Urteil vom Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (1. Senat) - 1 C 11114/09

Tenor

Die 1. Änderung (Ergänzung) des Flächennutzungsplans – Teilflächennutzungsplan Konzentrationsflächen Kiesabbau – der Stadt Andernach vom 15.09.2009 wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht zuvor die Antragstellerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen den durch Bekanntmachung vom 19.09.2009 geänderten Flächennutzungsplan der Stadt Andernach, „Teilflächennutzungsplan, Konzentrationsfläche, Kiesabbau“.

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Der Flächennutzungsplan setzt für das Gebiet der Antragsgegnerin eine Konzentrationsfläche für den Kiesabbau von nunmehr etwa 70 Hektar fest, nachdem in der vorherigen Fassung eine Fläche von 102 ha vorgesehen war. Die Flächen befinden sich an der südlichen Grenze des Stadtgebiets von Andernach westlich des Stadtteils Miesenheim („Burgerberg“). Die Antragstellerin ist aufgrund eines Vertragsverhältnisses zivilrechtlich befugt, Flächen nördlich von Namedy unweit der Burg Namedy zur Nassauskiesung zu nutzen.

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Der Stadtrat beschloss bereits im vorherigen Verfahren am 30.03.2006 eine Änderung des Flächennutzungsplanes vom 26.02.2005 mit dem Ziel, durch Ausweisung geeigneter Konzentrationsflächen an anderer Stelle den Kiesabbau in Namedy zu verhindern und machte dies (in leicht abgeänderter Form) am 20.05.2006 öffentlich bekannt. Zwischenzeitlich hatte die Antragstellerin mit Schreiben vom 16.05.2006 einen Antrag auf Erteilung eines positiven planungsrechtlichen Vorbescheides für ein Vorhaben zur Nassauskiesung im Stadtteil Namedy, gestellt. Nachdem das Verwaltungsgericht Koblenz im Beschluss vom 20.09.2006 – 1 L 1354/06.KO – die öffentliche Bekanntmachung des Stadtratsbeschlusses für unwirksam gehalten und zudem darauf hingewiesen hatte, dass eine unzulässige Verhinderungsplanung im Raum stehen könnte, fasste der Stadtrat am 28.09.2006 einen neuen Aufstellungsbeschluss und machte diesen am 14.10.2006 öffentlich bekannt. Hiernach hat die Änderung das Ziel, an geeigneter Stelle Konzentrationsflächen für den Kiesabbau darzustellen, um von den planerischen Steuerungsmöglichkeiten des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB Gebrauch machen zu können. Konzentrationsflächen für den Kiesabbau sollen im Bereich geeigneter Kiesvorkommen, insbesondere auch am Burgerberg in der Nähe zu bereits planfestgestellten Abbauflächen in der angrenzenden Gemarkung P... überprüft und gegebenenfalls dargestellt werden. In der Rheintalebene der Kernstadt und des Stadtteils Namedy sollen dagegen aus Gründen des Orts- und Landschaftsbildes, der Erholungsfunktion dieser Flächen, des Schutzes von Natur und Landschaft, des Wasserschutzes, des Immissionsschutzes und des Denkmalschutzes keine Konzentrationsflächen dargestellt werden.

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Es folgten die Bürgerbeteiligung und die Beteiligung der Behörden nach den Vorschriften des Baugesetzbuches. In diesem Rahmen gab auch die Antragstellerin mit Schreiben vom 06.04.2007 Anregungen bekannt. Sie verwies auf eine unzulässige Verhinderungsplanung, die fehlende bzw. geringere Geeignetheit des Standorts Burgerberg und die besondere Eignung des Standorts Namedy. Insbesondere trug sie vor, dass es einen erheblichen tatsächlichen Unterschied mache, ob es sich bei den zu fördernden Bodenschätzen um Flusskies oder um Höhenkies handele. Nicht nur die Größe der Körnung, sondern auch die Beimischung von anderen Bodenbestandteilen verhindere einen Einsatz des Höhenkieses zur Betonfertigung. Auf dem Burgerberg seien zudem wesentlich höhere Überdeckungsschichten mit einer Mächtigkeit von bis zu 8 m vorhanden, die eine wirtschaftlich vernünftige Kiesausbeute nicht mehr ermöglichten. Die Anregungen wurden von der Antragsgegnerin entgegengenommen und gewürdigt. Die wirtschaftliche Verwertbarkeit beider Kiesarten, so ist ihrer Stellungnahme zur Beschlussvorlage für den Planaufstellungsbeschluss zu entnehmen, sei bei beiden Kiesarten, insbesondere auch im Hinblick auf die Eignung für die Betonherstellung ohne weiteres gegeben. Bezüglich des am Burgerberg vorhandenen und in der Nachbarschaft bereits abgebauten Kieses lägen definitive Aussagen des dort auf den angrenzenden Gemarkungen tätigen Abbauunternehmens vor, wonach hier seit Jahrzehnten kontinuierlich Kies und Sand im Trockenabbau gewonnen werde. Dieser Sachverhalt sei von dem dort tätigen Unternehmen mit Schreiben vom 22.03.2007 nochmals schriftlich bestätigt worden.

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Vor der endgültigen Beschlussfassung über die Änderung des Flächennutzungsplanes am 03.05.2007 durch den Stadtrat holte die Antragsgegnerin Fachgutachten ein, unter anderem eine „Flächendeckende Voruntersuchung und Begründung mit Umweltbericht“ der Firma K... Ingenieure – C... G... Zunächst wurden in dieser fünf Flächen mit einer „geologisch-wirtschaftlichen Grundeignung“ ermittelt. Danach folgte die sog. erste Restriktionsanalyse. Potentiell geeignet für den Kiesabbau sind hiernach nur Flächen, die sich außerhalb genereller Ausschlusskriterien befinden; dies wurde für die Fläche Burgerberg bejaht und für das Gebiet Namedy verneint. Dennoch wurde das Gebiet Namedy in die zweite Restriktionsanalyse, bei welcher die abwägbaren Ausschlusskriterien und begünstigende Lagefaktoren berücksichtigt wurden, einbezogen. Zwei Flächen (die zusammengefasst das Gebiet Burgerberg bilden) wurden schließlich auf der Grundlage der ermittelten örtlichen Gegebenheiten zur Darstellung im Flächennutzungsplan empfohlen.

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In der zusammenfassenden Erklärung nach § 10 Abs. 4 BauGB vom 12.07.2007 führte die Antragsgegnerin aus, wesentliche öffentliche Belange, die im Bereich des Landschaftsschutzes und des Schutzes der Erholungsfunktion anzusiedeln seien, sprächen gegen eine Darstellung des Standorts Namedy als Konzentrationsfläche und begründete dies näher. Der engere Bereich des Mittelrheintals sei gegenüber Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes wesentlich empfindlicher als die vom Rhein her nicht einsehbaren und nicht zum engeren Rheintalbereich zählenden Flächen am Burgerberg. Trotz der Qualitätsunterschiede zwischen dem am Burgerberg vorhandenen Vorkommen von Höhenkies und dem Flusskies im Bereich der Namedyer Rheinaue sei die wirtschaftliche Verwertbarkeit bei beiden Kiesarten, insbesondere auch im Hinblick auf die Eignung für die Betonherstellung, ohne weiteres gegeben.

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Nach öffentlicher Bekanntmachung des Flächennutzungsplans am 21.07.2007 hat der Senat auf den am 05.11.2007 eingereichten Normenkontrollantrag mit Urteil vom 28.02.2008 die genannte 1. Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin vom 02.07.2007 für unwirksam erklärt (1 C 11131/07). Die Änderung des Flächennutzungsplanes sei unwirksam, da die Antragsgegnerin es versäumt habe, durch eine sachgerechte Abwägung sicherzustellen, dass dem privilegierten Kiesabbau in angemessenem Umfang Raum gegeben werde. Der Planung liege insbesondere kein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde, das den allgemeinen Anforderungen des planungsrechtlichen Abwägungsgebotes gerecht werde. Bei dieser Planungsentscheidung gehe es darum, im Wege der Prognose u.a. künftige Nutzungsanforderungen zu erkennen und darauf angemessen zu reagieren. Da es sich somit um eine Prognoseentscheidung handele, beurteile sich deren Rechtmäßigkeit und damit auch die Frage nach dem Umfang der erforderlichen Ermittlungen danach, ob im Zeitpunkt der Prognose aufgrund vollständiger und zutreffender Tatsachen sowie aufgrund korrekter Methoden der Vorausschau entschieden wurde. Danach hätte es der Antragsgegnerin vorliegend oblegen, den von der Antragstellerin schon im Rahmen der Offenlage des Flächennutzungsplanes nach § 3 Abs. 2 BauGB geäußerten Bedenken nicht nur hinsichtlich der Qualität des am Burgerberg vorhandenen Kieses, sondern auch hinsichtlich der Mächtigkeit der Kiesschicht und der Höhe der Überdeckungsschicht und damit der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Kiesvorkommen nachzugehen und insoweit eine Klärung herbeizuführen.

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Der hiergegen gerichtete Antrag der Antragsgegnerin auf Zulassung der Revision blieb erfolglos (BVerwG, Beschluss vom 23.10.2008, ZfBR 2009, 156).

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Die Antragsgegnerin hat auf der Grundlage des Urteils des Senats vom 28.02.2008 (1 C 11131/07) nach § 214 Abs. 4 BauGB ein ergänzendes Verfahren zur Fehlerbehebung mit erneuter Planoffenlage (VA III, 82) eingeleitet und dies am 15.10.2008 öffentlich bekannt gemacht. Zugleich wurde die Verwaltung beauftragt, die „Wirtschaftlichkeit des Kieses“ durch die Materialprüfungs- und Versuchsanstalt Neuwied begutachten zu lassen.

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Im Änderungsverfahren wurden seitens des federführenden Ingenieurbüros K... auf die Vorgaben des Senats weitere Untersuchungen u.a. der Firma I... – V..., Geo- und Umwelttechnik vom September 2008 und März 2009 sowie das Gutachten der Materialprüfungs- und Versuchsanstalt Neuwied vom 12.11.2008 berücksichtigt und mit farblich abgehobenen Ergänzungen in die abschließende Begründung (inkl. flächendeckende Voruntersuchung und Umweltbericht) integriert. Danach wurden 70 Hektar Konzentrationsflächen (K1 bis K4) vorgeschlagen, die nach dem Gutachten I.../V... hinreichend verwertbare Rohstoffvorkommen aufweisen sollen. Ergänzend wurde ein Wirtschaftsgutachten vom 02.04.2009 der Gutachter Prof. B..., Prof. N...-D... und Dr. H... in Bezug genommen, inhaltlich aber nicht erörtert.

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Der geänderte Entwurf der Änderung des Flächennutzungsplanes mit Erläuterung und Umweltbericht hat nach der Beteiligung der Träger der öffentlichen Belange vom 23.10.2008 bis einschließlich 24.11.2008 öffentlich ausgelegen. Der Beschluss über Anregungen aus der erneuten Offenlage erfolgte durch den Stadtrat am 02.04.2009 in Verbindung mit der endgültigen Beschlussfassung über die Änderung des Flächennutzungsplanes, die mit Bescheid der SGD Nord vom 20.07.2009 genehmigt worden. Am 15.09.2009 wurde der Plan ausgefertigt und am 19.09.2009 (Ordner III, Bl. 293 VA) öffentlich bekannt gemacht.

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In der zusammenfassenden Erklärung der Antragsgegnerin vom 16.09.2009 (Ordner III, 286ff) heißt es sodann, dass auf der Grundlage der getätigten Untersuchungen in den Konzentrationsflächen „K1 bis K4 Kiesabbau aus betriebstechnischer und wirtschaftlicher Sicht sinnvoll möglich …“ und im Hinblick auf die übrigen Belange (Landwirtschaft, Umwelt und Naturschutz) im Rahmen der Abwägung der Interessen vertretbar sei, was näher begründet wird. Die so benannte Fläche 2 („Nördlich von Namedy“) sei dagegen nicht als Konzentrationsfläche dargestellt, da gegen diese Fläche „eine ganze Reihe wesentlicher öffentlicher Belange“ sprächen, was sich auch aus dem RROP und dem Geltungsbereich der RVO über das Landschaftsschutzgebiet „Rhein-Ahr-Eifel“ ergebe.

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Die Antragstellerin hat hiergegen am 07.10.2009 einen Normenkontrollantrag erhoben. Zusammengefasst macht sie geltend, dass die Unwirksamkeit der Planung in ihrer nachgebesserten Fassung nach dem rechtskräftigen Urteil des erkennenden Senats vom 28.02.2008 bereits wegen fehlender Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB gegeben sei. Zudem sei eine unzureichende Ermittlung des Abwägungsmaterials nach § 2 Abs. 3 BauGB vorgenommen worden. Schließlich basiere die vorgenommene Konzentrationszonenausweisung im Flächennutzungsplan auch auf einer fehlerhaften Abwägung im Sinne des § 1 Abs. 7 BauGB, die auch auf das Abwägungsergebnis durchschlage.

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Die Planung sei insbesondere schon deswegen unwirksam, da sie nach wie vor ausschließlich der Verhinderung der Nassauskiesung im Gebiet Namedy diene. Dieses Ziel folge bereits aus den Unterlagen zum Verfahrensvorgang zur Ausweisung der Konzentrationszone. Den Unterlagen sei zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin die Kiesausbeute Namedy stets habe verhindern wollen. In diesem Zusammenhang sei zunächst nach mehrfacher Beratung der Sitzung des Rates der Antragsgegnerin vom 30.03.2006 beschlossen worden, alle planerischen und sonstigen Möglichkeiten der Verhinderung des Kiesabbaus zu prüfen. Dies sei auch im Weiteren in der Lokalpresse unter Bezugnahme auf Aussagen des Bürgermeisters berichtet worden. Zwar sei letztendlich von einer offensichtlichen Negativformulierung durch die Antragsgegnerin aufgrund der Begründung eines vor dem Verwaltungsgericht Koblenz geführten Eilverfahrens der Antragstellerin Abstand genommen worden, in der das Gericht explizit auf eine voraussichtliche unzulässige Verhinderungsplanung hingewiesen habe. Das Motiv der Negativplanung habe sich jedoch tatsächlich nicht verändert und stehe nach wie vor im Vordergrund für die Ausweisung der Konzentrationszone an anderer Stelle als in Namedy. Der jetzt ausgewiesene Burgerberg sei letztlich absolut unwirtschaftlich für jegliche Form der Kiesausbeute. Die Planung erweise sich damit zugleich als nicht vollzugsfähig, weil ihr auf unabsehbare Zeit zumindest unüberwindbare tatsächliche Hindernisse im Wege stünden.

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Die Antragsgegnerin habe bei der angegriffenen und der bereits vorhergehenden Bauleitplanung kein ausreichendes Abwägungsmaterial im Sinne des § 2 Abs. 3 BauGB zusammengestellt. Die Antragsgegnerin habe ausschließlich Gutachten für die ausgewiesene Konzentrationszone am Burgerberg über Wirtschaftlichkeitsnachweise zum Kiesvorkommen und den Abbau des Kieses einholen lassen. Für andere in Frage kommende Abbaugebiete innerhalb des Flächennutzungsplangebietes, wie den Standort in Namedy, der ausweislich der Begründung zum Flächennutzungsplan durch das Ingenieurbüro K... auch als potentieller Kiesabbaustandort berücksichtigt worden sei, seien jedoch keinerlei Wirtschaftsgutachten eingeholt worden, obwohl sich hier insbesondere eine Begutachtung des Kosten/Ertragsverhältnisses geradezu aufgedrängt habe.

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In diesem Zusammenhang sei nochmals auf den eigenen Vortrag im Verfahren 1 C 11131/07 zu verweisen, dass der Abbau im Gebiet Namedy gegenüber dem ausgewiesenen Gebiet am Burgerberg um ein Vielfaches wirtschaftlicher sei. Dies folge aus der Abbauhöhe, aus dem Mindestverhältnis von Kies zu Abraum sowie der Qualität des Kieses selbst. Im Rahmen der erneuten Überprüfung der Flächennutzungsplanung hätte die Antragsgegnerin daher auch für die Kiesausbeute im Bereich Namedy entsprechende Wirtschaftsgutachten einholen müssen. Weiter sei zu rügen, dass die Antragsgegnerin dem Wirtschaftsgutachten von Burkhardt/Niemann-Delius/Henning vom 02.04.2009 blind gefolgt sei, ohne entsprechende Vergleichspositionen von lokalen Unternehmen etwa bezüglich der Kiesabnahme und den entsprechenden Preismodalitäten einzuholen, zumal das Gutachten selber in der methodischen und fachlichen Herleitung seiner Ergebnisse unklar sei. Hierzu stelle sich zunächst die Frage, woher die verfügbaren Preisdaten überhaupt stammen. Dazu befänden sich im Gutachten keine plausiblen Angaben. Es werde lediglich unter 3.4.2 angeführt, dass angeblich seitens der Gutachter Gespräche mit lokalen Experten stattgefunden haben sollen, die zu dem Preismodalitäten Stellung bezogen hätten. Wer diese Experten seien, sei nicht erkennbar. In diesem Zusammenhang sei seitens der Antragsgegnerin eine fundierte Erläuterung notwendig, da ansonsten keineswegs belegt werden könne, aufgrund welcher Expertennachweise die Angaben zum Erlös und Gewinn im Gutachten Burkhardt/Niemann-Delius geführt worden seien.

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Diese Erklärung sei notwendig, da der Geschäftsführer der Antragstellerin als Fachkundiger aufgrund erheblicher Zweifel an den Gewinn- und Erlösberechtigungen selbst von lokalen Kiesverwertungsunternehmen entsprechende Preisangaben habe einholen lassen, die von den oben genannten positiven Preisangaben im Gutachten deutlich abgewichen seien mit dem Ergebnis, dass bei der Kiesausbeute am Burgerberg kein Gewinn, sondern mit einem erhebliche Verlust gerechnet werden müsse. Aus den eigenen Ermittlungen durch Einholung von Angeboten regionaler Kiesaufbereitungsunternehmen ergebe sich, dass die von den Gutachtern berechneten Kosten von 7,18 € schon über dem Marktpreis von durchschnittlich 6,07 € der analysierten Preisangebote vergleichbare Werke in der Nähe des streitgegenständlichen Abbaugebiets lägen. Der im Gutachten angenommene Absatzpreis von 7,87 € liege derzeit weit außerhalb der im Markt erzielbaren Preisspanne. Dabei werde nicht beachtet, dass seit Jahren die Absatzmengen im Liefergebiet Rhein-Ahr für Beton und als Folge hieraus auch die Absatzmengen für Kiesunternehmen rückläufig seien. Die Antragsgegnerin müsse sich letztlich den Vorwurf gefallen lassen, die Augen vor einem realistischen (negativen) Wirtschaftlichkeitsergebnis verschlossen zu haben oder ansonsten ein reines Gefälligkeitsgutachten in Auftrag gegeben zu haben, um damit die Kiesausbeute in Namedy zu verhindern. Denn auch unter weiteren Aspekten erweise sich das Wirtschaftlichkeitsgutachten als unrealistisch und damit unbrauchbar. Mängel seien hier insbesondere auch in erheblichen Defiziten hinsichtlich Investitionsangaben und Kostengrößen zu sehen.

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Der Antragsgegnerin seien zudem materielle Abwägungsfehler gemäß § 1 Abs. 7 BauGB unterlaufen. Ein konkreter Abwägungsfehler bestehe bereits darin, dass die Antragsgegnerin die Ausweisung der Konzentrationsfläche im Gebiet Namedy allein deshalb abgelehnt habe, da die Kiesvorkommen vornehmlich aus umwelt- und landschaftsschutzrelevanten Gründen nicht in einer Konzentrationszone ausgewiesen werden könnten. Die Argumentation, die Fläche Namedy befinde sich im Geltungsbereich des Landschaftsschutzgebiets Rhein-Ahr-Eifel könne keine ausschlaggebende Begründung darstellen, um eine Ausweisung für diesen Bereich von vornherein auszugrenzen. Das Landschaftsschutzgebiet weise eine Größe von über 92 ha auf, bei der es nicht gerechtfertigt wäre, jegliche Form von baulichen Maßnahmen abzulehnen. Allein der Gesichtspunkt, dass eine geschützte Landschaft ohne lediglich unerwünschte Veränderung erhalten bleiben soll, reiche nicht für die Rechtfertigung des Ausschlusses von potentiellen Auskiesungen. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hinzuweisen, dass dem Abwägungsvorgang bei der Ausweisung einer Konzentrationszone für den Abbau von Bodenschätzen dem Landschaftsschutz kein genereller Vorrang gegenüber der Gewinnung von Boden enthaltenen Rohstoffen – wie hier den Kies – zukomme.

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Ein weiterer Abwägungsfehler sei darin zu sehen, dass die Antragsgegnerin übersehen habe, dass sich die Kiesausbeute am Burgerberg im Gegensatz zum Gebiet Namedy wegen der unverhältnismäßig hohen Kosten für Abraum und den Reinigungsvorgang des Kieses am Burgerberg als unwirtschaftlich erweise. Vorliegend gehe es nicht um die Frage, dass die Antragsgegnerin für bestimmte Kiesarten (Nassauskiesung Namedy gegen Höhenauskiesung Burgerberg) unterschiedliche Konzentrationszonen hätte ausweisen müssen. Eine Differenzierung der Kiesvorkommen in unterschiedlichen Gebieten müsse jedoch unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten vorgenommen werden, was die Antragsgegnerin unter Verweis auf die oben genannten Ausführungen – extrem hoher Abraum bei einem Abbau am Burgerberg und entsprechend höherer Reinigungsaufwand im Gegensatz zu Namedy – versäumt habe. In diesem Zusammenhang seien auch die Rechte der Antragstellerin aus Art. 14 GG hinsichtlich der Ausübung des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs in der Abwägung unzureichend beachtet worden.

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Die Antragstellerin beantragt,

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die 1.Änderung (Ergänzung) des Flächennutzungsplans – Teilflächennutzungsplan Konzentrationsflächen Kiesabbau – der Stadt Andernach vom 19.09.2009 für unwirksam zu erklären.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Normenkontrollantrag zurückzuweisen.

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Sie trägt vor, dass bereits Bedenken an der Zulässigkeit des Normenkontrollantrags bestehe, da die Antragstellerin eine rein obligatorisch zivilrechtliche Berechtigung in einem Normenkontrollverfahren geltend mache. Bedenken am Rechtsschutzinteresse erwecke auch der Umstand, dass die Antragstellerin die Nassauskiesung in einen parallellaufenden wasserrechtlichen Planaufstellungsverfahren nach § 38 BauGB i.V.m. den Bestimmungen des WHG beantragt habe. Wegen der Anwendung des § 38 BauGB, der gerade die Nichtanwendung der §§ 29 bis 37 BauGB anordne, stehe dem Vorhaben nicht im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB in der Regel ein zwingendes Auskiesungsverbot wegen Darstellung einer anderweitigen Konzentrationsfläche entgegen. Allerdings sei bei der fachplanerischen Abwägung eine „bestandskräftige“ Flächennutzungsplanung ein einzubeziehender städtebaulicher Abwägungsbelang.

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Der Normenkontrollantrag sei auch unbegründet. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin handele es sich nicht um eine unzulässige Verhinderungsplanung. Zunächst sei es kein Argument für eine unzulässige Negativplanung, dass konkrete Bau- oder andere Nutzungsabsichten eine Gemeinde veranlasst hätten, von ihrem bauplanungsrechtlichen Planungsinstrumentarium auch mit dem Ziel Gebrauch zu machen, die geplante Nutzung zu verhindern, wenn dies durch städtebauliche Gründe gerechtfertigt sei. Zu trennen sei bei der Prüfung die Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB zwischen dem Anlass, eine Planung aufzugreifen einerseits, und der der späteren Abwägung zuzuordnenden Frage, ob und inwieweit Belange sich ganz oder teilweise gegenüber entgegenstehenden Belangen durchsetzten. Eine Planung sei immer dann erforderlich, wenn sie nach der planerischen Konzeption der Gemeinde erforderlich sei und eine Negativplanung im Sinne einer fehlenden Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB liege nur dann vor, wenn der Planung kein positiver städtebaulicher Ansatz zugrunde liege, keine öffentlichen Belange für eine positive Planung sprächen und negativ die Planung daher nur dem Zweck diene, eine andere Nutzung zu verhindern, ohne dass diese Verhinderung städtebaulich begründbar ist. Vorliegend habe die Absicht der Antragstellerin im Gebiet Namedy auszukiesen, Anlass für die Planungen gegeben. Grundsätzlich sei es einer Gemeinde aber keineswegs verwehrt, auf derartige Absichten mit der Aufstellung eines Bauleitplans zu reagieren, der der vorgesehenen Planung die materielle Rechtsgrundlage entziehe .

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Ausgehend von diesen rechtlichen Vorgaben könne der vorliegenden Planung nicht die bauplanungsrechtliche Erforderlichkeit abgesprochen werden. Die Planung von Konzentrationsflächen im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB umfasse schon vom Ansatz her positive und negative Strukturen, nämlich einerseits die Zulassung privilegierter Vorhaben im Außenbereich an bestimmten Stellen mit der zwangsläufigen Rechtsfolge der grundsätzlichen Unzulässigkeit an anderer nicht ausgewiesener Stelle. Damit gehe von Gesetzes wegen ein positiver Planungsansatz mit negativen Auswirkungen der Planungen einher. Schon das nachvollziehbare Argument der Verhinderung der Verkraterung der Landschaft durch Abbauzulassung aller möglicher und denkbar kieshaltigen Außenbereichsflächen stelle ein positives städtebauliches Planungsziel dar.

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Unzutreffend behaupte die Antragstellerin, dass die positive Nutzungsaussage in der Konzentrationsfläche tatsächlich und rechtlich nicht zu verwirklichen sei. Unzutreffend gehe sie insbesondere davon aus, dass in der Konzentrationsfläche kein wirtschaftlich vertretbarer Abbau möglich sei. Demgegenüber sei zu beachten, dass die Konzentrationsfläche grundsätzlich nicht die bestmögliche Ausnutzung der Privilegierung gewährleisten müsse. Allerdings müsse die Ausbeute wirtschaftlich durchführbar sein, weil sonst dem Gedanken der nachhaltigen Privilegierung und ihre Steuerung im Außenbereich nicht Rechnung getragen werde. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin sei jedoch die Kiesausbeute am Konzentrationsstandort wirtschaftlich durchführbar, was durch die vorgelegten Gutachten belegt sei:

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Das Gutachten des Sachverständigenbüros I.../V... habe eine ausreichende Mächtigkeit des Bodenschatzes Kies in der Konzentrationsfläche ergeben, nämlich ein Kiesvorkommen von 6,2 Millionen m³. Auch das Landesamt für Geologie und Bergbau geht in seiner Stellungnahme vom 8. November 2008 von einem abbauwürdigen Vorkommen aus. Das Gutachten der Materialprüfungs- und Versuchsanstalt Neuwied bestätige die Eignung des in der Konzentrationsfläche vorgefundenen Bodenschatzes Kies für die Verwendung in Beton bzw. Straßenbau in der gleicher Art und Güte wie die Gewinnung durch die AG für Steinindustrie im unmittelbar benachbarten Abbaufeld. Zudem belege das Gutachten Burkhardt/Niemann-Delius/Henning die Wirtschaftlichkeit des Abbaus.

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Dem gegenüber stelle die Antragsschrift im Wesentlichen auf zwei Punkte ab, nämlich zum Einen, dass das Gebiet viel zu weit gezogen sei, in dem es auch nicht kiesführende Flächen umfasse, und zum Anderen auf die Nichterreichbarkeit eines Verhältnisses zwischen Überdeckungsschicht und Rohstoff von 1:2,5. Hinsichtlich des ersten Arguments übersehe die Antragstellerin, dass aufgrund vorheriger Feststellungen die Ausdehnung der insoweit nicht ausbeutbaren Konzentrationsflächen K1 und K2 in östliche Richtung deutlich bis zu einer Größenordnung von 200 bis 500 m (entsprechend etwa 30 ha) planerisch reduziert worden sei. Auch das wissenschaftlich nicht abgesicherte angeblich notwendige Überdeckungsverhältnis von 1:2,5 sei durch die ins Einzelne gehende wirtschaftliche Berechnung der Wirtschaftsgutachter widerlegt. Diese These stelle auch kein sachverständiges Credo, sondern eher eine Faustformel dar. Dem gegenüber belege das Wirtschaftsgutachten (siehe Seite 21) eindeutig, dass das Verhältnis Abraum zu Kies im Vergleich zu den anderen Wirtschaftsfaktoren keine dominante Rolle einnehme. Kapital-, Personal- und Energiekosten schlügen wirtschaftlich vielmehr deutlicher zu Buche. Wäre der Kiesabbau im Bereich am Burgerberg tatsächlich absolut unwirtschaftlich, würde kaum in der Nachbargemeinde gut 100 m entfernt unter gleichen Voraussetzungen die AG für Steinindustrie großflächig Kies und Sand abbauen; gleiches gelte seit Jahren in angrenzenden Gemarkungen P..., K... und N..., wo trotz höherer Überdeckung und größeren Aufbereitungsaufwands der Abbau sich offensichtlich wirtschaftlich trage.

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Auch sei eine Vollzugsunfähigkeit des Flächennutzungsplanes nicht gegeben, weil die Eigentumsverhältnisse in der Konzentrationsfläche nicht geklärt seien bzw. Eigentümer nicht zur Geländeabgabe bereit seien. Natürlich habe der Stadtrat auf der einen Seite gesehen, dass die Antragstellerin bereits eine umfassende vertragsrechtliche Möglichkeit des Abbaus habe und dass auf der Konzentrationsfläche eine Mehrzahl von Eigentümern vorhanden sei. Dies stelle jedoch kein unüberwindbares Hindernis dar, die Konzentrationsfläche einer Abbaunutzung zuzuführen. Zum einen werde schon die höhere Wertigkeit des Grundstücks Eigentümer veranlassen, an einem potentiellen Abbauunternehmen die vorübergehende Nutzung des Grundstücks einzuräumen. Zum anderen stünden ansonsten Verfahren zur Verfügung (Flurbereinigung, Umlegung und notfalls Enteignung nach Landesenteignungsgesetz), um die zivilrechtlichen Voraussetzungen für einen Abbau zu erreichen. Auch der benachbarte Kiesabbau der AG für Steinindustrie zeige, dass das Abbauunternehmen sukzessive aufgrund von Verhandlungen die Nutzungsmöglichkeit zum Abbau erwirkt habe.

31

Auch das Argument der Antragsgegnerin, es fehle eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für das Vorhaben Namedy, sei nicht für die Abwägung erheblich. Die Wirtschaftlichkeitsberechnung der Flächen am Burgerberg beruhe auf dem positiven Planungskonzept und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass der Konzentrationsbereich die Voraussetzung erfülle, dass dort auch wirtschaftlich abgebaut werden könne. Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung für das Vorhaben Namedy war deswegen nicht mehr veranlasst, weil aufgrund entgegenstehender anderer städtebaulicher Belange die Ausschlusswirkung dort gerechtfertigt sei.

32

Die von der Antragstellerin in den Mittelpunkt gerückte wirtschaftliche Betrachtungsweise sei auch nur ein Aspekt des gesamten Abwägungsprozesses, und zwar ein solcher, der durch städtebauliche Belange abwägend überwindbar sei. Gegenstände städtebaulicher öffentlicher Belange seien zu gravierend, um besseren Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen weichen zu müssen. Dies betreffe die im Gutachten K... genannten gewichtete Ausschlusskriterien, wobei die raumordnerischen Vorgaben des LEP IV, die durch Rechtsverordnung vom 28.03.1984 geschützte Denkmalzone Schloss Namedy einschließlich der nahe gelegenen Freizeitanlage und angrenzender FFH-Gebiete, die Beachtung des Landschaftsschutzgebietes Rhein-Ahr-Eifel und sowie das Vorranggebiet für den Hochwasserschutz. Nach alledem seien die Gutachter und hiernach die Antragsgegnerin aufgrund der Analysen zu dem Ergebnis gekommen, nur bestimmte Flächen – u.a. die späteren Konzentrationsflächen – planerisch weiter zu verfolgen, weil dort die Restriktionskriterien nur gering vorhanden seien und abwägbar erschienen, während die übrigen Flächen (einschließlich Namedy) an einer Vielzahl von Ausschlusskriterien scheiterten. Das städtebauliche Argument für die Konzentrationsfläche am Burgerberg sei neben den dort nicht vorhandenen Ausschlusskriterien insbesondere die in unmittelbarer Nähe vorhandene Ausbeutefläche der Firma AG für Steinindustrie gewesen, so dass nicht in eine unberührte Landschaft neu eingegriffen werden müsste. Die Abwägung sei damit formell und materiell zu einem zutreffenden Ergebnis gelangt.

33

Der Senat hat aufgrund des Beschlusses vom 26.5.2010 Beweis erhoben zu der Frage, ob die von der Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Planung eingeholten Gutachten geeignet sind, den Nachweis zu erbringen, dass in dem mit K 1 bis K 4 bezeichneten Konzentrationszonen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten Kiesabbau möglich ist.

34

Der vom Senat beauftragte Gutachter Dr. Ing. F..., C...-Z..., hat im August 2010 sein erstes Gutachten dem Senat vorgelegt. Der Gutachter kommt darin zu dem Gesamtergebnis, dass wegen Aussageunsicherheiten im Hinblick auf den Schichtenaufbau der Lagerstätte, Aussageunsicherheiten zu Qualität und Quantität des Rohstoffes, mangelnder Kenntnis der Lagerstätte und wegen des Umstandes, dass die für Kiese und Sande angesetzten Erlöse deutlich über den vom Statistischen Landesamt und den zuständigen Industrieverbänden veröffentlichten Werten liegen, das im Planaufstellungsverfahren eingeholte Wirtschaftlichkeitsgutachten nicht geeignet war, den Nachweis eines wirtschaftlich sinnvollen Kiesabbaus zu erbringen. Auf den Inhalt des Gutachtens im Übrigen wird verwiesen.

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Die Beteiligten haben zu dem Beweisergebnis umfassend Stellung genommen. Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 06.12.2010 die Ergebnisse der Begutachtung angezweifelt und dementsprechend vorgetragen, eine Wirtschaftlichkeit im Sinne einer konkreten Betriebsplanung für einen Rahmen oder Hauptbetriebsplan sei nicht nachzuweisen gewesen. Soweit könne der Konkretisierungsgrad einer wirtschaftlichen Analyse über eine Konzentrationsfläche in einen Flächennutzungsplan nicht gehen. Bei einer Untersuchung der vorliegenden Art sei nur ein eine sog. „Prefeasibility-Studie“ mit einer Fehlertoleranz von 25 % erforderlich und vorliegend auch erfolgt, nicht dagegen eine „Feasibility-Studie“ mit der einer Fehlertoleranz von nur 10 %. Auf der Grundlage der hinreichenden Ermittlungen sei von einem Verhältnis Überdeckung/Rohstoff von 1:1,2 auszugehen, was ausreichend für einen wirtschaftlichen Abbau sei. Bei einem realistischen Planungshorizont von 20 Jahren könnten auch zunächst die besseren Bereiche betrachtet werden, so dass sich die Frage nach dem erforderlichen Detaillierungsgrad stelle. Insofern müsse aber gelten, „vor der Hacke ist es dunkel“, denn die Antragsgegnerin könne nicht vorab einen Kiesabbau betreiben, um die Wirtschaftlichkeit des Abbaus für künftige Unternehmer festzustellen.

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Der Gutachter hat hierauf auf Verlangen des Gerichts am 21.01.2011 die Fragen aus dem Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 06.12.2010 zu dem Detaillierungsgrad der erforderlichen Studien im Sinne von Prospektion oder Exploration, zu den Widerstandswerten in der Kiesschicht und dem daraus resultierenden möglichen Überdeckungsverhältnis beantwortet. Er hat ausgeführt, er bleibe dabei, dass die Kornzusammensetzung der Lagerstätte nicht repräsentativ ermittelt worden sei, was aber erheblichen Einfluss auf die Berechnung der Wirtschaftlichkeit des Abbaus habe.

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Auf der Grundlage der mündliche Verhandlung vom 10.02.2011 hat der Senat ein Ergänzungsgutachten zu den Fragen Erlöse für Kies und Sand aus der Lagerstätte Burgerberg sowie zu den Aussageunsicherheiten hinsichtlich des Lagerstättenaufbaus und die Zulässigkeit von Analogieschlüssen zu dem naheliegenden Abbau der AG für Steinindustrie („Quarzsandtagebau P...“) eingeholt, welches der Gutachter Dr. F... unter dem 12.04.2011 vorgelegt hat.

38

Mit weiterem Schriftsatz vom 02.03.2011 hat die Antragsgegnerin geltend gemacht, dass gemäß den Aussagen der Gutachter I.../V... eine statische Tiefenbegrenzung von 25 m und ein Abzug von 10 % statt 27 % für nicht brauchbare Rohstoffmassen sachgerecht sei. Selbst bei konservativer Annahme eines Überdeckungsverhältnisses von 1:1,2 sei bei den erzielbaren Erlösen von mindestens 7,87 € mit einem positiven Betriebsergebnis zu rechnen.

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Zugleich wurde eine weitere Stellungnahme der Wirtschaftsgutachter vom 03.03.2011 eingereicht. Die Antworten des Sachverständigen könnten nicht überzeugen. Weder die vorgelegte Berechnung der Kosten noch die Erlöse aus dem Produktmix von Sanden und Kiesen (Kuppelproduktion, 8,65 €) könnten damit in Frage gestellt werden. Der Gutachter wende zumindest einen falschen Maßstab an. Die betrachteten 42 ha seien vorliegend ebenso ausreichend wie die Genauigkeit einer Prefeasibility-Studie (25 %), die vorliegend zur Anwendung gekommen sei. Eine Wirtschaftlichkeit im Sinne einer konkreten Betriebsplanung für einen Rahmen- oder Hauptbetriebsplan könne dagegen nicht gefordert werden. Die Einwände des Gutachters seien insgesamt als wirtschaftlich unerheblich zu charakterisieren.

40

Mit weiterem Schriftsatz vom 16.05.2011 hat die Antragsgegnerin geltend gemacht, dass bereits die die getätigten, jedenfalls jedoch die von dem Sachverständigen geforderten Aufwendungen für weitere Ermittlungen völlig unverhältnismäßig seien, zumal ein anderes Gericht (OVG Münster, Urteil vom 03.12.2009, 20 A 628/05,) schon das konkrete Abgrabungsinteresse eines Unternehmers habe ausreichen lassen. Vorliegend sei aber ein Interesse der AG für Steinindustrie durch die Angaben des technischen Geschäftsführers Dipl.-Ing. E... eindeutig belegt. Die im Auftrag der Antragsgegnerin von den Sachverständigen Prof. B... u.a. erstellte Marktanalyse sei auch vor dem Hintergrund weiterer vorgelegter Erkenntnisse (Angaben von Unternehmen, Zeugen, Preislisten etc.) zutreffend. Auf diesen Vorhalt hat der Gutachter unter dem 08.08.2011 detailliert erwidert. Auf diese erneute Stellungnahme wurde der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vom 10.08.2011 ein Schriftsatznachlass bis zum 14.09.2011 gewährt.

41

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätzen der Beteiligten sowie aus den beigezogenen Planunterlagen der Antragsgegnerin (1 Planurkunde sowie 6 Aktenordner mit Planaufstellungsvorgängen). Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlungen am 10.02.2011 und am 10.08.2011.

Entscheidungsgründe

I.

42

Der Antrag auf gerichtliche Normenkontrolle ist zulässig und begründet.

43

I.1. Der Normenkontrollantrag ist statthaft. Der angegriffene Flächennutzungsplan, der eine Konzentrationsfläche für den Kiesabbau darstellt und damit gleichzeitig einen Ausschluss derartiger Vorhaben an anderer Stelle im Plangebiet anstrebt und festschreibt, unterliegt der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 VwGO (BVerwG, Urteil vom 24.01.2008, 4 CN 2.07; Urteil vom 26.04.2007, BVerwGE 128, 382).

44

I.2. Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt im Sinne von § 47 Abs. 2 VwGO. Sie ist zwar nicht Eigentümerin von Grundstücken im Geltungsbereich des angegriffenen Flächennutzungsplanes, kann aber gleichwohl geltend machen, durch die streitige Darstellung – die Ausweisung einer Konzentrationszone für den Kiesabbau mit gleichzeitiger Ausschlusswirkung für die übrigen Flächen des Stadtgebiets der Antragsgegnerin – in ihren Rechten verletzt zu sein. Ihr ist es nämlich zivilrechtlich aufgrund eines Vertragsverhältnisses mit der Eigentümerin gestattet, im Geltungsbereich des Flächennutzungsplanes liegende Flächen nördlich von Namedy zur Nassauskiesung zu nutzen. Auch obligatorisch oder dinglich Berechtigte können ein Recht auf die gerechte Abwägung ihrer privaten Interessen geltend machen (s. Urteil des Senats vom 28.02.2008, 1 C 11131/07).

45

I.3. Das erforderliche Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin ist trotz der Regelung in § 38 Satz 1 BauGB zu bejahen. Hiernach sind auf Planfeststellungsverfahren und sonstige Verfahren mit den Rechtswirkungen der Planfeststellung für Vorhaben von überörtlicher Bedeutung, die §§ 29 bis 37 BauGB nicht anzuwenden, wenn die Gemeinde beteiligt wird; städtebauliche Belange sind zu berücksichtigen. Für Vorhaben, die die tatbestandlichen Voraussetzungen des §38 Satz 1 BauGB erfüllen, kommt also der Fachplanung Vorrang vor der Bauleitplanung zu. Damit soll der der Planfeststellung immanenten Abwägung aller relevanten, also auch der über die fachplanerischen Interessen hinausgehenden, insbesondere auch der städtebaulichen Belange Rechnung getragen werden. Die Antragstellerin kann nicht darauf verwiesen werden, ihre Rechte im wasserrechtlichen Fachplanungsverfahren geltend zu machen. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Senats im Urteil vom 28.02.2008 (1 C 11131/07) wird insoweit Bezug genommen.

II.

46

Der Normenkontrollantrag ist auch begründet.

47

Die 1. Änderung (Ergänzung) des Flächennutzungsplanes der Antragsgegnerin – Teilflächennutzungsplan Konzentrationsflächen Kiesabbau – ist fehlerhaft und damit unwirksam. Die Planung ist wegen der nicht nachvollziehbar gezogenen Grenzen der Konzentrationszonen bereits städtebaulich in diesem Umfang nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB (1.); darüber hinaus ist die wegen der Ausschlusswirkung sowie der Verhinderungszielsetzung der Antragsgegnerin gebotene eingehende Prüfung der Abbauwürdigkeit bzw. der Wirtschaftlichkeit des Kiesabbaus am Burgerberg und folglich die Ermittlung und Bewertung der abwägungserheblichen Belange (§ 2 Abs. 3 BauGB) nicht hinreichend erfolgt und damit nicht ausreichend für die Festsetzung von Konzentrationszonen. Dies hat die Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats eindeutig ergeben (2.). Diese Fehler in der Ermittlung wirken sich auch kausal auf das Ergebnis der Planung aus und sind damit nicht geheilt im Sinne des § 214 Abs. 1 Nr. 1 BauGB (3.). Auf eine Bewertung der abwägungserheblichen Belang im Übrigen (Naturschutz, Denkmalschutz, Landschaftsschutz) nach Maßgabe des § 1 Abs. 7 BauGB kam es vor diesem Hintergrund nach nicht mehr an (4.).

48

1. Der Planung fehlt bereits die Erforderlichkeit nach Maßgabe des § 1 Abs. 3 BauGB.

49

a. Nach dieser Vorschrift haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB regelt – anknüpfend an die allgemeine Aufgabenbestimmung der Bauleitplanung in § 1 Abs. 1 BauGB – die „Erforderlichkeit“ der Bauleitplanung. Die Erforderlichkeit beinhaltet in zeitlicher („sobald“) und inhaltlicher („soweit“) Hinsicht eine Planungsbefugnis sowie eine Planungspflicht, sofern die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 99. EL 2011, § 1 Rn. 28). Liegt eine die Erforderlichkeit begründende Situation nicht vor, besteht weder eine Planungspflicht noch eine Befugnis zur Planung.

50

b. Der Flächennutzungsplan erweist sich bereits als teilweise nicht vollzugsfähig.

51

Der Gesetzgeber richtet mit dem Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit unter anderem eine Planungsschranke für den Fall auf, dass sich eine Planung als nicht vollzugsfähig erweist, weil ihr auf unabsehbare Zeit unüberwindbare rechtliche oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen. Der angegriffene Flächennutzungsplan ist ein solcher mit Darstellungen nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, durch die eine positive Standortzuweisung mit einer Ausschlusswirkung für das übrige Gemeindegebiet verknüpft wird. Das mit dieser Regelung verfolgte Ziel wird aber von vornherein verfehlt, wenn die Fläche, die für die vorgesehene Nutzung zur Verfügung stehen soll, für diesen Zweck schlechthin ungeeignet ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.12.2002, BVerwGE 117, 287). Eine solche Zielverfehlung kann aber auch bei einer überdimensionierten Planung vorliegen, etwa wenn kein hinreichender Bedarf besteht und die Planung deshalb nicht auf Verwirklichung in angemessener Zeit angelegt ist (BayVGH, Urteil vom 25.10.2005, BRS 69 Nr. 25) oder überschüssige Flächen ohne entsprechende Verwendungseignung festgesetzt werden. Ebenso sind Festsetzungen in einem Bebauungsplan, die nach dem Willen der Gemeinde nicht verwirklicht werden sollen, bauplanungsrechtlich nicht zulässig (OVG SH, Urteil vom 11.12.2003, NVwZ-RR 2005). Entsprechendes muss bei Nichteignung großer Flächenanteile für einen Flächennutzungsplan gelten, der für sich durch positive Standortausweisungen für den Rohstoffabbau in Anspruch nimmt, eine Konzentrationswirkung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB und damit die Verhinderung an anderer Stelle zu begründen.

52

Die Konzentrationsflächen am Burgerberg für den Kiesabbau haben zwar nur noch eine Größe von etwa 70 ha, nachdem die zuvor ausgewiesenen 102 ha nach dem Urteil des Senats vom 28.02.2008 (1 C 11131/07) reduziert worden sind, ohne dass jedoch hierzu eine eingehende Begründung zur genauen Abgrenzung dieser Flächen erfolgt wäre. Allein der Umstand, dass rohstoffwirtschaftlich wertlose Flächen fallen gelassen werden bedeutet naturgemäß noch nicht, dass die verbliebenen Flächen diesbezüglich umfänglich geeignet wären. Zwar kann nicht verlangt werden, dass für jeden einzelnen Sektor eines potentiellen Rohstoffvorkommens eine umfassende Abbaueignung nachgewiesen wird. Liegen aber, wie hier, etwa schon aufgrund der Gutachten I.../V... erhebliche Zweifel an der Geeignetheit bestimmter größerer Teilflächen – hier insbesondere im westlichen Bereich der Zonen K1 und K2 vor – so muss die planende Gemeinde dies zum Anlass nehmen, die Grenzziehung der Konzentrationszonen eingehend in den Blick zu nehmen und zu rechtfertigen. Tut sie dies nicht – bzw. wie vorliegend nur in pauschaler Weise – ergibt sich schon hieraus, dass die Erforderlichkeit der streitgegenständlichen Festsetzungen (in diesem Umfang) nicht belegt werden konnte. Dieses Ergebnis wurde durch die Beweisaufnahme vor dem Senat bestätigt. Nach den Gutachten und Stellungnahmen des gerichtlichen Sachverständigen und den insoweit im Ergebnis nicht widersprechenden Angaben der Beteiligten gibt es für einen erheblichen Teil dieser Flächen keine belastbaren Daten für einen künftigen Kiesabbau bzw. steht die Nichteignung für diesen Bereich nach allen Erkenntnissen zumindest teilweise fest. Der Gerichtsgutachter Dr. F... hat hierzu festgestellt (Ausführungen vom 21.01.2011, S. 7, Bl. 247 GA):

53

Wie in dem Gerichtsgutachten in Anlage 4 dargestellt wurde, liegen für insgesamt rd. 32 ha Fläche keine Aufschlussdaten vor bzw. bestehen wegen des angewendeten geo-elektrischen Erkundungsverfahrens die zuvor ausführlich beschriebenen Aussageunsicherheiten.

54

Ein Anteil von etwa 44 % der Fläche ist demnach von vornherein mit erheblichen Unsicherheiten behaftet gewesen. Der Gutachter hat hierzu eine Projektion dieser Flächen auf die kartographischen Daten des 2. Berichts von I.../V... vom 18.03.2009 erstellt und zu den Akten gereicht (siehe Bl. 502f GA). Hierdurch wird deutlich belegt, dass eine andere Abgrenzung der Konzentrationsflächen als die von der Antragsgegnerin vorgenommene nicht nur denkbar, sondern geradezu naheliegend gewesen wäre.

55

Dies wurde im Grundsatz auch von Antragsgegnerseite schriftsätzlich sowie in der mündlichen Verhandlung bestätigt, allerdings für im Ergebnis unerheblich erachtet. Betrachtet man insbesondere das von dem Sachverständigen Dr. F... in Bezug genommene Untergrundmodell der Überdeckungsmächtigkeiten von I.../V... vom 18.03.2009, so wird deutlich, dass in einigen Bereichen von vorneherein nicht mit einem wirtschaftlichen Abbau gerechnet werden konnte. Dies bestätigen auch die von der Antragsgegnerin herangezogenen Wirtschaftlichkeitsgutachter mit ihrem Vorgehen im Rahmen Ihrer Berechnungen. Zuletzt mit dem Schriftsatz vom 03.03.2011 wird deutlich, dass auch nach deren Vorgehensweise nur 42 ha ernstlich für den Abbau in Betracht gezogen wurden, was bereits im Gutachten vom 02.04.2009 mit dem „ausreichend höffigen Feld“ (ebd. S. 4 zu 1.3. – Vorgehensweise) umschrieben wurde. Es könne – so die Wirtschaftsgutachter – dahingestellt bleiben, ob auch die verbliebenen Teilflächen wirtschaftlich abbaubar seien, da diese schlicht „irrelevant“ seien. Hiernach sei der südöstliche Teil der Fläche K2 „verworfen“ und die Fläche K1 fast vollständig ausgespart worden (siehe auch Bl. 357 GA). Weiter heißt es im Wirtschaftlichkeitsgutachten vom 02.04.2009 (S. 6):

56

„Innerhalb des als geplante Konzentrationsfläche ausgewiesenen Areals befinden sich Bereiche, die derzeit für den Rohstoffabbau ausscheiden“.

57

Die daraus folgenden Konsequenzen haben in der nachfolgenden abschließenden Abwägung insbesondere für die Umgrenzung der Konzentrationszonen indessen keine Rolle gespielt, was im Hinblick auf den Zeitablauf (Datum des Gutachtens = Datum der Beschlussfassung des Stadtrats) auch als praktisch ausgeschlossen erscheint. Das Wirtschaftlichkeitsgutachten wurde letztlich kommentarlos in den Planungsprozess integriert, obwohl die Bedenken hinsichtlich der umfassenden Eignung der Flächen zum Rohstoffabbau schon im Planaufstellungsverfahren offenkundig waren. So hatte das Büro K... C... G... schon im Oktober 2008 folgendes (indirektes) Zitat des Industrieverbandes S... und E... e.V., N.../W.. in ihr Gutachten (S. 53) im Rahmen der zusammenfassenden Darstellung der Abbauwürdigkeit aufgenommen:

58

„Der abbauwürdige Bereich sei durch Störungszonen einerseits und ein sich verschlechterndes Verhältnis von Abbaumächtigkeit zu Kiesmächtigkeit räumlich eng begrenzt. Eine weitergehende räumliche Konkretisierung von potentiellen abbauwürdigen bzw. nicht abbauwürdigen Flächen sei aber anhand dieser Stellungnahme nicht möglich.“

59

Diese Feststellungen haben aber ersichtlich auf die räumliche Abgrenzung der Zonen keinen weitergehenden Einfluss mehr gehabt. Mit der Begründung auf S.54 des Berichts der K... G... werden die Erweiterungen vielmehr über die Erforderlichkeit der Ausweisung mit prognostischen Erwägungen gerechtfertigt. So könnten „durchaus noch günstigere Abbauverhältnisse …“, „noch ebenfalls geeignete Bereiche“ und „günstige Überdeckungsverhältnisse“ in den Konzentrationszonen bestehen, die eine entsprechende räumliche Abgrenzung rechtfertigen könnten. Diese aus der Sicht der Antragsgegnerin günstigen Annahmen konnten jedoch auf der Grundlage der vorliegenden Akten und der Beweisaufnahme des Senats nicht bestätigt werden. Der Senat folgt insofern den überzeugenden Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. F..., wonach die erheblichen Aussageunsicherheiten eine Ausweitung von Flächen in großen Teilen der Konzentrationszonen im Ergebnis derzeit nicht rechtfertigen können. Bestimmte Teilbereiche müssen hiernach nach heutigem Stand der Erkenntnis als praktisch dauerhaft nicht abbaubar gelten, so dass diese auch nicht ohne besondere Rechtfertigung zur Konzentrationszone erklärt werden durften. Allein die potentielle Nutzung für „Abraumzwischenlagerung, Anlagenstandorte, Sicht- und Windschutzdämme etc. …“ (Bericht K..., S. 54) vermag ohne genaue Definition und Zuordnung eine pauschale Einvernahme von größeren Flächen in eine Konzentrationszone nicht zu begründen. Sofern es tatsächlich erforderlich sein sollte, Flächen für diese Zwecke auf den Konzentrationsflächen vorzuhalten, wäre dies im Hinblick auf die grundrechtliche Relevanz dieser Festsetzungen näher darzulegen und kartographisch soweit zu bestimmen, dass in einem Normenkontrollverfahren zumindest eine Plausibilitätsprüfung ermöglicht wird.

60

c. Die Grenzen der Konzentrationszonen wurden nach alledem nicht in nachvollziehbarer Weise gezogen, sondern weit über einen potentiell ökonomischen Abbau hinaus. Zumindest hinsichtlich einer Teilfläche von 32 ha kann die Ausweisung der Konzentrationszone damit auch als „Etikettenschwindel“ (vgl. zur diesbezüglichen Rechtsprechung des Senats zu Bebauungsplänen: Urteil vom 21.10.2009, 1 C 10150/09; Urteil vom 08.06.2011, 1 C 11239/10; Urteil vom 02.03.2011, 1 A 12338/99 – veröffentlicht jeweils in ESOVGRP; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17.12.2002, Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr 355) in einem quantitativen Sinne bezeichnet werden.

61

Eine solche Flächenbevorratung „ins Blaue hinein“ kann auch nicht der in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts postulierten Verpflichtung, „dem privilegierten Vorhaben substanziell Raum zu verschaffen“ gerecht werden und ist auch aus dieser Sicht nicht erforderlich. Obwohl sich die fehlende Erforderlichkeit nur auf eine Teilfläche bezieht, ist eine Teil(un)wirksamkeit schon im Hinblick auf das nach dieser Rechtsprechung erforderliche schlüssige gesamträumliche Konzept (siehe Urteil vom 21.10.2004, BVerwGE 122, 109 und Anm. Gatz in: jurisPR-BVerwG 2/2005) abzulehnen. Es obliegt dem Träger der Flächennutzungsplanung (hier: der Antragsgegnerin), die Grenzen der Konzentrationszonen in einem Akt planerischer Gestaltung festzulegen, dessen Grenzziehung sich hieraus nachvollziehbar ergeben muss. Nach alledem verstößt die Festsetzung der Konzentrationszone vorliegend gegen § 1 Abs. 3 BauGB, was bereits für sich genommen zur Unwirksamkeit des Planes führt.

62

d. Bauleitpläne im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sind ferner nicht erforderlich, wenn sie einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind (BVerwG, Beschluss vom 30.12.2009, ZfBR 2010, 272). Nach gefestigter Rechtsprechung ist die Aufstellung oder Änderung eines Bauleitplans – und damit auch verbunden die konkrete Ausweisung einer Konzentrationszone – nicht erforderlich, wenn sich die Planung als reine Verhinderungsplanung darstellt (s. BVerwG a.a.O.; Urteil vom 17.12.2002, BVerwGE 117, 287; Beschluss vom 18.12.1990, NVwZ 1991, 875; Beschluss vom 27.01.1999, 4B 129.98; OVG RP, Urteil vom 08.12.2005, 1 C 10065/05). Eine Verhinderungsplanung wäre vorliegend gegeben, wenn die Gemeinde den Flächennutzungsplan und darin enthalten die Ausweisung von Konzentrationszonen allein als Mittel dazu benutzt, unter dem Deckmantel der Steuerung eine grundsätzlich privilegierte Nutzung an anderer Stelle zu verhindern (BVerwG, Urteil vom 21.10.2004, NVwZ 2005, 211).

63

Bei der hier streitgegenständlichen Planung ging es der Antragsgegnerin auch zur Überzeugung des Senats überwiegend darum, den Standort Namedy als Standort für den Kiesabbau zu verhindern. Zutreffend hat die Antragstellerin bereits in ihrem Schriftsatz vom 11.01.2010 darauf hingewiesen, dass die Zielrichtung der Antragsgegnerin jedenfalls in der Anfangszeit der Planung dahin gegangen ist, den Kiesabbau am Standort Namedy mit „allen planerischen und sonstigen Möglichkeiten“ zu verhindern (vgl. Beschluss des Rates der Antragsgegnerin vom 30.03.2006, 2006/0420). Zudem ergibt sich diese Schlussfolgerung aus verschiedenen Äußerungen die im Zusammenhang mit dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Koblenz (Beschluss vom 20.09.2006, 1 L 1354/06.KO) und im weiteren Verfahren getätigt wurden.

64

Bei einer Gesamtschau aller Umstände handelt es sich hier dennoch nicht zwingend um eine unzulässige Verhinderungsplanung, wie sie die genannte Rechtsprechung beschrieben hat. So hat die Antragsgegnerin im weiteren Verfahren von einer Negativformulierung gegen den Standort Namedy abgesehen und mit nicht unbeträchtlichem Aufwand versucht, die etwaigen Abbaumöglichkeiten am Burgerberg substantiell zu begründen. Dementsprechend kam es nunmehr darauf an, ob es der Antragsgegnerin gelungen ist, einen entsprechenden Standort auszuweisen, bei dem den Belangen des Rohstoffabbaus substantiell Raum geschaffen wird und so der Einwand der Verhinderungsplanung entkräftet wird. Wegen der im ursprünglichen Verfahren getätigten Äußerungen hinsichtlich Verhinderung des Standorts der Planung ist dabei hinsichtlich der Ermittlung nach § 2 Abs. 3 BauGB ein geeigneter Maßstab anzulegen, der die naheliegende Möglichkeit einer „Alibiausweisung“ ausschließt. Diesen Anforderungen an die Ermittlung und Bewertung der Abbaumöglichkeiten in den ausgewiesenen Konzentrationszonen wurde die Antragsgegnerin nach Maßgabe der nachfolgenden Ausführungen nicht gerecht.

65

2. Der Flächennutzungsplan ist über den Verstoß gegen § 1 Abs. 3 BauGB hinaus schon aus dem Grund zu beanstanden, weil auch ein Verstoß gegen das Gebot der Ermittlung und zutreffenden Bewertung der abwägungsbeachtlichen Belange nach Maßgabe des §2 Abs. 3 BauGB vorliegt.

66

a. Das nunmehr als Verfahrensnorm ausgestaltete Gebot des § 2 Abs. 3 BauGB tritt selbständig vor die (inhaltlichen) Anforderungen an die verhältnismäßige Gewichtung und den gerechten Ausgleich der konkurrierenden Belange gemäß § 1 Abs. 7 BauGB und das Gebot nach § 2 Abs. 2 BauGB (vgl. OVG RP, Urteile vom 06.05.2009, 1 C 10970/08; vom 31.07.2008, 1 C 10193/08, vom 18.06.2008, 8 C 10128/08, jeweils bei ESOVGRP; vom 29.01.2009, 1 C 10860/08). Ob die Planung Ergebnis einer gerechten Abwägung ist, ist letztlich wiederum nach der materiellen Beeinträchtigung des jeweiligen Antragstellers zu beurteilen (BVerwG, Urteil vom 29.04.2010, BauR 2010, 1701), ein Defizit bei der Ermittlung des Sachverhalts kann dagegen bereits auf der Stufe der Ermittlung und Bewertung zur Aufhebung der Bauleitplanung führen.

67

Inhaltlich entspricht § 2 Abs. 3 BauGB zunächst der früheren sich aus dem Abwägungsgebot ergebenden Rechtslage, nach der die Berücksichtigung aller bedeutsamen Belange in der Abwägung zunächst deren ordnungsgemäße Ermittlung und zutreffende Bewertung voraussetzt (BVerwG, Urteil vom 09.04.2008, DVBl 2008, 859 unter Hinweis auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 15/2250 S. 42). Die Bewertung nach dieser Vorschrift bedeutet daher vor dem Hintergrund einer noch vorzunehmenden Abwägungsentscheidung die Feststellung des jeweiligen Inhalts und Gewichts der abwägungserheblichen Belange. Daher sind Art und Ausmaß des Berührtseins des Belangs durch die betreffende Bauleitplanung sowie das Gewicht des jeweiligen Belangs im Verhältnis zu seiner Betroffenheit zu ermitteln und zu bewerten.

68

Ebenso wie dem Abwägungsgebot aus § 1 Abs. 7 BauGB kommt damit bereits den vorgelagerten Ermittlungs- und Bewertungspflichten nach § 2 Abs. 3 BauGB besondere Bedeutung im Rahmen der inhaltsbestimmenden Funktion der Bauleitplanung i.S. des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 GG zu. So wie der Bebauungsplan dem Eigentum im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG eine neue Qualität verleiht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985, 2 BvR 397.82; Urteil vom 01.01.1974, NJW1975, 841), bestimmen die Darstellungen des Flächennutzungsplans mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB Inhalt und Schranken des Eigentums i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG; wie ein Bebauungsplan müssen sie dem Gewährleistungsgehalt des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG genügen.

69

Diese Wirkungen treten unmittelbar mit Erlass des Flächennutzungsplans ein und sind davon unabhängig, ob ein Grundstückseigentümer – oder ein in anderer Weise Berechtigter – beabsichtigt, eine Baugenehmigung, eine Planfeststellung oder auch eine Genehmigung zum Abbau von Bodenschätzen zu beantragen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.10.2008, 4 BN 16/08). Die Anforderungen des Art. 14 GG an eine zulässige Inhaltsbestimmung des Eigentums werden im Übrigen in der Bauleitplanung regelmäßig durch das Abwägungsgebot erfüllt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.11.1988, DVBl 1989, 352). Hiernach muss und kann das Abwägungsgebot der grundgesetzlich gewährleisteten Rechtsstellung des Eigentümers und den Anforderungen an eine sozialgerechte Eigentumsordnung einerseits und den öffentlichen Belangen andererseits grundsätzlich wie auch konkret entsprechen. Dabei müssen die städtebaulich beachtlichen Allgemeinbelange umso gewichtiger sein, je stärker Festsetzungen eines Bebauungsplans die Befugnisse des Eigentümers einschränken oder gar Grundstücke von der Privatnützigkeit gänzlich ausschließen (BVerwG, Beschluss vom 18.12.1987, NVwZ 1988, 728). Sind diese Belange indessen im Verfahren der Planaufstellung unzutreffend oder unvollständig ermittelt worden, so leidet der mit der Normenkontrolle angegriffene Plan bereits auf dieser Verfahrensebene nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 BauGB an einem Mangel, der – seine Erheblichkeit nach § 214 Abs. 1 Nr. 1 BauGB vorausgesetzt – zur Aufhebung des Plans führen muss.

70

b. Die Antragsgegnerin hat Wirtschaftlichkeit des „verdrängenden Abbaus“ am Burgerberg unzureichend ermittelt

71

(1.) Der Senat hat im Urteil vom 28.02.2008 (1 C 11131/07) prognostisch ausgeführt, dass „unüberwindbare Hindernisse“ einem Kiesabbau am Burgerberg nicht im Wege stehen dürften. Diese Beurteilung ergab sich zum damaligen Zeitpunkt aus den von der Antragsgegnerin eingeholten Informationen, die auf Stellungnahmen, Kartenmaterial und Erkundung der örtlichen Verhältnisse beruhten. Auch hatte das Landesamt für Geologie und Bergbau mit Schreiben vom 28.03.2007 der geplanten Ausweisung der Konzentrationsfläche für den Kiesabbau am Burgerberg zugestimmt. Auf die weiteren Ausführungen im Urteil vom 28.02.2008 wird insoweit verwiesen.

72

Mit der Feststellung ernst zu nehmender Kiesvorkommen ist jedoch die Frage der wirtschaftlichen Verwertbarkeit und damit der Abbauwürdigkeit des am Burgerberg vorhandenen Kieses nicht belegt. Denn die auf den Grundsätzen der Landesplanung basierenden Annahmen mögen den Abbau bergbaulich rechtfertigen, nicht jedoch den Ausschluss an anderer Stelle durch Bildung von Konzentrationszonen. Die Sichtweise der Rohstoffsicherung (Bergbehörden, Landesplanungsbehörden) ist dabei von der Frage der Ermöglichung eines wirtschaftlichen Abbaus im Rahmen einer im Ergebnis restriktiven Flächennutzungsplanung deutlich zu unterscheiden. Dies gilt insbesondere dann, wenn – wie hier – nicht der Abbau an der ausgewiesenen Stelle sondern der Nichtabbau an der ausgeschlossenen Stelle im Mittelpunkt der Betrachtung der planenden Gemeinde steht (Rechtfertigung einer zulässigen Verhinderungsplanung).

73

(2.) Die im zweiten Planaufstellungsverfahren durchgeführten Erkundungen der Antragsgegnerin und die Beweisaufnahme des Senats haben bestätigt, dass am Burgerberg grundsätzlich abbaufähiger Kies in einer Menge vorhanden ist, die als relevantes Vorkommen zu bezeichnen ist. Zwischen den Beteiligten ist indessen die Wirtschaftlichkeit des Abbaus und damit die Frage der Abbauwürdigkeit des Kiesvorkommens streitig geblieben. Dabei kann die Abbauwürdigkeit eines Rohstoffvorkommens allein nach der wirtschaftlichen Gewinnbarkeit zum Zeitpunkt der maßgeblichen Prognose bestimmt werden (vgl. zu Erzen, Urteil des Senats vom 09.10.2008, 1 A 10231/08 Rn. 44 bei Juris), so dass die Kosten des Abbaus und die zu erzielenden Marktpreise über einen näher zu bestimmenden Zeitraum entscheidend für den Wirtschaftlichkeit die Abbau ist.

74

(3.) Ein allgemeines Interesse anderer Unternehmer am Abbau kann dabei nur ein Indiz bzw. eine Hilfstatsache für das Vorliegen der maßgeblichen Paramater für die Abbauwürdigkeit der Rohstoffvorkommen sein, was freilich in bestimmten Fallkonstellationen den Grad der Evidenz erreichen kann (in diesem Verständnis offenbar OVG NRW, Urteil vom 03.12.2009, 20 A 628/05). Demgegenüber ist der Antragsgegnerin dahingehend nicht zu folgen, dass allein das geäußerte Interesse eines Unternehmers an den Flächen die Abbauwürdigkeit bestätige und daher weitere Ermittlungen zur Wirtschaftlichkeit des Abbaus im Grundsatz überflüssig seien. Diese Auffassung basiert auf einem fehlerhaften Verständnis des Tatbestandsmerkmals „substanziell Raum verschaffen“ bei der Ausweisung von Konzentrationszonen im Rahmen von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB. Dieses Merkmal kann letztlich nur objektiv bestimmt werden und gerade nicht allein nach den Interessensbekundungen eines geographisch naheliegenden Unternehmens. Hinzu kommt für den vorliegenden Fall, dass das hier genannte Unternehmen in P... (AG für Steinindustrie) bis heute gegenüber der Antragsgegnerin oder dem Senat kein ernsthaftes und insbesondere durch Tatsachen untermauertes Abbauinteresse bekundet hat, etwa durch Vorlage von konkreten Abbauplänen, Kalkulationen und zeitlicher Einordnung etwaiger Vorhaben. Die Angaben, dass der als Zeuge benannte Herr E... entsprechende Äußerungen eines grundsätzlichen Interesses zu einem nicht näher beschriebenen Zeitpunkt getätigt hat, konnte insofern von dem Senat als wahr unterstellt werden, weil sie für den Nachweis unergiebig und damit für die Entscheidung unerheblich waren. Ein solches grundsätzliches Interesse dürfte indessen bei jedem am Markt aktiven Unternehmen vorliegen, was jedoch weder die konkrete Möglichkeit eines wirtschaftlichen Abbaus, noch die Ernsthaftigkeit entsprechender Pläne belegen kann. Insofern erwies sich der Beweisantrag auch als unzulässiger Ausforschungsantrag „ins Blaue hinein“ (vgl. hierzu exempl. BVerwG Beschluss vom 21,12,2010, 4 BN 20/10; Urteil vom 10.12.2003, 9 A 73/02). Wie es sich verhielte, wenn die Antragsgegnerin im Rahmen der Überprüfungen entsprechende Kalkulationen der AG für Steinindustrie unter Darlegung nachvollziehbarer Synergieeffekte – die stets nur völlig unsubstantiiert angedeutet wurden – vorgelegt hätte, muss der Senat nicht entscheiden, da es hierzu an jeglicher nachvollziehbarer Darstellung mangelte. Die pauschalen Ansätze im Wirtschaftsgutachten vom 02.04.2009 (s. etwa S. 27 „Unter den lokalen Gegebenheiten wäre es durchaus denkbar…“) sind hierfür keinesfalls ausreichend. Die Frage der objektiven Abbauwürdigkeit der in den ausgewiesenen Konzentrationszonen vorhandenen Kiesvorkommen ist damit zunächst Voraussetzung für die Wirksamkeit der Planung der Konzentrationszonen nach §35 Abs.3 Satz3 BauGB, eine diesbezügliche ordnungsgemäße Ermittlung nach § 2 Abs. 3 BauGB wiederum Grundlage der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB.

75

(4.) Nicht erforderlich war es dagegen, Wirtschaftsgutachten für alle potentiellen Standorte einzuholen. Ein solches Erfordernis würde die Ermittlungspflichten ersichtlich überspannen und zu unangemessenen Aufwendungen der planenden Gemeinde führen. Hinsichtlich des in Bezug genommen Standorts Namedy kann im Übrigen auf die oben beschriebenen Grundsätze der Evidenz (zu OVG NRW, Urteil vom 03.12.2009, 20 A 628/05) verwiesen werden. Allein der Umstand, dass die Antragstellerin dieses Verfahren als Abbauunternehmerin nachdrücklich und unter Aufwendung erheblicher Kosten betreibt, belegt zur Überzeugung des Senats die Wirtschaftlichkeit dieses Abbaus, wofür im Übrigen auch alle anderen Parameter sprechen (Lage des Abbaugebiets, Art des Kiesvorkommens voraussichtliches Überdeckungsverhältnis Abraum/Rohstoff). Die Antragsgegnerin musste diesbezüglich keine weiteren Ermittlungen der Wirtschaftlichkeit des Abbaus anstellen. Dies gilt nach Maßgabe der nachfolgenden Ausführungen jedoch nicht für den Abbau am Burgerberg.

76

(5.) Aus dem Inhalt der Planentstehungsakten und dem Ergebnis des gerichtlichen Verfahrens – insbesondere der umfassend durchgeführten Beweisaufnahme vor dem Senat und den hierzu erfolgten Erörterung in den mündliche Verhandlungen – ergibt sich zur Überzeugung des Senats, dass vorliegend die Wirtschaftlichkeit des „verdrängenden Abbaus“ am Burgerberg unzureichend ermittelt worden ist so dass der zuvor umschriebene erforderliche Nachweis, nicht gelungen ist.

77

Die von der Antragsgegnerin nach Abschluss des vorherigen Verfahrens veranlasste ergänzende Untersuchung des Ingenieurbüros K... vom Oktober 2008 und März 2009 legt zunächst die zutreffenden Obersätze (Wirtschaftlichkeit des Kiesabbaus) seiner Untersuchung zugrunde, verkennt jedoch (teilweise) die noch bestehenden Defizite bei der Ermittlung bzw. deren Bedeutung für den erforderlichen Nachweis. Als zentrale Fragestellung wird entsprechend dem Urteil des Senats vom 28.02.2008 (1 C 11131/07) angesehen, ob es sich im Bereich Burgerberg um ein abbauwürdiges Kies- und Sandvorkommen handelt, welches nach Art und Inhalt für eine wirtschaftliche Nutzung in Betracht komme. Die Erkundung, geophysikalische Messung und Beurteilung des Kiesvorkommens am Burgerberg wurde bei K... (S.46-56) unter der Einbeziehung des genannten Gutachtens von I.../V... näher dargestellt. K... führt zum Umfang der getätigten Ermittlungen zunächst aus, dass auf der Grundlage der Messprofile ein Untergrundmodell erstellt worden sei, welches zur Visualisierung der Ergebnisse eine Interpretation des Schichtverlaufs zwischen den Profilen erfordere. Als Grundlage für eine abschließend, volumenmäßige Bewertung des Rohstoffvorkommens und der Lagerstätte seien jedoch weitere Untersuchungen erforderlich (S. 49), was neben einer Verdichtung des Rasters in der Fläche insbesondere eine Detailuntersuchung der vermuteten Störungszonen/Flächen betreffe. Der Untersuchungsumfang entspreche dabei einer Vor- bzw. Übersichtserkundung (Prospektion) zur Überprüfung vermuteter Rohstoffvorkommen. Das Vorhandensein von Rohstoffen habe jedoch in den Messprofilen eindeutig nachgewiesen werden können.

78

Aus diesen Ausführungen wird bereits deutlich, welcher Maßstab in den Untersuchungen bei K... angelegt wurde. In der zusammenfassenden Darstellung der Abbauwürdigkeit (S.53) heißt es schließlich, dass unter Bezugnahme auf den Industrieverband S... und E... e.V. N... vom 02.10.2008 die „Untersuchungsergebnisse im Bereich der Bohrung 1 möglicherweise eine wirtschaftliche Gewinnbarkeit des Rohstoffes Kies und Sand erwarten" ließen. Einschränkend werden aber bei einer teilweise vorhandenen Überdeckung der Rohstoffe von 8 m und mehr die daraus folgenden hohen betrieblichen und organisatorischen Anforderungen angesprochen. Der abbauwürdige Bereich sei durch Störungszonen und ein sich verschlechterndes Verhältnis von Abbaumächtigkeit zu Kiesmächtigkeit räumlich eng begrenzt. Eine weitergehende räumliche Konkretisierung von potentiellen abbauwürdigen bzw. nicht abbauwürdigen Flächen sei aber anhand dieser Stellungnahme nicht möglich.

79

Allein aus diesen Ausführungen wird deutlich, dass aus der Sicht des Gutachters der Abbau am Burgerberg mit erheblichen Unsicherheiten und unternehmerischen Risiken behaftet ist. Wenn dann aber K... in den weiteren Ausführungen davon ausgehen, dass die Untersuchungen und Stellungnahmen jedenfalls mit einer „für die Flächennutzungsplanung ausreichenden Prognosegenauigkeit“ belegten, dass in den dargestellten Konzentrationsflächen Kies und Sand als Rohstoffvorkommen mit zum Teil erheblichen Mächtigkeiten im Untergrund vorhanden seien, ist dies unzureichend. Der Maßstab der Prognosegenauigkeit für eine Flächennutzungsplanung ist nicht von den Gutachtern vorzugeben, sondern folgt aus den gesetzlichen Vorgaben, hier Voraussetzung für die Ausweisung einer Konzentrationszone nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB.

80

Die von K... getätigte Schlussfolgerung, dass auch unter Würdigung der noch vorliegenden Prognoseunsicherheiten, der in Teilbereichen aufgrund der Mächtigkeit der Überdeckung zu erwartenden technisch und organisatorischen anspruchsvollen Abbauverhältnisse sowie der in Teilbereichen potentiell auftretenden Störzonen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ein flächenhafter oder zumindest teilweiser Abbau der Rohstoffe innerhalb der dargestellten Konzentrationsflächen in einem substanziell wirtschaftlich ausreichendem Umfang „grundsätzlich möglich“ sei, basierte vor diesem Hintergrund nach Maßgabe der nachfolgenden Ausführungen auf unzureichenden Erkenntnissen.

81

(6.) Der Ausgangspunkt dieser Betrachtungen hat dabei das erforderliche Maß zielgerichteter Ermittlungen zu sein. Der Umfang dieser Ermittlungspflichten kann sich bei der hier primär beabsichtigen Verhinderung eines anderen – potentiell wirtschaftlichen – Standorts nicht in einer allgemeinen Prospektion der bergbaulichen Verhältnisse erschöpfen. Zudem sind die absatzwirtschaftlichen Annahmen für die Erlöse von Sand und Kies hinreichend glaubhaft zu machen. Dies ist der Antragsgegnerin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme des Senats nicht geglückt, die vorgelegten Zahlen erweisen sich als nicht hinreichend tragfähig für die Abschätzung eines konkreten Abbauvorhabens in der Konzentrationszone.

82

Bei der Bewertung dieser Daten ist zunächst von den Grundsätzen auszugehen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17.12.2002 (BVerwGE 117, 287) für die Darstellung von Windkraftanlagen in Flächennutzungsplänen nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entwickelt hat. Danach muss die Ausweisung einer Konzentrationszone an bestimmter Stelle Hand in Hand mit der Prüfung gehen, ob und inwieweit die übrigen Gemeindegebietsteile als Standort ausscheiden. Die öffentlichen Belange, die für die negative Wirkung der planerischen Darstellung ins Feld geführt werden, sind mit dem Anliegen, dem Vorhaben nach § 35 Nrn. 2 bis 6 BauGB an geeigneten Standort eine Chance zu geben, die ihrer Privilegierung gerecht wird, nach Maßgabe des § 1 Abs. 7 BauGB abzuwägen. Aus dem Regelungszusammenhang, in den § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB hineingestellt ist, ergibt sich, dass nicht beliebige Gründe einen Ausschluss rechtfertigen. Die mit der positiven Standortzuweisung verbundene Ausschlusswirkung muss vielmehr durch städtebauliche Gründe legitimiert sein.

83

(7.) Nach Maßgabe dieser Grundsätze lässt sich der Ausschluss der privilegierten Vorhaben auf Teilen des Plangebiets nach der Wertung des Gesetzgebers nur rechtfertigen, wenn der Plan sicherstellt, dass sich die betroffenen Vorhaben an anderer Stelle gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzen. Dagegen ist es einer Gemeinde verwehrt, den Flächennutzungsplan als Mittel zu benutzen, das ihr dazu dient, unter dem Deckmantel der Steuerung Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nrn. 2 bis 6 BauGB in Wahrheit zu verhindern. Die Gemeinde darf es mit einer bloßen Alibi-Ausweisung, die auf eine verkappte Verhinderungsplanung hinausläuft, nicht bewenden lassen (BVerwG, Urteil vom 17.12.2002, 4 C 15/01). Vielmehr muss sie der Privilegierungsentscheidung des Gesetzgebers Rechnung tragen und für die privilegierten Nutzungen in substantieller Weise Raum schaffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.10.2004, NVwZ 2005, S. 211; OVG RP, Urteil vom 08.12.2005, 1 C 10065/05; Urteil vom 18.01.2007, 1 C 10350/06 jeweils bei ESOVGRP).

84

(8.) Den Nachweis, ob die Ausweisung der Konzentrationszone der privilegierten Nutzung nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB in substantieller Weise Raum verschafft, hat grundsätzlich die planende Gemeinde, hier die Antragsgegnerin, zu erbringen. Sie hat damit auch erhebliche Zweifel, ob sich die Ausweisungen in einer Alibifunktion erschöpfen, zu widerlegen. Dieser Auftrag bestimmt zugleich den Umfang der Ermittlungspflichten im Rahmen von §2 Abs. 3 BauGB. Vor diesem Hintergrund ist auch der von der Antragsgegnerin mehrfach vorgetragene Einwand, dass der Abbau immer mit zahlreichen Unwägbarkeiten verbunden sei („vor der Hacke ist es dunkel“) ist als unbehelflich zurückzuweisen. Auch kann der nicht näher substantiierte Einwand der Unverhältnismäßigkeit die Prüfpflichten der Antragsgegnerin nicht ohne weiteres einschränken (siehe dazu unten). Vielmehr bedürfte es hierzu schon im Ansatz näherer Darlegungen, um eine etwaige „Opfergrenze“ der Belastbarkeit einer Kommune bei Ermittlungen im Rahmen der Bauleitplanung glaubhaft zu machen.

85

(9.) Der Nachweis wirtschaftlichen Abbaus ist der Antragsgegnerin auf der Grundlage unzureichender Ermittlungen und Bewertung des Abwägungsmaterials nach Maßgabe von § 2 Abs. 3 BauGB vor dem Hintergrund der umfassenden Beweisaufnahme des Senats hinsichtlich des Wirtschaftlichkeitsgutachtens vom 02.04.2009 letztlich nicht gelungen. Dies lag im Wesentlichen an einer Verkürzung des Prüfungsgegenstandes und der Ausblendung bzw. Negierung von Abbaurisiken.

86

Das vorgelegte Wirtschaftlichkeitsgutachten vom 02.04.2009 (B.../... D.../H...) und die zahlreichen nachfolgenden Stellungnahmen der Antragsgegnerin sowie der im Planaufstellungsverfahren tätigen und im gerichtlichen Verfahren als Sachbeistände herangezogenen Gutachter konnten den erforderlichen Nachweis nicht erbringen; auf der Grundlage der gerichtlichen Beweisaufnahme ist vielmehr davon auszugehen, dass die verbleibenden Unsicherheiten in der Ermittlung und Bewertung des Sachverhaltes (§ 2 Abs. 3 BauGB) trotz der durchaus unternommenen Anstrengungen der Antragsgegnerin nicht ausreichen, eine tragfähige Kalkulation eines künftigen Kiesabbaus am Burgerberg zu begründen. Dies ist das für den Senat eindeutige Ergebnis der Beweisaufnahme.

87

(10.) Bereits im vorhergehenden Urteil vom 28.02.2008 (1 C 11131/07) hat der Senat die Antragsgegnerin darauf hingewiesen, dass es im Rahmen des Aufstellungsverfahrens – schon im Hinblick auf die im Rahmen der Offenlage des Flächennutzungsplanes nach § 3 Abs. 2 BauGB geäußerten Bedenken – oblegen hätte, nicht nur hinsichtlich der Qualität des am Burgerberg vorhandenen Kieses, sondern auch hinsichtlich der Mächtigkeit der Kiesschicht und der Höhe der Überdeckungsschicht und – damit verbunden – der wirtschaftlichen Verwertbarkeit nachzugehen und insoweit eine Klärung herbeizuführen. Zumindest was die Höhe der am Burgerberg anzutreffenden Kies- und Überdeckungsschicht anbelangt, war es bereits in diesem Verfahren der Antragsgegnerin nicht gelungen, die aufgeworfenen Fragen im Verlauf des Verfahrens befriedigend zu beantworten.

88

(11.) Die Beweisaufnahme hat zur Überzeugung des Senats ergeben, dass die von der Antragsgegnerin eingeholten Gutachten nicht geeignet waren, den Nachweis der Möglichkeit eines wirtschaftlich sinnvollen Kiesabbaus zu erbringen. Den umfassenden gegenteiligen Bekundungen der Antragsgegnerin und ihrer Gutachter im Laufe des Verfahrens (bis hin zum nachgelassenen Schriftsatz vom 13.09.2011) folgt der Senat dagegen im Ergebnis nicht.

89

Nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. F... ist davon auszugehen, dass wegen Aussageunsicherheiten im Hinblick auf den Schichtenaufbau der Lagerstätte, Aussageunsicherheiten zu Qualität und Quantität des Rohstoffes, mangelnder Kenntnis der Lagerstätte und wegen des Umstandes, dass die für Kiese und Sande angesetzten Erlöse deutlich über den vom Statischen Landesamt und den Industrieverbänden veröffentlichten Werten liegen das im Planaufstellungsverfahren eingeholte Wirtschaftlichkeitsgutachten einschließlich der darin berücksichtigten Voruntersuchungen nicht geeignet war, den Nachweis eines wirtschaftlich sinnvollen Kiesabbaus zu erbringen. Die Einwände der Sachbeistände der Antragsgegnerin waren nicht geeignet die Feststellungen des Sachverständigen in Zweifel zu ziehen. Er hat seine Position vielmehr im Rahmen der mündlichen Verhandlungen vom 10.02.2011 und 10.08.2011 und durch ergänzende schriftliche Stellungnahmen überzeugend verteidigt, so dass eine neue Begutachtung daher ausscheiden musste. Methodik, Inhalt und Darstellung des Gutachtens sind nicht zu beanstanden. An der Fachkompetenz des Gutachters hat der Senat keine Zweifel. Das Gutachten des Sachverständigen Dr. F... ist daher aus der Sicht des Senats in vollem Umfang verwertbar.

90

(12.) Inhaltlich kam der gerichtliche Sachverständige zu folgenden Ergebnissen: Zunächst ging er im Ausgangspunkt hinsichtlich des Schichtenaufbaus in der Kiessandlagerstätte Andernach/Burgerberg davon aus, dass 7 Kernbohrungen sowie 84 geoelektrische Sondierungen im Grundsatz zur Verfügung stünden (S. 8). Er hat sodann auf der Grundlage der bereits vorliegenden Gutachten zu den Aussageunsicherheiten hinsichtlich des Schichtenaufbaus der Lagerstätte (Gutachten 3.2, S. 9f.) Stellung genommen und dies in den nachfolgenden Stellungnahmen (s. o.) eingehend vertieft. Insbesondere bemängelt der Gutachter dass auf der Grundlage der vorliegenden Untersuchungsergebnisse für betriebliche Planungen bzw. Wirtschaftlichkeitsbetrachtung keine ausreichend genaue Vorratsberechnung hinsichtlich des zu erwartenden Rohstoffvorkommen sowie Ermittlung des zu erwartenden Anfalls an unverwertbarem Gestein (Abraum, Zwischenmittel) vorgenommen worden sei.

91

Hinsichtlich des Kenntnisstands über die Qualität der Kiessandlagerstätte Burgerberg führt der Sachverständige (Gutachten 4.1f S. 16f.) aus, dass aus den umfangreichen Untersuchungen zusammenfassend festzustellen sei, dass eine Eignung als Gesteinskörnung für Beton bzw. für den Straßenbau zwar als wahrscheinlich anzunehmen sei. Da allerdings die Proben nicht den einzelnen Bohrungen zugeordnet worden seien, sei es nicht möglich zu beurteilen, ob die vorliegenden Ergebnisse repräsentativ für die Lagerstätte Burgerberg seien. Dies allein lasse schon daran zweifeln, dass die Eignung zum Kiesabbau sachgerecht belegt wurde, könne aber insofern dahinstehen, weil die Wirtschaftlichkeit des Abbaus im engeren Sinne (Kosten und Erlöse) selbst bei unterstellter ordnungsgemäßer Zuordnung der Proben unzureichend geprüft wurde.

92

Der Gutachter wendet sich sodann unter Nr. 5 (S. 23 f.) seiner Untersuchungen der den Details der Wirtschaftlichkeit des Abbaus der Kiessand Lagerstätte Andernach/Burgerberg zu. Bei den untersuchten Abbaufeldern 1 und 2 stellt er ein Verhältnis von Abraum zu Rohstoff bzw. Überdeckung Rohstoff von 1:1,78 fest. Durch die Begrenzung der untersuchten Abbauflächen auf Teilflächen der Konzentrationsflächen ergebe sich ein günstigeres Verhältnis als dies bei vollständiger Zugrundelegung anzunehmen wäre (1:1,5 bei Vernachlässigung von Zwischenschichten und etwa 1:1,2 bei Berücksichtigung dieser Schichten).

93

Bereits im Urteil vom 28.02.2008 (1 C 11131/07) hat der Senat in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass die AG für Steinindustrie in einem Schreiben vom 22. März 2007 an die Antragsgegnerin ausgeführt hat, dass für die Wirtschaftlichkeit des Abbaus das Verhältnis von Abraum zur Mächtigkeit von entscheidender Bedeutung sei und im Durchschnitt das Verhältnis zwischen Abraum und gewinnbarem Kies mindestens 1:2,5 betragen solle. Zwar konnte die Beweisaufnahme des Senats nicht bestätigen, dass es sich hierbei um eine absolut zwingende Voraussetzung bzw. ein „sachverständiges Credo“ handelt. Dennoch ist deutlich geworden, dass die so gravierende Abweichung von diesem Orientierungswert der Praxis mit nicht unerheblichen Risiken im Rahmen der Kostenkalkulation einhergeht. Dies haben die Berechnungen des Gutachters zur Überzeugung des Senats belegt:

94

Der Sachverständige führte in Kapitel 3.2.3 seiner ersten Ausarbeitung und sodann vertiefend in den weiteren Stellungnahmen aus, dass allein schon der Abzug von 10% der Lagerstättensubstanz wegen unverwertbarer Zwischenschichten zu einem Verhältnis Überdeckung/Rohstoff von 1m³:1,2 m³ führe. Die Gutachter Prof. B..., Prof. N...-D... und Dr. H... seien in ihrem Gutachten aus dem April 2009 dagegen von einem Verhältnis von 1 m³ Abraum : 1,78 m³ Nutzgestein ausgegangen. Schon der Ansatz von 10 % unverwertbaren Zwischenschichten führe dazu, dass anstelle von 0,56 m³ Abraum 0,83 m³ Abraum je m³ Nutzgestein bewegt werden müssten. Setze man die von den Gutachtern veranschlagten 2,00 €/t für Abraumbewegungen an, bedeute dies Zusatzkosten in Höhe von 1,05 €/m³ Nutzgestein bzw. bei 1,8 t/m³ von 0,58 €/t Nutzgestein. Diese Auswirkungen von Aussageunsicherheiten auf die Betriebskosten seien in dem Wirtschaftlichkeitsgutachten weder untersucht noch thematisiert worden. Nach alledem seien weitere Erkundungen zwingend zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des Abbaus erforderlich.

95

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bestehen auf dieser Grundlage auch zur Überzeugung des Senats Unsicherheiten sowohl wegen des vermuteten und teilweise gesicherten hohen Überdeckungsverhältnisses, als auch wegen des Schichtenaufbaus selbst. Der Sachverständige konnte auch auf entsprechende Vorhalte der Antragsgegnerin und ihrer Gutachter für den Senat überzeugend ausführen, dass sich die festgestellten geringen Widerstandswerte in der Kiesschicht gravierend auf die Berechnung der Wirtschaftlichkeit auswirken können. Durch die nicht schichtspezifische Erfassung der Widerstandswerte sei der Anteil der feinkorndurchsetzten Substanz und damit deren Auswirkungen auf die Rentabilität des Kiesabbaus am Burgerberg nicht feststellbar. Unverwertbare Zwischenschichten könnten aber ganz erheblichen Einfluss auf das Verhältnis Überdeckung/Rohstoff und die Wirtschaftlichkeit des Abbauvorhabens insgesamt haben. Am Burgerberg seien aber nicht nutzbare bindige Zwischenschichten bis zu einem Anteil von 27 % festzustellen, die Kornzusammensetzung sei indessen sowohl für die Kosten als auch für die Erlöse von Bedeutung. Zum Beleg verweist Dr. F... auf Anlage 1 seiner Ausarbeitung hinsichtlich der Auswertung der geo-elektrischen Sondierungen. Danach seien eben 27 % der untersuchten Gesamtlängen innerhalb der sogenannten 2. Schicht (Kiesschicht) als Bereiche mit „hohen“ bzw. „erhöhten“ Feinkornanteilen ausgewiesen. Die von I...-V... vorgenommene Abschlagberechnung sei nicht plausibel, da in den Zusammenfassungen der Ergebnisse aus der Geoelektrik innerhalb der abgegrenzten Kiessandschicht keine notwendige Differenzierung vorgenommen worden seien. So sei für die gesamte 2. Schicht (Kiesschicht) hier jeweils „hoher Feinkornanteil“ oder „erhöhter Feinkornanteil“ angemerkt worden. Eine konservative Abschätzung müsste folglich zum gegenwärtigen Kenntnisstand entsprechend der in den vorliegenden Untersuchungsberichten enthaltenen Angaben im Bereich der jeweiligen Sondierungen von 100 % feinkorndurchsetzter und daher womöglich nicht abbaubarer Substanz ausgehen. Der Sachverständige hat in der mündliche Verhandlung am 10.02.2011 (vgl. Protokoll, S. 8f) zudem unter Hinweis auf Anlage 4 zum Gutachten darauf hingewiesen, dass die Bereiche ohne hinreichende Aufschlussdaten sowohl die von der Antragsgegnerin für den Abbau vorgesehenen Flächen (primär 42 ha), als auch die übrigen Flächen im Rahmen des Flächennutzungsplans beträfen und hierzu auf die Karte Bl. 276 in den Verwaltungsakten (Anlage 1 zum Gutachten vom 2. April 2009) verwiesen.

96

Diesen Einschätzungen schließt sich der Senat insgesamt auch auf der Grundlage der eingehenden Erörterungen in den mündlichen Verhandlungen und dem umfassenden Schriftsatzwechsel der Beteiligten an. Auch die Antragsgegnerin hat letztlich nicht substantiiert die Richtigkeit der Feststellungen des Gutachters Dr. F... in Frage gestellt. So hat sie etwa ohne weiteres zugestanden, dass die Messgenauigkeit des geo-elektrischen Untersuchungsverfahrens nicht mit Bohrungen gleichwertig ist und dass die Flächen am Burgerberg unterschiedlich zu bewerten seien sowie dass der Schichtenaufbau eine Interpretation erfordere. Letztlich ist sie jedoch der Auffassung, dass selbst bei Anerkennung der Defizite weitere Untersuchungen unverhältnismäßig und schon von daher nicht geboten seien. Eine solche Grenze der Verhältnismäßigkeit lässt sich jedoch nicht abstrakt nach einer bestimmten Kostenhöhe definieren, sondern ist aus den Anforderungen der konkreten Lagerstätte zu ermitteln. Insbesondere kann nicht pauschal argumentiert werden, bei Verbrauch einer bestimmten Summe für eine Untersuchung im Sinne einer Prospektion seien generell die Anstrengungen unternommen worden, die rechtlich verlangt werden könnten. Dies folgt schon daraus, dass die Gemeinde nicht verpflichtet ist, einen Flächennutzungsplan mit der Ausweisung von Konzentrationszonen zu beschließen (s.u.).

97

(13.) Neben dem Lagerstättennachweis und dem Schichtenaufbau sind zur Überzeugung des Senats im Rahmen der Berechnungen die Erlösansätze aus dem Wirtschaftlichkeitsgutachten für den Senat nicht plausibel und damit ebenfalls „Bestandteil“ einer unzureichenden Ermittlung im Rahmen von § 2 Abs. 3 BauGB.

98

Im Wirtschaftlichkeitsgutachten vom 02.04.2009 wird bei der Erlösbestimmung auf „verfügbare Preisdaten“ und „Gespräche mit lokalen Experten“ abgestellt. Im Rahmen seines Gutachtens führt der gerichtliche Sachverständige zu den Erlösansätzen (Nr. 5.4.3) zunächst sinngemäß aus, dass Preislisten als Erkenntnisquelle für Wirtschaftlichkeitsberechnungen nach Möglichkeit nicht maßgeblich herangezogen werden sollten. Sodann benennt der Sachverständige von ihm eingeholte Daten des Statistischen Landesamtes Rheinland-Pfalz aus den Jahren 2005 bis 2009, wonach die zu erzielenden Erlöse aus dem Kiesverkauf deutlich unter den im Gutachten der Antragsgegnerin angenommenen Werten liegen. Zusammengefasst lägen die im Bundesland Rheinland-Pfalz für Kies und Sand erzielbaren Erlöse deutlich unter den dort angenommenen Zahlen. Daraus ergebe sich zwar nicht zwangsläufig eine Unwirtschaftlichkeit des Abbaus der Lagerstätte; eine Bedarfsprognose und eine daraus abgeleitete Absatzmengenprognose für den Kiessandabbau sowie eine Nacherkundung der Lagerstätte sei aber Grundvoraussetzung für eine Wirtschaftlichkeitsabschätzung.

99

In der weiteren Analyse hat der Sachverständige die Preisangaben aus der Gegenschrift der Wirtschaftsgutachter vom 21.03.2010 auf die vermuteten Vorkommen der Lagerstätte umgerechnet und dabei einen Mittelwert für die Erlöse von 7,19 € errechnet. In seinen späteren Stellungnahmen hat er diese Berechnungen noch ergänzt und vertieft. Insbesondere hat er umfassend die bestehende Quellenlage für Erlöse aus Sand und Kies dargestellt und darüber hinaus in seiner Stellungnahme zu dem „Themenschwerpunkt Erlöse für Kies“ vom 15.04.2011 die gewichteten Mittelwerte auf der Grundlage der Preisinformation der Antragsgegnerin errechnet. Dabei kam er hinsichtlich der Firma A. auf einen Wert von 7,117 €/t, nach den Rechnungen der AG für Steinindustrie auf einen Wert von 7,767 €/t und hinsichtlich der Firma Betonwerke C. für Rohstoffbezug von der AG für Steinindustrie auf einen Wert von 7,188 €/t. Zusammenfassend sei damit festzustellen, dass sämtliche auf der Grundlage der Stellungnahme der Gutachter B.../N...-D.../H... vom 05.12.2010 ermittelten Durchschnittspreise unter den im Gutachten vom 02.04.2009 angenommenen Durchschnittspreisen von 7,87 bis 9,43 €/t lägen. Das hält der Senat für plausibel.

100

Die von der Antragsgegnerin unter Vorlage gutachterlicher Stellungnahmen von B.../N...-D.../H... vom 05.12.2010, 09.02.2011 vom 03.03.2011 15.05.2011 und vom 13.11.2011 sowie weiterer gutachterlicher Stellungnahme von I.../V... (u.a. vom 08.02.2011) dagegen erhobenen Einwände greifen vor diesem Hintergrund nicht durch.

101

(14.) Zunächst ist der Einwand, die verwendeten Preislisten seien grundsätzlich aussagekräftiger als statistische Daten nicht nur äußerst fragwürdig, sondern auch durch die Berechnung des Gerichtsgutachters nicht (mehr) erheblich, da auf der Grundlage der vorgelegten Preislisten die avisierten Erlöse nicht zu erzielen sind. Zudem hält es der Senat für methodisch nicht für hinnehmbar, dass vorhandene statistische Daten bei einem Wirtschaftsgutachten vollkommen ausgeblendet werden und dabei diese nicht einmal eine Erwähnung finden. Die hierzu gemachten Angabe, Preisstatistiken seien zwar bekannt gewesen, aber generell nicht verwertbar, entspricht nicht den Grundsätzen einer transparenten Begutachtung, zumal dieser Umstand in keiner Weise angedeutet worden ist. Auf mögliche Zeugenaussagen zu der Frage, ob statistische Daten als Grundlage für Kalkulationen geeignet seien, kam es zur Überzeugung des Senats nicht an, da das Ermittlungsdefizit in der vollkommenen Ausblendung von Statistiken liegt. Damit ist keineswegs ausgeführt, dass diese als einzige Erkenntnisquellen für die Prognose dienen sollen. Im Übrigen könnte eine etwaige Zeugenaussage eine sachverständige Begutachtung nicht ersetzen.

102

Schließlich ist die seitens der Antragsgegnerin geäußerte Kritik der Gutachter benenne seine Prämissen nicht wissenschaftlich – z.B. den Begriff „ausreichend“ bei der Frage nach der Aussagesicherheit einer „Prefeasibility“-Studie – für das Ergebnis dieses Verfahrens unmaßgeblich, da es vorrangig Sache der planenden Gemeinde ist nachzuweisen, dass dem privilegierten Rohstoffabbau in der Konzentrationszone substanziell Raum verschafft wurde. Gelingt dies nicht, so obliegt es umgekehrt nicht dem Gutachter, seinerseits wissenschaftlich die Voraussetzungen für einen solchen Nachweis generell-abstrakt zu definieren. Das Merkmal „substanziell Raum verschaffen“ ist vielmehr auf der Grundlage der bereits zuvor zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und den Gegebenheiten des jeweiligen Abbaugebiets in jedem Einzelfall zu überprüfen und nachzuweisen. Pauschal angelegte Kriterien sind jedenfalls dann zu beanstanden, wenn für den Planungsträger erkennbar ist, dass mit den gewählten Methoden der privilegierten Nutzung nicht hinreichend Raum verschafft wird bzw. werden könnte. Er ist dann verpflichtet, sein Auswahlkonzept nochmals zu überprüfen und ggf. abzuändern. Will die Gemeinde indessen an den einmal gefundenen Kriterien festhalten, muss sie ggf. auf eine planerische Steuerung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verzichten (vgl. zur Windkraft: BVerwG, Urteil vom 24.01.2008, NVwZ 2008, 559; Urteil vom 15.09.2009, BauR 2010, 82; Scheidler, WiVerw 2011/3, 117ff <130> m.w.N.).

103

Zugleich ist es damit nicht Sache des mit der Prüfung des durch den Senats beauftragten Gutachters, seinerseits ein wissenschaftlich fundiertes Konzept auszuarbeiten, ob der Kiesabbau in einem bestimmten Abbaubereich wirtschaftlich möglich ist oder nicht. Vielmehr ist es dessen Aufgabe gewesen, die Richtigkeit der Annahmen und des Vorgehens der Antragsgegnerin bei der rohstoffwirtschaftlichen Begutachtung und damit die Geeignetheit der Ermittlungen im Rahmen von § 2 Abs. 3 BauGB zu überprüfen.

104

Die Berechnungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen haben die Antragsgegnerin und die von ihr bestellten Gutachter in der Folgezeit nicht mehr plausibel in Frage stellen können. Insbesondere ist das mehrfach vorgetragene Argument, die „angeblichen Mängel“, die der Gutachter Dr. F... festgestellt habe, seien allesamt nicht kausal für die Kalkulation, zurückzuweisen. Allein die ungeklärte Absatzsituation reicht diesbezüglich schon aus, um an die Grenze der Rentabilität zu gelangen; sofern sich dann weitere Risiken realisieren sollten, wäre der Betrieb ggf. dauerhaft unrentabel, von einem „substanziellem Raum verschaffen“ könnte dann nicht mehr ausgegangen werden.

105

Sowohl die Abbau- als auch die Erlössituation bleiben nach alledem mit erheblichen Unsicherheiten behaftet, die sich trotz der umfassenden Sachverhaltsaufklärung und Beweiserhebung durch den Senat nicht auflösen ließen. Das Ermittlungsdefizit nach § 2 Abs. 3 BauGB liegt mithin vor.

106

(15.) Dagegen kann die Bedeutung der „heterogenen Eigentumsverhältnisse“ im Rahmen von zu § 2 Abs. 3 BauGB letztlich offen bleiben Die offenbar vielfältigen Eigentumsverhältnisse am Burgerberg dürften dabei durchaus ein ernstzunehmendes Hindernis für den Abbau darstellen. Zwar gilt, dass auch die Flächennutzungsplanung insofern eine Art „Angebotsplanung“ darstellen kann, die tatsächliche Umsetzung darf indessen auch nicht praktisch ausgeschlossen sein. Im Rahmen des § 2 Abs. 3 BauGB ist indessen bereits an dieser Stelle festzustellen, dass die dortigen Eigentumsverhältnisse den Planern weder eine gesonderte Ermittlung, noch eine Abwägungsentscheidung wert waren. So wurde etwa in der Bürgerversammlung vom 05.12.2006 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es zu der Frage der Eigentümer keinerlei Untersuchungen geben werde. Im gerichtlichen Verfahren wurde hierzu noch ausgeführt, dass die höhere Wertigkeit des Grundstücks die Eigentümer schon veranlassen werde, einem potentiellen Abbauunternehmer die vorübergehende Nutzung des Grundstücks einzuräumen. Zum anderen stünden ansonsten Verfahren zur Verfügung (Flurbereinigung, Umlegung und notfalls Enteignung nach Landesenteignungsgesetz), um die zivilrechtlichen Voraussetzungen für einen Abbau zu erreichen. Dies gestaltet sich jedoch in der Praxis als außerordentlich schwierig, wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist. Zudem dürften vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.06.2010 (UPR 2010, 396 – „gravierende Eigentumsbeschränkung zu Gunsten Privater…“) diese Hürden noch gestiegen sein. Der Umstand, dass offenbar die fraglichen Flächen im Eigentum einer Vielzahl von Personen stehen, wird jedenfalls dann als erheblich kostentreibender Faktor anzusehen sein, wenn eine Vielzahl von Eigentümern über sog. Sperrparzellen verfügt.

107

Allein in der völligen Ignorierung diese Frage bei der Ermittlung könnte daher ebenfalls ein weiteres Ermittlungs- bzw. Abwägungsdefizit gesehen werden, auch wenn eine detaillierte kalkulatorische Berücksichtigung wohl nicht zu fordern wäre. Diese Frage kann jedoch im Ergebnis dahinstehen, da sich der Plan bereits aus den anderen Gründen als unwirksam erweist.

108

3. Die zuvor dargestellten Fehler sind auch nicht nach der Planerhaltungsvorschrift des §214 Abs. 1 Nr. 1 BauGB unbeachtlich.

109

a. § 214 Abs. 1 Nr. 1 BauGB konkretisiert zunächst, unter welchen Voraussetzungen eine für die Planerhaltung relevante Verletzung des § 2 Abs. 3 BauGB im Sinne einer "Verfahrensgrundnorm" (BVerwG, Urteil vom 09.04.2008, BVerwGE 131, 100) vorliegt. Die Verfahrensnorm des § 2 Abs. 3 BauGB korreliert ihrerseits mit der Pflicht nach § 1 Abs. 7 BauGB, wonach die öffentlichen und privaten Belange bei der Aufstellung der Bauleitpläne gegeneinander und untereinander abzuwägen sind. Das setzt wiederum eine zutreffende Ermittlung und Bewertung der für die Abwägung erheblichen Belange voraus. Mängel, die Gegenstand der Regelung in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 sind, können nicht mehr als Mängel der Abwägung geltend gemacht werden; im Übrigen sind Mängel im Abwägungsvorgang nach § 214 Abs. 3 Satz 3 2. Hs. BauGB nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind, so dass der Maßstab hinsichtlich Ermittlung und Bewertung sowie den Mängeln im Abwägungsvorgang hinsichtlich der Planerhaltung praktisch gleichlaufend ist.

110

b. Hier liegen wie ausgeführt Ermittlungsdefizite in mehrfacher Hinsicht vor: Dies betrifft zum einen den Schichtenaufbau der künftigen Lagestätten sowie das Überdeckungsverhältnis von Abraum zu Rohstoff und damit zusammenhängend der Kiesanteil als regelmäßig höherwertiger Bestandteil. Der andere Bereich betrifft den absatzwirtschaftlichen Teil und die damit zusammenhängenden Prämissen der Antragsgegnerin und ihrer Sachbeistände.

111

c. Die benannten Mängel betreffen auch wesentliche Punkte. Wesentlich im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB sind Mängel bei der Sammlung und Aufbereitung des Abwägungsmaterials nicht erst, wenn es sich um "gravierende Fehleinschätzungen in für die Planung wesentlichen Fragen" handelt. Von der Planung berührte, durch die Gemeinde nicht zutreffend ermittelte oder bewertete Belange betreffen bereits dann "wesentliche Punkte", wenn diese Punkte in der konkreten Planungssituation abwägungsbeachtlich waren (BVerwG, Urteil vom 09.04.2008, BVerwGE 131, 100), was sich für die beschriebenen Parameter nicht negieren lässt. Der ungeklärte hohe Feinkornanteil sowie der Anteil unverwertbarer Zwischenschichten und Überdeckungsverhältnisse und die damit zusammenhängende Rentabilität des gesamten Vorhabens können ebenso wenig als unwesentlich bezeichnet werden, wie die Fragen der Absatzwirtschaft und damit einhergehend die Rentabilität einer am Burgerberg hypothetisch zu errichtenden Abbaustätte.

112

d. Die genannten Mängel waren zumindest teilweise auch "offensichtlich" im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen. Dabei geht der Senat von dem Begriff der Offensichtlichkeit aus, wie er in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelt wurde (vgl. die Nachweise bei Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB 99. EL 2011, § 214 Rn. 143). Für die Bejahung eines offensichtlichen Mangels müssen konkrete Umstände sprechen, die positiv und klar die Schlussfolgerung zulassen, dass entscheidungsrelevante Umstände wirklich keinen Eingang in die Abwägung gefunden haben (BVerwG, Beschluss vom 29.01.1992, Buchholz 406.11 § 214 BauGB Nr 6; vom 20.01.1992, ZfBR 1992, 138). Einen Verfahrensfehler macht die Gemeinde daher, wenn sie von der Planung berührte Belange nicht ermittelt, die ihr bekannt sind oder bekannt sein müssen.

113

Vorliegend ergibt sich die unzureichende Ermittlung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des Kiesabbaus am Burgerberg im Wesentlichen aus den Bebauungsplanakten selbst. Der Umstand, dass die Sach- und Rechtslage bei einer komplexen Materie wie der Abbauwürdigkeit von Rohstoffvorkommen in einem bestimmten Gebiet im Hinblick auf geologische, geophysikalische und betriebswirtschaftliche Aspekte für ein Ratsmitglied nicht ohne weiteres zu überblicken ist, entlastet die Antragsgegnerin dabei nicht. So hat es etwa der Rat nicht für erforderlich angesehen, im Hinblick darauf, dass das Wirtschaftsgutachten offenbar erst am Tag der Abstimmung ausgefertigt vorlag, weitere Beratungszeit in Anspruch zu nehmen. Die Problematik des Gutachtens (Prefeasibility-Studie bzw. Prospektion, Unsicherheiten im Schichtenverlauf und andere Aussageunsicherheiten, Preisannahmen ohne jegliche Absicherung in der Statistik und nur aufgrund von Preislisten und „Angaben lokaler Experten“) wurde damit praktisch ausgeblendet. Dies ist auch offensichtlich im Sinne der Norm. Die Abwägung (beginnend bei der Begründung von K... – siehe die blauen Felder) übernimmt ohne inhaltliche Auseinandersetzung die Wirtschaftlichkeitsdaten und konzentriert sich praktisch nur auf die Standortalternativen.

114

e. Diese Fehler bei der Ermittlung im Sinne von § 2 Abs. 3 BauGB zur Gewährleistung der interkommunalen Abstimmung wirken sich zur Überzeugung des Senats auch bei der gebotenen hypothetischen Betrachtungsweise auf das Ergebnis des Verfahrens aus. Allgemein genügt dabei nicht die abstrakte Möglichkeit oder Vermutung, die Entscheidung wäre bei Vermeidung des Fehlers anders gefallen; vielmehr muss nach den Umständen des Einzelfalles die konkrete Möglichkeit eines solchen Einflusses bestehen (BVerwG, Urteil vom 21. August 1981, BVerwGE 64, 33 <39>; Beschluss vom 9. Oktober 2003, BauR 2004, 1130). Ob ein möglicher Einfluss anzunehmen ist, wenn bestimmte Belange methodisch nicht einwandfrei ermittelt, beschrieben oder bewertet worden sind, kann dabei von dem Gewicht des in Rede stehenden Belangs in der konkreten Situation abhängen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. November 2004, ZfBR 2005, 270 <272> zu Umweltbelangen), aber auch von dem Maß der verursachten Abweichung bei den der Prognose zugrunde gelegten Daten.

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Je größeres Gewicht den Belangen - hier insbesondere Art. 14 Abs. 1 GG - zukommt, desto eher ist davon auszugehen, dass sich methodische Unzulänglichkeiten bei der Ermittlung, Beschreibung und Bewertung auf das Planungsergebnis ausgewirkt haben können (BVerwG, Urteil vom 18.11.2004, ZfBR 2005, 270 <272). Gibt es demnach erhebliche Defizite im Rahmen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB, so ist auch von einer möglichen Kausalität auszugehen.

116

Hier wären weitere Ermittlungen indessen schon zum Zeitpunkt der Beschlussfassung angezeigt gewesen, was sich bereits aus den Akten ohne weiteres ergab und im gerichtlichen Verfahren im Rahmen der Beweisaufnahme bestätigt worden ist. Nach alledem hat die Antragsgegnerin die Eignung der ausgewählten Konzentrationsflächen auf der Grundlage unzureichender Ermittlungen festgesetzt, die sich auf die Wirksamkeit des Planes auswirken.

117

f. Für eine etwaige künftige Planung ist zu beachten, dass eine Steuerung des Rohstoffabbaus nicht um jeden Preis über einen Flächennutzungsplan zu erfolgen hat. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist zunächst geklärt, dass es dann, wenn im gesamten Gemeindegebiet keine geeignete Fläche zu finden ist und die Gemeinde daher keine Konzentrationszone im Flächennutzungsplan vorsehen darf, beim allgemeinem Zulässigkeitstatbestand des § 35 Abs. 1 BauGB bleibt (vgl. zur Windkraft: Urteil vom 17.12.2002, BVerwGE 117, 287 <296>). Wenn der Träger der Flächennutzungsplanung dementsprechend nach entsprechenden Prüfungen zu der Auffassung gelangt, für seinen Zuständigkeitsbereich sei es im Hinblick auf entsprechende örtliche Besonderheiten nicht möglich, eine ausgewogene Planung zu beschließen, hat er sich darauf zu beschränken, die Zulassung des Rohstoffabbaus im Rahmen der Anwendung von § 35 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 BauGB durch das Geltendmachung von öffentlichen Belangen im Einzelfall zu steuern (BVerwG, Urteil vom 24.01.2008, 4 CN 2/07; Urteil vom 17.12.2002 a.a.O. S. 295 f.). Entsprechendes gilt für das hier in Betracht kommende wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren, in dem zwar die Vorschriften der §§ 29 bis 37 BauGB nicht anzuwenden, städtebauliche Belange aber zu berücksichtigen sind (§ 38 S. 1 BauGB).

118

4. Auf die Frage, ob hier eine ordnungsgemäße Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB erfolgt ist, es nach alledem nicht mehr an. Ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept, das den allgemeinen Anforderungen des planungsrechtlichen Abwägungsgebotes gerecht wird, kann von vorneherein nur dann vorliegen, wenn zuvor der Sachverhalt hinreichend ermittelt worden ist (vgl. zum Inhalt des Abwägungsgebots die st. Rspr. des BVerwG seit Urteil vom 12.12.1969, BVerwGE 34, 301 und Urteil vom 05.07.1974, BVerwGE 45, 315). Da der Flächennutzungsplan vorliegend bereits wegen des festgestellten Verstoßes gegen § 2 Abs. 3 BauGB aufzuheben war, bedarf es hinsichtlich der weiteren Frage, ob die Abwägung – etwa hinsichtlich Naturschutz, Denkmalschutz und Landschaftsschutz – sachgerecht erfolgt ist, keine weiteren Ausführungen.

119

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO.

120

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

121

Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Art nicht vorliegen.

122

Beschluss

123

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 30.000,-- € festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ 2004, 1327 ff.).

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