Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (1. Senat) - 1 A 10050/09

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 16. September 2008 geändert und wie folgt neu gefasst:

„Die bauaufsichtliche Verfügung des Beklagten vom 29. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. November 2007 wird insoweit aufgehoben, als darin verlangt wird, beim Zumauern der Verbindungstür die Anforderungen an eine Brandwand einzuhalten.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.“

Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge tragen die Kläger zu 2/3 und der Beklagte zu 1/3 mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin und der Beklagte können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der die Vollstreckung betreibende Beteiligte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen eine bauaufsichtliche Verfügung des Beklagten.

2

Ihnen war vom Beklagten unter dem 10. Juli 2006 die Baugenehmigung zur Errichtung eines Einfamilien-Wohnhauses mit Doppelgarage auf dem Grundstück am … in N… (Flur …, Flurstück Nr. …) im vereinfachten Verfahren nach § 66 LBauO erteilt worden. Ausweislich der Planunterlagen befindet sich die Doppelgarage in einem Abstand von 1 m zur Nachbargrenze des nordwestlich gelegenen Grundstücks der Beigeladenen (Flurstück-Nr. …). Die an das Wohnhaus angebaute Garage ist durch eine Verbindungstür mit dem Hauswirtschaftsraum des Wohnhauses verbunden.

3

Gegen die Baugenehmigung hatten die Beigeladenen zunächst Widerspruch eingelegt und vorgetragen, dass aufgrund der Verbindungstür zwischen Hauptgebäude und Garage nicht das Abstandsflächenprivileg des § 8 Abs. 9 LBauO gelte. Nachdem die Beklagte im Widerspruchsverfahren darauf hingewiesen hatte, dass der Bauantrag im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 66 LBauO behandelt worden und somit eine Prüfung des Vorhabens auf eventuelle abstandsflächenrechtliche Verstöße nicht erfolgt sei, haben die Beigeladenen den diesbezüglich Widerspruch zurückgenommen.

4

Sodann erließ der Beklagte die hier streitgegenständliche bauaufsichtliche Verfügung vom 29. Mai 2007 unter Androhung eines Zwangsgeldes und Festsetzung von Gebühren. Darin forderte der Beklagte die Kläger auf,

5

„die Verbindungstür zwischen der Garage und dem Hauptgebäude auf dem Grundstück in der Gemarkung N…, Flur …, Flurstück … zuzumauern. Die Anforderungen an eine Brandwand sind dabei einzuhalten. Der Vollzug der Maßnahme ist uns schriftlich anzuzeigen.“

6

Zur Begründung verwies der Beklagte u.a. darauf, dass der bauliche Zustand nicht mit der nachbarschützenden Norm des § 8 Abs. 9 LBauO vereinbar sei, weil durch die bauliche Verbindung zwischen Garage und Hauptgebäude mittels Verbindungstür die Garage der Kläger nicht mehr als selbständige Nebenanlage zu werten sei.

7

Nach erfolglosem Vorverfahren haben die Kläger Klage zum Verwaltungsgericht erhoben. Sie haben die bisher in Rechtsprechung und Literatur vertretene Ansicht, dass das Abstandsflächenprivileg einer Garage durch eine Verbindungstür zwischen Hauptgebäude und Garage entfalle, unter verschiedenen Gesichtspunkten für nicht stimmig gehalten und in diesem Zusammenhang auch auf Entscheidungen des OVG Münster verwiesen.

8

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 16. September 2008 der Klage stattgegeben und die angegriffene Verfügung in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben. Es hat zur Begründung ausgeführt:

9

Die hier vom Beklagten getroffene Maßnahme erweise sich nicht als erforderlich. Zwar sei den Klägern nicht darin zu folgen, dass die Verbindungstür von der Baugenehmigung mit umfasst und dort positiv mit abgeprüft worden sei. Dies ergebe sich jedenfalls daraus, dass im Widerspruchsverfahren gegen die Baugenehmigung der Beklagte die Kläger eingehend über die Prüfung des Bauvorhabens im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren, welches ohne Kontrolle der Einhaltung abstandsflächenrechtlicher Vorschriften durchgeführt werde, unterrichtet habe. Daher sei mit der bestandskräftig gewordenen Baugenehmigung nicht die Zulässigkeit der Zwischentür festgestellt und insoweit auch keine Baufreigabe geregelt worden.

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Die angefochtene Verfügung erweise sich indessen als rechtswidrig, weil der Beklagte vorliegend nicht habe verlangen dürfen, die Verbindungstür zuzumauern und dabei die Anforderungen an eine Brandwand einzuhalten. Die Anforderungen an eine Brandwand müssten nämlich nicht erfüllt werden. Ausgehend von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu § 8 Abs. 9 LBauO komme es für die Anwendung dieser Vorschrift auf eine funktionale Selbständigkeit des privilegierten Nebengebäudes an. Diese sei nach dieser Rechtsprechung dann gegeben, wenn zwischen Hauptgebäude und Grenzgarage eine konstruktive Trennung in Gestalt einer (Brand)Wand vorhanden sei, welche gewährleiste, dass die Grenzbebauung entsprechend ihrer in § 8 Abs. 9 LBauO umschriebenen Funktion genutzt werde. Die erkennende Kammer habe diese Rechtsprechung bisher so verstanden, dass eine unmittelbare Begehbarkeit zwischen Haupt- und Nebengebäude beispielsweise durch eine Verbindungstür der Selbständigkeit des Nebengebäudes entgegenstehe und für eine Integration des Anbaus in das Haupthaus spreche. Wesentlich sei die Trennung durch eine Wand, ohne dass diese in jedem Fall die Qualität einer Brandwand i.S. des § 30 Abs. 1 LBauO aufweisen müsse. Diese zusätzliche Voraussetzung könne lediglich dann gefordert werden, wenn aus brandschutzrechtlichen Gründen die Qualitätsanforderung einer Brandwand geboten seien.

11

Allerdings sei dem Beklagten zuzugeben, dass diese Differenzierung einem Teil der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz nicht entnommen werden könne. So werde beispielsweise in den Beschlüssen vom 22. Oktober 1996 und vom 4. Oktober 2004 ausdrücklich die konstruktive Trennung in Form einer „Brandwand“ genannt, welche gewährleiste, dass die Grenzbebauung nur entsprechend ihrer in § 8 Abs. 9 LBauO beschriebenen Form genutzt werde. Da diese höheren Anforderungen an die Qualität der Trennwand nicht durch das Erfordernis der konstruktiven Trennung, sondern allein durch brandschutzrechtliche Anforderungen geboten sein könnten, habe die Kammer in einem Urteil vom 5. August 2004 die besondere Eigenschaft des trennenden Wand auch nur als Klammerzusatz vorangestellt und von einer „(Brand-)Wand“ gesprochen. In diesem Sinne dürfe auch der eingangs zitierte Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 20. Dezember 2007 zu verstehen sein. Im vorliegenden Fall sei jedoch eine Brandwand weder gemäß § 30 Abs. 2 Nr. 1 LBauO noch nach der Garagenverordnung brandschutzrechtlich geboten.

12

Sei die Verschließung der Türöffnung durch eine Brandwand nicht erforderlich, so könne offen bleiben, ob die bisherige Rechtsprechung und Kommentierung zu dem Erfordernis einer Trennwand prinzipiell revisionsbedürftig erscheine. Mit der Grundverfügung seien im Übrigen auch die Zwangsmittelandrohung und die Gebührenentscheidung aufzuheben.

13

Mit seiner vom Senat zugelassenen Berufung verweist der Beklagte im Wesentlichen auf seine im Zulassungsverfahren gemachten Ausführungen. Hierin vertritt er insbesondere die Auffassung, dass die streitbefangene Grenzgarage von ihrer Nutzbarkeit in das vorhandene Haupthaus integriert sei und sie kein selbständiges Gebäude darstelle, weil eine funktionale Verbindung durch eine Verbindungstür zwischen Haupthaus und Garage vorhanden sei. Von daher müsse eine konstruktive Trennung in Form einer nicht zu öffnenden Brandwand erfolgen. Bisher sei die Rechtsprechung des 1. Senats des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz dahin gegangen, eine Brandwand als Trennung zwischen Garage und Hauswand zu verlangen. Für die Verwaltungspraxis der Baubehörden sei in diesem Zusammenhang insbesondere die Klärung der Frage von Interesse, ob und wie eine Tür zwischen Haupthaus und Garage geschlossen werden müsse.

14

Der Beklagte beantragt,

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die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

16

Die Kläger beantragen,

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die Berufung zurückzuweisen.

18

Sie führen unter Bezugnahme auf ihr bisheriges erstinstanzliches Vorbringen aus:

19

Die Zulassung der Berufung sei im Grunde genommen nur verständlich, wenn der Senat die Verfügung in einen Satz des Zumauerns und einen Satz des Zumauerns in Form einer Brandwand auflöse. Eine solche sprachliche und inhaltliche Trennung sei jedoch nicht angezeigt, denn die Verfügung sei so auszulegen, dass sie das Zumauern in Gestalt einer Brandwand fordere. Wenn man das Brandwanderfordernis aus der Verfügung entferne, so entfalle auch das Zumauern. In jedem Falle wäre die Verfügung ohne den Hinweis auf das Brandwanderfordernis zu unbestimmt, weil dann die Kläger nicht wüssten, wie sie die Öffnung zwischen Haupthaus und Garage schließen müssten. Im Übrigen blieben die in erster Instanz erhobenen Einwände aufrecht erhalten, insbesondere dass die Öffnung genehmigt sei, die Verfügung zu Unrecht eine bestimmte technische Maßnahme verlange und dass die Garage nach § 8 Abs. 9 Ziffer 1 LBauO in der Abstandsfläche zulässig sei.

20

Die Beigeladenen haben sich im Berufungsverfahren bisher noch nicht geäußert.

21

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätzen der Beteiligten sowie aus den beigezogenen Bau- und Widerspruchsakten des Beklagten (1 Aktenordner und 2 Hefte). Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung hat in dem sich aus dem Urteilstenor ergebenen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie zurückzuweisen.

23

Die Berufung hat Erfolg, soweit sich der Beklagte dagegen wendet, dass das Verwaltungsgericht die angegriffene bauordnungsrechtliche Verfügung vom 29. Mai 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. November 2007 insgesamt aufgehoben hat. Die Vorinstanz hätte die Verfügung nur insoweit aufheben dürfen, als darin gefordert wird, bei Schließung der Türöffnung durch eine Mauer die Anforderungen an eine Brandwand einzuhalten.

24

Soweit die Kläger mit der in Rede stehenden Verfügung zum Zumauern der Verbindungstür aufgefordert worden sind, findet diese Anordnung des Beklagten ihre Rechtsgrundlage in § 59 Abs. 1 LBauO, wonach die Bauaufsichtsbehörden zur Einhaltung baurechtlicher und sonstiger öffentlich-rechtlicher Vorschriften nach pflichtgemäßem Ermessen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen haben. Hieraus folgt zunächst, dass die hier angeordneten Maßnahmen nur getroffen werden können, wenn die im Streit stehende Verbindungstür zwischen Wohngebäude und Garage formell und materiell baurechtswidrig ist. Dies ist vorliegend zu bejahen.

25

Entgegen der Ansicht der Kläger entfällt die formelle Baurechtswidrigkeit der Türöffnung nämlich nicht bereits dadurch, dass das Wohnhaus und die Garage Gegenstand der im vereinfachten Genehmigungsverfahren gemäß § 66 LBauO erteilten Bauerlaubnis waren. Insoweit hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass damit die Zulässigkeit der Zwischentür nicht als übereinstimmend mit dem Bauordnungsrecht festgesetzt ist. Nach § 66 Abs. 3 LBauO beschränkt sich nämlich die Prüfung im vereinfachten Genehmigungsverfahren auf die Zulässigkeit des Vorhabens nach den Vorschriften des Baugesetzbuches und der sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Hierzu gehört jedoch nicht die Prüfung bauordnungsrechtlicher Fragen (vgl. dazu unter anderem Urteil des erkennenden Senats vom 26. September 1996, AF 26, 267 und Urteil des 8. Senats des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 22. Oktober 2008, ZfBR 2009, 167). Daher enthält die den Klägern erteilte Baugenehmigung bezüglich der bauordnungsrechtlichen Fragen (hier insbesondere hinsichtlich einer Verbindungstür zwischen Wohnhaus und Garage) weder eine Feststellung noch eine Freigabe. Dieses beschränkte Prüfungsprogramm ist vom Gesetzgeber aus Entlastungsgründen so gewollt, auch wenn dies zur Folge hat, dass ein Bauvorhaben gemäß § 66 LBauO förmlich genehmigt wird, welches an sich wegen der Nichtbeachtung von bauordnungsrechtlichen Vorschriften hätte verhindert werden müssen (siehe Urteil des Senats vom 26. September 1996 a.a.O.).

26

Ist mithin das Bauvorhaben in bauordnungsrechtlicher Hinsicht nicht bestandskräftig genehmigt, so entspricht es hinsichtlich der Verbindungstür darüber hinaus ebenso wenig materiellem Bauordnungsrecht, da hierdurch die zwischen Wohnhaus und Nachbargrenze befindliche Garage der Kläger gegen die bauordnungsrechtliche Vorschrift des § 8 LBauO verstößt, wonach in Abstandsflächen regelmäßig keine Gebäude zulässig sind. Zwar dürfen gemäß § 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 LBauO Garagen auch gegenüber Grundstücksgrenzen ohne Abstandsflächen oder in geringerer Tiefe errichtet werden, so dass die im Streit stehende Garage grundsätzlich zugelassen werden könnte. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (siehe u.a. Beschluss vom 22. Oktober 1996, a.a.O.; Beschluss vom 4. Oktober 2004 – 1 E 11484/04.OVG -; Beschluss vom 20. Dezember 2007 – 1 B 11285/07.OVG -) ist diesem Abstandsflächenprivileg für Grenzgaragen aber immanent, dass solche nur als selbständige Gebäude unter die Regelung des § 8 Abs. 9 LBauO fallen können (so auch Jeromin, Kommentar zur Landesbauordnung Rheinland-Pfalz, § 8 Rdnr. 135). Der Hinweis der Kläger, § 2 Abs. 2 LBauO fordere für Gebäude nur eine selbständige Benutzbarkeit, die hier durch das Garagentor gegeben sei, vermag keine andere Beurteilung herbeizuführen. Denn der Umstand, dass die Garage neben der Verbindungstür auch ein Garagentor aufweist, worüber sie eine Zugänglichkeit besitzt, mag zwar ein Indiz für die Annahme der Selbständigkeit darstellen. Dieses reicht jedoch alleine nicht aus, um ein selbständiges Gebäude im Sinne von § 8 Abs. 9 LBauO annehmen zu können. Entscheidend für die Annahme der Selbständigkeit in diesem Sinne ist vielmehr die funktionale Trennung zwischen dem Hauptgebäude und dem Garagenanbau. Eine solche ist nur gegeben, wenn eine konstruktive Trennung in Gestalt einer (Brand-)Wand vorhanden ist, welche gewährleistet, dass die Grenzbebauung entsprechend ihrer in § 8 Abs. 9 LBauO umschriebenen Funktion genutzt wird (vgl. Beschluss des Senats vom 20. September 2007, a.a.O.). Sind die baulichen Anlagen hingegen nicht konstruktiv getrennt, so liegt eine funktionale Einbeziehung vor (sowohl auch Jeromin, a.a.O., § 2 Rdnr. 32).

27

Der Senat sieht keinen Anlass, seine diesbezügliche Rechtsprechung aufzugeben. Insbesondere spricht gegen seine Auffassung nicht der Umstand, dass in Nordrhein-Westfalen der Gesetzgeber die hier in Rede stehende Konstellation ausdrücklich anders geregelt hat. Dort ist in § 6 Abs. 11 BauO NW unter anderem bestimmt, dass Grenzgaragen auch zulässig sind, wenn sie über einen Zugang zu einem anderen Gebäude verfügen. Diese Ausnahme hat indessen der Landesgesetzgeber von Rheinland-Pfalz in der hier anzuwendenden Landesbauordnung nicht normiert. Daher kann die in Nordrhein-Westfalen ausdrücklich anders geregelte Rechtsfrage nicht als Gegenargument zur Auffassung des Senats herangezogen werden.

28

Auch aus dem von den Klägern in der Vorinstanz zitierten beiden Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (OVG NW) lassen sich keine Argumente gegen die vom Senat vertretene Sichtweise herleiten. Denn diese Urteile befassen sich nicht mit der aufgrund einer Verbindungstür fehlenden funktionalen Trennung zweier Gebäude. So enthält das Urteil des OVG NW vom 22.Januar 1996 (BRS 58 Nr. 115) schon deshalb keine Ausführungen bezüglich der hier in Rede stehenden Problematik, da es sich lediglich mit der Frage befasst, ob es sich bei einer über den Erdboden herausragenden Unterkellerung einer Garage um eine Garage mit zulässigem Abstellraum handelt.

29

Gegenteiliges ergibt sich ebenfalls nicht aus dem angeführten Urteil vom 20. Juni 2006 (BRS 70 Nr. 136). Das dort streitbefangene, als Garage nutzbare Nebengebäude war weder an das Wohnhaus angebaut noch mittels einer Verbindungstür in das Wohnhaus funktional integriert. Über dies galt in jedem Fall die Vorschrift des § 6 Abs. 11 BauO NW, die einen Zugang von einem zum anderen Gebäude ausdrücklich zulässt.

30

Soweit die Kläger meinen, die Rechtsansicht des Senats finde in Sinn und Zweck der Abstandsflächen rechtlichen Regelungen keine Stütze, weil dies allein den Bestandsschutz und der Sicherung einer ausreichenden Belichtung und Belüftung dienten, greift dies zu kurz. Denn die Notwendigkeit von Regelungen über Abstandsflächen ergibt sich auch aus Gründen des Städtebaus (siehe OVG NW, Urteil vom 8. Mai 2009 – 7 A 423/08 – in JURIS). Würde man aber das Abstandsflächenprivileg ebenso auf unselbständige Garagen erstrecken, bei denen das Wohnhaus durch die aufgrund der Verbindungstür fehlenden konstruktiven Trennung in den Abstandsflächen rechtlich beachtlichen Bereich hinein erstreckt wird, so wäre der Konflikt mit dem planungsrechtlichen Vorschriften über die offene Bauweise vorprogrammiert (siehe Mampel, UPR 1995, 328).

31

Liegen nach alledem die Tatbestandsvoraussetzungen für ein baupolizeiliches Einschreiten nach § 59 Abs. 1 LBauO vor, so ist dem Verwaltungsgericht ferner insoweit zuzustimmen, als es die Meinung vertritt, dass als erforderliche Maßnahme zur Herstellung der konstruktiven Trennung zwischen Wohnhaus und Garage vorliegend keinesfalls die Schließung der Türöffnung unter Einhaltung der Anforderungen eine Brandwand verlangt werden könne. Eine solche Anforderung lässt sich für den vorliegenden Fall weder der Landesbauordnung noch der Garagenverordnung entnehmen. Diesbezüglich wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die betreffenden Ausführungen im verwaltungsgerichtlichen Urteil Bezug genommen.

32

Soweit der Beklagte meint, aus der Rechtsprechung des Senats entnehmen zu müssen, dass zur Aufhebung des baurechtswidrigen Zustands die Schließung einer Türöffnung immer in Gestalt einer Brandwand vorgenommen werden müsse, kann dem nicht gefolgt werden. Es bleibt nämlich zu sehen, dass der Senat bei seinen diesbezüglichen Entscheidungen zur Grenzgarage nicht den Brandschutz, sondern lediglich die Selbständigkeit des Garagengebäudes durch eine Mauer zwischen Hauptgebäude und Garage gewährleisten wollte. Eine Brandwand kann indessen nur gefordert werden, wenn dies an der betreffenden Stelle aus brandschutzrechtlichen Gründen geboten ist. Dass der Senat bisher nicht grundsätzlich in jedem Fall eine Brandwand für erforderlich gehalten hat, ergibt sich auch aus der Entscheidung vom 20. Dezember 2007 (a.a.O.). Darin wird nämlich durch die Klammer in der Bezeichnung „(Brand-)Wand“ angedeutet, dass je nachdem entweder eine Brandwand oder auch eine einfache Wand erforderlich sein kann. Eine Ausgestaltung als Brandwand kann jedoch nur verlangt werden, wenn die Wand zwischen Hauptgebäude und Garage aus brandschutzrechtlichen Gründen als Brandwand ausgebildet werden muss. Daher entsprechen die diesbezüglichen verwaltungsgerichtlichen Ausführungen durchaus der Rechtsansicht des erkennenden Senats.

33

Ist mithin vorliegend keine Brandwand erforderlich, so kann Satz 2 der angegriffenen Verfügung („die Anforderungen an eine Brandwand sind dabei einzuhalten.“) keinen Bestand haben. Das Verwaltungsgericht hat diesbezüglich die Verfügung zu Recht aufgehoben und insoweit muss auch die Berufung des Beklagten erfolglos bleiben.

34

Allerdings kann der Beklagte mit seiner Berufung auch teilweise durchdringen. Denn die Vorinstanz hätte nicht die gesamte Verfügung aufheben dürfen. Vielmehr hätte der (mit Ausnahme von Satz 2) verbleibende Teil der Verfügung aufrechterhalten bleiben müssen. In Satz 1 der Verfügung wird den Klägern aufgegeben, die Verbindungstür zwischen der Garage und dem Hauptgebäude zuzumauern. Die Aufforderung des Zumauerns ist nicht – wie die Klägerin weiter meint – zu unbestimmt. Vielmehr ist dem Begriff „zumauern“ eindeutig die Art und Weise des Tätigwerdens zu entnehmen. Dies bedeutet nämlich, dass die Türöffnung mittels einer Mauer zu schließen ist, wobei den Klägern überlassen bleibt, mit welchem Baustoff dies geschehen soll. Die Forderung des „Zumauerns“ ist zudem nicht unverhältnismäßig. Denn nur ein Zumauern der Wand kann regelmäßig gewährleisten, dass die „Grenzgarage“ entsprechend ihrer Funktion in ihrer nach § 8 Abs. 9 LBauO zu fordernden Selbständigkeit dauerhaft erhalten bleibt. Eine in der mündlichen Verhandlung angesprochene Schließung der Türöffnung mit anderen Materialien (z.B. mit Holz) dürfte in der Regel nicht genügen, um Ziel und Zweck der nach § 8 Abs. 9 LBauO erforderlichen Selbständigkeit nachhaltig zu gewährleisten. Abgesehen davon, haben die Kläger auch kein entsprechendes Alternativmittel angeboten.

35

Ist mithin Satz 1 der Verfügung nicht zu beanstanden, so gilt dies auch für die mit Ausnahme von Satz 2 verbleibenden Teile der Verfügung.

36

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.

37

Die Beigeladenen, die keine Anträge gestellt haben, waren weder an den Verfahrenskosten zu beteiligen (§ 154 Abs. 3 VwGO), noch bestand Anlass gemäß § 162 Abs. 3 VwGO ihre außergerichtlichen Kosten anderen Beteiligten aufzuerlegen.

38

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

39

Die Revision ist nicht zugelassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

40

Beschluss

41

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 606,88 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG).

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