Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 9 B 990/22
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
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G r ü n d e :
2Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig (dazu 1.), aber unbegründet (dazu 2.).
31. Die Beschwerde ist zulässig.
4a. Sie ist fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Antragstellerin hat die zweiwöchige Beschwerdefrist (§ 147 Abs. 1 VwGO) und die einmonatige Beschwerdebegründungsfrist (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) gewahrt.
5Der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 9. August 2022 ist der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am 12. August 2022 bekanntgegeben worden. Die Einlegung der Beschwerde am 26. August 2022 und die Vorlage der Begründung am 12. September 2022 wahren damit die oben genannten Fristen.
6Dem steht nicht entgegen, dass die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin am 12. September 2022 ein elektronisches Empfangsbekenntnis (eEB) über die Zustellung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses (erst) an diesem Tag übermittelt hat. Zwar erbringt das Empfangsbekenntnis grundsätzlich den vollen Beweis für das aus ihm ersichtliche Zustellungsdatum. Diese Beweiswirkung kann aber widerlegt werden. Der Nachweis eines falschen Datums ist dann erbracht, wenn die Beweiswirkungen des Empfangsbekenntnisses entkräftet sind und jede Möglichkeit ausgeschlossen ist, dass die Angabe auf dem Empfangsbekenntnis richtig sein könnte.
7Vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 27. März 2001 ‑ 2 BvR 2211/97 ‑, juris Rn. 19 f.; BVerwG, Beschluss vom 11. Oktober 2017 ‑ 1 WNB 3.17 ‑, juris Rn. 6, jew. m. w. N.
8Das ist hier sowohl mit Blick darauf, dass die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin bereits am 26. August 2022 Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt hat, als auch nach deren eigenen Angaben im Schriftsatz vom 16. September 2022 der Fall.
9b. Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere genügt die Beschwerdebegründung den Vorgaben des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO. Dem steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin weder in der Beschwerdeschrift vom 26. August 2022 noch in der Beschwerdebegründung vom 12. September 2022 einen Antrag formuliert hat.
10Zwar ergibt sich aus § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO das Erfordernis, dass die Begründung u. a. einen bestimmten Antrag enthalten muss. Das Fehlen eines ausdrücklich formulierten Antrags ist aber ausnahmsweise unschädlich, wenn sich das Rechtsschutzziel aus der Beschwerdebegründung gleichwohl klar ergibt. Denn das Antragserfordernis soll den Beschwerdeführer (nur) dazu veranlassen, sein Begehren nach Zielrichtung und Umfang eindeutig festzulegen und das Gericht so in die Lage zu versetzen, eine das Begehren erschöpfende Entscheidung zu fällen.
11Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. August 2020 ‑ 1 B 363/20 ‑, juris Rn. 3.
12Danach ist das Fehlen eines ausdrücklichen Antrags hier unschädlich. Der Beschwerdebegründung lässt sich zweifelsfrei entnehmen, dass die Antragstellerin ihr erstinstanzliches Begehren, der Antragsgegnerin die in deren Schreiben vom 19. Juli 2022 angekündigte Veröffentlichung zu untersagen bzw., nachdem die Veröffentlichung zwischenzeitlich erfolgt ist, die veröffentlichten Informationen aus dem Internet zu entfernen, weiterverfolgt und mit der Beschwerde eine entsprechende Änderung des angegriffenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts anstrebt.
132. Die Beschwerde ist aber unbegründet. Das Beschwerdevorbringen, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, bietet keinen Anlass, den angefochtenen Beschluss zu ändern.
14Die Antragstellerin rügt, dass die im Streit stehende Veröffentlichung entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts unverhältnismäßig sei. Sie sei nicht angemessen, denn die Nachteile, die damit verbunden seien, stünden außer Verhältnis zu den Vorteilen, die sie bewirke. Es sei offensichtlich, dass die Veröffentlichung im Internet für sie, die Antragstellerin, ganz erhebliche negative Konsequenzen haben könne, die später nicht mehr rückgängig gemacht werden könnten. Eine Verbraucherinformation zu angeblichen Rechtsverstößen eines Unternehmens könne für dieses existenzgefährdend oder sogar existenzvernichtend sein.
15Aus diesem Vorbringen ergibt sich jedoch nicht, dass die im Streit stehende Veröffentlichung entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts einen nicht gerechtfertigten, weil unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit der Antragstellerin darstellt und ihr deshalb ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch aus Art. 12 Abs. 1 GG zusteht. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die Veröffentlichung könne auf § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB gestützt werden, dessen tatbestandliche Voraussetzungen erfüllt seien. Hierzu verhält sich die Beschwerde nicht. Es fehlt an jeglicher Auseinandersetzung mit der Auffassung des Verwaltungsgerichts zum Vorhandensein einer gesetzlichen Grundlage, die im vorliegenden Fall das staatliche Informationshandeln rechtfertigt. Insbesondere wird die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 40 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 LFGB im vorliegenden Fall erfüllt seien, von der Beschwerde nicht angegriffen. Im Übrigen fehlt auch jegliche Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Verhältnismäßigkeit der Veröffentlichungen nach § 40 Abs. 1a LFGB.
16Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
17Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und Abs. 2 GKG.
18Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO sowie §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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Referenzen
- 1 B 363/20 1x (nicht zugeordnet)
- 2 BvR 2211/97 1x (nicht zugeordnet)