Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 7 B 925/22
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 3.750.- Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
3Gründe für eine Änderung der angefochtenen Entscheidung, mit der es das Verwaltungsgericht abgelehnt hat, die aufschiebende Wirkung der Klage 3 K 278/22 gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 21.6.2021 anzuordnen, hat die Antragstellerin nicht dargetan. Der Senat ist dabei nach § 146 Abs. 4 VwGO grundsätzlich auf die Prüfung des innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist erfolgten Vorbringens beschränkt.
4Der Einwand der Antragstellerin, das Feuerwehrgerätehaus sei nach der Erweiterung nicht gebietsverträglich, die vom Bundesverwaltungsgericht dafür geforderte Funktion sei nicht gegeben, der Brandschutzplan gebe zur Frage des effektiven Brandschutzes in der näheren Umgebung nichts her, diese Frage hätte aufgeklärt werden müssen, bleibt erfolglos.
5Das Verwaltungsgericht hat für den Fall, dass es sich bei der maßgeblichen näheren Umgebung um ein faktisches Dorfgebiet handeln sollte, die Gebietsverträglichkeit des Feuerwehrgerätehauses als Anlage für Verwaltungen bejaht. Dem ist die Antragstellerin mit ihrem Vorbringen nicht entgegen getreten. Aber auch dann, wenn zugunsten der Antragstellerin die maßgebliche nähere Umgebung des Vorhabens als faktisches allgemeines Wohngebiet einzustufen wäre, ergäbe sich nichts anderes. Das ist nicht zu beanstanden.
6Ein Feuerwehrgerätehaus, das nach Größe und Ausstattung maßgeblich auch dem effektiven Brandschutz in der näheren Umgebung dient, ist im allgemeinen Wohngebiet gebietsverträglich.
7Vgl. BVerwG, Urteil vom 29.3.2022 - 4 C 6.20 -, juris.
8Nach den vom Verwaltungsgericht anhand der Aktenlage getroffenen Feststellungen dient das Feuerwehrgerätehaus auch nach seiner Erweiterung dem Unterstellen von zwei Einsatzfahrzeugen. Aus der "Allgemeinen Anlage" zum Bauantrag ergebe sich, dass der Anbau nichts an der Zahl der Einsatzfahrzeuge vor Ort sowie der Anzahl der erforderlichen Stellplätze ändere. Dass eine Feuerwache der freiwilligen Feuerwehr mit - lediglich - zwei Einsatzfahrzeugen nicht zumindest "auch" dem effektiven Brandschutz in der näheren Umgebung dient, hat die Antragstellerin nicht dargelegt.
9Soweit die Antragstellerin geltend macht, die Umsetzung der angefochtenen Baugenehmigung führe zu einem insgesamt bedrängenden Bild ihres 1984 unter Denkmalschutz gestellten Hofes als Gesamtensemble, rechtfertigt auch dieses Vorbringen kein anderes Ergebnis. Ein von der Antragstellerin damit in der Sache geltend gemachter vorhabenbedingter Eingriff in den denkmalrechtlichen Umgebungsschutz ist hier nicht erkennbar und auch nicht hinreichend dargelegt.
10Als Erscheinungsbild eines Denkmals ist nach § 9 Abs. 1 Buchst. b DSchG NRW a. F. der von außen sichtbare Teil des Denkmals geschützt, an dem jedenfalls der sachkundige Betrachter den Denkmalwert, der dem Denkmal innewohnt, abzulesen vermag; das Erscheinungsbild ist von Vorhaben in der engeren Umgebung des Denkmals nur dann betroffen, wenn die Beziehung des Denkmals zu seiner engeren Umgebung für den Denkmalwert von Bedeutung ist. Zur Ermittlung des Denkmalwertes im Einzelfall ist in erster Linie auf die Eintragung in der Denkmalliste und die ihr beigefügte Begründung abzustellen. Ein subjektives Recht des Denkmaleigentümers, die Baugenehmigung eines benachbarten Vorhabens anzufechten, setzt voraus, dass der nach diesen Maßstäben ermittelte Denkmalwert durch das angegriffene Vorhaben erheblich beeinträchtigt wird.
11Vgl. dazu namentlich OVG NRW, Urteil vom 8.3.2012 - 10 A 2037/11 -, BRS 79 Nr. 210 = BauR 2012, 1781.
12Nach diesen Grundsätzen dürfte dem denkmalgeschützten Eigentum der Antragstellerin kein Umgebungsschutz zustehen, der durch das Vorhaben der Beigeladenen erheblich beeinträchtigt wird. Der Eintragung in die Denkmalliste und ihrer Begründung lässt sich lediglich entnehmen, dass das als Baudenkmal eingetragene Fachwerkhaus in Weilerswist-Metternich in unmittelbarer Nähe zur Kirche und Burg N. eine städtebaulich bedeutende Position einnimmt und bedeutend für die Geschichte des Menschen ist. Seine Erhaltung liegt danach aus architekturgeschichtlichen, volkskundlichen und städtebaulichen Gründen im öffentlichen Interesse. Dass über das eigentliche Fachwerkhaus hinaus auch dessen Beziehung zu seiner Umgebung zum Erhalt des Denkmalwertes des Baudenkmals unter Schutz gestellt wird, lässt sich dieser Eintragung nicht entnehmen. Dass die - von dem Grundstück der Antragstellerin aus betrachtete rückwärtige - Erweiterung des Feuerwehrgerätehauses das Erscheinungsbild des Baudenkmals selbst beeinträchtigen könnte, hat die Antragstellerin im Übrigen auch nicht dargelegt. Dies gilt auch hinsichtlich des von der Antragstellerin thematisierten Zusatzscheinwerfers, der massiv das denkmalgeschützte Hotelensemble beeinträchtige. Das folgt schon daraus, dass ein "Zusatzscheinwerfer" nach den vorliegenden Verwaltungsvorgängen nicht Genehmigungsgegenstand ist.
13Ob die verfahrensmäßige Beteiligung der zuständigen Denkmalschutzbehörde und ggf. die Erteilung einer denkmalrechtlichen Erlaubnis erforderlich gewesen wären, ist unter dem Blickwinkel des Nachbarrechtsschutzes nicht entscheidungsrelevant.
14Der Verweis der Antragstellerin auf § 9 Abs. 2 Satz 1 BauO NRW 2018 und die Gesetzesbindung der Verwaltung verfängt nicht. Diese Regelung dient ausschließlich dem öffentlichen Interesse und nicht dem Nachbarschutz.
15Vgl. Henke in Spannowsky/Saurenhaus, BeckOK, Bauordnungsrecht Nordrhein-Westfalen, 11. Edition, § 9 Rn. 26.
16Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand, das Verwaltungsgericht habe die Grundsätze über das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme fehlerhaft angewandt. Die Antragstellerin macht dazu geltend, nach Abschluss der genehmigten Bauarbeiten sei mit um ein Vielfaches höheren Lärmimmissionen sowie mit einer Ausweitung des Fuhrparks zu rechnen, es werde erkennbar mehr Fahrzeuge, mehr Personal und deshalb mehr Verkehr geben, das Verwaltungsgericht gehe ohne Begründung davon aus, dass sich der Fuhrpark nicht vergrößere. Entgegen diesem Vorbringen hat das Verwaltungsgericht zugrunde gelegt, mit dem genehmigten An- und Umbau des vorhandenen Feuerwehrgerätehauses dürften keine neuen und lärmintensiveren Betriebsabläufe verbunden sein. So hat es ausgeführt, der "Allgemeinen Anlage" zum Bauantrag sei zu entnehmen, dass der Anbau nichts an den Einsatzfahrzeugen vor Ort ändere. Durch die Erweiterung und den Umbau des Feuerwehrgerätehauses erhöhe sich deshalb auch nicht die Anzahl der erforderlichen und vorhandenen Stellplätze, die sich nach der Anzahl der Sitzplätze in den Einsatzfahrzeugen bemesse. Ausweislich des Brandschutzbedarfsplans der Beigeladenen für die Jahre 2019 - 2024 erfolge der Umbau vielmehr ersichtlich zur Beseitigung von diversen Missständen. Diese der Aktenlage entsprechenden Annahmen hat die Antragstellerin mit ihrem Beschwerdevorbringen nicht erschüttert.
17Soweit die Antragstellerin geltend macht, mit dem Vorhaben werde zumindest der bisherige und nach ihrem Dafürhalten schon im Bestand rechtswidrige Zustand manifestiert, fehlt es an der Darlegung eines Verstoßes gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Der Senat verweist zur Begründung auf die umfangreichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts in dem angegriffenen Beschluss. Dort hat es u. a. ausgeführt, das Störpotential des Feuerwehrgerätehauses beschränke sich nach der zum Gegenstand der Baugenehmigung gemachten Betriebsbeschreibung lediglich auf Nutzungen, die nach Dauer und Art es praktisch ausgeschlossen erscheinen ließen, dass es zu unzumutbaren Lärmeinwirkungen auf dem Grundstück der Antragstellerin kommen werde. Im Hinblick auf die Einsatzfahrten unter Alarmbedingungen mit Licht- und Tonsignal sei aufgrund der besonderen Funktion der Freiwilligen Feuerwehr von einer gesteigerten sozialen Adäquanz der durch sie verursachten Betriebsgeräusche vor allem bei Alarmausfahrten auszugehen. Letztere Annahme beruht auf der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein Westfalen.
18Vgl. zum Aspekt der sozialen Adäquanz der mit einem Standort der Freiwilligen Feuerwehr verbundenen Geräuschimmissionen: OVG NRW, Urteil vom 23.9.2019 - 10 A 1114/17, juris, m. w. N.
19Zudem hat das Verwaltungsgericht darauf verwiesen, dass nach den unbestrittenen Angaben der Beigeladenen es nur zu sehr wenigen Einsatzfahrten zu den besonders lärmempfindlichen Nachtstunden komme, nämlich im Jahr 2019 elf sowie 2019 und 2021 jeweils sechs nächtliche Einsätze. Dem ist die Antragstellerin auch mit ihrem Beschwerdevorbringen nicht entgegengetreten.
20Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da sie im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
21Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG.
22Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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Referenzen
- VwGO § 154 1x
- 10 A 2037/11 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 146 1x
- § 9 Abs. 2 Satz 1 BauO 1x (nicht zugeordnet)
- VwGO § 162 1x
- 3 K 278/22 1x (nicht zugeordnet)
- 10 A 1114/17 1x (nicht zugeordnet)