Beschluss vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - 4 A 897/20
Tenor
Das Verfahren wird eingestellt.
Das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18.2.2020 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf ist wirkungslos.
Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens sowie des erstinstanzlichen Verfahrens nach Verbindung der Verfahren 3 K 9814/18 und 3 K 6/19 (VG Düsseldorf) am 18.2.2020 trägt die Klägerin zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens vor der Verbindung im Verfahren 3 K 6/19 trägt die Beklagte; im Verfahren 3 K 9814/18 tragen die Hauptbeteiligten die vor der Verfahrensverbindung angefallenen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
Der Streitwert wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung für die Zeit nach der Verbindung der Verfahren 3 K 9814/18 und 3 K 6/19 (VG Düsseldorf) am 18.2.2020 für beide Instanzen auf 22.500,00 Euro festgesetzt. Für die Zeit vor der Verbindung wird der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren 3 K 9814/18 auf 15.000,00 Euro und für das Verfahren 3 K 6/19 auf 7.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
1I. Nachdem die Hauptbeteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung der §§ 125 Abs. 1 Satz 1, 87a Abs. 1 und 3, 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Das angefochtene Urteil ist für wirkungslos zu erklären (§ 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO in entsprechender Anwendung).
2II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Billigem Ermessen im Sinne dieser Vorschrift entspricht es, die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens sowie des erstinstanzlichen Verfahrens nach Verbindung der Verfahren 3 K 9814/18 und 3 K 6/19 (VG Düsseldorf) am 18.2.2020 der Klägerin zu 1/3 und der Beklagten zu 2/3 sowie die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens vor der Verbindung im Verfahren 3 K 6/19 der Beklagten und im Verfahren 3 K 9814/18 den Hauptbeteiligten je zur Hälfte aufzuerlegen. In der Regel entspricht es billigem Ermessen im Sinne von § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, entsprechend § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Kosten verhältnismäßig zu teilen, wenn ein Beteiligter teils obsiegt hätte und teils unterlägen wäre. Bei der Prüfung der Erfolgsaussichten einer Klage, die sich – wie hier – im Verfahren auf Zulassung der Berufung befand, ist darauf abzustellen, ob die Berufung zuzulassen gewesen wäre und ob und in welchem Umfang die Berufung im Falle ihrer Zulassung Erfolg gehabt hätte.
3Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14.7.2021 – 4 A 1189/19 –, juris, Rn. 7 f., m. w. N.
4Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands wäre ohne Eintritt der Erledigung die Berufung voraussichtlich zuzulassen gewesen (hierzu unter 1.) und hätte die Berufung voraussichtlich teilweise Erfolg gehabt (hierzu unter 2.).
51. Die Berufung wäre wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen gewesen. Die Klägerin hat die Annahme des Verwaltungsgerichts, es handele sich bei den an die Beigeladene gerichteten Bescheiden der Beklagten vom 14.12.2018 und 1.8.2019 um eigenständige Verwaltungsakte, die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 14.12.2018 sei unbegründet, die Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 1.8.2019 hingegen unzulässig, weil die Klägerin das nach § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderliche Vorverfahren nicht durchgeführt habe, mit schlüssigen Gegenargumenten in Zweifel gezogen. Sie hat damit zugleich hinreichend die Annahme des Verwaltungsgerichts in Frage gestellt, die Klägerin habe weder einen Anspruch auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihrer Anträge, weil die von der Beklagten getroffene Auswahlentscheidung nicht zu beanstanden sei.
62. Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand wäre das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18.2.2020 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf voraussichtlich geändert worden. Die der Beigeladenen erteilte glücksspielrechtliche Erlaubnis vom 14.12.2018 in ihrer Fassung vom 1.8.2019 wäre aufgehoben [hierzu unter a)] und die Beklagte wäre verpflichtet worden, den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden [hierzu unter b)].
7a) Nach der gemäß § 88 VwGO gebotenen Auslegung des Klageantrags war Gegenstand der Anfechtungsklage die der Beigeladenen erteilte glücksspielrechtliche Erlaubnis vom 14.12.2018 in ihrer Fassung vom 1.8.2019 [hierzu unter aa)]. Die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage wäre ohne Eintritt der Erledigung voraussichtlich zulässig [hierzu unter bb)] und begründet [hierzu unter (cc)] gewesen.
8aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Verhältnis zwischen Änderungsbescheiden und ursprünglichen Bescheiden ist maßgebend, welchen Regelungsinhalt der Ursprungsbescheid und der ihn ändernde Bescheid haben.
9Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.5.1991 – 3 C 34.89 –, juris, Rn. 24.
10Die Behörde kann durch einen Änderungsbescheid den ursprünglichen Verwaltungsakt zurücknehmen und seine Regelung durch eine neue ersetzen. In diesem Fall verliert der ursprüngliche Verwaltungsakt seine Wirksamkeit (§ 43 Abs. 2 VwVfG).
11Vgl. BVerwG, Urteil vom 21.6.2007 – 3 C 11.06 –, BVerwGE 129, 66 = juris, Rn. 18.
12Änderungsbescheide können den Ausgangsverwaltungsakten aber auch „anwachsen“, insbesondere wenn ihre Regelungsbestandteile nach materiellem Recht unteilbar sind. Dies hat zur Folge, dass der ursprüngliche Bescheid und der Änderungsbescheid inhaltlich eine einheitliche Entscheidung bilden, auch wenn sie formal in verschiedenen Dokumenten enthalten sind. Hierdurch erledigt sich der Bescheid in seiner Ursprungsfassung und das Rechtsschutzinteresse für ein gegen ihn gerichtetes Klagebegehren entfällt. Der ursprüngliche Bescheid kann isoliert nicht mehr Gegenstand einer Klage sein; eine solche muss sich vielmehr auf die gesamte geänderte Regelung beziehen.
13Vgl. BVerwG, Urteile vom 11.11.2020 – 8 C 22.19 –, BVerwGE 170, 311 = juris, Rn. 25, vom 25.6.2014 – 9 A 1.13 –, BVerwGE 150, 92 = juris, Rn. 14, und vom 18.3.2009 – 9 A 31.07 –, juris, Rn. 23 f.
14Hier hat die Beklagte noch vor rechtskräftigem Abschluss des Erlaubnisverfahrens die der Beigeladenen mit Bescheid vom 14.12.2018 erteilte glücksspielrechtliche Erlaubnis zum Betrieb der Spielhalle (Halle B) in der E. Straße 00-01 in T. mit Bescheid vom 1.8.2019 inhaltlich allein bezogen auf den räumlichen Umfang der Erlaubnis im Sinne von § 3 Abs. 2 SpielV geändert. Während sich die ursprüngliche Erlaubnis auf 148,20 m2 im Erdgeschoss des Gebäudes bezog, wurde der Beigeladenen mit Änderungsbescheid vom 1.8.2019 der Betrieb auf einer Gesamtfläche von 145,85 m2 gestattet, verteilt über das Erdgeschoss und das Kellergeschoss. Im Übrigen wiederholt der Änderungsbescheid die bereits mit Bescheid vom 14.12.2018 getroffenen Regelungen zur glücksspielrechtlichen Erlaubnis. Entsprechend hat die Beklagte für den Erlass des Änderungsbescheids nach Tarifstelle 17.8 der allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung NRW eine Änderungsgebühr erhoben (vgl. Nr. 3 des Änderungsbescheids).
15bb) Die gegen die der Beigeladenen erteilte glücksspielrechtliche Erlaubnis vom 14.12.2018 in ihrer Fassung vom 1.8.2019 gerichtete Anfechtungsklage war voraussichtlich zulässig. Die Klägerin hat gegen den ursprünglichen Erlaubnisbescheid der Beklagten fristgerecht Anfechtungsklage erhoben. Nachdem sich mit Erlass des Änderungsbescheids die glücksspielrechtliche Erlaubnis in ihrer Ursprungsfassung prozessual erledigt hatte und das Rechtsschutzinteresse für ein gegen diese gerichtetes Klagebegehren entfallen war, hat die Klägerin den Änderungsbescheid zulässigerweise in das Verfahren einbezogen.
16Die Zulässigkeit der Klage scheitert nicht daran, dass für das geänderte Klagebegehren kein Vorverfahren nach § 68 VwGO durchgeführt worden ist. Zwar gelten auch für den nachträglich in die Klage einbezogenen Änderungsbescheid sämtliche Sachurteilsvoraussetzungen.
17Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.11.2020 – 8 C 22.19 –, BVerwGE 170, 311 = Rn. 17.
18Gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i. V. m. § 110 Abs. 1 Satz 1 JustG NRW bedarf es aber vor Erhebung der Anfechtungsklage einer Nachprüfung in einem Vorverfahren grundsätzlich nicht. § 110 Abs. 3 Satz 1 JustG NRW, wonach § 110 Abs. 1 Satz 1 JutsG NRW auf im Verwaltungsverfahren nicht beteiligte Dritte keine Anwendung findet, ist hier nicht einschlägig. Die Regelung soll sicherstellen, dass das Vorverfahren Dritten, die am Verfahren bislang nicht beteiligt waren, zum Schutze ihrer subjektiven öffentlichen Rechte weiterhin offensteht.
19Vgl. LT-Drs. 14/4199, S. 9.
20Gemäß § 13 Abs. 2 VwVfG NRW kann die Behörde von Amts wegen oder auf Antrag diejenigen, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden können, als Beteiligte hinzuziehen. Hat der Ausgang des Verfahrens rechtsgestaltende Wirkung für einen Dritten, so ist dieser auf Antrag als Beteiligter zu dem Verfahren hinzuzuziehen; soweit er der Behörde bekannt ist, hat diese ihn von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen.
21Danach war die Klägerin hier weiterhin Beteiligte des noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen glücksspielrechtlichen Erlaubnisverfahrens zu Gunsten der Beigeladenen im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW, weil sie von der Beklagten von Amts wegen als solche in dem Verfahren mit Hinzuziehungsbescheid vom 2.3.2018 hinzugezogen worden war. Eines erneuten förmlichen Hinzuziehungsbescheids vor Erlass des Änderungsbescheids im Rahmen dieses Verwaltungsverfahrens bedurfte es nicht.
22cc) Die Anfechtungsklage wäre nach derzeitigem Sach- und Rechtsstand voraussichtlich auch begründet gewesen. Die der Beigeladenen erteilte Erlaubnis vom 14.12.2018 in der Fassung vom 1.8.2019 war rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren subjektiven Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
23Der Erlaubniserteilung stand bereits entgegen, dass der gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 AG GlüStV NRW a. F. zu der Grundschule C.----straße einzuhaltende Mindestabstand unterschritten wurde. Nach dieser Regelung sollten Spielhallen nicht in räumlicher Nähe zu öffentlichen Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe betrieben werden, wobei regelmäßig ein Mindestabstand von 350 Metern Luftlinie zu Grunde gelegt werden sollte. Diesen Mindestabstand unterschreitet die Spielhalle der Beigeladenen nach Aktenlage zu der Grundschule C.----straße . Von der Einhaltung des Mindestabstands konnte im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung über die Erlaubniserteilung,
24vgl. OVG NRW, Urteil vom 28.9.2020 – 4 A 2325/19 –, juris, Rn. 48,
25hier also am 1.8.2019, auch nicht nach § 18 Satz 2 GlüStV NRW a. F. abgesehen werden. Nach dieser Vorschrift galt die Abstandsregelung nach § 16 Abs. 3 Satz 2 AG GlüStV NRW a. F. für zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag bestehende Spielhallen nicht, für die eine Erlaubnis nach § 33i GewO erteilt worden war. Den Verwaltungsvorgängen lässt sich entnehmen, dass bei Inkrafttreten des nordrhein-westfälischen Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrags am 1.12.2012 (§ 24 Abs. 1 AG GlüStV NRW a. F.) im Erdgeschoss des Standorts E. Straße 00-01 eine mit Erlaubnis vom 9.9.2008 genehmigte Spielhalle mit einer Grundfläche von 148,20 m2 bestand. Die Ursprungsfassung der hier angefochtenen glücksspielrechtlichen Erlaubnis vom 14.12.2018 bezog sich zunächst auch auf diese Räumlichkeiten. Die Beigeladene wollte hingegen nicht an diesen Räumlichkeiten festhalten und hat insofern eine Änderung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis beantragt. Die Räumlichkeiten sollten danach eine von der Erlaubnis nach § 33i GewO wesentlich abweichende Raumaufteilung haben (zwei Spielräume, verteilt auf Erdgeschoss und Kellergeschoss mit insgesamt 145,85 m2). Die antragsgemäße Änderung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis hatte zur Folge, dass sich diese in ihrer Fassung vom 1.8.2019 zweifelsfrei nicht mehr auf eine am 1.12.2012 bestehende und nach § 33i GewO erlaubte Spielhalle bezog. Mit den Änderungen im räumlichen Bestand wurde deshalb der frühere Vertrauensschutz aufgegeben. Die Einwände der Beklagten, die Änderungen im räumlichen Bestand seien lediglich Folge des Verbundverbots, hätten sich auf das Ziehen einer Trockenbauwand zur Abgrenzung zu den bisher mitgenutzten Räumlichkeiten beschränkt und letztlich sogar zu einer räumlichen Verkleinerung der Spielhalle geführt, greifen nicht durch. Das Abstandserfordernis zu Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe nach § 16 Abs. 3 Satz 2 AG GlüStV NRW a. F. galt gemäß § 18 Satz 3 AG GlüStV NRW a. F. nur für zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehende Spielhallen nicht. Sobald durch Änderungen im räumlichen Bestand die Genehmigungsfrage ‒ hier schon durch die Frage der Einhaltung des Abstands zu öffentlichen Schulen ‒ neu aufgeworfen wurde, handelte es sich bei den geänderten Spielhallen nicht mehr um „zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehende Spielhallen“.
26Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16.3.2020 – 4 B 977/18 –, juris, Rn. 26, und vom 24.3.2022 – 4 B 1520/21 –, juris, Rn. 34 ff.
27Es spricht auch nichts dafür, dass die Beklagte unter Berücksichtigung der örtlichen Lage der Spielhalle zu Gunsten der Beigeladenen hätte vom Mindestabstandserfordernis abweichen müssen (Ermessensreduzierung auf Null). Die für die Erlaubnis zuständige Behörde durfte zwar unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse im Umfeld des jeweiligen Standorts im Einzelfall von der Maßgabe zum Mindestabstand abweichen (§ 16 Abs. 3 Satz 3 AG GlüStV NRW a. F.). Insoweit stand der zuständigen Behörde unter Berücksichtigung örtlicher Besonderheiten Ermessen offen.
28Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.3.2021 – 4 A 3178/19 –, juris, Rn. 79 ff., m. w. N.
29Unabhängig davon, ob hier eine Abweichung ermessensfehlerfrei hätte gewährt werden können, ist dies jedenfalls nicht zugunsten der Beigeladenen erfolgt.
30b) Schon aufgrund der Rechtswidrigkeit der auf einer unzureichenden Ermächtigungsgrundlage beruhenden glücksspielrechtlichen Erlaubnis zu Gunsten der Beigeladenen hätte auch die Verpflichtungsklage der Klägerin voraussichtlich im Umfang des davon umfassten Neubescheidungsinteresses Erfolg gehabt. Die Klägerin hätte voraussichtlich einen Anspruch auf Neubescheidung ihres Erlaubnisantrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts gehabt, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO. Aufgrund der erfolgreichen Anfechtung der glücksspielrechtlichen Erlaubnis der Beigeladenen hätte diese der Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis des Betriebs einer Spielhalle am Standort E. Straße 02 in T. nicht entgegengestanden. Mangels Spruchreife hätte die Klägerin aber keinen Anspruch auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis gehabt.
31Die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis setzte nach der zum Zeitpunkt der Erledigung maßgeblichen Rechtslage grundsätzlich voraus, dass das Mindestabstandsgebot aus § 25 Abs. 1 GlüStV 2012 i. V. m. § 16 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 AG GlüStV NRW a. F. eingehalten wurde. Nach diesen Vorschriften sollte ein Mindestabstand von 350 Metern Luftlinie zu einer anderen Spielhalle nicht unterschritten werden. Die Behörde durfte aber unter bestimmten Voraussetzungen von dem Mindestabstandsgebot abweichen, § 16 Abs. 3 Satz 3 AG GlüStV NRW a. F. Zudem konnte sie gemäß § 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV 2012 zu Gunsten eines Betreibers eine Befreiung von der Einhaltung des Mindestabstandsgebots für einen angemessen Zeitraum zulassen, wenn dies zur Vermeidung unbilliger Härten erforderlich war; hierbei waren der Zeitpunkt der Erteilung der Erlaubnis gemäß § 33 i GewO sowie die Ziele des § 1 GlüStV 2012 zu berücksichtigen.
32Begehrten nach Ablauf der Übergangsfrist des § 29 Abs. 4 Satz 2 GlüStV 2012 mehrere Betreiber von Spielhallen, die zueinander das Mindestabstandsgebot nicht einhielten, die Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis, bedurfte es zur Auflösung der Konkurrenzsituation einer Auswahlentscheidung. Diese von der Behörde zu treffende Auswahlentscheidung war eine Ermessensentscheidung, die nach Maßgabe des § 114 VwGO der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (nur) daraufhin unterlag, ob die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 40 VwVfG NRW).
33Vgl. OVG NRW, Urteile vom 10.10.2019 – 4 A 1826/19 –, juris, Rn. 43, und vom 28.9.2020 – 4 A 2324/19 –, juris, Rn. 34 f.; Beschluss vom 26.9.2019 – 4 B 255/18 –, Rn. 23 f., m. w. N.
34Ein Auswahlverfahren wäre hier weiterhin erforderlich gewesen, weil die Spielhalle der Klägerin den erforderlichen Abstand von 350 m Luftlinie nicht nur zu der Spielhalle der Beigeladenen, sondern auch zu der am Standort E. Straße 000 in T. betriebenen Spielhalle nicht einhielt, deren Betreiberin ihr Begehren auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis ebenfalls gerichtlich weiterverfolgt hat (4 A 1061/20). Konkurrieren mehrere Betreiber um den Erhalt einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis, darf der Senat die von der Beklagten zu treffende Auswahlentscheidung nicht ersetzen. Insbesondere besteht kein Anhalt dafür, dass die Auswahl zwingend zu Gunsten der Betreiberin einer dieser Spielhallen hätte ausfallen müssen.
35Da die Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), sind ihre außergerichtlichen Kosten nicht erstattungsfähig.
362. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG. Der Senat zieht für die auf den Betrieb einer Spielhalle gerichteten Klagen in Orientierung an dem Vorschlag unter Nr. 54.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit [NVwZ-Beilage 2013, 58 (68)] den dort genannten Mindestbetrag für den Jahresgewinn von 15.000,00 Euro als Grundlage der Wertfestsetzung heran.
37Vgl. zum Streitwert für ein solches Begehren OVG NRW, Beschluss vom 8.6.2017 – 4 B 307/17 –,= juris, Rn. 96.
38Hinzuzurechnen ist für die Zeit nach Verbindung des früheren Verfahrens 3 K 6/19 (VG Düsseldorf) mit dem Verfahren 3 K 9814/18 (VG Düsseldorf) zur gemeinsamen Entscheidung ein auf das Verfahren 3 K 6/19 entfallender Streitwert von 7.500,00 Euro für den auf die Aufhebung der der Beigeladenen als Konkurrentin erteilten Spielhallenerlaubnis gerichtete Klageantrag.
39Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25.9.2020 ‒ 4 A 2568/19 ‒, juris, Rn. 5 ff., m. w. N.
40Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.
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