Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 A 1512/19
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
2. Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf die Wertstufe bis 35.000,- Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
21. Der auf den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Antrag hat keinen Erfolg. Er ist unbegründet.
3Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Klage gegen den Bescheid vom 22. Dezember 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2018 mit der Begründung abgewiesen, die Bescheide seien rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Den Bescheiden sei zum einen eine Ruhensregelung im Sinne von § 53 BeamtVG mit dem Inhalt, dass für die Jahre 2009, 2010 und 2014 das Erwerbseinkommen auf die Versorgungsbezüge des Klägers angerechnet werde, und zum anderen eine Rückforderung überzahlter Versorgungsleistungen im Sinne von § 52 Abs. 2 BeamtVG zu entnehmen. Diese Regelungen seien rechtmäßig.
4Die Festsetzung von Ruhensbeträgen für die Jahre 2009, 2010 und 2014 beruhe auf § 53 Abs. 1 BeamtVG. Die Voraussetzungen für eine solche Festsetzung lägen vor, da der Kläger in diesen Jahren Erwerbseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit erzielt habe, das die in § 53 Abs. 2 Nr. 3 BeamtVG bestimmte Höchstgrenze überschritten habe. Fehler in der Berechnung des Ruhensbetrages habe der Kläger weder dargelegt, noch seien solche sonst ersichtlich. Sofern der Kläger mit seinen Ausführungen zu Verjährung und Verwirkung des Rückforderungsanspruchs zumindest sinngemäß auch auf die rückwirkend vorgenommene Ruhensberechnung zielen sollte, könne er hiermit nicht durchdringen. Denn der einer Versorgungsfestsetzung innewohnende gesetzesimmanente Vorbehalt der Anrechnung von Erwerbseinkommen sei zeitlich nicht beschränkt. Allenfalls könne im Einzelfall eine rückwirkende Ruhensberechnung aufgrund des Grundsatzes von Treu und Glauben analog § 242 BGB ausgeschlossen sein. Hiervon könne aber – abgesehen vom hier nicht gegebenen Erlass eines „Negativ-Bescheids“ – nur dann die Rede sein, wenn die betreffende Behörde die Anwendung der Ruhensvorschrift so ungewöhnlich lange verzögere, dass dieser Verzögerung der Aussagewert eines „Negativ-Bescheids“ zukomme. Derartige Umstände lägen nicht vor. Zum einen sei die Beklagte erst durch die Übersendung der Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2009, 2010 und 2014 als Teil der Akten der Staatsanwaltschaft am 26. April 2017 über das konkrete Erwerbseinkommen des Klägers informiert worden. Erst ab diesem Zeitpunkt habe sie die Ruhensberechnung vornehmen können. Zum anderen müsse sich der Kläger entgegenhalten lassen, dass er eine frühere Ruhensberechnung durch Nichtanzeige seines Erwerbseinkommens vereitelt habe. Auch im Übrigen liege kein Fall der Verwirkung vor.
5Auch das Rückforderungsverlangen sei rechtmäßig. Rechtsgrundlage sei hierfür § 52 Abs. 2 BeamtVG. Dessen Voraussetzungen lägen vor. Ausweislich der nicht zu beanstandenden Berechnung der Beklagten seien an den Kläger in den Jahren 2009, 2010 und 2014 Bezüge i. H. v. 34.423,24 Euro ohne Rechtsgrund gezahlt worden. Die hiergegen erhobenen Einwendungen und Rügen des Klägers griffen nicht durch.
6Dem Rückforderungsverlangen stehe zunächst keine Entreicherung des Klägers entgegen. Eine solche habe der Kläger weder vorgetragen, noch sei sie sonst ersichtlich. Unabhängig vom Fehlen einer Entreicherung könnte sich der Kläger vorliegend ohnehin nicht auf eine solche berufen, weil er gemäß §§ 820 Abs. 1 Satz 2, 818 Abs. 4 BGB verschärft hafte. Die Festsetzung und Zahlung von Versorgungsbezügen stehe nach der Rechtsprechung unter dem gesetzesimmanenten Vorbehalt, dass die Bezüge infolge späterer Anwendung von Ruhensvorschriften gekürzt und die Überzahlungen zurückgefordert werden könnten. Dabei sei unerheblich, ob dem Versorgungsempfänger dieser Vorbehalt bekannt sei. Er habe sich von sich aus über die versorgungsrechtlichen Regelungen zu informieren, sodass eine Kenntnis dieses Vorbehalts vorauszusetzen sei.
7Der Rückzahlungsanspruch sei auch nicht verwirkt. Die Verwirkung eines Rechts trete ein, wenn es vom Berechtigten über längere Zeit nicht geltend gemacht worden sei und der andere Teil sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten darauf habe einstellen dürfen und sich auch tatsächlich darauf eingerichtet habe, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde. Die Verwirkung sei ein Unterfall des Grundsatzes der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens, der auch im öffentlichen Recht Anwendung finde. Die Voraussetzungen für eine Verwirkung lägen nicht vor. Eine Verwirkung komme hier allein durch die eventuelle Zusage des Herrn Q. dahingehend, dass die Versorgungsbehörde auf eine Rückforderung verzichte, in Betracht. Zwischen den Beteiligten sei auch nach Durchführung der mündlichen Verhandlung streitig, ob Herr Q. eine dahingehende Aussage getätigt habe. Die Vernehmung der Zeugin Q1. , die nach Darstellung des Klägers anwesend gewesen sei, als Herr Q. diese Zusage gemacht habe, sei insoweit unergiebig gewesen. Jedoch ergebe sich auch bei Wahrunterstellung der Angaben des Klägers über die Äußerungen des Herrn Q. nichts zugunsten des Klägers. Dies folge bereits aus dem seitens des Klägers ursprünglich angegebenen Wortlaut der behaupteten Äußerung des Herrn Q. , der ausdrücklich von „seiner Dienststelle“, also der Niederlassung BRIEF I. , gesprochen haben soll, die nichts mehr unternehmen werde. Diese Aussage habe die für die versorgungsrechtlichen Fragen zuständige Niederlassung Renten Service nicht umfasst. Nichts anderes ergebe sich, wenn man den Wortlaut so als zutreffend unterstellte, wie ihn der Kläger in der mündlichen Verhandlung wiedergegeben habe („Von unserer Seite aus wird hier nichts mehr unternommen.“). Auch in dieser Formulierung sei die Aussage für den objektiven Empfänger allein so zu verstehen, dass ausschließlich die Niederlassung BRIEF I. keine weiteren Schritte unternehmen wolle, womit die zuständige Niederlassung Renten Service ebenfalls nicht umfasst sei. Dass der Kläger die Aussage des Herrn Q. dahingehend missverstanden haben könnte, die Beklagte wolle in ihrer Gesamtheit nichts mehr unternehmen, erscheine angesichts der mehrjährigen Tätigkeit des Klägers für die Beklagte und seiner damit zu unterstellenden Kenntnisse von deren Gliederung geradezu abwegig.
8Die Zusage des Herrn Q. führe – wiederum bei Wahrunterstellung der klägerischen Angaben – auch nicht dazu, dass vorliegend das für eine Verwirkung erforderliche Gesamtbild widersprüchlichen Verhaltens der Beklagten entstehe. Vielmehr stelle die vereinzelt gebliebene Aussage im Gesamtzusammenhang des Geschehensablaufs einen Fremdkörper dar, dem für das hier einzig relevante Gesamtbild des Verhaltens der Beklagten keine relevante Bedeutung zukomme. Dies gelte umso mehr, als die Beklagte bereits im unmittelbaren Nachgang zu dem Gespräch im Januar 2013 Nachweise über das Erwerbseinkommen des Klägers von diesem angefordert habe, somit zu ihrem stringenten Ausgangsverhalten zurückgekehrt sei und dies infolge beibehalten habe. Überdies fehle es hier an vorrangig schutzwürdigen Interessen des Klägers. Dies gelte bereits unabhängig davon, dass dieser sich entgegenhalten lassen müsse, die zeitliche Verzögerung der Rückforderung durch sein Verhalten selbst herbeigeführt zu haben. Jedenfalls habe sich der Kläger, nachdem er mehrfach auf seine Anzeigepflichten hingewiesen und ebenfalls mehrfach zur Vorlage von Nachweisen aufgefordert worden sei, auch nach dem Gespräch im Januar 2013 nicht darauf einstellen dürfen, dass die Beklagte von einer Rückforderung absehen werde, zumal diese im unmittelbaren Nachgang zu dem Gespräch im Januar 2013 Nachweise vom Kläger angefordert und damit spätestens mit ihrem Erinnerungsschreiben vom 16. Januar 2013 ein etwaiges Vertrauen des Klägers darauf, dass auch die Niederlassung Renten Service nicht mehr gegen ihn vorgehen werde, wieder zerstört habe.
9Der Kläger könne sich auch nicht mit Erfolg auf die Einrede der Verjährung berufen. Die Verjährungsfrist sei bereits nicht abgelaufen. Mangels spezialgesetzlicher Verjährungsregelungen für die Ansprüche nach § 52 Abs. 2 BeamtVG sei neben § 53 VwVfG ergänzend auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zurückzugreifen. Danach gelte die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB von drei Jahren, die gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und der Gläubiger, hier die Beklagte, von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt habe oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Die Beklagte habe erst unter dem 26. April 2017 Kenntnis von der Höhe des Einkommens des Klägers in den für den streitgegenständlichen Bescheid maßgeblichen Jahren 2009, 2010 und 2014 erhalten. Auch müsse sich die Beklagte keine grob fahrlässige Unkenntnis dieser Umstände vorwerfen lassen. Vielmehr habe sie, nachdem ihr mangels wahrheitsgemäßer Angaben des Klägers erst durch anonyme Anzeige dessen Erwerbstätigkeit bekannt geworden sei, reagiert und den Kläger mehrfach – wenn auch fruchtlos – zur Erfüllung seiner Pflichten angehalten. Die Beklagte sei hier, anders als bei der Ruhensberechnung nach § 55 BeamtVG, bei dem sich die Ruhensbeträge nach Ermittlung der Vordienstzeiten des Ruhestandsbeamten durch Abfrage bei der Versicherungsanstalt errechnen ließen, auf die Mitteilung der genauen Höhe des Erwerbseinkommens durch den Kläger angewiesen, zumal ihr andere Ermittlungswege über lange Zeit verschlossen geblieben seien, insbesondere das zuständige Finanzamt unter Hinweis auf das Steuergeheimnis keine Informationen herausgegeben habe. Aus den gleichen Gründen führe auch die der Beklagten grundsätzlich eröffnete Möglichkeit, eine Ruhensregelung auf der Basis vorläufiger oder geschätzter Zahlen vorzunehmen und einen entsprechenden Rückforderungsbescheid zu erlassen, nicht zu einem früheren Beginn der Verjährungsfristen. Dies würde bedeuten, dem Gläubiger eine Obliegenheit zur Bewirkung eines möglichst frühzeitigen Verjährungsbeginns im Interesse des Schuldners aufzuerlegen. Unabhängig hiervon könnte sich der Kläger, selbst wenn die Voraussetzungen der Verjährung erfüllt wären, auf diese wegen unzulässiger Rechtsausübung nicht berufen. Dass in Fällen der Nichtbeachtung gesetzlicher Anzeigepflichten die Erhebung der Verjährungseinrede durch den Leistungsempfänger als unzulässige Rechtsausübung anzusehen sei, habe das Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf die Meldepflicht nach § 289 LAG, wonach der Berechtigte alle Umstände anzeigen müsse, die für den Anspruch auf Kriegsschadensrente oder für seine Höhe von Bedeutung seien, entschieden. Nichts anderes könne in Bezug auf die Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge gelten, wenn der Betroffene Ruhestandsbeamte – wie hier der Kläger – seine Pflichten zur Anzeige und zum Nachweis des Bezugs von Einkommen verletzt habe.
10Schließlich sei auch die von der Beklagten gemäß § 52 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG getroffene Billigkeitsentscheidung nicht zu beanstanden. Die im Rahmen der Rückforderung zu treffende Billigkeitsentscheidung habe die Aufgabe, eine allen Umständen des Einzelfalls gerecht werdende, für die Behörde zumutbare und für den Bereicherten tragbare Lösung zu ermöglichen sowie Härten zu vermeiden. Hinsichtlich der Modalitäten der Rückabwicklung sei insbesondere auf deren mögliche Auswirkungen auf die Lebensumstände des Bereicherungsschuldners abzustellen, wobei hierfür nicht die Lage des Versorgungsempfängers im Zeitraum der Überzahlung, sondern diejenige im Zeitpunkt der Rückabwicklung von Bedeutung sei. Unter den gegebenen Umständen stelle die Entscheidung der Beklagten, von einer Zahlungserleichterung durch Gewährung einer ratenweisen Tilgung abzusehen, eine den Anforderungen des § 52 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG genügende Billigkeitsentscheidung dar. Es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, dass das Verlangen der Gesamtsumme eine unzumutbare Belastung für den Kläger darstelle. Die Beklagte müsse dabei nur diejenigen Tatsachen zugrundelegen, die ihr im maßgeblichen Zeitpunkt ihrer letzten Verwaltungsentscheidung – hier dem Erlass des Widerspruchsbescheids – bekannt gewesen seien oder hätten bekannt sein müssen. Es obliege allein dem Versorgungsempfänger, die näheren Umstände zu seinen konkreten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen dar- und offenzulegen. Diesen Anforderungen genüge die Billigkeitsentscheidung der Beklagten. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Kläger über einen erheblichen Zeitraum von mehr als 20 Jahren, allenfalls mit Ausnahme des Jahres 2012, jegliche konkrete Angaben zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, insbesondere zu seinem Erwerbseinkommen, unterlassen oder diesbezüglich sogar Falschangaben getätigt habe. Nach den vorliegenden Steuerbescheiden müsse die Beklagte statt von einer möglichen Entreicherung vielmehr davon ausgehen, dass der Kläger über ein nicht unerhebliches hohes Einkommen verfüge. Vielmehr sei dem Kläger etwa aus den von ihm unterschriebenen Formblättern bekannt gewesen, dass bei Anwendung der Ruhensvorschriften nachträglich mit Rückforderungen zu rechnen sei.
11Die Berufung hiergegen ist gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO innerhalb der Begründungsfrist dargelegt ist und vorliegt. Dabei bedeutet „darlegen“ i. S. v. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil fallbezogen zu erläutern, weshalb die Voraussetzungen des jeweils geltend gemachten Zulassungsgrundes im Streitfall vorliegen sollen. Das Oberverwaltungsgericht soll allein aufgrund der Zulassungsbegründung die Zulassungsfrage beurteilen können, also keine weiteren aufwändigen Ermittlungen anstellen müssen.
12Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. Oktober 2013– 1 A 106/12 –, juris, Rn. 2, m. w. N.; ferner etwa Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 186, 194 m. w. N.
13Hiervon ausgehend rechtfertigt das – fristgerechte – Zulassungsvorbringen in der Antragsbegründungsschrift vom 23. Mai 2019 die begehrte Zulassung der Berufung aus keinem der geltend gemachten Zulassungsgründe.
14a) Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
15Ernstliche Zweifel in diesem Sinne sind begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt. Der Rechtsmittelführer muss darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht unrichtig ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und konkret aufzeigen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen sie ernstlichen Zweifeln begegnen. Er muss insbesondere die konkreten Feststellungen tatsächlicher oder rechtlicher Art benennen, die er mit seiner Rüge angreifen will. Diesen Darlegungsanforderungen wird (beispielsweise) nicht genügt, wenn und soweit sich das Vorbringen in einer Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags erschöpft, ohne im Einzelnen auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung einzugehen.
16Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 28. August 2018 – 1 A 249/16 –, juris, Rn. 2 ff.
17Nach Maßgabe dieser Grundsätze zeigt das Zulassungsvorbringen keine durchgreifenden ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung auf. Zur Begründung seines Zulassungsantrages führt der Kläger aus, das Gericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der geltend gemachte Rückforderungsanspruch nicht verwirkt sei, da das sogenannte Umstandsmoment nicht erfüllt sei. Das Verwaltungsgericht habe zunächst ausgeführt, dass eine Verwirkung durch eine Zusage des Herrn Q. in Betracht komme. Dieser habe als verantwortlicher Vorgesetzter (Abteilungsleiter Personal) und Vertreter der Beklagten gegenüber ihm, dem Kläger, für die Beklagte im Personalgespräch vom 11. Januar 2019 erklärt, dass von seiner Behörde „nichts kommen werde“. Diese Äußerung habe er dahingehend verstehen müssen, dass die Beklagte auf eine etwaige Rückforderung verzichte.
18Soweit das Verwaltungsgericht, ihm Kenntnisse der Gliederung der Beklagten unterstelle, sei zu berücksichtigen, dass er während des überwiegenden Teils seiner Tätigkeit als Beamter bei der Deutschen Bundespost tätig gewesen sei. Die Deutsche Post AG sei erst in den Jahren 1989 bis 1995 durch Privatisierung entstanden. Die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der Deutschen Bundespost sei erst am 1. Januar 1995 gegründet worden. Er sei jedoch bereits im Jahr 1995 vorzeitig zur Ruhe gesetzt worden. Aus seiner Sicht habe Herr Q. die in Rede stehende Aussage im Namen seines Dienstherrn getätigt und auch für die Niederlassung Renten Service gesprochen.
19Dieses Vorbringen zieht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Festsetzung von Ruhensbeträgen sei nicht treuwidrig und der Rückforderungsanspruch nicht verwirkt, nicht durchgreifendend in Zweifel. Es genügt schon nicht den Darlegungsanforderungen, soweit der Kläger die Würdigung der (angeblichen) Zusicherung des Herrn Q. durch das Verwaltungsgericht angreift. Die Datierung des Personalgesprächs in der Zulassungsbegründung auf den 11. Januar 2019 ist bereits nicht nachvollziehbar. Bislang hat der Kläger immer vorgetragen, die Zusicherung sei in einem Personalgespräch am 3. Januar 2013 ausgesprochen worden. Aber selbst wenn der Kläger in der Zulassungsordnung lediglich irrtümlich ein falsches Datum genannt und stattdessen das Personalgespräch vom 3. Januar 2013 gemeint haben sollte, lässt diese Ungenauigkeit die neuerliche Variation des Wortlauts der (angeblichen) Zusicherung in der Zulassungsbegründung („von seiner Behörde“ werde nichts kommen) als unglaubhaft erscheinen. Bereits erstinstanzlich hat der Kläger betreffend den Wortlaut divergierend vorgetragen. Während er vorprozessual und auf Seite 4 der Klageschrift vom 19. April 2018 zunächst ausgeführt hatte, Herr Q. habe von seiner „Dienststelle“, also der Niederlassung BRIEF I. , gesprochen, hat er in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht behauptet, Herr Q. habe ausgeführt „Von unserer Seite aus wird hier nichts mehr kommen.“.
20Auch die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe ihm zu Unrecht Kenntnisse der Gliederung der Beklagten unterstellt, greift nicht durch. Die „Beklagte als Rechtsnachfolgerin der Deutschen Bundespost“ (gemeint ist wohl die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost) ist zwar am 1. Januar 1995 gegründet worden. Der Kläger ist jedoch erst mit Wirkung vom 31. August 1995 in den Ruhestand versetzt worden. Es ist davon auszugehen, dass der Kläger in diesem immerhin rund achtmonatigen Zeitraum von der Schaffung dieser neuen Bundesanstalt Kenntnis erlangt hat, zumal er als bereits langjährig bei der Beklagten Tätiger von den Planungen zur Schaffung dieser neuen Behörde erfahren haben dürfte, die gerade die dienstrechtlichen Aufgaben für ihn als Beamten wahrnehmen sollte.
21Unabhängig von Vorstehendem vermochte die (angebliche) Zusage des Herrn Q. vom 3. Januar 2013 bei dem Kläger schon deshalb kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers zu begründen, weil er bereits kurz darauf mit Schreiben vom 16. Januar 2013 erneut zur Vorlage von Einkommensnachweisen aufgefordert worden ist und ihm daher klar sein musste, dass die Beklagte weder auf die Festsetzung von Ruhensbeträgen noch auf die Geltendmachung eines daraus resultierenden Rückzahlungsanspruchs verzichten wollte. Mit dieser überzeugenden Argumentation des Verwaltungsgerichts auf Seite 16 des Urteilsabdrucks setzt sich der Kläger in seiner Zulassungsbegründung nicht im Ansatz auseinander.
22Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
232. Die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
24Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar. Das angefochtene Urteil ist nunmehr rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.
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