Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 1 B 736/22
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 6. Mai 2022 gegen die Zuweisungsverfügung der Antragsgegnerin vom 27. April 2022 wird wiederhergestellt.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Die Beschwerde, die sich sinngemäß allein gegen die Sach- und Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts und nicht auch gegen dessen Streitwertfestsetzung richtet, hat Erfolg.
3Die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts – fristgerecht – vorgebrachten Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat bei der hier veranlassten Überprüfung beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 i. V. m. Satz 1 und 3 VwGO), stellen die tragenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung durchgreifend in Frage. Da sich der erstinstanzliche Beschluss auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist, ist das Ergebnis der angefochtenen Entscheidung zu korrigieren und in der Sache dem mit der Beschwerde weiterverfolgten Antrag des Antragstellers zu entsprechen,
4die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 6. Mai 2022 gegen die Zuweisungsverfügung der Antragsgegnerin vom 27. April 2022 wiederherzustellen.
5Das Verwaltungsgericht hat diesen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO im Wesentlichen mit der folgenden Begründung abgelehnt: Er sei unbegründet. Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung genüge den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die gebotene Interessenabwägung falle zu Lasten des Antragstellers aus, weil der Widerspruch gegen die Zuweisungsverfügung vom 27. April 2022 nach summarischer Prüfung ohne Erfolg bleiben dürfe. Diese Verfügung, mit der dem Antragsteller vorübergehend für den Zeitraum vom 16. Mai 2022 bis zum 30. April 2024 eine gemessen an seinem Statusamt nach A 16 BBesO unterwertige, unstreitig mit AT 1-2 bzw. A 15 BBesO zu bewertende Tätigkeit im Unternehmen E. U. IT GmbH als Projektmanager V zugewiesen worden ist, sei nämlich offensichtlich rechtmäßig. Sie finde ihre Rechtsgrundlage in §§ 4 Abs. 4 Satz 2 und 3 i. V. m. § 6 Satz 1 PostPersRG. Zunächst lägen die formellen Erfordernisse für den Erlass der Verfügung vor. Der Antragsteller sei hinreichend angehört worden, und der Betriebsrat des aufnehmenden Unternehmens sei ordnungsgemäß beteiligt worden, §§ 28 Abs. 1 Satz 1, 29 Abs. 1, 4 Abs. 4 Satz 2 PostPersRG i. V. m. § 78 Abs. 1 BPersVG, § 99 BetrVG. Das Mitbestimmungsrecht dieses Betriebsrats werde nicht durch § 78 Abs. 4 Nr. 2 BPersVG ausgeschlossen, weil dessen eindeutiger Wortlaut auf die Beamtenstelle und nicht (nur) auf deren Inhaber abstelle und hier eine Tätigkeit übertragen werde, die geringer als nach A 16 BBesO bewertet sei. Der Sprecherausschuss sei entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht zu beteiligen gewesen, da das SprAuG im Bereich des öffentlichen Dienstes keine Anwendung finde. Auch die materiellen Voraussetzungen lägen vor. Insbesondere überschreite die Dauer der ohne Zustimmung des Antragstellers erfolgten Zuweisung nicht die in § 6 Satz 3 PostPersRG vorgesehen Dauer von maximal zwei Jahren. Auch liege keine rechtsmissbräuchliche Umgehung dieser Vorschrift durch eine "Kettenzuweisung" vor. Die unterwertige Tätigkeit des Antragstellers im Unternehmen E. U. IT GmbH bis zum 30. April 2022 sei nämlich nicht ohne, sondern mit dessen Zustimmung erfolgt, da insoweit eine Insichbeurlaubung vorgelegen habe, die nach § 4 Abs. 2 PostPersRG immer einen Antrag des Betroffenen verlange. Schließlich sei die Zuweisung dem Antragsteller auch nicht unzumutbar. Namentlich sei der Befürchtung des Antragstellers, die unterwertige Verwendung stehe seinen Chancen auf eine etwaige Beförderung im Wege, entgegenzuhalten, dass eine solche Verwendung gemäß § 6 Satz 2 PostPersRG einer Beförderung im Rahmen einer regelmäßigen Laufbahnentwicklung gerade nicht entgegenstehe.
6Hiergegen wendet der Antragsteller im Wesentlichen das Folgende ein: Die Zuweisungsverfügung sei schon deshalb rechtswidrig, weil der bei dem Postnachfolgeunternehmen gebildete, namentlich zur Prüfung der Zumutbarkeit einer Zuweisung berufene Betriebsrat nicht beteiligt worden sei. § 28 Abs. 2 Satz 1 PostPersRG fordere hier eine Beteiligung des Betriebsrats des abgebenden Betriebes, also des Betriebsrats E. U. AG Civil Servants Services (CSS). Dessen Mitbestimmung sei entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin auch nicht nach § 78 Abs. 4 Nr. 2 BPersVG ausgeschlossen, weil es bei seiner Zuweisung nicht um eine Beamtenstelle von der Besoldungsgruppe A 16 an aufwärts gehe, sondern um eine nach A 15 zu bewertende Stelle. Die unterbliebene Beteiligung des Betriebsrats D. könne auch nicht durch die (erfolgte) Beteiligung des bei der E. U. IT GmbH gebildeten Betriebsrats ersetzt werden. Der Betriebsrat des aufnehmenden Unternehmens könne nämlich nur Einwendungen erheben, die auf die Interessen der dortigen Beschäftigten, des aufnehmenden Unternehmens und der dort geltenden Regelungen (etwa zu Stellenausschreibungen) bezogen seien, und daher insbesondere nicht geltend machen, dass die Zuweisung dem Betroffenen nicht zumutbar sei. Zudem komme es im Falle eines Dissenses mit dem Arbeitgeber nicht zu einem Verfahren vor der Einigungsstelle, sondern zu einem arbeitsgerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahren. Fehlerhaft sei ferner die Ansicht des Verwaltungsgerichts, der Sprecherausschuss sei nicht zu beteiligen gewesen, da das Sprecherausschussgesetz im öffentlichen Dienst nicht anwendbar sei. Richtig sei, dass auch im Konzern E. U. AG ein Sprecherausschuss nach Maßgabe des § 36 PostPersRG zu bilden sei und dass Leitende Angestellte i. S. d. § 5 Abs. 3 BetrVG auch die funktional vergleichbaren Beamten seien. Auch die materiellen Voraussetzungen der Zuweisungsverfügung lägen nicht vor. Das Verwaltungsgericht hätte berücksichtigen müssen, dass er bereits während seiner (von ihm ausgehend beendeten) Beurlaubung zulässigerweise seinen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung geltend gemacht und damit zumindest konkludent deutlich gemacht habe, dass er mit einer Fortsetzung des Beurlaubung über den 31. Dezember 2021 hinaus nicht einverstanden gewesen sei. Der rechtswidrige Zustand unterwertiger Beschäftigung dauere daher schon seit dem 1. Januar 2022 an. Der zweijährige Zeitraum des § 6 Satz 3 PostPersRG sei ab diesem Datum zu berechnen und daher mit der Zuweisungsverfügung überschritten. Auch stünden schwerwiegende persönliche Belange der verfügten Zuweisung entgegen, weil er aufgrund des unterwertigen Einsatzes und der Beurteilungspraxis der Antragsgegnerin faktisch von vornherein keine Chance auf eine Beförderung haben werde, weshalb er auch nicht auf § 6 Satz 2PostPersRG verwiesen werden könne.
7Dieses Beschwerdevorbringen zeigt auf, dass die Zuweisungsverfügung gegenwärtig offensichtlich rechtswidrig ist, weshalb die Interessenabwägung ungeachtet des öffentlichen Interesses daran, dem beschäftigungslosen Antragsteller alsbald die aktuell und – nach den Darlegungen der Antragsgegnerin – allein verfügbare Tätigkeit als Projektmanager V im Unternehmen E. U. IT GmbH zuzuweisen, zu Lasten der Antragsgegnerin ausfällt. Die offensichtliche Rechtswidrigkeit der Verfügung ergibt sich zwar nicht aus der mangelnden Beteiligung des Sprecherausschusses (dazu 1.) und auch nicht mit Blick auf § 6 Satz 2 PostPersRG (dazu 2.), wohl aber daraus, dass der Betriebsrat des abgebenden Betriebes nicht beteiligt worden und der Ausgang einer solchen (noch nachholbaren) Beteiligung offen ist (dazu 3.). Vor diesem Hintergrund kann offen blieben, ob die Zuweisung auch nach allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen zumutbar ist.
81. Nicht rechtswidrig ist die Zuweisungsverfügung schon wegen des von dem Antragsteller ins Feld geführten Umstands, dass der Sprecherausschuss nicht beteiligt worden ist, etwa nach Maßgabe des § 31 Abs. 1 des Gesetzes über Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten (Sprecherausschussgesetz – SprAuG). Zwar gilt nach der ausdrücklichen Anordnung des § 36 Abs. 1 PostPersRG in den Postnachfolgeunternehmen nach deren Eintragung in das Handelsregister – und damit u. a. auch bei der Deutschen U. AG – das Sprecherausschussgesetz mit den in § 36 Abs. 2 bis 4 PostPersRG genannten Maßgaben. Auch greift die vom Verwaltungsgericht wohl herangezogene, eine Anwendung des Sprecherausschussgesetzes ausschließende Vorschrift des § 1 Abs. 3 Nr. 1 SprAuG insoweit ersichtlich nicht ein, weil die E. U. AG nicht zu den Verwaltungen oder Betrieben des Bundes zählt.
9Vgl. insoweit auch v. Steinau-Steinrück, in: Boecken/Düwell/Diller/Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, 1. Aufl. 2016, SprAuG § 1 Rn. 7, wonach bei privatrechtlich (z. B. als GmbH) organisierten Unternehmen und Betrieben Sprecherausschüsse errichtet werden können und es unerheblich ist, dass die öffentliche Hand möglicherweise alle Gesellschaftsanteile hält.
10Das Sprecherausschussgesetz gilt aber nicht für den Antragsteller. Nach § 36 Abs. 2 PostPersRG sind leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG (vgl. § 1 Abs. 1 SprAuG) auch die funktional vergleichbaren Beamten.
11Vgl. auch Oetker, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 22. Aufl. 2022, SprAuG § 1 Rn. 1: "Bei den AG der früheren Dt. Bundespost sind die funktional vergleichbaren Beamten einzubeziehen (§ 36 II PostPersRG".
12Erfasst sind mithin solche Beamte, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind (§ 5 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. Abs. 1 Satz 3 BetrVG) und nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb Befugnisse haben oder Aufgaben wahrnehmen, die jeweils die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 3 BetrVG erfüllen. Dass der Antragsteller zu diesem Personenkreis zählt, ist, wie die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerdeerwiderung (S. 4) unwidersprochen geltend gemacht hat, schon nicht dargelegt und im Übrigen auch sonst nicht ersichtlich.
132. Die Zuweisungsverfügung verstößt entgegen der Ansicht des Antragstellers auch nicht gegen § 4 Abs. 4 Satz 3 PostPersRG i. V. m. § 6 Satz 3 PostPersRG. Nach diesen Regelungen bedarf die vorübergehende Zuweisung einer unterwertigen Tätigkeit der Zustimmung des Beamten, wenn die Verwendung länger als zwei Jahre dauert. Liegt – wie hier – eine solche Zustimmung nicht vor, darf die Verwendung mithin höchstens einen Zeitraum von zwei Jahren umfassen. Diese Maximaldauer wird mit der Zuweisungsverfügung vom 27. April 2022 nicht überschritten. Nach deren insoweit maßgeblichem Tenor wird dem Antragsteller die Tätigkeit eines Projektmanagers V im aufnehmenden Unternehmen nämlich (nur) für 23 ½ Monate (16. Mai 2022 bis 30. April 2024) zugewiesen.
14Die Ansicht des Antragstellers, diesem Zeitraum müsse wegen seiner 2021 gegenüber der Antragsgegnerin abgegebenen Erklärungen, jedenfalls beginnend mit dem 1. Januar 2022 nicht mehr mit der Fortsetzung der eine unterwertige Tätigkeit beinhaltenden Insichbeurlaubung einverstanden zu sein, die Zeitspanne vom 1. Januar 2022 bis zum Ablauf des 15. Mai 2022 hinzugesetzt werden, weshalb ein mehr als zweijähriger Zeitraum in Rede stehe, ist abwegig. Zwar mag es abhängig von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls rechtswidrig sein, einer maximal zweijährigen Zuweisung einer unterwertigen Tätigkeit eine oder mehrere weitere solche Zuweisung(en) im Sinne einer "Kettenzuweisung" nachfolgen zu lassen, weil darin eine unzulässige Umgehung der genannten Vorschriften liegen könnte. Darum geht es hier aber ersichtlich nicht. Die unterwertige Tätigkeit, die der Antragsteller bis zum 30. April 2022 ausgeübt hat, fand nämlich nicht auf der Grundlage einer Zuweisung statt, sondern im Rahmen einer Insichbeurlaubung i. S. v. § 4 Abs. 2 PostPersRG. Unabhängig davon war der Antragsteller insoweit auch damit einverstanden, unterwertig beschäftigt zu werden. Eine Insichbeurlaubung i. S. v. § 4 Abs. 2 PostPersRG setzt gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 PostPersRG stets einen Antrag des Beamten voraus, ihm zur Wahrnehmung der erstrebten beruflichen Tätigkeit (hier nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PostPersRG) Sonderurlaub unter Wegfall der Besoldung zu gewähren. Mit seinem Antrag hat der Antragsteller mithin zum Ausdruck gebracht, mit der angezielten Beschäftigung und damit auch mit deren Unterwertigkeit einverstanden zu sein. Ein solches Einverständnis entfällt auch nicht schon ohne weiteres deshalb, weil ein Beamter – wie hier der Antragsteller – dieses während der Insichbeurlaubung (konkludent) aufkündigt. Erforderlich ist, wie auch dem Antragsteller klar sein müsste, in einem solchen Fall vielmehr, dass der Beamte sich um eine vorzeitige Auflösung des Arbeitsvertrages bemüht, was im Erfolgsfall zu dem zeitlich angepassten Widerruf der Beurlaubung nach § 24 Nr. 2 der Verordnung über den Sonderurlaub für Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte sowie für Richterinnen und Richter des Bundes (Sonderurlaubsverordnung – SUrlV) führt. So ist es hier im Übrigen auch geschehen: Der Antragsteller hat mit der Deutschen U. IT GmbH am 14. Februar 2022 einen Auflösungsvertrag geschlossen, nach dessen § 1 das zwischen den Vertragspartnern bestehende Anstellungsverhältnis mit Ablauf des 30. April 2022 endet (Beiakte Heft 2, Blatt 16 bis 19). Die Antragsgegnerin hat daraufhin mit Verfügung vom 8. März 2022 die Beurlaubung mit Wirkung vom 1. Mai 2022 widerrufen (Beiakte Heft 1, Blatt 3 f.).
153. Offensichtlich rechtswidrig ist die Zuweisungsverfügung vom 27. April 2022 derzeit aber, weil die Antragsgegnerin es versäumt hat, den Betriebsrat des abgebenden Unternehmens zu beteiligen.
16Das Erfordernis einer solchen Beteiligung, zu welcher sich das Verwaltungsgericht nicht verhalten hat, ergibt sich hier entgegen der Ansicht des Antragstellers zwar nicht aus § 28 Abs. 2 Satz 1 PostPersRG, weil diese Vorschrift eine Beteiligung des Betriebsrats lediglich bei solchen Entscheidungen und Maßnahmen anordnet, von denen bereits zugewiesene Beamte betroffen werden.
17Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 7. November 2012 – 1 B 849/12 –, juris, Rn. 7 f., und vom 19. August 2013 – 1 B 415/13 –, juris, Rn. 8 ff., jeweils m. w. N.; ebenso Nds. OVG, Beschluss vom 2. Januar 2013– 5 ME 187/12 –, juris, Rn. 11, und Bay. VGH, Beschluss vom 23. März 2017 – 6 B 16.1627 –, juris, Rn. 22.
18Es folgt aber aus §§ 28 Abs. 1 Satz 1, 29 PostPersRG. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 PostPersRG ist der Betriebsrat – unter anderem – in den Angelegenheiten der Beamten nach § 4 Abs. 4 Satz 1 und 2 PostPersRG zu beteiligen, und zwar, wie sich aus § 29 Abs. 1 Satz 1 und 3 PostPersRG ergibt, in der Form der Mitbestimmung. Betriebsrat in diesem Sinne ist insoweit der Betriebsrat des Betriebes, dem der Beamte bis zum Wirksamwerden der beabsichtigten (ersten) Zuweisung angehört, also der Betriebsrat des "abgebenden" Betriebes.
19Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. November 2012– 1 B 849/12 –, juris, Rn. 10; ferner Bay. VGH, Beschlüsse vom 23. März 2017 – 6 B 16.1627 –, juris, Rn. 20, und vom 18. März 2021 – 6 CS 21.198 –, juris, Rn. 14.
20Für Personalmaßnahmen gegenüber dem Antragsteller zuständig ist, wie auch nicht im Streit steht (vgl. die Beschwerdebegründung, S. 12, und die Beschwerdeerwiderung, S. 4), der für den selbstständigen Betrieb D1. T. T1. (D. ) gebildete Betriebsrat (Betriebsrat D. ). Diesem Betrieb ist nämlich nach § 1 der Anordnung zur Übertragung beamtenrechtlicher Befugnisse und Zuständigkeiten im Bereich der Deutschen U. AG vom 1. Juli 2019 – DTAGÜbertrAnO –, BGBl. I S. 1112, zuletzt geändert durch Art. 1 AnO vom 21. April 2021, BGBl. I S. 871, die Ausübung der dienstrechtlichen Befugnisse gegenüber den Beamten übertragen, wobei er entweder selbst oder durch seine Abteilung T2. D1. T. T1. (vgl. § 1 Abs. 1 und 2 der Anordnung zur Übertragung dienstrechtlicher Befugnisse im Bereich der Deutschen U. AG vom 1. Juli 2019 – DTAGBefugAnO –, BGBl. I S. 886, zuletzt geändert durch Art. 1 AnO vom 16. April 2021, BGBl. I S. 800) handelt.
21Die danach gebotene Beteiligung des Betriebsrats D. hat entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin nicht nach §§ 28 Abs. 1 Satz 1, 29 Abs. 1 Satz 2 und 3 PostPersRG i. V. m. § 78 Abs. 4 Nr. 2 BPersVG zu unterbleiben. Nach § 78 Abs. 4 Nr. 2 BPersVG gilt die Regelung des § 78 Abs. 1 BPersVG, aus der sich die einzelnen Mitbestimmungstatbestände des Personalrats ergeben, nicht für Beamtenstellen von der Besoldungsgruppe A 16 an aufwärts und entsprechende Arbeitnehmerstellen. Diese Vorschrift, die in den Fällen der Zuweisung nach § 4 Abs. 4 PostPersRG bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen eine Beteiligung eines an sich zuständigen Betriebsrats ausschließt, greift hier nicht ein, weil es bei der beabsichtigten Zuweisung des Antragstellers nicht um eine Beamtenstelle von der Besoldungsgruppe A 16 an aufwärts geht.
22Der von § 78 Abs. 4 Nr. 2 BPersVG verwendete Begriff der "Beamtenstelle" stammt nicht aus der Gesetzessprache des Besoldungs- oder Haushaltsrechts, sondern ist eine Eigenschöpfung des Personalvertretungsrechts, die für die speziellen systematischen und teleologischen Wertungen dieses Rechtsgebiets offenbleibt. Dass die Vorschrift nicht von Beamten, sondern von Beamtenstellen spricht, beruht auf der Zielsetzung, nicht lediglich auf die Besoldung, sondern vor allem auf den Amtsinhalt und damit auf funktionsbezogene Aspekte abzustellen.
23Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2008– 6 P 13.07 –, juris, Rn. 17 (zu der entsprechenden Vorgängerregelung, dem bis zum 14. Juni 2021 geltenden § 77 Abs. 1 Satz 2 BPersVG).
24Die Vorschrift will sicherstellen, dass für herausgehobene Stellen unabhängige Personalentscheidungen getroffen werden, die der Bedeutung der darauf zu verrichtenden Tätigkeit und der damit verbundenen Verantwortung gerecht werden.
25BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2008 – 6 P 13.07 –, juris, Rn. 19, und Beschluss vom 24. Mai 2011– 1 WB 60.10 –, juris, Rn. 31 (zu der vergleichbaren, Beförderungen betreffenden Vorschrift des § 23 Abs. 3 Satz 2 SBG in der bis zum 1. September 2016 geltenden Fassung); aus der Literatur vgl. etwa Kaiser/Annuß, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 5. Aufl. 2020, BPersVG § 77 Rn. 19, und Rehak, in: Lorenzen/Gerhold/Schlat-mann u. a., BPersVG, Stand: Februar 2022, § 78 Rn. 477.
26Dementsprechend geht es immer (schon) dann um Beamtenstellen von der Besoldungsgruppe A 16 an aufwärts und ist eine Mitbestimmung ausgeschlossen, wenn ein Beamter nach der Personalmaßnahme in ein Amt nach A 16 einrücken soll, wenn dieser also nach A 16 befördert oder ihm im Vorgriff auf eine solche Beförderung eine höher zu bewertende Tätigkeit übertragen werden soll.
27Näher insoweit etwa Baden, in: Altvater u. a., BPersVG, 10. Aufl. 2019, § 77 Rn. 18.
28Ferner werden auch solche Personalmaßnahmen erfasst, die Beamte betreffen, die ein statusrechtliches Amt der Besoldungsgruppe A 16 oder ein der Bundesbesoldungsordnung B zugeordnetes Statusamt (bereits) innehaben.
29Vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 2008– 6 P 13.07 –, juris, Rn. 18; ferner Baden, in: Altvater u. a., BPersVG, 10. Aufl. 2019, § 77 Rn. 18, Ilbertz/Widmaier/Sommer, BPersVG, 14. Aufl. 2018, § 77 Rn. 13b, Fischer/Goeres/Gronimus, Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder, (= Fürst, GKÖD Band V), Stand: Juli 2022, K § 77 Rn. 13, Rehak, in: Lorenzen/Gerhold/Schlatmann u. a., BPersVG, Stand: Februar 2022, § 78 Rn. 483.
30Das gilt aber nicht uneingeschränkt. Das Mitbestimmungsrecht des Personalrats bleibt vielmehr erhalten, obwohl die Personalmaßnahme einen nach A 16 besoldeten Beamten betrifft, wenn diesem – wie hier dem Antragsteller durch die Zuweisung – unter Belassung seiner Bezüge nach A 16 eine geringer bewertete Tätigkeit übertragen wird.
31Soweit ersichtlich einhellige Auffassung in der Literatur: Fischer/Goeres/Gronimus, Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder, (= Fürst, GKÖD Band V), Stand: Juli 2022, K § 77 Rn. 13a, Rehak, in: Lorenzen/Gerhold/Schlatmann u. a., BPersVG, Stand: Februar 2022, § 78 Rn. 488, und Kaiser/Annuß, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 5. Aufl. 2020, BPersVG § 77 Rn. 22a.
32Diese Ausnahme findet ihren Grund in der Erwägung, dass die Frage, ob eine Mitbestimmung stattfindet oder nach § 78 Abs. 4 Nr. 2 BPersVG ausgeschlossen ist, maßgeblich anhand des Ziels der Personalmaßnahme – der Beamtenstelle, die übertragen werden soll – zu beantworten ist und nicht etwa anhand des Status des betroffenen Beamten. Diese Beamtenstelle aber bleibt bei dem hier diskutierten Fall hinsichtlich der mit ihr verbundenen Verantwortung hinter einer nach A 16 BBesO zu bewertenden Beamtenstelle zurück.
33Die Äußerung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Beschluss vom 7. Juli 2008 (juris, Rn. 18), nach § 77 Abs. 1 Satz 2 BPersVG a. F. sei die Mitbestimmung in Personalangelegenheiten solcher Beamter ausgeschlossen, "die ein Amt der Besoldungsgruppe A 16 oder höher bekleiden", steht dem nicht entgegen. Sie muss, obwohl sie keine Ausnahme zuzulassen scheint, vielmehr im o. g. Sinne einschränkend verstanden werden, weil nur ein solches Verständnis der Zwecksetzung der Norm entspricht, die das Bundesverwaltungsgericht an anderer Stelle seines Beschlusses (juris, Rn. 19) selbst hervorgehoben hat. Das Fehlen einer ausdrücklichen Einschränkung für Fall der Übertragung einer unterwertigen Beamtenstelle an einen nach A 16 BBesO besoldeten Beamten ist demnach ersichtlich nur darauf zurückzuführen, dass das Gericht einen solchen (seltenen) Fall bei seiner Entscheidung schlicht nicht mitbedacht hat. Das wiederum findet seine Erklärung ohne weiteres in dem Umstand, dass mit der Entscheidung eine gänzlich andere, mit dem Einrücken in eine höhere Position verbundene Rechtsfrage zu klären war (Ausschluss der Mitbestimmung bei der Übertragung eines Referatsleiterdienstpostens an eine Beamtin der Besoldungsgruppe A 15 BBesO auch unter den Bedingungen der "Topfwirtschaft").
34Gegen die Annahme eines Beteiligungserfordernisses im vorliegenden Fall kann ferner nicht mit Erfolg eingewendet werden, auch eine solche Personalentscheidung (wie die vorliegende) sei bedeutsam, weil sie "gleichermaßen die Personalauslese für herausgehobene Funktionen" beeinflusse, "wenn auch möglicherweise nur mittelbar" (Beschwerdeerwiderung, S. 3). Es kommt insoweit nämlich allein auf die dem Beamten gegenüber beabsichtigte Personalmaßnahme und nicht etwa auf deren mittelbare Auswirkungen für andere Beamte an.
35Eine abweichende Bewertung ergibt sich schließlich auch nicht aus der Äußerung des Vorsitzenden des Betriebsrats D. , Herrn P. O. , in seiner an den Antragsteller gerichteten E-Mail vom 27. April 2022, der Betriebsrat D. ("wir") werde "in Beamtenangelegenheiten ab A 16 nicht beteiligt". Dieser bloßen Beschreibung kann entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin schon nicht entnommen werden, der Betriebsratsvorsitzende habe die Position eingenommen, "grundsätzlich in Beamtenangelegenheiten ab A 16 nicht beteiligt werden zu müssen (oder zu wollen)" (Beschwerdeerwiderung, S. 4). Unabhängig davon wäre das Einnehmen einer solchen Position lediglich Ausdruck einer fehlerhaften Rechtsansicht eines einzelnen Betriebsratsmitgliedes, die das nach dem Vorstehenden gegebene Beteiligungserfordernis nicht entfallen lassen könnte.
36Der Ausgang der nach alledem zu Unrecht unterlassenen (noch nachholbaren) Beteiligung ist offen. Ob dies schon aus der Bewertung des Vorsitzenden des Betriebsrats D. , Herrn P. O. , in der bereits erwähnten E-Mail vom 27. April 2022 hergeleitet werden kann, der Antragsteller habe "gute Gründe gegen die beabsichtigte unterwertige Maßnahme", mag auf sich beruhen. Es ist nämlich jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass der Antragsteller im Beteiligungsverfahren auch noch weitere (durchgreifende) Gesichtspunkte gegen die Zumutbarkeit der Zuweisung geltend machen kann.
37Gründe für die Annahme, der angefochtene Beschluss erweise sich aus anderen als richtig, sind angesichts des Vorstehenden nicht erkennbar.
38Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2, 47 Abs. 1 Satz 1 GKG.
39Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
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