Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (1. Senat) - 1 A 10779/09
Tenor
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 17. Januar 2009 wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die die Vollstreckung betreibenden Beteiligten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau eines Verbrauchermarktes (P...-Markt) mit Backshop.
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Sie stellte unter dem 29. März 2007 einen entsprechenden Bauantrag. Danach soll auf dem Grundstück Flur …, Parzelle … in Diez (L… Straße …) eine Halle mit einer Verkaufsfläche von 759,30 qm sowie Nebenräumen errichtet werden. Zusätzlich ist ein separater Backshop mit einer Fläche von 38,17 qm vorgesehen. Auf dem zu bebauenden Grundstück, das an der Landesgrenze zu Hessen liegt und im Nordwesten an die L… Straße (B 417) stößt, befinden sich derzeit zwei Hallen eines Fahrrad-Centers, die für die Verwirklichung des Vorhabens abgerissen werden sollen. Das Gebiet in der Umgebung des Bauvorhabens beiderseits der L... Straße hatte das Verwaltungsgericht aufgrund einer früheren Ortsbesichtigung im Verfahren 7 K 1515/05.KO als Gemengelage zwischen Gewerbe- und Wohnnutzung eingestuft.
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Am 19. April 2007 beschloss der Stadtrat der Beigeladenen die Aufstellung des Bebauungsplans „Obere L… Straße“, dessen räumlicher Geltungsbereich neben dem Standort für die geplante Halle die weiteren Parzellen …, … und … umfasst. Zugleich beschloss der Rat eine Veränderungssperre für dieses Gebiet, die am 25. April 2007 öffentlich bekannt gemacht wurde und mit Satzungsbeschluss vom 2. April 2009 um ein Jahr verlängert worden ist. In der Begründung heißt es u.a.:
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„Nachdem in den letzten Jahren einerseits verstärkt das Bedürfnis entstanden ist, den strukturellen Problemen in der Innenstadt entgegenzuwirken und andererseits immer wieder Bestrebungen zu beobachten waren, innenstadtrelevante Einzelhandelsnutzungen an anderen Stellen des Stadtgebiets zu etablieren, hat die Stadt Diez sowohl bei der Aufstellung neuer Bebauungspläne als auch durch entsprechende Änderungen von rechtskräftigen Bebauungsplänen Einschränkungen bezüglich der Zulässigkeit von innenstadtrelevantem Einzelhandel getroffen.
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Der vorliegende Planbereich wurde bisher gewerblich mit einem Zweiradhandel mit angegliederter Werkstatt, also nicht innenstadtrelevant, genutzt. Nunmehr liegt ein Kaufvertrag vor, aus dem der Eindruck entsteht, dass der Zweiradhandel aufgegeben und als Folgenutzung ein Lebensmitteleinzelhandelsbetrieb (Supermarkt) angestrebt wird.
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Da dies der vorgenannten städtebaulichen Zielsetzung der Stadt Diez widerspricht, soll im Rahmen des Bebauungsplanes insbesondere der innenstadtrelevante Einzelhandel reglementiert werden.“
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In der Folgezeit gab die Beigeladene die Erstellung eines Konzeptes über die zu erhaltenden und zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Stadt Diez in Auftrag.
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Die Beigeladene versagte am 8. Mai 2007 ihr Einvernehmen zum geplanten Vorhaben und begründete dies zum einen mit Auswirkungen auf einen zentralen Versorgungsbereich und zum anderen damit, dass sich das Vorhaben nicht einfüge.
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Daraufhin lehnte der Beklagte die Erteilung einer Baugenehmigung für den Verbrauchermarkt unter Hinweis auf die entgegenstehende Veränderungssperre und das verweigerte Einvernehmen der Beigeladenen ab.
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Über den dagegen eingelegten Widerspruch ist noch nicht entschieden worden.
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Die Klägerin hat sodann Untätigkeitsklage beim Verwaltungsgericht erhoben und zu deren Begründung vorgetragen:
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Mit der Veränderungssperre würden unzulässige Ziele verfolgt, nämlich insbesondere die Verhinderung von Lebensmittel- und Einzelhandelsbetrieben. Die Beigeladene verfüge über kein Entwicklungskonzept und habe auch keine zentralen Versorgungsbereiche festgelegt. Wegen der großen räumlichen Entfernung zwischen dem Zentrum Diez und dem Vorhabenstandort bestehe insoweit auch keine Konkurrenzsituation. Zwischen beiden lägen zudem noch weitere Verbrauchermärkte. Es gebe in Diez im Grunde genommen keinen zentralen Versorgungsbereich und daher diene die Veränderungssperre lediglich dem Schutz vor Mitbewerbern.
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Das Verwaltungsgericht hat der Klage durch Urteil vom 17. Februar 2009 stattgegeben und den Versagungsbescheid aufgehoben sowie die Beklagte verpflichtet, den Bauantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Zur Begründung hat es ausgeführt:
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Die Klägerin habe einen Anspruch auf Neubescheidung ihres Bauantrags. Dieser habe nicht mit der Begründung abgelehnt werden dürfen, dass das Vorhaben gegen die erlassene Veränderungssperre verstoße und es am notwendigen Einvernehmen der Beigeladenen fehle. Gleichwohl sei der Beklagte nicht zur Erteilung der begehrten Baugenehmigung zu verpflichten, weil bisher noch nicht geprüft worden sei, ob das Vorhaben mit Bauordnungsrecht in Einklang stehe.
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Die Veränderungssperre könne dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden, weil diese wegen rechtserheblicher Fehler unwirksam sei. So fehle eine hinreichend konkretisierte Planungsabsicht bezüglich des betreffenden Plangebiets. Hinzu komme, dass das mit der Planung verfolgte Ziel nicht ausreichend definiert sei und sich die Veränderungssperre als Verhinderungsplanung darstelle. Im Übrigen lasse der Bebauungsplan, der mit der Veränderungssperre abgesichert werden solle, nicht das erforderliche Mindestmaß an konkreten Planungsabsichten erkennen. Weder sei der zulässige Gebietstyp festgelegt, noch reiche die Bezeichnung „zentral relevante Sortimente“ ohne Auflistung derselben für eine hinreichend bestimmte Beschränkung aus. Ebenso wenig sei das städtebauliche Ziel bestimmt genug gefasst. Es sei kein schlüssiges Konzept erkennbar. Insbesondere habe die Beigeladene ein städtebauliches Entwicklungskonzept bisher nicht beschlossen. Ob bereits deshalb ein schlüssiges Konzept zu verneinen sei, könne dahinstehen, da sich ein konzeptionelles Muster für eine gewerbliche Nutzung im Spannungsfeld Innenstadtbereich-Randgebiete nicht erkennen lasse. Vielmehr habe die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass es keine entsprechende generelle Planungs- und Beschlusslage gebe. Das vage Wissen der betroffenen Bürger um derartige Ziele reiche aber im Hinblick auf Art. 14 GG nicht aus. Die unzureichende Präzisierung des Planungsziels zeige sich auch daran, dass die Beigeladene den von ihr geplanten zentralen Versorgungsbereich bisher nicht abgegrenzt habe. Ein Bebauungsplan mit einem solchen Ziel setze aber voraus, dass ein zentraler Versorgungsbereich vorhanden oder zumindest planungsrechtlich abgesichert sei. Vorliegend fehle es insbesondere an einer planerischen Festlegung des von der Beigeladenen angestrebten zentralen Versorgungsbereichs. Auch die tatsächlichen Verhältnisse ließen einen zentralen Versorgungsbereich für Diez nicht erkennen. Die innenstadtrelevante Nutzung beschränke sich nicht auf den Stadtkern allein. Sie dehne sich noch über das Oranien-Center hinaus entlang der L… Straße nach Osten aus und verdichte sich im Diezer Einkaufspark zu einem weiteren Versorgungsschwerpunkt. Schließlich stelle sich der zu sichernde Plan als unzulässige Verhinderungsplanung dar.
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Außerdem stehe dem Vorhaben nicht entgegen, dass das erforderliche Einvernehmen der Beigeladenen fehle. Dieses sei nämlich zu Unrecht verweigert worden und deshalb habe der Beklagte es gemäß § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB ersetzen müssen. Soweit die Verweigerung des Einvernehmens mit der befürchteten Beeinträchtigung des zentralen Versorgungsbereichs i.S. von § 34 Abs. 3 BauGB begründet worden sei, könne insoweit auf die vorstehenden Ausführungen zur Veränderungssperre verwiesen werden. Aber auch mit dem fehlenden Einfügen des Vorhabens i.S. von § 34 Abs. 1 BauGB könne die Verweigerung nicht begründet werden, da der geplante Einzelhandelsbetrieb keinen großflächigen Betrieb darstelle und sich auch vom Maß der baulichen Nutzung, die durch die beiden (abzureißenden) Hallen eines Zweiradhandels geprägt werde, in die Umgebung einfüge.
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Mit ihrer vom Senat zugelassenen Berufung macht die Beigeladene nunmehr geltend:
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Das angefochtene Urteil sei schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil ein Bescheidungstenor ergangen sei, obgleich das Verwaltungsgericht die Sache hätte spruchreif machen müssen. Das Verwaltungsgericht habe die Spruchreife aber offensichtlich deshalb nicht selbst hergestellt, weil die Klägerin auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung klargestellt habe, dass es ihr insbesondere um die Klärung bauplanungsrechtlicher Fragen und dabei vor allem um die Veränderungssperre und das verweigerte Einvernehmen gehe. Für ein solches, auf bauplanungsrechtliche Fragen eingeschränktes Begehren stehe aber das Instrumentarium des Bauvorbescheides zur Verfügung. Daraus folge, dass die Klägerin für den Antrag auf Erteilung der Baugenehmigung kein Sachbescheidungsinteresse gehabt habe, da sie in Wahrheit nicht die Erteilung einer vollumfänglichen Baugenehmigung, sondern die Beantwortung einzelner bauplanungsrechtlicher Fragen erstrebe.
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Darüber hinaus sei das angefochtene Urteil auch aus anderen Rechtsgründen fehlerhaft. Dem Begehren stehe nämlich schon die Sperrwirkung der Veränderungssperre entgegen, deren Wirksamkeit keine rechtlichen Bedenken begegneten. Denn die erlassene Veränderungssperre entspreche ebenso wie die zwischenzeitlich ergangene Verlängerung den gesetzlichen Vorgaben. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts seien bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt worden. Im Rahmen des Bebauungsplanes habe man insbesondere den innenstadtrelevanten Einzelhandel reglementieren wollen. Die Frage, wie dies im Einzelnen aussehen solle, also welche Sortimentsbeschränkungen oder gar Sortimentsausschlüsse stattfinden sollten, müsse dem Bebauungsplanverfahren überlassen bleiben. Im Rahmen der Veränderungssperre müssten solche Beschränkungen nicht derart konkretisiert sein, dass jetzt schon erkennbar sei, welche einzelnen Sortimente auszuschließen seien. Aus der Begründung zur Satzung über die Veränderungssperre ergebe sich auch, welche Ziele die Beigeladene mit der Aufstellung des Bebauungsplans verfolge. Hierzu gehörten im Wesentlichen Beschränkungen des Einzelhandels mit innenstadt- und nahversorgungsrelevanten Sortimenten in dem ausgewiesenen Plangebiet. Insoweit könne auf die Planbegründung und auf die Beschlussvorlage verwiesen werden. Im Aufstellungsbeschluss müsse auch noch nicht festgelegt werden, welche Gebietsart geplant sei. Ziel der beabsichtigen Planung sei nach den vorliegenden Unterlagen der Erhalt des Gebietes für gewerbliche Nutzung sowie für eine einzelhandelsbezogene Nutzung unter Berücksichtigung der Versorgungsfunktion der Innenstadt und der Nahversorgung in den Ortsteilen. In der Begründung zur Satzung über die Veränderungssperre werde ausdrücklich ausgeführt, dass im Rahmen des Bebauungsplanes insbesondere der innenstadtrelevante Einzelhandel reglementiert werden solle. Allein diese Zielvorstellung reiche schon als sicherungsfähige Planung aus.
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Auch beanstande die Vorinstanz zu Unrecht, dass für den Bereich der Beigeladenen eine schlüssige und für die Betroffenen eindeutig erkennbare Konzeption fehle. Zum einen bedürfe es nicht eines solchen detaillierten Konzepts für den Erlass der Veränderungssperre und für den Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan. Zum anderen liege ein solches Konzept zwischenzeitlich vor. Insoweit werde zunächst auf das Stadtentwicklungskonzept „Zentrale Versorgungsbereiche der Stadt Diez“ der Marketingberatung Dr. E…/ MBE vom März 2009 Bezug genommen. Dieses Entwicklungskonzept sei nunmehr vom Stadtrat in seiner Sitzung vom 26. März 2009 beschlossen worden. Diese jetzt vorgelegte Konzeption der Stadtentwicklung sei ausreichend und müsse Berücksichtigung finden. Soweit das Verwaltungsgericht gerügt habe, dass die unzureichende Präzisierung des Planungsziels sich insbesondere deutlich daran zeige, dass die Beigeladene den von ihr geplanten zentralen Versorgungsbereich bisher nicht abgegrenzt habe, so bleibe festzustellen, dass sich die Abgrenzung erstens aus der Örtlichkeit ergeben könne und zweitens die Abgrenzung hier zwischenzeitlich exakt vorgenommen worden sei. Auch aus den tatsächlichen Verhältnissen heraus seien die Konturen eines zentralen Versorgungsbereichs für die Stadt Diez schon immer feststellbar gewesen. Denn die gewerbliche innenstadtrelevante Nutzung beschränke sich – wie aus den zu den Akten gereichten Plänen ersichtlich sei – im Wesentlichen auf den Stadtkern von Diez. Von daher sei der zentrale Versorgungsbereich auch unter Berücksichtigung des Diezer Einkaufsparks nach Osten hin ohne weiteres abgrenzbar. Im Übrigen könne sich eine Gemeinde im Hinblick auf die ihr nur begrenzt zur Verfügung stehenden Planungskapazitäten darauf beschränken, zunächst nur in den Bereichen intensive planerische Aktivität zu entfalten, in denen konkret aktueller Handlungsbedarf bestehe. Ziel der mit dem Aufstellungsbeschluss angestoßenen Planung sei es, auf der Grundlage eines Stadtentwicklungskonzeptes zentrale Versorgungsbereiche in einem näher umrissenen Versorgungsbereich vor schädigenden Wirkungen zu schützen, die durch Einzelhandelsbetriebe an nicht integrierten Standorten außerhalb des Versorgungsbereiches verursacht werden könnten. Damit sei aber ein Planungsziel benannt, das grundsätzlich den Anforderungen des § 9 Abs. 2 a BauGB genüge und sich insbesondere nicht in der Verhinderung des geplanten Vorhabens erschöpfe. Liege mithin eine sicherungsfähige Planungsabsicht vor, deren Verwirklichung durch das Vorhaben erschwert würde, finde entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts eine vorweggenommene Normenkontrolle des künftigen Bebauungsplanes nicht statt. Die Planung sei auch kein vorgeschobenes Mittel, um den Bauwunsch der Klägerin zu durchkreuzen. Vielmehr sei es nur darum gegangen, eine Fehlentwicklung zu verhindern und die weitere bauliche Entwicklung aus beachtlichen konzeptionellen Gründen durch den aufzustellenden Bebauungsplan restriktiv zu steuern. Die diesbezüglichen Vorstellungen der Kommune seien Zielvorstellungen, die als sicherungsfähige Planung ausreichten. Sie habe bereits vor Erlass des Urteils die Erarbeitung eines Zentrumkonzepts in Auftrag gegeben, um Erkenntnisse über den Strukturwandel im Einzelhandel zu gewinnen und gegebenenfalls zur Steuerung der Einzelhandelsentwicklung und zur Sicherung der Nahversorgung in ihrem Bereich eingreifen zu können. Inzwischen sei auch durch die C... Beratungs- und Management GmbH im Dezember 2009 ein Einzelhandelskonzept der Stadt und Verbandsgemeinde erarbeitet worden, dessen Teil 1 vom Stadtrat als Konzept im Sinne von § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB beschlossen worden sei.
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Ferner stehe dem Vorhaben der Klägerin das fehlende Einvernehmen der Beigeladenen entgegen. Diese habe ihr Einvernehmen zu Recht versagt, da die Veränderungssperre wirksam sei und folglich dem Bauvorhaben entgegenstehe. Aber selbst wenn die Veränderungssperre unwirksam wäre, sei das Bauvorhaben bauplanungsrechtlich nicht zulässig und damit auch nicht genehmigungsfähig. Denn es füge sich auch nach seiner Art und seinem Maß nicht in die Umgebungsbebauung ein. Es handele sich nämlich um einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb, weil dieser unter Einrechnung der Flächen für den Backshop und für die Einkaufswagenbox eine Verkaufsfläche von 800 qm überschreite mit der Folge, dass er entsprechend § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO nur in einem Sondergebiet errichtet werden dürfe.
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Selbst wenn man unterstelle, dass das Vorhaben der Klägerin sich in die Umgebung einfüge, so stehe dem aber zumindest § 34 Abs. 3 BauGB entgegen. Danach dürften von dem Vorhaben keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein. Solche zentralen Versorgungsbereiche bestünden in der Innenstadt Diez sowie hinsichtlich der Ergänzungsstandorte I und II als Nebenversorgungszentren. Nach der Begründung des Gesetzgebers diene der Schutz zentraler Versorgungsbereiche insbesondere auch der Sicherstellung einer wohnortnahen Versorgung, die angesichts der demografischen Entwicklung und der geringen Mobilität älterer Menschen besonderen Schutzes bedürfe. Angesichts der Gesamtumstände sei die Innenstadt von Diez als Innenstadtzentrum, zumindest jedoch als nach § 34 Abs. 3 BauGB ebenfalls zu schützendes Grund- und Nahversorgungszentrum anzusehen. Dies werde auch durch Stellungnahme der C... bestätigt.
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Die Beigeladene beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 17. Februar 2009 die Klage abzuweisen,
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hilfsweise,
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgerichts Koblenz zurückzuverweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie trägt im Wesentlichen vor:
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Das Urteil sei nicht schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil ein Bescheidungstenor ergangen sei. Zum einen verkenne die Beigeladene, dass das Verwaltungsgericht nicht über den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag habe hinausgehen dürfen. Zum anderen bleibe zu sehen, dass die Baugenehmigung auch nur aus planungsrechtlichen Gründen versagt worden sei. Von daher müsse der Bauherr auch befugt sein, sein Klagebegehren von vornherein nur auf eine Neubescheidung des Bauantrages zu beschränken, um zunächst die gerichtliche Klärung des planungsrechtlichen Ablehnungsgrundes herbeizuführen und später gegebenenfalls die Unterlagen für eine bauordnungsrechtliche Prüfung bei der Genehmigungsbehörde nachzureichen.
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Die Klage sei im Übrigen auch unbegründet. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend die Unwirksamkeit der Veränderungssperre für das Bebauungsplangebiet „Obere L… Straße“ festgestellt. Seine Entscheidung stehe in vollem Einklang mit der oberverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung und der Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts. Das Berufungsvorbringen der Beigeladenen sei nicht geeignet, eine andere Bewertung im vorliegenden Fall herbeizuführen. Bezüglich der Veränderungssperre sei insbesondere zu beanstanden, dass diese überhaupt keine positive Vorstellung zu erkennen gegeben habe, welche baulichen Nutzungen künftig in dem betroffenen Gebiet zulässig sein sollten. Auch die Beschlussvorlage zeige, dass die Beigeladene keine konkreten Planungsvorstellungen hinsichtlich des von der Veränderungssperre erfassten Gebietes gehabt habe, sondern dass es im Grunde genommen nur um eine Verhinderungsplanung gehe. Zudem ließen sich die Konturen eines zentralen Versorgungsbereichs auch nicht sicher aus den tatsächlichen Verhältnissen ablesen. Vielmehr zeige das nachgereichte „Stadtentwicklungs-Konzept“, dass solche Konturen zum Zeitpunkt der Aufstellung der Veränderungssperre nicht klar aus den örtlichen Gegebenheiten abzulesen gewesen seien. Ebenso wenig könne dieses vorgelegte „Stadtentwicklungs-Konzept“ eine Stattgabe der Berufung rechtfertigen. Denn die materiellen Anforderungen, denen eine Veränderungssperre zu genügen habe, müssten zum Zeitpunkt ihres Erlasses erfüllt sein. Die spätere Konkretisierung der Planungsabsichten könne die ursprüngliche Unwirksamkeit der Veränderungssperre nicht mehr heilen. Ferner entsprächen das jetzt vorgelegte Konzept und der Stadtratsbeschluss vom 26. März 2009 auch nicht den Anforderungen an eine hinreichend konkretisierte Planung. Einerseits erschöpfe sich das Konzept weitgehend in der Wiedergabe von Allgemeinplätzen und andererseits sei dieses Konzept nicht in die Willensbildung des Stadtrates aufgenommen worden. Darüber hinaus stelle sich die Planung als unzulässige Negativplanung dar. Daran ändere auch nichts das nachgeschobene „Stadtentwicklungs-Konzept“. Denn auch hieraus lasse sich eine hinreichende konkretisierte Planungsvorstellung der Beigeladenen nicht erkennen. Abgesehen davon ließen auch die nicht beschlossenen Teile des Konzeptes jede Aussage dazu vermissen, welche baulichen Nutzungen im maßgeblichen Gebiet wegen ihrer Schädlichkeit für andere Versorgungsbereiche verhindert werden müssten.
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Des Weiteren habe die Beigeladene ihr Einvernehmen nicht verweigern dürfen, da das Bauvorhaben sich nach seiner Art in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge. Die Argumentation, dass das Vorhaben einen Einzelhandelsbetrieb mit über 800 qm Verkaufsfläche darstelle mit der Folge, dass dieses Vorhaben nur in einem Sondergebiet bauplanungsrechtlich zulässig sei, gehe fehl.
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Letztendlich habe die Beigeladene ihre Verweigerung des Einvernehmens auch nicht auf die angeblichen schädlichen Auswirkungen des Vorhabens gemäß § 34 Abs. 3 BauGB stützen können. Denn es bestehe im Ortskern von Diez kein zentraler Versorgungsbereich, der geschützt werden müsse. Die Einzelhandelsstruktur in der Innenstadt sei durch kleine Ladenlokale gekennzeichnet, die hauptsächlich der Nahversorgung der in der Innenstadt ansässigen Bevölkerung diene. Einzelhandelsbetriebe, die sich maßgeblich an eine überörtliche Kundschaft richteten, hätten sich bereits vor Jahren außerhalb der Innenstadt von Diez angesiedelt. Beispielhaft seien hier die Märkte von Aldi und Lidl sowie der Diezer Einkaufspark zu nennen.
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Aber selbst wenn ein zentraler Versorgungsbereich in der Innenstadt von Diez vorhanden wäre, wären für diesen keine schädlichen Auswirkungen von dem Vorhaben gemäß § 34 Abs. 3 BauGB zu erwarten. Eine solche Annahme erscheine schon angesichts der erheblichen Entfernung des Vorhabens von der Innenstadt von Diez (2,5 km) sowie in den bereits bestehenden Versorgungszentren zwischen der Innenstadt und dem Vorhaben als abwegig. Ein städtebaulich relevanter Kaufkraftabfluss, der zu solchen schädlichen Auswirkungen führen könne, sei vorliegend aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht festzustellen. Dabei bleibe zu berücksichtigen, dass die Stadt Diez bereits weitere Versorgungsschwerpunkte mit zentrenrelevanten Angeboten aufweise. Angesichts der bereits bestehenden größeren Einzelhandelsbetriebe könne die Klägerin ihre Hoffnung auf Kunden nur darauf stützen, diese aus den an ihr angrenzenden Wohngebieten der Nachbarstadt Limburg zu gewinnen.
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Der Beklagte teilt die Rechtsansicht der Beigeladenen und schließt sich deren Antrag an.
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Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätzen der Beteiligten nebst Anlagen sowie aus den beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten (3 Hefte und 1 Aktenordner) und den Verwaltungsunterlagen der Beigeladenen (1 Heft). Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung ist begründet.
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Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung für die Errichtung eines Verbrauchermarktes mit Backshop auf dem Grundstück L… Straße … in Diez (Flur …, Parzellen-Nrn. …).
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Entgegen der Ansicht der Beigeladenen ist das angegriffene Urteil der Vorinstanz jedoch nicht schon deshalb aufzuheben, weil das Verwaltungsgericht die Sache nicht spruchreif gemacht, sondern die Beklagte nur zur Neubescheidung des Bauantrags der Klägerin verurteilt hat. Selbst wenn man davon ausgeht, dass es grundsätzlich die Aufgabe des Gerichts ist, bei einem Verpflichtungsantrag die Streitsache im vollen Umfang spruchreif zu machen (s. BVerwG, Urteil vom 2. Mai 1984, BVerwGE 69, 198), so lässt die Rechtsprechung in Fällen des sog. „steckengebliebenen“ Genehmigungsverfahrens Ausnahmen zu (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 14. April 1989, ZfBR 1989, 225; OVG Lüneburg, Urteil vom 15. Mai 2009, UPR 2009, 395). Bei dieser Fallkonstellation wird eine bloße Bescheidungsverpflichtung im Urteilsauspruch für zulässig erachtet. Dies muss aber erst recht dann gelten, wenn – wie hier – der Bauherr, nachdem sein Bauantrag durch die Bauaufsichtsbehörde allein aus bauplanungsrechtlichen Gründen abgelehnt worden ist, sein Klagebegehren von vornherein auf Neubescheidung des Bauantrags nach gerichtlicher Klärung des behördlichen Ablehnungsgrundes beschränkt (so auch der 8. Senat des erkennenden Gerichts, Urteil vom 11. Mai 2005, BRS 69 Nr. 105). Diese Beschränkungsmöglichkeit ihres Klageantrags muss der Klägerin offen stehen (s. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., § 113 Rn. 203). Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Vorhaben – wie hier – nicht aus anderen als von der Behörde herangezogenen Gründen offensichtlich unzulässig ist (s. 8. Senat des erkennenden Gerichts, a.a.O.).
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Verstößt der Erlass des angegriffenen Bescheidungsurteils mithin nicht gegen die Grundsätze des § 113 Abs. 5 VwGO, so fehlt es auch nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzinteresse für den gestellten Bescheidungsantrag. Denn das Rechtsschutzbedürfnis hindert die Klägerin nicht, anstelle eines „Mehr“ (Verpflichtung) ein „Weniger“ (Bescheidung) einzuklagen (s. Kopp/Schenke, a.a.O., Rn. 204). Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn das Vorhaben aus anderen Gründen offensichtlich unzulässig wäre. Da sich im vorliegenden Fall die angefochtene Entscheidung des Beklagten auf die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit des Vorhabens stützt, ohne Fragen des Bauordnungsrechts abschließend zu klären, und zudem das Vorhaben unter diesen rechtlichen Aspekt jedenfalls nicht offensichtlich unzulässig ist, muss von einem hinreichenden Rechtsschutzinteresse für die Bescheidungsklage ausgegangen werden.
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Die Klage kann jedoch deshalb keinen Erfolg haben, weil dem Vorhaben der Klägerin die am 19. April 2007 beschlossene und mit Satzungsbeschluss vom 2. April 2009 um ein Jahr verlängerte Veränderungssperre entgegensteht.
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Anders als das Verwaltungsgericht und die Klägerin ist nämlich der erkennende Senat der Auffassung, dass von der Wirksamkeit dieser Veränderungssperre ausgegangen werden muss.
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Dabei sind formelle Fehler nicht ersichtlich und von der Klägerin nicht gerügt worden. Insbesondere ist die Veränderungssperre von der beigeladenen Kommune gemäß § 16 BauGB als Satzung beschlossen und ortsüblich bekannt gemacht worden.
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Aber auch in materiell-rechtlicher Hinsicht ist die Veränderungssperre nicht zu beanstanden. Hierbei ist zunächst vorauszuschicken, dass allein die Beschlussfassung über die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht für die Wirksamkeit einer Veränderungssperre genügt. Vielmehr darf nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. zuletzt Beschluss vom 1. Oktober 2009, ZfBR 2010, 75) eine Veränderungssperre erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll (s. auch BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2004, BVerwGE 120, 138). Dazu muss die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre bereits eine positive planerische Vorstellung entwickelt haben; eine reine Negativplanung, die sich darin erschöpft, ein bestimmtes Vorhaben zu verhindern, reicht nicht aus. Allerdings muss die Planung nicht bereits einen Stand erreicht haben, der nahezu den Abschluss des Verfahrens ermöglicht (vgl. Lemmel in Berliner Kommentar zum BauGB, § 14 Rn. 9). Ein detailliertes und abgewogenes Planungskonzept ist also nicht zu fordern. Ausreichend ist, dass sich aus dem Planaufstellungsbeschluss oder weiteren Verfahrensschritten wenigstens ansatzweise ersehen lässt, was Inhalt des zukünftigen Bebauungsplanes sein soll (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 15. August 2000, BRS 64 Nr. 109 m.w.N.). Diese Vorstellungen der Kommune können sich nicht nur aus Niederschriften über die Gemeinderatssitzung, sondern auch aus allen anderen erkennbaren Unterlagen und Umständen ergeben. Hierzu kann beispielsweise auch die aus anderen Akten zu entnehmende oder bekannte Vorgeschichte gehören (s. BVerwG, Beschluss vom 1. Oktober 2009, a.a.O.). Schließlich wäre die Veränderungssperre als Sicherungsmittel auch ungeeignet und damit unwirksam, wenn sich die planerische Vorstellung der Gemeinde im Wege planerischer Festsetzungen nicht erreichen ließe, oder wenn dadurch Ziele verfolgt würden, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 1993, NVwZ 1994, 695).
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In Anwendung dieser Grundsätze ist entgegen der Auffassung der Vorinstanz und der Klägerin nicht von der Unwirksamkeit der Veränderungssperre für den Bereich „Obere L… Straße“ auszugehen.
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Bereits die vom Stadtrat beschlossene Veränderungssperre zeigt, dass Ziel des aufzustellenden Bebauungsplans ist, im betreffenden Bereich Einschränkungen bezüglich innenstadtrelevanten Einzelhandels zu treffen, um dem strukturellen Problem der Innenstadt insoweit entgegenzuwirken. Zwar ist der Klägerin und dem Verwaltungsgericht einzuräumen, dass der Begriff „innenstadtrelevanter Einzelhandel“ möglicherweise nicht der zu fordernden Bestimmtheit von Festsetzungen in einem Bebauungsplan genügen wird. Aber – wie bereits oben ausgeführt – müssen die Planvorstellungen der Gemeinde nicht bereits einen Stand erreicht haben, der nahezu den Abschluss des Bebauungsplanverfahrens ermöglicht. Es reicht vielmehr aus, wenn ansatzweise zu erkennen ist, was Inhalt des zukünftigen Bebauungsplans sein soll. Dies lässt sich aber ohne weiteres aus der Vorgeschichte des Verfahrens und der Niederschrift der Sitzung des Stadtrates vom 19. April 2007 entnehmen. Denn hieraus ergibt sich ebenso wie aus der Begründung der Satzung, dass Anlass für die Planungsinitiative der Beigeladenen der Umstand war, dass eine Nutzung des Geländes durch einen Lebensmitteleinzelhandelsbetrieb (Supermarkt) in diesem Bereich ausgeschlossen werden sollte, weil durch eine solche Ansiedlung die Chancen für einen in der Innenstadt benötigten Lebensmittelmarkt sinke. Die Priorität der Stadt liegt nämlich – wie sich aus den Akten und dem Vortrag der Beigeladenen entnehmen lässt – auf der Stärkung der Innenstadt. Dass das vorstehend Ausgeführte die planerischen Zielvorstellungen der Beigeladenen wiedergibt, belegen auch die in den Verwaltungsakten befindlichen Zeitungsabschnitte. Damit ist aber eindeutig erkennbar, dass insbesondere Lebensmittelmärkte als innenstadtrelevante Einzelhandelsbetriebe in dem Bereich des aufzustellenden Bebauungsplans nicht zugelassen und insoweit auch grundsätzlich keine Ausnahmen für solche Nutzungen gemäß § 14 Abs. 2 BauGB erlaubt werden sollen.
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Diese hinreichenden konkreten und städtebaulichen Planungsvorstellungen der Gemeinde lassen sich zudem im Wege planerischer Festsetzungen mit den Planungsinstrumenten des Baugesetzbuches verwirklichen. Denn bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind gemäß §1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB insbesondere die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche zu berücksichtigen, woraus folgt, dass selbst wenn der Innenstadt eine solche Qualität derzeit nicht mehr zuerkannt werden könnte, zumindest eine neue Entwicklung in diese Richtung durch die Bauleitplanung gefördert werden kann und darf. Dass derartige Planungsabsichten grundsätzlich Gegenstand eines Bebauungsplans sein können, hat der Senat in einem ähnlich gelagerten Fall entschieden, bei dem es um den Ausschluss von Einzelhandelsnutzungen im Interesse einer Stärkung des Bereichs eines neuen Dorfmittelpunktes ging (vgl. OVG RP, Urteil vom 18. Mai 2000 – 1 C 10758/99.OVG – in ESOVG). Im Übrigen ist der beabsichtigte Ausschluss einzelner Nutzungen im Plangebiet mit dem zur Verfügung stehenden Planungsinstrumentarium des Bauplanungsrechtes auch möglich (vgl. § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO). Darüber hinaus lässt sich das Planungsziel der Beigeladenen aber auch über § 9 Abs. 2 a BauGB verwirklichen. Danach kann zur Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept i.S. von § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. Der Stadtrat hat vorliegend im Hinblick darauf, die Erstellung eines entsprechenden städtebaulichen Konzeptes in Auftrag gegeben. Zwischenzeitlich liegt auch die von der C... erstellte gutachterliche Bewertung der Auswirkungen der geplanten Ansiedlung des Lebensmittelmarktes vor. Diese Beurteilung soll laut Beschluss des Stadtrates vom 17. Dezember 2009 im laufenden Bebauungsplanverfahren zu einem entsprechenden Einzelhandelsausschluss führen. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang darauf hinweist, dass im Zeitpunkt des Beschlusses über die Veränderungssperre weder ein Beschluss bezüglich der Erstellung eines entsprechenden Konzepts, noch ein ausgearbeitetes Konzept vorgelegen habe, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der Veränderungssperre. Denn dieser Umstand betrifft nur die Modalitäten, wie das Planungsziel verwirklicht werden soll, nicht aber das Planungsziel selbst, welches – wie bereits oben aufgezeigt – im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses über die Veränderungssperre hinreichend konkret vorlag.
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Bei dem in Aussicht genommenen Bebauungsplan, der der Veränderungssperre zugrunde liegt, handelt es sich ferner nicht um eine – unzulässige, weil gegen § 1 Abs. 3 BauGB verstoßende – Negativplanung, die sich darin erschöpft, das von der Klägerin zur Genehmigung gestellte Vorhaben auf der Parzelle 54/2 zu Fall zu bringen. Eine solche „Verhinderungsplanung“ wäre nur dann unzulässig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entspräche, sondern nur vorgeschoben wäre, um eine andere Nutzung zu verhindern (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 1999 – BRS 62 Nr. 29 –). Im vorliegenden Fall strebt die Gemeinde die Reglementierung der Nutzungsart auf der Plangebietsfläche an, um den innerstädtischen Bereich zu entwickeln und zu stärken. Damit beschränkt sich die Beigeladene nicht lediglich auf die Abwehr des Unerwünschten, sondern sie strebt das oben genannte (positive) Planungsziel an. Dass dieses Ziel nicht lediglich vorgeschoben ist, zeigt auch der Umstand, dass die Beigeladene dazu ein Stadtentwicklungskonzept der Marketing Beratung Dr. E… eingeholt und sich ihr Stadtrat die von der C... erstellte Bewertung der Auswirkungen der geplanten Discounteransiedlung im Bereich der L… Straße in einem Ratsbeschluss zu Eigen gemacht hat.
- 49
Eine andere Bewertung der vorstehend dargelegten Gesichtspunkte vermögen auch nicht die Ausführungen der Klägerin im nachgereichten Schriftsatz vom 25. Januar 2010 herbeizuführen.
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Abschließend bleibt noch anzumerken, dass die Veränderungssperre selbst nicht dem für den Bebauungsplan maßgeblichen allgemeinen Abwägungsgebot gemäß § 1 Abs. 7 BauGB unterliegt, sondern vielmehr lediglich der aufgezeigten Prüfung, ob die Veränderungssperre zur Erreichung des mit ihr verfolgten Sicherungszweck erforderlich ist. Deshalb ist hier nicht darauf abzustellen, ob der noch nicht beschlossene künftige Bebauungsplan in seinen Festsetzungen möglicherweise dem Abwägungsgebot entsprechen wird, sondern nur darauf, ob die beabsichtigte Planung überhaupt auf ein Ziel gerichtet ist, das im konkreten Fall mit den Mitteln der Bauleitplanung zulässigerweise erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. September 1992, DöV 1993, 250). Daran ist angesichts der vorstehenden Ausführungen jedoch nicht zu zweifeln.
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Ist nach alledem davon auszugehen, dass die Veränderungssperre wirksam ist und dem Vorhaben entgegensteht, so kann dahinstehen, ob darüber hinaus die Beigeladene zu Recht ihr Einvernehmen im Hinblick darauf versagt hat, dass sich das Vorhaben als (möglicherweise) großflächiger Einzelhandelsbetriebe nicht in die nähere Umgebung einfügt und zudem gemäß § 34 Abs. 3 BauGB nicht zugelassen werden kann, weil es gegebenenfalls schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche der beigeladenen Stadt hat.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und Abs. 3 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.
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Beschluss
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Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 113.850,-- € festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 47, 63 Abs. 2 GKG).
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