die dargestellten Erwägungen, die in der Rechtsprechung zur Annahme einer Abweichung von dem genannten Grundsatz führen, sind auf die vorliegende Konstellation nicht übertragbar. Die von den Konkurrenten wahrgenommenen Ämter im statusrechtlichen Sinne stehen nach der statusverändernden Rückversetzung des Beigeladenen gerade in einer Beförderungshierarchie zueinander. Die Ämter gehören demselben Bereich staatlicher Aufgabenwahrnehmung an und weisen vergleichbare Tätigkeitsschwerpunkte auf. Die von der Antragstellerin und dem Beigeladenen auf ihren Stellen im Beurteilungszeitraum gezeigten Leistungen sind ohne weiteres miteinander vergleichbar. Der Umstand, dass der Beigeladene nach § 26 Abs. 2 LBG NRW rückversetzt wurde und in Folge dessen weiterhin nach § 21 Abs. 1 Satz 1 LBesG ein Grundgehalt nach der Besoldungsgruppe A 14 erhält, ändert nichts daran, dass er zuletzt in einem nach A 13 (FN 12) besoldeten Statusamt beurteilt und an seine zuletzt erbrachten Leistungen damit ein niedrigerer Maßstab anzulegen war als an diejenigen der Antragstellerin. Das Beschwerdevorbringen, „die dienstliche Vergangenheit" des Beigeladenen bedinge es, dass er statusrechtlich mit der Antragstellerin „als auf einer Stufe stehend anzusehen" sei, geht damit fehl.
333. Ausgehend davon, dass in der hiesigen Konkurrenzsituation nach dem Vorstehenden trotz formal gleicher Gesamturteile unter Anwendung des Grundsatzes des höheren Gewichts der dienstlichen Beurteilung im höheren Statusamt keine wesentlich gleichen Beurteilungen gegeben sind, kann der Senat offen lassen, ob unter Berücksichtigung der aufgezeigten Rechtsprechung,
34BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 2012 - 2 BvR 1120/12 -, a. a. O., Rn. 14, 17,
35in dieser Konstellation überhaupt besondere Umstände des Einzelfalles in Betracht kommen, die ausnahmsweise die Heranziehung weiterer Kriterien zulassen. Der Antragsgegner hat nämlich im allein maßgeblichen Auswahlvermerk entsprechende Überlegungen lediglich hilfsweise angestellt und ausgeführt, der nach Auswertung der Einzelfeststellungen der dienstlichen Beurteilungen sich ergebende Leistungs- und Eignungsvorsprung für den Beigeladenen kompensiere einen „etwaigen“ Eignungsrückstand gegenüber der Antragstellerin, der sich aus ihrem höheren statusrechtlichen Amt ergeben „könnte“. Die vom Antragsgegner insoweit ohne weitere Konkretisierung allein gegebene Begründung, der Beigeladene habe bei zwei der insgesamt vier nach Ziffer 7.7 der maßgeblichen Beurteilungsrichtlinie als besonders bedeutsam bezeichneten Merkmalen („Beratung“ und „Personalführung und –entwicklung“) eine Bewertung mit fünf, die Antragstellerin hingegen lediglich mit jeweils vier Punkten erhalten, ist jedoch nicht geeignet, die Einschätzung des Antragsgegners, hierdurch kompensiere der Beigeladene den Leistungsvorsprung der Antragstellerin aufgrund des höheren Statusamtes, nachvollziehbar zu machen.
36Ob hingegen weitere Erwägungen – etwa die mehrjährige Schulleitertätigkeit im Statusamt A 14 als Teil des beruflichen Werdegangs des Beigeladenen außerhalb des Beurteilungszeitraums – eine solche Annahme rechtfertigen, bedarf keiner Entscheidung, da sie ausweislich des maßgeblichen Auswahlvermerks nicht herangezogen wurden.
374. Mit Blick auf das Vorstehende kann ebenfalls offen bleiben, ob darüber hinaus der Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin deshalb verletzt ist, weil ausweislich der der Auswahlentscheidung zugrunde liegenden Beurteilungen eine unzulässige „Synchronisierung“ des Auswahlverfahrens mit dem Beurteilungsverfahren erfolgte.
38II. In Anwendung der § 40, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 i. V. m. Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 bis 4 GKG und im Hinblick auf die im Eilverfahren begehrte vorläufige Sicherung bestimmt sich der Streitwert nach einem Viertel der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen für das von dem Beigeladenen angestrebte Amt der Besoldungsgruppe A 15 unter Berücksichtigung der erreichten Erfahrungsstufe. Da sich hiernach ein höherer Betrag als für das erstinstanzliche Verfahren ergäbe, wird der Streitwert des Rechtsmittelverfahrens durch den Streitwert der ersten Instanz begrenzt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 GKG).
39Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach den § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
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