Beschluss vom Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht (1. Senat) - 1 LA 87/13

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 2. Kammer, Einzelrichterin - vom 12.09.2013 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Antragsverfahren auf 40.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger betreibt ein sog. „Schießsportzentrum“ im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 9 der Beigeladenen zu 1.. Das Grundstück des Klägers reicht über die Bebauungsplan- (und Gemeinde-)Grenze hinaus; die Fläche südwestlich der Schießstände K 1 und K 2 liegt auf dem Gebiet der Beigeladenen zu 2. (Flurstücke … und … der Flur …, Gemarkung …); im Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 2. wird diese Fläche als „Fläche für die Landwirtschaft“ bzw. als Fläche „für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und Entwicklung von Natur und Landschaft“ dargestellt. Die Schießsportanlage zur Ausübung jagdlicher und sportlicher Schießaktivitäten wurde durch Bescheide des Staatlichen Umweltamtes Kiel vom 27.06.2007/25.06.2008 genehmigt; sie umfasst 13 Schießstände (zwischen 25 m und 270 m lang) für Kurz- und Langwaffen, eine Skeet- und Trapschießanlage sowie Bauflächen für weitere bauliche Anlagen.

2

Eine Voranfrage des Klägers zur baulichen Nutzung der auf den Flurstücken … und … vorhandenen Gebäude vom 06.05.2005 lehnte der Beklagte ab; die diesbezügliche Klage blieb erfolglos (Urt. des Verwaltungsgerichts vom 28.11.2008 (VG 2 A 36/06); Urt. des Senats vom 15.11.2011 (OVG 1 LB 8/11); Beschl. des BVerwG vom 09.05.2012 (4 B 10.12)).

3

Am 14.10.2008 richtete der Kläger eine weitere Voranfrage an den Beklagten zur Klärung der planungsrechtlichen Zulässigkeit einer Verlängerung des Schießstandes K 1 von 270 m auf 300 m in südwestliche Richtung, der Verschiebung des Schießstandes K 2 um 30 m in südwestliche Richtung sowie der Neuerrichtung einer Materialhalle für Wurftauben und Zielscheiben. Die verlängerten bzw. verschobenen Schießstände sollen größtenteils, die Materialhalle vollständig außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans Nr. 9 der Gemeinde Kasseedorf, auf Eutiner Stadtgebiet liegen.

4

Mit Bescheid vom 12.01.2009 lehnte der Beklagte - nach Versagung des Einvernehmens durch die Beigeladene zu 2. - den begehrten Vorbescheid ab, da die Anlagen außerhalb der im Bebauungsplan festgesetzten überbaubaren Flächen auf Eutiner Stadtgebiet geplant seien; dort seien sie nach § 35 BauGB nicht zulässig. Sie seien nicht privilegiert und beeinträchtigten öffentliche Belange i. S. d. § 35 Abs. 2 BauGB. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.12.2009 zurück. Die bereits zuvor erhobene (Untätigkeits-)Klage hat das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 12.09.2013 abgewiesen und zur Begründung i. W. ausgeführt, die Verlängerung bzw. Verschiebung der Schießstände seien als einheitlich konzipierte Vorhaben im Außenbereich der Beigeladenen zu 2. nicht zulässig. Die Vorhaben seien nicht privilegiert; etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der (neuen) „Vorhaben- und Betriebsbeschreibung“ vom 09.09.2013. Den Vorhaben stehe der Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 2. entgegen. Die sog. Materialhalle sei als „sonstiges“ Vorhaben ebenfalls unzulässig.

5

Gegen dieses, ihm am 25.09.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24.10.2013 die Zulassung der Berufung beantragt und diesen Antrag am 25.11.2013 begründet. Er stützt sich auf die Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 - 3 und Nr. 4 VwGO.

II.

6

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

7

1. Der Kläger hält die Richtigkeit der erstinstanzlichen Klagabweisung für ernstlich zweifelhaft, weil das Verwaltungsgericht die Anforderungen an die Voraussetzungen einer Privilegierung der Vorhaben „überspannt“ habe und nach der „Vorhabens- und Betriebsbeschreibung“ der privilegierungsfähige Nutzungszweck überwiege. Das jagdliche Wettkampfschießen könne vom jagdlichen Übungsschießen nicht getrennt werden; auch das Wettkampfschießen diene der Übung und sei privilegierungsfähig. Ein 300 m – Schießstand sei für die jagdliche Praxis unabdingbar. Die Pistolen- und Gewehrschießbahnen seien auf den Außenbereichsstandort angewiesen. Die Schießstände K 1 und K 2 seien als eigenständige Vorhaben isoliert betrachtet und unabhängig von der Gesamtanlage privilegiert zulässig.

8

Diese Einwände begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Dieses geht – zutreffend – davon aus, dass sowohl die Verlängerung des Schießstandes K 1 als auch die Verschiebung des Schießstandes K 2 und die geplante Materialhalle über den Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 9 der Beigeladenen zu 1. hinausreichen und - damit – im planungsrechtlichen Außenbereich der Stadt Eutin verwirklicht werden sollen (s. S. 16, 23 des erstinstanzlichen Urt.-Abdr.), wo sie weder nach § 35 Abs. 1 noch nach § 35 Abs. 2 BauGB zulässig sind.

9

Das Verwaltungsgericht hat sich mit der Frage einer Privilegierung der Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB ausführlich auseinandergesetzt und ist dabei – insbesondere – der Beurteilung gefolgt, die (bereits) aus dem rechtskräftigen Urteil des Senats vom 15.09.2011 – 1 LB 8/11 – zu entnehmen ist (S. 16-21 des erstinstanzlichen Urt.-Abdr.) Von einer „Überspannung“ der diesbezüglichen Prüfungsanforderungen kann insoweit keine Rede sein. Im Hinblick auf die vom Kläger vorgelegte „Vorhaben- und Betriebsbeschreibung“ vom 09.09.2013 (Bl. 147-149 d. A.) hebt das Verwaltungsgericht hervor, dass es für die Frage, ob bei einem „Schießplatz im Außenbereich die Befriedigung individueller Interessen im Vordergrund“ stehe oder ob die Anlage einem Personenkreis offen stehe, der „die Annahme eines überwiegend allgemeinen Interesses“ rechtfertige, gerade nicht „nach mathematischen Maßstäben etwa anhand der Größe der jeweiligen Benutzerkreise, sondern … aufgrund einer umfassenden, die gesamten Umstände des konkreten Vorhabens würdigenden Wertung zu entscheiden“ sei. Das entspricht – exakt – der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 09.05.2012, 4 B 10.12, BauR 2012, 1369 [bei Juris Rn. 8], sowie Beschl. v. 10.02.2009, 7 B 46.08, BRS 74 Nr. 108 [bei Juris Rn. 8 f.]), die dem Kläger aus dem vorangegangenen Verfahren zur Voranfrage vom 06.05.2005 bekannt ist. Ausgehend davon hat das Verwaltungsgericht einleuchtend ausgeführt, dass die Anlage des Klägers „neben dem jagdlichen Schwerpunkt in gleicher Weise auch auf ein rein sportliches (…) und Wettkampfzwecken dienendes Schießen ausgerichtet“ ist und die (Veranstaltungs-)Angebote wie auch die aktuelle Auslastung der Anlage die Feststellung eines Überwiegens jagdlicher Nutzungsinanspruchnahmen nicht ermögliche. Auch eine „isolierte“ Betrachtung der (von der Voranfrage betroffenen) Schießbahnen K 1 und K 2 führe zu keiner anderen Beurteilung (S. 22 des erstinstanzlichen Urt.-Abdr.). Dieser Beurteilung setzt der Kläger keine durchgreifenden Einwände entgegen.

10

Das Argument des Klägers, das jagdliche Wettkampfschießen sei vom jagdlichen Übungsschießen nicht getrennt zu betrachten, führt zu keiner anderen Beurteilung. Dem - für die Privilegierung i. S. d. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB maßgeblichen - öffentlichen Interesse, Jägern die Möglichkeit zu Schießübungen zu eröffnen, kann schon mit einer soliden Schießausbildung und der Veranstaltung von Schießübungen für Jäger entsprochen werden. Soweit - darüber hinaus - auch jagdliches Wettkampfschießen angeboten wird, mag dies dem öffentlichen Interesse förderlich sein, daraus ist indes nicht abzuleiten, dass Schießwettkämpfe mit Jagdwaffen zu einem Überwiegen öffentlicher Interessen führen. Soweit solche Wettkämpfe dem Erwerb von sog. Schießleistungsnadeln bzw. der Ermittlung der besten Schützen auf nationaler oder internationaler Ebene dienen (vgl. Schießvorschrift des Deutschen Jagdverbandes e.V. i. d. F. vom 01.04.2015, Nr. 1.3, 1.4), entsprechen sie „normalen“ schießsportlichen Wettkämpfen, die außerhalb des jagdlichen Schießens stattfinden.

11

Der Annahme des Klägers, ein 300 m - Schießstand, wie er mit der Verlängerung der Schießbahn K 1 verwirklicht werden soll, sei für die jagdliche Praxis unabdingbar, kann nicht gefolgt werden. Die bestehende Anlage K 1 deckt bereits Distanzen bis 270 m ab. Die erstrebte Verlängerung der Schussdistanz von 270 m auf 300 m sollte nach der Bauvoranfrage erfolgen, um eine „Zulassung für Wettkämpfe zu erhalten, welche der allgemein gültigen Sportordnung entspricht“ (Schreiben Fa. Bauform GmbH vom 14.10.2008, S. 1). Eine jagdliche Begründung für die begehrte Verlängerung der Schießbahn ist daraus nicht zu entnehmen. Für das jagdliche Schießen sind nur solche Schießbahnen in Betracht zu ziehen, die nach § 6 Abs. 3 der Jägerprüfungsverordnung i. d. F. v. 05.03.2012 (GVOBl. SH S. 350) i. V. m. der Schießvorschrift des Deutschen Jagdverbandes e.V. i. d. F. v. 01.04.2015 für Jagdwaffen vorgesehen sind; das sind Büchsen (Kal. ≥ .22 Hornet), Flinten (Kal. ≤ .12), und Kurzwaffen (Kal. ≥ .22 Long Rifle), wobei Schussdistanzen von 60 - 100 m (Büchsen) bzw. 25 m (Kurzwaffen) gelten (s. Nr. 3.1, 3.2, 4.1, 5.2, 5.4 der Schießvorschrift). Aus dem vom Kläger vorgelegten Schreiben des Landesjagdverbandes vom 14.05.2009 (Anlage B 3) ist nicht zu entnehmen, dass die begehrte Schießbahnverlängerung (K 1) bzw. -verschiebung (K 2) der „jagdliche Praxis“ dient. Die Ansicht des Landesjagdverbands (a.a.O.), eine „Überprüfung der Treffpunktlage auf 200 m und 300 m“ sie für die Feststellung, ob die Waffe „für weite Distanzen“ taugt, verengt das Problem auf einen technischen Aspekt. Die angeführte Vorschrift des § 22a Abs. 1 BJagdG ist in diesem Zusammenhang unergiebig, denn sie regelt die Pflichten des Jagdberechtigten bei „krankgeschossenem“ Wild; davon zu unterscheiden ist die Frage, ob im Rahmen waidgerechter Ausübung der Jagd (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 TierSchG) bei größeren Schussdistanzen oder bei Seitenwindgefahr - und damit unsicherem Schussergebnis - überhaupt auf Wild geschossen wird.

12

Der Ansicht des Klägers, die Pistolen- und Gewehrschießbahnen seien auf den Außenbereichsstandort angewiesen und - insbesondere - die Bahnen K 1 und K 2 seien als eigenständige Vorhaben unabhängig von der Gesamtanlage privilegiert zulässig, ist das Verwaltungsgericht mit überzeugenden Gründen entgegengetreten. Die Anlagen sind Teil der durch die Bescheide vom 27.06.2007/25.06.2008 genehmigten Gesamtanlage. Der Senat folgt dem Verwaltungsgericht darin, dass einzelne Schießstände der genehmigten Gesamtanlage nicht aus „dem Gesamtkonzept, das Gegenstand der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung war, herausgelöst und nach ihren jeweiligen Schwerpunkt planungsrechtlich beurteilt werden“ können (S. 22. des erstinstanzl. Urt.-Abdr.). Der Kläger nimmt diesen Standpunkt selbst ein, indem er die Zahlen zu den Nutzern der Anlage nicht etwa auf einzelne Schießbahnen (bzw. die Anlagen K 1 und K 2) bezieht, sondern auf die Nutzung der Gesamtanlage. Nach der dafür erteilten Genehmigung vom 27.06.2007/25.06.2008 ist diese zur Nutzung sowohl für jagdliche als auch für sportliche Zwecke zugelassen worden. Damit stellt sie ein „einheitliches Ganzes“ dar, zumal die einzelnen Teile der Gesamtanlage unter Nutzungsgesichtspunkten eine enge funktionale Verbindung aufweisen und die Einheitlichkeit des Vorhabens dem ausdrücklich geäußerten Willen des Bauherrn entspricht (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 04.09.2001, 10 B 332/01, BauR 2002, 432). Die der Genehmigung zugrundeliegende Betriebsbeschreibung zeigt, dass die für das jagdliche und sportliche bzw. „jagd-sportliche Ausbildungs-, Übungs- und Wettkampfschießen“ vorgesehenen, nach den Schießstand-Richtlinien des Deutschen Schützen-Bundes für Jäger und regionale Sportschützen errichteten Anlagen (Kurzbeschreibung zum Genehmigungsantrag, Nr. 1.1.1, 1.1.2) dazu dienen sollen, das „Übungsschießen, die Nachwuchsausbildung und die Austragung von Wettkämpfen“ zu ermöglichen (a.a.O., Nr. 3.4.1). Damit deckt die Genehmigung eine Nutzung der Gesamtanlage bzw. der einzelnen Schießbahnen durch Jäger für jagdliches Ausbildungs-, Prüfungs- und Übungsschießen und durch Jäger und Sportschützen für Schießwettkämpfe ab. Damit verträgt es sich nicht, aus der genehmigten Gesamtanlage einzelne Schießbahnen gleichsam herauszulösen und für diese eine überwiegende jagdliche Nutzung zu postulieren. Für die Schießbahnen K 1 und K 2 ist eine solche Nutzung nicht einmal spezifiziert worden. Selbst wenn die Nutzerzahlen dort überwiegend aus der Jägerschaft entstünden, würde dies die genehmigte und Nutzung der Gesamtanlage (auch) durch Sportschützen bzw. für Wettkämpfe nicht Frage stellen.

13

2. Wegen einer Divergenz i. S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO kann die Zulassung der Berufung nicht beansprucht werden. Der Kläger meint eine Divergenz darin zu erkennen, dass das Verwaltungsgericht - und auch der Senat (Urt. v. 15.09.2011, a.a.O.) - nur das jagdliche Ausbildungs- und Übungsschießen als privilegierungsfähig (i. S. d. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB) bezeichnet hat, während nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 09.05.2012, a.a.O.) über die privilegierte Zulässigkeit von Schießsportanlagen erst „auf der (zweiten) Ebene der umfassenden Bewertung“ zu entscheiden sei. Dem ist nicht zu folgen.

14

Was die Rechtsprechung des Senats anbetrifft, weist der Kläger in seiner Antragsbegründung bereits - zutreffend - darauf hin, dass diese nicht von derjenigen des Bundesverwaltungsgerichts divergiert. Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu in seinem Beschluss vom 09.05.2012 (a.a.O., Rn. 9) ausgeführt, dass der Senat sich der Möglichkeit einer Privilegierung nicht grundsätzlich verschlossen, sondern ausdrücklich zugrunde gelegt hat, dass Schießplätze und -stände im Außenbereich privilegiert sein können, wenn sie überwiegend für Schießübungen von Jägern oder anderen zum Führen von Schusswaffen berechtigten Personen vorgesehen sind.

15

Das Verwaltungsgericht ist dieser - in seinem Urteil ausführlich zitierten (S. 16-21 d. Urt.-Abdr.) - Rechtsprechung des Senats gefolgt. Der als divergent zitierte Satz, wonach „sportlichen oder Wettkampfzwecken“ dienende Schießstände nicht im Außenbereich entstehen sollen (S. 19 Mitte des erstinstanzlichen Urt.-Abdr.), entstammt dem zitierten Urteil des Senats vom 15.09.2011 (a.a.O.). Soweit auf S. 21 u. des erstinstanzlichen Urt.-Abdr. verwiesen wird, missversteht der Kläger die dortigen Ausführungen des Verwaltungsgerichts. Es geht dort um die Frage, ob das jagdliche Ausbildungs- und Übungsschießen das sportlichen und Wettkampfzwecken dienende Schießen und andere - nicht-schießsportliche - Aktivitäten überwiegt. Eine divergente Aussage in dem vom Kläger angenommenen Sinne ist damit dem erstinstanzlichen Urteil nicht zu entnehmen.

16

Anzumerken ist, dass bei der Frage der Privilegierungsfähigkeit auf die Gesamtanlage abzustellen ist; auf einzelne Anlagen - seien es solche (nur oder überwiegend) für jagdliches oder andere (nur oder überwiegend) für sportliches bzw. Wettkampfschießen - kommt es nicht an. Das „Schießsportzentrum“ des Klägers kann - mit anderen Worten - nicht in „privilegierungsfähige“ und nicht „privilegierungsfähige“ Einzelanlagen aufgespalten werden; es ist vielmehr - insgesamt - danach zu beurteilen, ob es überwiegend dem im Allgemeininteresse liegenden jagdlichen Ausbildungs- und Übungsschießen dient oder nicht.

17

3. Die Berufung ist auch nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Der Zulassungsgrund erfordert, dass eine grundsatzbedeutsame - klärungsfähige - Fragestellung dargelegt wird, die im konkreten Einzelfall entscheidungsrelevant ist und in der bisherigen ober- bzw. höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht geklärt ist. Weiter muss die aufgeworfene Frage Bedeutung über den konkreten Einzelfall hinaus haben. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.

18

3.1 Die Frage, ob eine privilegierte Zulässigkeit nur bei Anlagen in Betracht kommt, die dem jagdlichen Ausbildungs- und Übungsschießen dienen, während eine „gesollte“ Unterbringung im Außenbereich für solche Anlagen ausscheidet, die zu sportlichen und/oder Wettkampfzwecken dienen, ist durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. In seinem Beschluss vom 09.05.2012 (a.a.O., Rn. 8) hat das Bundesverwaltungsgericht dazu ausgeführt:

19

» Schießplätze und Schießstände können ... im Einzelfall im Außenbereich privilegiert sein, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Zwar trifft es zu, dass ein allgemeines Interesse daran besteht, Personen die Möglichkeit zu Schießübungen zu geben, die als Jäger oder aus anderen Gründen berechtigt sind, Schusswaffen zu führen (...). Das bedeutet aber nicht, dass Anlagen des Schießsports generell als im Außenbereich privilegiert anzusehen sind. Es genügt nicht, dass der Schießsport als Sport grundsätzlich förderungswürdig ist. Entscheidend ist, ob an der Vornahme einer bestimmten Tätigkeit ein überwiegendes allgemeines Interesse besteht (...). Bei der Bewertung, ob ein Vorhaben angesichts des mit ihm verfolgten Zwecks eine Privilegierung i.S.d. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB rechtfertigt, ist das Gesamtvorhaben in den Blick zu nehmen. Es genügt daher nicht, dass eine Schießanlage auch von Jägern (...) oder anderen Personen genutzt werden soll, die berechtigt sind, Schusswaffen zu führen und bei denen deswegen ein allgemeines Interesse daran besteht, dass sie sich im Umgang mit der Waffe auch üben. Ob bei der Errichtung bzw. Erweiterung eines Schießplatzes im Außenbereich die Befriedigung individueller Interessen im Vordergrund steht oder die Anlage einem Personenkreis offen steht, der die Annahme eines überwiegenden allgemeinen Interesses rechtfertigt, beurteilt sich nicht nach mathematischen Maßstäben etwa anhand der Größe der jeweiligen Benutzerkreise, sondern ist aufgrund einer umfassenden, die gesamten Umstände des konkreten Vorhabens würdigenden Wertung zu entscheiden. Das ist Aufgabe des Tatsachengerichts und einer verallgemeinerungsfähigen, rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich (...). «

20

Daraus ist - im Kern - zu entnehmen, dass Schießanlagen im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB nicht generell privilegiert sind. Die Frage einer Privilegierung ist - allgemein - davon abhängig, ob für die dort vorgenommenen Tätigkeiten ein allgemeines Interesse besteht und - speziell - daran geknüpft, ob eine umfassende, die gesamten Umstände des konkreten Vorhabens würdigende Wertung zu einem Überwiegen des Allgemeininteresses führt. Eine „gesollte“ Unterbringung von Schießanlagen im Außenbereich mag danach auch für Anlagen vorstellbar sein, die zu sportlichen und/oder Wettkampfzwecken genutzt werden, doch müssten für diese Zwecke, die nicht mit denjenigen identisch sind, die für ein Allgemeininteresse am jagdlichen Ausbildungs- und Übungsschießen streiten, spezielle Gründe des allgemeinen Interesses vorliegen. Ob dies der Fall ist, ist eine Frage des Einzelfalls, folglich keiner grundsätzlichen Klärung zugänglich. Aus den oben zitierten Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts ist dazu aber zu entnehmen, dass die allgemeine Erwägung, dass der Schießsport als Sport grundsätzlich förderungswürdig ist, insofern nicht ausreicht. Soweit das Schießen (sport- oder wettkampfartig) im Rahmen individueller Freizeitgestaltung ausgeübt wird, ist danach nicht von einer Nutzung auszugehen, die nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB im Außenbereich ausgeführt werden „soll“; das gilt auch dann, wenn die Nutzung durch oder „über“ einen Verein erfolgt (vgl. dazu VG Bayreuth, Urt. v. 07.10.2010, B 2 K 10.285 , Juris).

21

3.2 Die - weitere - Frage, ob sich das allgemeine Interesse daran, Personen die Möglichkeit zu Schießübungen zu geben, die als Jäger oder aus anderen Gründen berechtigt sind, Schusswaffen zu führen, auch auf die Durchführung von (jagdlichen) Wettkämpfen und Meisterschaften erstreckt, führt ebenfalls nicht zur Berufungszulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die Frage ist im Einzelfall anhand der Umstände des konkreten Vorhabens zu entscheiden. Dabei geht es nicht darum, einen „Gegensatz“ zwischen dem jagdlichen Ausbildungs- und Übungsschießen und der Durchführung von jagdlichen Schießwettbewerben herzustellen, sondern um die Würdigung, ob die im Allgemeininteresse liegenden Aktivitäten auf der Gesamtanlage überwiegen. Dem - einer weidgerechten Jagdausübung (vgl. §§ 1 Abs. 3, 22a BJagdG), dem Tierschutz (§ 4 Abs. 1 Satz 2 TierSchG) und der öffentlichen Sicherheit dienenden - öffentliche Interesse daran, von Jägern Kenntnisse und Erfahrungen im Umgang mit Waffen zu verlangen (vgl. § 15 Abs. 5 BJagdG) und ihnen auch Gelegenheit zu geben, den Umgang mit Waffen zu üben, dient das Ausbildungs- und Übungsschießen, das allen Jägern angeboten wird, um „ihre Fertigkeiten im Umgang mit der Waffe zu trainieren und zu vervollkommnen, ihre Schießfertigkeit zu überprüfen und zu steigern“ (vgl. Schießvorschrift des Deutschen Jagdverbandes, a.a.O, S. 10, zu 1.1 und 1.2, sowie S. 37, zu Nr. 8). Darauf aufbauend wird das sog. Leistungsschießen sowie das wettbewerbliche Vergleichsschießen angeboten (a.a.O., zu 1.3 und 1.4). Dem entsprechend wird dem öffentlichen Interesse an einer hinreichenden jagdlichen Ausbildung und Übung der Jäger bereits mit dem Ausbildungs- und Übungsschießen entsprochen; beim Leistungsschießen und bei Wettbewerben im jagdlichen Schießen geht es um höhere Leistungen. Zugleich sind damit auch sportliche Aspekte eines Leistungsvergleichs verbunden, der sich nicht nur auf einzelne Jäger, sondern auch auf Mannschaften beziehen kann (vgl. Schießvorschrift, a.a.O, zu 2.3). Diese Umstände sind bei der Würdigung, ob auf einer Gesamtanlage die im Allgemeininteresse liegenden Aktivitäten überwiegen, zu berücksichtigen.

22

3.3 Schließlich führt auch die Frage, ob Anlagen, die einem breiten Nutzerkreis zur Sportausübung einschließlich der Durchführung von Wettkämpfen und Meisterschaften zur Verfügung stehen und die nach den konkreten Umständen und nach den konkreten Verhältnissen der jeweiligen Gemeinde sachgerecht nur im Außenbereich untergebracht werden können, nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB im Außenbereich privilegiert zugelassen werden können, nicht zu einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache. Die Frage stellt auf spezifische Umstände und Verhältnisse der jeweiligen Gemeinde ab und entzieht sich schon deshalb einer grundsatzbedeutsamen Klärung. Abgesehen davon ist der - oben zu 3.1 zitierten - Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu entnehmen, dass Schießsportanlagen nicht generell im Außenbereich privilegiert sind und dass die allgemeine Förderungswürdigkeit des Schießsports insoweit nicht ausreicht. Daraus ist zu entnehmen, dass - allein - ein „breiter Nutzerkreis“ für eine Privilegierung von Schießsportanlagen im Außenbereich nicht genügt. Auf die Ausführungen zu oben 3.1 wird ergänzend verwiesen.

23

4. Zum Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) verweist der Kläger i. W. auf seine Darlegungen zum Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das genügt vorliegend nicht. Zwar ist zu dem Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO keine eingehende Darlegung erforderlich, soweit sich die „Komplexität der Sache“ bereits aus dem Begründungsaufwand des erstinstanzlichen Urteils ergibt; in diesem Fall genügen erläuternde Hinweise auf die einschlägigen Passagen des Urteils. Soweit die Schwierigkeiten des Falles indes darin erblickt werden, dass das Gericht auf bestimmte tatsächliche Aspekte nicht eingegangen ist oder notwendige Rechtsfragen nicht oder unzutreffend beantwortet hat, müssen diese Gesichtspunkte in nachvollziehbarer Weise dargestellt und ihren Schwierigkeitsgrad plausibel gemacht werden (BVerfG, Beschl. v. 23.06.2000, 1 BvR 830/00, NVwZ 2000, 1163).

24

Im vorliegenden Fall „verweist“ der Kläger auf die „Frage der Anforderungen an die Vorhaben- und Betriebsbeschreibung und ggf. ergänzender Baubedingungen“, auf die „Frage der generellen Privilegierungsfähigkeit des jagdlichen Wettkampfschießens, der jagdlichen Bedeutung der einzelnen Schießstände und insbesondere der Stände K 1 und K 2“, die separat betrachtet werden könnten (S. 16 der Antragsbegründung). Aus diesen „Verweisen“ wird indes weder erkennbar, ob insofern tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten angesprochen werden sollen, noch ist - zu den einzelnen Aspekten - nachvollziehbar, inwieweit diese entscheidungserheblich sind und (ggf.) worin die (tatsächlichen oder rechtlichen) Schwierigkeiten bestehen sollen.

25

Inwieweit die Anforderungen an die Vorhaben- und Betriebsbeschreibung und ggf. ergänzender „Baubedingungen“ mit besonderen Schwierigkeiten verbunden sein sollen, ist der Begründung des Zulassungsantrags nicht zu entnehmen. Die allgemeinen Voraussetzungen für die planungsrechtliche Privilegierung einer Schießsportanlage gem. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB sind der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 09.05.2012, a.a.O.) und des Senats (Urt. v. 15.09.2011, a.a.O.) zu entnehmen; daraus ist - zugleich - abzuleiten, dass es auf die Vorhaben- und Betriebsbeschreibung bzw. „Baubedingungen“ der Gesamtanlage ankommt. Insofern geht es im Kern darum, Informationen für die tatsächliche Würdigung zu „liefern“, ob die im Allgemeininteresse liegenden Aktivitäten auf der Gesamtanlage überwiegen. Inwieweit dies mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, ist der Begründung des Zulassungsantrags nicht zu entnehmen. Soweit die tatsächliche Würdigung der konkreten Verhältnisse betroffen ist, fehlt die Angabe, in welcher Hinsicht nach der vom Verwaltungsgericht dazu bereits vorgenommenen Würdigung noch Schwierigkeiten verbleiben.

26

Die Annahme einer generellen Privilegierungsfähigkeit des jagdlichen Wettkampfschießens betrifft eine Rechtsfrage, deren Beantwortung sich nach den Kriterien richtet, die sich aus den - oben zu 3.1 - 3.3 behandelten - Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats ergeben. Die Kriterien - als solche - sind danach geklärt; inwieweit ihre Anwendung auf den Einzelfall (noch) mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, ist dem Zulassungsantrag nicht zu entnehmen. Auch hier gilt, dass (tatsächliche oder rechtliche) Schwierigkeiten nur insoweit zulassungsbegründend wirken können, als sie nach der - ausführlich begründeten - erstinstanzlichen Entscheidung ungelöst geblieben sind.

27

Welche Schwierigkeiten mit der „jagdlichen“ Bedeutung der einzelnen Schießstände und insbesondere der Stände K 1 und K 2“, die nach Ansicht des Klägers separat betrachtet werden sollen, verbunden sein sollen, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Eine separate Betrachtung einzelner Schießstände bzw. der Stände K 1 und K 2 kommt ohnehin nicht in Betracht (s. o. S. 6, zu 1.). Abgesehen davon ist entscheidungserheblich auf die tatsächliche Würdigung der Nutzungen der Gesamtanlage abzustellen.

28

5. Der Zulassungsantrag ist nach alledem abzulehnen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

29

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

30

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO nicht erstattungsfähig, weil sie sich am Zulassungsverfahren nicht beteiligt haben.

31

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.

32

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


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