Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 10 A 3097/21
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
1Der Antrag hat keinen Erfolg.
2Aus den innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegten Gründen ergeben sich weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
3Stützt der Rechtsmittelführer seinen Zulassungsantrag auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen. Dabei muss er den tragenden Rechtssatz oder die Feststellungen tatsächlicher Art, die er mit seinem Antrag angreifen will, bezeichnen und mit schlüssigen Gegenargumenten infrage stellen und damit zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Entscheidungsergebnisses begründen. Daran fehlt es hier.
4Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass der Kläger keinen Anspruch auf die Erteilung der von ihm begehrten denkmalrechtlichen Erlaubnis für die Anlegung einer von der T.-straße aus befahrbaren Einfahrt und eines Pkw-Stellplatzes auf seinem Grundstück T.-straße 78 in N. (im Folgenden: Vorhaben beziehungsweise Vorhabengrundstück) habe, weil dem Vorhaben Gründe des Denkmalschutzes entgegenstünden und es kein überwiegendes öffentliches Interesse gebe, das die Anlegung der Einfahrt und des Stellplatzes verlange. Die für die Verwirklichung des Vorhabens erforderliche teilweise Beseitigung der Natursteinmauer, die das Vorhabengrundstück, das im Geltungsbereich der Satzung für den Denkmalbereich III Siedlung I. (Denkmalbereichssatzung) liegt, zur Straße hin abschließt, greife in die Substanz eines wichtigen Elements des mit der Denkmalbereichssatzung geschützten Erscheinungsbildes der Siedlung ein. Gerade weil die dort ursprünglich errichteten Natursteinmauern nur noch in Teilen der Siedlung vorhanden seien, komme den verbliebenen Mauern besonderes Gewicht für das Erscheinungsbild der Siedlung zu. Die wirtschaftliche Nutzbarkeit des Vorhabengrundstücks werde durch die Versagung der Erlaubnis nicht unzumutbar eingeschränkt. Der von dem eigenen Interesse an Umwelterhaltung, Klimaschutz und der Herstellung gesunder Lebensverhältnisse getragene Wunsch des Klägers, ein Elektroautomobil anzuschaffen, dessen Batterie er auf dem geplanten Stellplatz über das hauseigene Stromnetz aufladen wolle, habe kein solches Gewicht, dass er sich gegen die dem Vorhaben entgegenstehenden denkmalrechtlichen Belange durchsetzen würde. Dem Kläger sei zuzumuten, die Batterie des Elektroautomobils, das er sich anschaffen wolle, an einer öffentlich zugänglichen Ladestation aufzuladen.
5Diesen im Einzelnen eingehend begründeten Feststellungen und Wertungen des Verwaltungsgerichts setzt der Kläger nichts Durchgreifendes entgegen.
6Dies gilt zunächst, soweit er meint, der für die Verwirklichung des Vorhabens notwendige Eingriff in die Substanz der Natursteinmauer sei nicht so erheblich wie von dem Verwaltungsgericht angenommen, weil tatsächlich nur eine "Modellierung" dieser Mauer geplant sei. Nach der Anlegung der Einfahrt und des Stellplatzes müsse das seitlich davon gelegene Gelände in der Tiefe des verbleibenden Vorgartens abgefangen werden. Dafür sollten die Steine der Mauer, die auf der Breite der Einfahrt beseitigt werden müssten, wiederverwendet werden, sodass die Substanz der Mauer erhalten bliebe. Die bisherige Mauer erhielte, soweit sie sich auf seinem Grundstück befinde, nur einen teilweise anderen Verlauf, indem sie parallel zu der Treppenanlage, die von dem öffentlichen Fußweg zu seiner Hauseingangstür führe, in einem Winkel von 90° entlang der Einfahrt auf das Grundstück geführt werde. Dadurch würde der Frontbereich seines Hauses ein einheitliches und in sich abgerundetes Bild ergeben, was noch verstärkt würde, wenn auch die Nachbarn Stellplätze neben ihren Häusern gleicher Bauart anlegen und das Gelände jeweils seitlich mit den ursprünglichen Mauersteinen abfangen würden.
7Diese Argumentation ist unzutreffend. Das geschützte Erscheinungsbild des hier in Rede stehenden Abschnitts der Südseite der T.-straße wird nach den einschlägigen Vorschriften der Denkmalbereichssatzung und nach den tatsächlichen, durch aussagekräftige Fotos belegten Feststellungen des Einzelrichters des Verwaltungsgerichts im Rahmen einer Ortsbesichtigung ganz maßgeblich durch eine durchgehende Natursteinmauer bestimmt, die das Gelände im Bereich der deutlich über dem Straßenniveau liegenden Vorgärten der dortigen Häuser senkrecht abfängt und nur unterbrochen wird durch die Treppenanlagen, die zu den jeweiligen Hauseingängen führen. Dieses bauzeitliche Bild würde durch Abgrabungen neben den Häusern oder Rampen, die auf das Niveau der Vorgärten führen und die Anlegung von Einfahrten und Stellplätzen auf den Grundstücken ermöglichen sollen, maßgeblich verändert. Das historische Erscheinungsbild der Siedlung wäre insoweit auch in diesem Abschnitt der T.-straße wie an anderen Stellen dauerhaft verloren. Dass bei einer Umgestaltung des ursprünglichen Mauerverlaufs auch Steine verwendet werden sollen, die in der historischen Mauer verbaut waren, ändert an der wesentlichen Veränderung des Erscheinungsbildes des besagten Straßenabschnitts, der mit der Verwirklichung des Vorhabens verbunden wäre, nichts.
8Ohne Erfolg trägt der Kläger sinngemäß vor, dass die Beklagte und das Verwaltungsgericht bei der Abwägung der für und gegen die Erteilung der beantragten denkmalrechtlichen Erlaubnis sprechenden Gründe außer Acht gelassen habe, dass er mit dem Vorhaben über seine persönlichen Interessen hinaus auch allgemeine Interessen des Klimaschutzes verfolge, der nur erfolgreich sein könne, wenn sich möglichst viele Menschen gerade in der Entwicklungsphase der E-Mobilität zuwendeten. Dass bei der besagten Abwägung die Belange des Klimaschutzes angemessen zu berücksichtigen sind, ergibt sich aus § 9 Abs. 3 Satz 2 DSchG NRW. Der Senat vermag aber nicht zu erkennen, dass es bei angemessener Berücksichtigung dieser Belange im konkreten Fall der Hintanstellung der mit der Erhaltung der Natursteinmauer in ihrer ursprünglichen Form verbundenen denkmalrechtlichen Belange bedürfte. In Ansehung des erheblichen Gewichtes, das der unveränderten Natursteinmauer für das Erscheinungsbild des hier maßgeblichen Teils der Siedlung I. zukommt, ist es dem Kläger durchaus zuzumuten, dass er sich für das Aufladen der Batterie eines Elektroautomobils, das er sich anschaffen will, einer öffentlich zugänglichen Ladestation bedient, statt, letztlich aus Gründen der Bequemlichkeit, mit der Anlegung einer Einfahrt und eines Stellplatzes, auf dem er die Batterie eines Elektroautomobils über sein hauseigenes Stromnetz aufladen könnte, das besagte Erscheinungsbild wesentlich zu beeinträchtigen und – wie er es selbst sieht – ein Vorbild für eine größere Zahl gleichartiger Vorhaben innerhalb der Siedlung zu schaffen, die von der ehemals durchgehenden Natursteinmauer bestenfalls ein Torso übrig lassen würden.
9Der Kläger räumt ein, dass sich das von ihm beschworene Ziel des Klimaschutzes auch erreichen ließe, wenn er die Batterie des Elektroautomobils, das er sich anschaffen wolle, an einer öffentlich zugänglichen Ladestation aufladen würde, meint aber, dass man ihm, wenn er auf die Nutzung solcher Ladestationen verwiesen werde, etwas aufbürde, das praktisch und menschlich nicht nachzuvollziehen sei. Die Beklagte habe nicht untersucht, in welcher Entfernung von seinem Haus es eine öffentlich zugängliche Ladestation gebe, die er rund um die Uhr nutzen könne. Könnte er die Batterie des Elektroautomobils, das er sich anschaffen wolle, auf seinem eigenen Grundstück aufladen, würde er sich unnötiges Herumfahren und die Inanspruchnahme öffentlicher Ressourcen ersparen, zumal die öffentlichen Ladestationen denjenigen Eigentümern von Elektroautomobilen vorbehalten bleiben müssten, die dringend darauf angewiesen seien, weil sie nicht über eine Lademöglichkeit auf einem privaten Grundstück verfügten. Mit diesen Argumenten dringt der Kläger nicht durch. Die von dem Senat geteilte Auffassung des Verwaltungsgerichts, im konkreten Fall sei es dem Kläger in Ansehung der anderenfalls erheblich beeinträchtigten denkmalrechtlichen Belange zumutbar, die Batterie des Elektroautomobils, das er sich anschaffen wolle, an einer öffentlich zugänglichen Ladestation aufzuladen, impliziert bereits eine gewisse Beschwerlichkeit, die der Kläger wie viele andere in Kauf nehmen muss, wenn er sich für die Anschaffung eines Elektroautomobils entscheidet. Es ist Teil dieser Entscheidung zu überlegen, wann und wo er die Batterie eines solchen Fahrzeugs künftig aufladen kann und will. Ihm dies abzunehmen oder zu erleichtern, ist regelmäßig ebenso wenig Gegenstand einer Entscheidung über die Erteilung einer denkmalrechtlichen Erlaubnis wie eine mögliche Konkurrenz potenzieller Nutzer bei der Inanspruchnahme öffentlich zugänglicher Ladestationen. Überdies ist es eine öffentliche Aufgabe, ein ausreichendes Netz solcher Ladestationen aufzubauen, die nicht durch die Zurückstellung wichtiger denkmalrechtlicher Belange im Einzelfall ersetzt werden kann.
10Die spekulativen Erwägungen, die der Kläger zum vermeintlichen Vorteil des Vorhabens für den ruhenden Verkehr und die Verkehrssicherheit anstellt, belegen ebenfalls kein überwiegendes öffentliches Interesse im Sinne des § 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG NRW, dass die Verwirklichung des Vorhabens verlangt.
11Eine Ungleichbehandlung zu seinen Lasten etwa im Vergleich zu den von ihm angesprochenen Grundstücken auf der N1.-Straße hat das Verwaltungsgericht verneint. Darauf, dass an anderen Stellen innerhalb der Siedlung I. Natursteinmauern entfernt, das Gelände auf den Grundstücken verändert und dort Einfahrten und Stellplätze angelegt worden seien, könne sich der Kläger nicht berufen, weil die dortige Ausgangslage eine andere und das Erscheinungsbild der Natursteinmauern schon vor der Unterschutzstellung der Siedlung erheblich gestört gewesen sei. Mit dieser Argumentation setzt sich der Kläger schon nicht auseinander.
12Er legt auch nicht dar, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat.
13Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im betreffenden Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substanziiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.
14Der Kläger hat nicht einmal sinngemäß eine sich in einem möglichen Berufungsverfahren stellende, entscheidungserhebliche und klärungsbedürftige Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, sondern trägt allgemeine Ansichten, Wertungen, Überlegungen und Ausblicke auf künftige Entwicklungen vor, die er selbst damit einleitet, dass er die grundsätzliche Bedeutung des Streitgegenstandes "plakativ unter dem Stichwort 'Denkmalschutz versus Klimaschutz' darstellen möchte".
15Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt, wie die Tatbestandsmerkmale des § 9 Abs. 3 Satz 1 DSchG NRW (§ 9 Abs. 2 DSchG NRW a.F.) auszulegen sind. Dass bei der Entscheidung über die Erlaubnisfähigkeit einer nach § 9 Abs. 1 und 2 DSchG NRW erlaubnispflichtigen Handlung auch die Belange etwa des Klimas und des Einsatzes erneuerbarer Energien angemessen zu berücksichtigen sind, bestimmt, wie oben bereits erwähnt, § 9 Abs. 3 Satz 2 DSchG NRW, sodass insoweit kein Bedarf für eine grundsätzliche Klärung in einem möglichen Berufungsverfahren besteht.
16Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
17Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 40, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
18Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Sätze 1 und 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
19Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
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