Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (10. Senat) - 10 A 10467/09

weitere Fundstellen einblendenweitere Fundstellen ...

Diese Entscheidung wird zitiert ausblendenDiese Entscheidung wird zitiert


Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 27. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Zahlung einer Schichtzulage für die Zeit von Februar 2006 bis April 2008. In dieser Zeit war er als Regierungshauptsekretär beim Bundesamt für Güterverkehr im Mautkontrolldienst der Beklagten tätig.

2

Er gehörte als Mitglied einer Kontrollgruppe der Mautkontrolleinheit 16 an, die für den Bereich Rheinland-Pfalz zuständig ist. Den jeweils aus zwei Personen bestehenden Kontrollgruppen sind verschiedene Autobahnabschnitte zugewiesen und ihnen obliegt die Aufgabe, stichprobenartig zu überprüfen, ob die zur Mauterfassung erforderlichen On-Board-Units der mautpflichtigen Kraftfahrzeuge ordnungsgemäß installiert und in Betrieb genommen sind. Die Kontrolleure haben ihren dienstlichen Wohnsitz in der Nähe des Autobahnabschlusses, an dem sie ihre Kontrollfahrten beginnen und beenden.

3

Für die Mautkontrolleinheiten werden Mautdienstpläne erstellt, die unterschiedliche Dienstzeiten für die einzelnen Kontrollgruppen ausweisen. Nach den organisatorischen Rahmenbedingungen des Mautkontrolldienstes sind beim Erstellen der Dienstpläne unter anderem die Verkehrsfrequenz und ein dementsprechender Einsatz von Kontrollkapazität sowie eine angemessene Verteilung der Kontrollen nach Ort und Zeit, auch bei Dunkelheit und an Wochenenden zu berücksichtigen. Die Mautdienstpläne für die Mautkontrolleinheit werden mit einem Vorlauf von zwei bis drei Monaten zunächst als Soll-Pläne erstellt. Individuelle Einsatzwünsche der Kontrolleure im Hinblick auf private Termine können beim Dienstplaner angemeldet werden. Ausfälle z.B. wegen Urlaub oder Krankheit werden nicht durch andere Kontrolleure ersetzt. Der Kläger leistete in den streitgegenständlichen Monaten ausweislich der von ihm vorgelegten Forderungsnachweise zu unterschiedlichen Zeiten Dienst, beginnend überwiegend am Vormittag zwischen 6:00 Uhr und 8:00 Uhr, zeitweise am Nachmittag ab 13:15 Uhr und ab 16:45 Uhr sowie am Abend ab 19.30 Uhr und ab 20:00 Uhr.

4

Die Beklagte zahlte den angestellten und beamteten Mautkontrolleuren in der Vergangenheit eine Schichtzulage gemäß § 20 Erschwerniszulagenverordnung. Außerdem erhalten sie für Dienst an Sonn- und Feiertagen sowie zur Nachtzeit die Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten. Mit der Änderung des Tarifvertrages für Angestellte gelangte die Beklagte zur Rechtsauffassung, dass die Schichtzulage für den Mautkontrolldienst insgesamt nicht zustehe. Hierüber wurden die Bediensteten durch interne Hausmitteilung vom 24. September 2007 informiert.

5

Der Kläger beantragte die Zahlung der Schichtzulagen gemäß der von ihm vorgelegten Forderungsnachweise mit Schreiben vom 3. Januar 2008, welches die Beklagte als Widerspruch wertete, den sie unter dem 12. Februar 2008 zurückwies: Die Voraussetzungen der Schichtarbeit seien nicht erfüllt. Insbesondere werde die Arbeit der Mautkontrollgruppen nicht nach einem Dienstplan mit einem festen Blocksystem und allgemein feststehenden Schichtzeiten geleistet. Auch lösten sich die Beschäftigten nicht regelmäßig bei der Erledigung der Arbeitsaufgabe nach einem feststehenden und überschaubaren Dienstplan in einer geregelten zeitlichen Reihenfolge ab. Die wechselnden Arbeitszeiten für die Beschäftigten des Kontrolldienstes seien vielmehr individuell verschieden, nicht zuletzt deswegen, weil auch individuelle Einsatzwünsche berücksichtigt würden.

6

Hiergegen hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Klage erhoben und vorgetragen, zwar konzentrierten sich die Mautkontrollen auf die normalen Verkehrszeiten, zur effektiven Überprüfung seien aber Stichproben auch in verkehrsärmeren Zeiten erforderlich. 5 bis 10 % der Kontrolldienste müssten deshalb von jedem Kontrolleur im Wochenend-, Feiertags- und Nachtdienst erbracht werden. Schon daraus ergebe sich eine gewisse Regelmäßigkeit bei der Inanspruchnahme in verschiedenen Dienstschichten. Das System der Beklagten entspreche einer Kontrolle über 24 Stunden. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts genüge es für das Vorliegen von Schichtdienst, dass die Arbeitszeit einmal im Monat für einen Tag wechsle.

7

Der Kläger hat beantragt,

8

die Beklagte unter Aufhebung der Mitteilung vom 24. September 2007 sowie des Widerspruchsbescheids des Bundesamtes für Güterverkehr vom 12. Februar 2008 zu verpflichten, ihm für den Zeitraum ab Februar 2006 bis April 2008 Schichtzulagen in Höhe von insgesamt 904,98 € zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Sie hat im Wesentlichen ihre Auffassung aus dem Widerspruchsbescheid wiederholt und ergänzend vorgetragen, die Mautkontrollen erfolgten nicht regelmäßig zu vorgegebenen Zeiten, sondern unregelmäßig und richteten sich nach den Verkehrsspitzen. Nachtdienste würden weder durch den Kläger noch durch die Mautkontrolleinheit noch bundesweit regelmäßig geleistet. Ein 24-Stunden-Dienst sei nicht Ziel oder Hintergrund des Dienstplans. Die Beschäftigten arbeiteten auch nicht sich ablösend an einer übereinstimmenden Aufgabe, Arbeitsplatz des Klägers sei vielmehr nur ein bestimmter Autobahnabschnitt. Schließlich seien die Belastungen des Mautkontrolldienstes mit Schichtdienstarbeit nicht vergleichbar, ein ständig wechselnder Lebensrhythmus liege nicht vor. Es sei auch kein Bereitschaftsdienst vorgesehen.

12

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 27. Oktober 2008 die Klage mit der Begründung abgewiesen, unabhängig davon, ob der Kläger Schichtdienst leiste, sei die Zahlung der Zulage schon nach § 20 Abs. 3 Satz 1 Erschwerniszulagenverordnung ausgeschlossen, weil der Dienstplan nicht zwischen Bereitschaftsdienst und Volldienst differenziere.

13

Der Kläger trägt zur Begründung seiner vom Senat zugelassenen Berufung vor, die strenge Wortlautauslegung des § 20 Abs. 3 Erschwerniszulagenverordnung durch das Verwaltungsgericht werde Sinn und Zweck der Schichtzulage nicht gerecht. Die Belastungen durch den Schichtdienst seien gleich, unabhängig davon, ob Bereitschaftsdienst generell vorgesehen sei oder nicht. Es liege auch Schichtdienst vor. Die Mautkontrollen seien - abhängig vom jeweiligen Verkehrsaufkommen - zu allen Tages- und Nachtzeiten erfolgt. Es komme dem Bundesamt trotz der Konzentration der Kontrollen auf die normalen Arbeitszeiten auf eine effektive Kontrolldichte an. Um diese Aufgaben wahrzunehmen, sei aus organisatorischen Gründen eine Einteilung in Kontrollgruppen und Schichten erforderlich. Es sei unschädlich, dass sich Schichten überlappten oder längere Unterbrechungen zwischen den Schichten lägen; im Gegensatz zum Wechselschichtdienst sei kein ununterbrochener Fortgang der Arbeit erforderlich. Die tatsächlichen Belastungen durch den Dienst zu ständig wechselnden Zeiten entsprächen den Belastungen eines Schichtdienstes. Persönliche Termine habe er mindestens drei Monate vorher anmelden müssen und sie seien auch nicht immer im Dienstplan berücksichtigt worden.

14

Der Kläger beantragt,

15

das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 27. Oktober 2008 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 12. Februar 2008 zu verpflichten, ihm für den Zeitraum von Februar 2006 bis April 2008 Schichtzulagen in Höhe von insgesamt 904,98 € zu zahlen.

16

Die Beklagte beantragt,

17

die Berufung zurückzuweisen.

18

Sie trägt vor, der Anwendungsbereich des § 20 Abs. 3 Satz 1 Erschwerniszulagenverordnung könne offen bleiben, weil kein Schichtdienst vorliege. Es existiere kein Schichtplan. Für diesen sei kennzeichnend, dass er einen längerfristig geplanten, starren Einsatz der Beschäftigten vorsehe und in der Regel keinen Raum für eine flexible Handhabung lasse. Demgegenüber seien die Mautdienstpläne nur persönliche Einsatzpläne der Kontrolleure. Diese könnten individuelle Einsatzwünsche anmelden, hiernach würden die Pläne fortlaufend angepasst. Der größte Teil der Kontrollgruppen werde in der Zeit zwischen 7.00 Uhr und 17.00 Uhr eingesetzt. Zu den weniger frequentierten Verkehrszeiten sollten unregelmäßige Kontrollen stattfinden. Deshalb bestehe für die Dienstplaner nur die Vorgabe, dass jeder Kontrolleur im Ergebnis 5 bis 10 % seines gesamten Dienstes in dieser Zeit eingesetzt werden solle. Der Wechsel der Anfangs- und Endzeiten des Dienstes sei auch beim Kläger individuell und nicht regelmäßig erfolgt. Die Zeitabschnitte, in denen zu unterschiedlichen Zeiten Dienst geleistet würde, entsprächen sich zudem hinsichtlich ihrer Länge nicht. Schließlich könne § 20 Abs. 2 Erschwerniszulagenverordnung nicht erweiternd angewandt werden. Die Belastungen seien im Mautkontrolldienst geringer als im Schichtdienst. Für Dienst zu ungünstigen Zeiten werde eine Erschwerniszulage gezahlt. Aus allen diesen Gründen werde die Schichtzulage für den Mautkontrolldienst von zahlreichen mittlerweile vorliegenden Gerichtsentscheidungen abgelehnt.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

20

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zahlung einer Schichtzulage für die streitgegenständlichen Monate, in denen er als Mautkontrolleur im Dienst der Beklagten tätig war.

21

Als Rechtsgrundlage für diesen Anspruch kommt § 47 Satz 1 Bundesbesoldungsgesetz – BBesG – in Verbindung mit § 20 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über die Gewährung von Erschwerniszulagen (Erschwerniszulagenverordnung - EZulV -) in Betracht. Danach erhalten Beamte und Soldaten, wenn sie ständig Schichtdienst zu leisten haben, eine Schichtzulage in der durch Buchstaben a) bis c) der Regelung näher bezeichneten Höhe. Gemäß § 20 Abs. 3 Satz 1 EZulV gilt dies indessen nicht, soweit der Schichtplan (Dienstplan) eine Unterscheidung zwischen Volldienst und Bereitschaftsdienst nicht vorsieht.

22

Die Gewährung der Schichtzulage an den Kläger scheidet nicht schon deshalb aus, weil die Mautdienstpläne, nach denen er Dienst geleistet hat, nicht zwischen Volldienst und Bereitschaftsdienst differenzieren. Die Ausschlussregelung des § 20 Abs. 3 Satz 1 EZulV ist nur einschlägig, wenn im Dienstbereich des Beamten überhaupt ein Bereitschaftsdienst eingerichtet ist. Wenn dies - wie hier - nicht der Fall ist, läuft die Vorschrift dagegen leer. Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte und dem Sinn und Zweck der Norm: Sie wurde nämlich durch die Verordnung zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 17. Juni 1998 (Besoldungsänderungsverordnung 1998 – BesÄndV 98) eingefügt, nachdem das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 21. März 1996 entschieden hatte, dass auch ein Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit zu bewerten und deshalb nicht generell von der Wechselschicht- und Schichtzulage ausgeschlossen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 2 C 24.95 -, ZBR 1996, 260). Um zu vermeiden, dass die Erschwerniszulage auch für Zeiten eines Bereitschaftsdienstes – trotz der damit verbundenen geringeren Belastungen für den Beamten – zu zahlen ist, hat der Verordnungsgeber durch § 20 Abs. 1 Satz 2 EZulV klargestellt, dass im Rahmen der Zulagenregelung der Bereitschaftsdienst nicht als Arbeitszeit gilt und damit die seit jeher gewollte Eingrenzung des Empfängerkreises der Zulage im Verordnungstext zum Ausdruck gebracht (vgl. Schwegmann/Summer, BBesG Bd. IV, B IV/6.1, § 20 Rdnr. 4). In diesem Zusammenhang ist auch § 20 Abs. 3 Satz 1 EZulV neu gefasst worden, um Unklarheiten bei der Unterscheidung zwischen Voll- und Bereitschaftsdienst von vornherein zu vermeiden (vgl. die Durchführungshinweise im Rundschreiben des BMI vom 24. November 1998, GMBl. S. 938). Ist aber in einem Dienstbereich überhaupt kein Bereitschaftsdienst eingerichtet, kann es zu solchen Unklarheiten gar nicht kommen, da hier ausnahmslos Volldienst geleistet wird, für den die Zulage nach dem Willen des Verordnungsgebers zustehen soll, wenn die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 EZulV erfüllt sind (vgl. auch VG Hannover, Urteil vom 19. Mai 2009 – 2 A 1814/08 –).

23

Dies ist im Mautkontrolldienst der Beklagten indessen nicht der Fall. Der Kläger hat als Mautkontrolleur keinen Schichtdienst gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 EZulV geleistet.

24

§ 20 Abs. 2 Satz 1 EZulV definiert den Schichtdienst als Dienst nach einem Schichtplan, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Zeitabschnitten von längstens einem Monat vorsieht. Die in der Definition enthaltenen Begriffe des Schichtplans und des regelmäßigen Wechsels der täglichen Arbeitszeit werden hier nicht näher erläutert. Zur Auslegung der Vorschrift kann, da sie im Kern den arbeitsrechtlichen Regelungen entspricht, weiterhin auf die zum früheren Tarifrecht ergangene Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zurückgegriffen werden (vgl. Schwegmann/Summer, a.a.O., Rdnrn. 5, 11).

25

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt Schichtarbeit vor, wenn eine bestimmte Arbeitsaufgabe über einen erheblich längeren Zeitraum als die tatsächliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers hinaus anfällt und daher von mehreren Arbeitnehmern (oder Arbeitnehmergruppen) in einer geregelten zeitlichen Reihenfolge in mehreren Zeitabschnitten, teilweise auch außerhalb der allgemeinen Arbeitszeit, erbracht wird. Schichtarbeit setzt damit voraus, dass mindestens zwei Arbeitnehmer ein- und dieselbe übereinstimmende Arbeitsaufgabe erfüllen, indem sie sich regelmäßig nach einem feststehenden und überschaubaren Plan ablösen, so dass der eine Arbeitnehmer arbeitet, während der andere arbeitsfreie Zeit hat. Mit dem Schichtplan werden die Arbeitsaufgabe, die erforderlichen Arbeitnehmer und der zeitliche Umfang ihres Arbeitseinsatzes allgemein festgelegt. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Einzelne im Anschluss an seine Tätigkeit unmittelbar an seinem Arbeitsplatz durch einen anderen Arbeitnehmer abgelöst wird, allerdings müssen die Arbeitnehmer in Bezug auf die Erledigung der Arbeitsaufgabe arbeitsteilig zusammenwirken. Ihre Arbeitsergebnisse müssen aufeinander aufbauen, sie müssen untereinander austauschbar sein und dieser Austausch muss regelmäßig erfolgen, d.h. kontinuierlich und mit einer gewissen Dauer (vgl. BAG, Urteile vom 4. Februar 1988 – 6 AZR 203/85 – und vom 20. April 2005 – 10 AZR 302/04 –, m.w.N., beide juris). In Bezug auf die unterschiedlichen Arbeitsschichten genügt ein Wechsel von Arbeitsbeginn/Arbeitsende in einem zeitlichen Abstand von einer oder zwei Stunden; die Schichten müssen nicht nahtlos aneinander anschließen, sondern können sich überlappen (vgl. BAG, Urteil vom 14. Dezember 1993 – 10 AZR 368/93 –, juris). Es reicht zum Vorliegen von Schichtarbeit ferner aus, dass ein einmaliger Wechsel im Monat zwischen den verschiedenen Schichten stattfindet, auch ist kein annähernd gleicher Einsatz des Beschäftigten in den unterschiedlichen Schichten erforderlich (vgl. BAG, Urteil vom 22. März 1995 – 10 AZR 167/94 –, juris). Schließlich ist es unerheblich, ob der Dienstplan vom Arbeitgeber bestimmt wird oder von den Mitarbeitern selbst, solange die zeitliche Regelung der Arbeitszeit im Schichtbetrieb wegen der Arbeitsaufgabe erforderlich wird (vgl. BAG, Urteil vom 2. Oktober 1996 – 10 AZR 233/96 –, juris).

26

Nach diesen Grundsätzen ist ein Schichtplan im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 EZulV die an organisatorischen Erfordernissen orientierte, vorausschauend geplante Aufteilung der gesamten, zur Erfüllung einer einheitlichen Dienstaufgabe erforderlichen Arbeitszeit in unterschiedliche Zeitabschnitte, die in einer überschaubaren zeitlichen Abfolge wiederkehren. Der Plan muss nicht vorsehen, dass ein Bediensteter unmittelbar die Teilaufgabe eines anderen übernimmt, aber vorab allgemein gültig regeln, in welcher Weise alle zusammen arbeitsteilig in einer geordneten zeitlichen Reihenfolge, mithin nacheinander, zum selben Arbeitsergebnis beitragen. Ein regelmäßiger Wechsel der täglichen Arbeitszeit tritt dabei ein, wenn die Anfangs- und/oder Endzeitpunkte mehrerer, vom Beamten wahrgenommener Dienstschichten unterschiedlich festgelegt sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996, a.a.O.). Der Wechsel der Arbeitszeit muss zwar nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht gleichförmig erfolgen und/oder einen gleichmäßigen Einsatz der Bediensteten in den unterschiedlichen Schichten herbeiführen, er muss sich aber, um dem Erfordernis der Regelmäßigkeit Rechnung zu tragen, kontinuierlich und nach erkennbaren Regeln wiederholen. Er darf also zum einen nicht die Ausnahme darstellen und sich zum andern nicht als ungeregelt, unregelmäßig oder willkürlich erweisen. Diese Anforderungen müssen schließlich sowohl für den einzelnen Beamten als auch im Allgemeinen vom Dienstplan (Schichtplan) erfüllt sein (vgl. Schwegmann/Summer, a.a.O., Rdnr. 6.).

27

Für den Mautkontrolldienst der Beklagten fehlt es im Ergebnis sowohl an einem Schichtplan als auch an einem regelmäßigen Wechsel der unterschiedlichen Arbeitszeiten der Kontrolleure.

28

Zwar fällt die von der Mautkontrolleinheit und dementsprechend von den Kontrollgruppen zu erbringende Arbeitsaufgabe nicht nur während der tatsächlichen Arbeitszeit eines Arbeitnehmers bzw. Beamten von 38,5 bzw. 41 Stunden pro Woche an, sondern geht darüber hinaus. Nach den genannten Rahmenbedingungen und den Grundsätzen für die Dienstplanung sollen nämlich unstreitig die Kontrollen auf die am stärksten frequentierten Verkehrszeiten konzentriert, aber auch angemessen nach Ort und Zeit in die Dunkelheit und auf die Wochenenden erstreckt werden. Dies bringt es notwendigerweise mit sich, dass auch Dienstzeiten über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus abzudecken sind und die Kontrollgruppen zum Teil zeitversetzt erst nachmittags oder abends mit ihrer Arbeitsleistung beginnen, wie es die Mautdienstpläne allgemein und für den Kläger auch belegen. Die Mautdienstpläne erfüllen aber bei näherer Betrachtung dennoch nicht die oben herausgearbeiteten Kriterien eines Schichtplans. Sie regeln nämlich nicht in einer allgemeinen, vorab getroffenen planerischen Entscheidung die Aufteilung der Gesamtarbeitszeit in verschiedene Zeitabschnitte (Schichten), die sich in einer überschaubaren Abfolge kontinuierlich wiederholen. Die gesamte Arbeitsmenge, die Kontrolle des Zuständigkeitsbereichs der Mautkontrolleinheit 16 in Rheinland-Pfalz, ist nicht in zeitlichen, sondern vielmehr in räumlichen Abschnitten – in verschiedenen Autobahnabschnitten – auf die Kontrollgruppen aufgeteilt. In zeitlicher Hinsicht erfolgt die Einteilung der Kontrollgruppen durch den Mautdienstplan entsprechend den organisatorischen Rahmenbedingungen flexibel nach der jeweiligen Verkehrsfrequenz und unter – zumindest weitgehender – Berücksichtigung der persönlichen Einsatzwünsche der Kontrolleure. Die Kontrollgruppen arbeiten nicht auf das Ergebnis der jeweils anderen aufbauend zum Erreichen desselben Arbeitserfolgs in geregelter zeitlicher Reihenfolge arbeitsteilig nacheinander zusammen, sondern unabhängig vom Einsatz der anderen Gruppen nebeneinander. Sie sind jeweils nur für den zugewiesenen Autobahnabschnitt zuständig und nicht gegenseitig austauschbar. Ausfälle wegen Krankheit oder Urlaub werden nicht durch andere Kontrollgruppen zur Gewährleistung der obliegenden Kontrollaufgaben kompensiert.

29

Die Mautdienstpläne sehen des Weiteren keine regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeiten vor. Sowohl die Arbeitszeiten des Klägers in seiner Kontrollgruppe als auch die der übrigen Kontrollgruppen wechseln zwar nahezu täglich, der Wechsel der Arbeitszeit stellt sich damit nicht als Ausnahme, sondern als Regelfall dar. Der ständige Wechsel folgt aber keinen erkennbaren und wiederkehrenden Regeln, sondern erweist sich sowohl individuell bezogen auf den Kläger als auch übergreifend in Bezug auf die gesamte Mautkontrolleinheit als unregelmäßig und gewillkürt, nämlich maßgeblich von der Verkehrsfrequenz und vom Willen der Beteiligten geprägt.

30

So beginnen die Kontrollgruppen im Schwerpunkt – der Verkehrsfrequenz zu den üblichen Verkehrszeiten entsprechend – vormittags zwischen 6:00 Uhr und 8:30 Uhr jeweils in unterschiedlicher Anzahl zu vielen verschiedenen Anfangszeitpunkten mit entsprechendem, jeweils unterschiedlichem Dienstende. Zum Beispiel zeigen die Dienstpläne von Februar bis Anfang März 2006, dass am 6. Februar 2006 eine Kontrollgruppe um 6:30 Uhr, zwei Kontrollgruppen jeweils um 7:00 Uhr, um 7:30 Uhr und um 8:30 Uhr sowie drei um 8:00 Uhr ihren Dienst begannen. Am 7. Februar 2006 begannen dagegen fünf Kontrollgruppen bereits um 6:30 Uhr, nur eine Kontrollgruppe um 7:30 Uhr, je zwei Gruppen um 7:00 Uhr und um 8:30 Uhr sowie drei um 8:00 Uhr. An den nachfolgenden Tagen 8. und 9. Februar 2006 wurde der Dienstbeginn um 8:30 Uhr gar nicht bedient. Daneben gab es vereinzelt abweichende Anfangszeiten morgens um 6:15 Uhr (eine Kontrollgruppe am 17. Februar), um 7:15 Uhr und um 7:45 Uhr (je eine Kontrollgruppe am 14. Februar), um 9:00 Uhr (eine Kontrollgruppe am 16. Februar) und um 10:00 Uhr (jeweils eine Kontrollgruppe am 15., 16. und 20. Februar). Ein Dienstbeginn um 6:00 Uhr findet sich bei einzelnen Kontrollgruppen am 13. und 28. Februar sowie am 1. und 2. März 2006. Eine an arbeitsorganisatorischen Erfordernissen orientierte Regelhaftigkeit wird hier nicht erkennbar und vom Kläger auch nicht behauptet. Bezogen auf den Dienstbeginn zwischen 6:00 Uhr und 8:30 Uhr vermitteln die Mautdienstpläne vielmehr das Bild einer individuellen Gleitzeitregelung (so auch VG Göttingen, Urteil vom 22. Mai 2009 – 3 A 59/08 –). Dies zeigt sich in gleicher Weise bei Betrachtung der vom Kläger vorgelegten Forderungsnachweise in Bezug auf seine wechselnden Einsatzzeiten innerhalb der üblichen Arbeitszeiten mit Beginn am Vormittag.

31

Nachmittagsdienste oder Abend- bzw. Nachtdienste der Kontrolleure finden nach dem Vortrag der Beklagten ebenfalls nicht in regelmäßiger zeitlicher Abfolge wiederkehrend statt, was von den exemplarisch vorgelegten Dienstplänen bestätigt wird. Diese weisen zwar Anfangszeiten von 14:00 Uhr (je eine Kontrollgruppe am 13., 14. und 16. Februar), 15:00 Uhr (eine Kontrollgruppe am 17. Februar), 17:15 Uhr und 17:30 (vom 12. bis 15. Februar) und schließlich 20:15 Uhr (je eine Kontrollgruppe am 15. und 16. Februar) aus, das heißt, es wurden sowohl Spätdienste als auch Nachtdienste tatsächlich geleistet. Auch diesbezüglich ist eine Regelmäßigkeit der Arbeitszeitwechsel aber in keiner Weise erkennbar oder vom Kläger vorgetragen worden. Sein Verweis auf die Vorgabe, dass 5 bis 10 % der Kontrollen zur Dunkelheit bzw. an Sonn- und Feiertagen von jedem Kontrolleur erbracht werden müssen, führt als solches noch nicht zu einem regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeiten (vgl. LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 10. Juni 2009 – 1 Sa 245/08 –, juris). Zur zeitlichen Verteilung der Dienste in der Nacht und an Wochenenden existieren keine allgemeinen Vorgaben der Beklagten, vielmehr kann jeder Kontrolleur wiederum individuell für sich entscheiden, wann und in welcher Weise er die besonderen Arbeitszeiten erbringt. Der Dienstplaner hat nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten nur darauf zu achten, dass die Quoten im Ergebnis erreicht werden.

32

Die nach alledem unregelmäßig und individuell wechselnden Dienstzeiten entsprechen dem Ziel und dem Wesen des Mautkontrolldienstes, der keine flächendeckenden und lückenlosen Kontrollen zu jeder Tageszeit an jedem Ort beinhaltet, sondern den jeweiligen Verkehrsspitzen folgt, wesentlich auf dem Prinzip der Stichprobenüberprüfung beruht und damit gerade auch von der Unvorhersehbarkeit und Unregelmäßigkeit der Kontrollen geprägt ist (vgl. LAG Schleswig-Holstein, a.a.O.). Wegen der individuell möglichen Dienstplangestaltung erscheint es zwar nicht ausgeschlossen, dass der einzelne Kontrolleur durch die Wahl der Einsatzzeiten einen regelmäßigen Wechsel seiner täglichen Arbeitszeit herbeiführt. So kann den vom Kläger vorgelegten Forderungsnachweisen durchaus entnommen werden, dass er in der Regel in jedem Monat einmal in eine spätere Anfangszeit am Nachmittag oder am Abend gewechselt hat. § 20 Abs. 2 Satz 1 EZulV setzt indessen auch voraus, dass der Beamte Schichtdienst „zu leisten hat“. An diesem Zwang fehlt es, wenn der Wechsel der Arbeitszeiten nicht auf der Verpflichtung durch den Dienstherrn bzw. den verbindlichen Vorgaben eines durch die Arbeitsaufgabe geforderten Schichtplans beruht, sondern wesentlich auf der eigenen Entscheidung des Beamten. Abgesehen davon müssen, wie oben ausgeführt, die Voraussetzungen des Schichtdienstes auch allgemein vom Dienstplan vorgegeben und nicht nur von dem einzelnen Bediensteten erfüllt werden.

33

Schließlich kommt eine entsprechende Anwendung des § 20 Abs. 2 EZulV wegen der Belastungen, die mit einem unregelmäßigen und nicht von einem Schichtplan vorgesehenen Wechsel der täglichen Arbeitszeiten ebenfalls einhergehen können, nicht in Betracht. Eine erweiternde Auslegung besoldungsrechtlicher Vorschriften ist aufgrund der Gesetzesbindung der Besoldung gemäß § 2 Abs. 1 BBesG grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2007 – 2 B 35/07 – m.w.N., juris). Davon abgesehen liegt beim Mautkontrolldienst letztlich aber auch kein mit den Belastungen des Schichtdienstes vergleichbarer Sachverhalt vor, der im Hinblick auf Sinn und Zweck der Schichtzulage einen entsprechenden Ausgleich für die Beamten gebieten könnte. Die Schichtzulage soll die Belastungen ausgleichen, die mit einem ständigen Wechsel des täglichen Arbeits- und Lebensrhythmus für die Gesundheit sowie das soziale und gesellschaftliche Leben des Betroffenen verbunden sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996, a.a.O; BAG, Urteil vom 2. Oktober 1996, a.a.O.). Diese Belastungen stellen sich ungleich schwerwiegender dar, wenn sie durch allgemein gültige Schichtzeiten in einer bestimmten zeitlichen Reihenfolge verursacht werden, als bei einer Dienstplanung, bei der es der Beamte, wie hier, weitgehend selbst steuern kann, wann und wie er seine Arbeitszeiten wechselt und an welchen Tagen er den – nur in geringem Umfang geforderten – Dienst zu anderen als den üblichen Dienstzeiten erbringt (vgl. LAG Schleswig-Holstein, a.a.O.). Schließlich kann bei der Bewertung der verbleibenden Belastungen mit in den Blick genommen werden, dass die Mautkontrolleure für den Dienst zu ungünstigen Zeiten eine Zulage gemäß § 3 EZulV erhalten.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO.

35

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

36

Beschluss

37

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG auf 904,98 € festgesetzt.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen

This content does not contain any references.