Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 14.3.2003 - 1 K 123/02 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Antragsverfahrens tragen die Kläger.
Der Streitwert wird auf 4.000,-- Euro festgesetzt.
Gründe
Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 14.3.2003 - 1 K 123/02 - die Klage der Kläger gegen die Einschulung ihres 1994 geborenen Sohnes durch Einschulungsverfügung vom 2.8.2002 in die Schule für Körperbehinderte, Zweig für Lernbehinderte, statt nach dem Wunsch der Eltern in die Regelschule abgewiesen. Dagegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung, der auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 II Nr. 1 VwGO) und einen Verfahrensmangel (§ 124 II Nr. 5 VwGO) in Form mangelnder Sachaufklärung durch ein weiteres neutrales Gutachten gestützt ist.
Der Zulassungsantrag ist unbegründet, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts unterliegt keinen ernstlichen Zweifeln. Die auf § 6 II des Schulpflichtgesetzes hier noch in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 7.6.2000 (Amtsbl. S. 1018) - derzeit gültig in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 9.7.2003 (Amtsbl. S. 1990) - gestützte Entscheidung über die Einschulung des Sohnes der Kläger in die Schule für Körperbehinderte, Zweig für Lernbehinderte, ist auch nach der Rechtsauffassung des Senats rechtmäßig, da sie der schweren körperlichen Behinderung und der Lernbehinderung des Sohnes pädagogisch besser gerecht wird als die Einschulung in die Grundschule als Regelschule und ihm damit bessere Bildungschancen gibt.
Die Anforderungen sowohl an die Gesetzgebung zur integrierten oder nichtintegrierten Einschulung behinderter Menschen als auch die Kriterien für die Einzelfallentscheidung der Einschulung sind im Wesentlichen durch die Verfassungsrechtsprechung vorgegeben.
Besonders eingehend BVerfG, Beschluss vom 8.10.1997, - 1 BvR 9/97 - BVerfGE 96, 288, sowie bei Juris, betreffend die Überweisung eines behinderten Schülers gegen den Wunsch der Eltern in die Sonderschule bei sonderpädagogischem Förderbedarf in den meisten Unterrichtsfächern.
Nach Artikel 3 III 2 GG darf niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Nach dem Willen des Grundgesetzgebers sollen damit Ausgrenzungen von behinderten Menschen verhindert oder überwunden werden.
BVerfG, Beschluss vom 8.10.1997 - 1 BvR 9/97 -, S. 9 des Juris-Ausdrucks, unter Rückgriff auf die BTDrucks. 12/8165, S. 28.
Eine Definition der Benachteiligung Behinderter enthält nunmehr - bezogen auf das saarländische Recht - § 3 II des Saarländischen Behindertengleichstellungsgesetzes vom 26.11.2003 (Amtsbl. S. 2987) mit folgendem Wortlaut:
Eine Benachteiligung liegt vor, wenn Menschen mit und ohne Behinderung ohne zwingenden Grund unterschiedlich behandelt werden und dadurch behinderte Menschen in der gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt werden.
Im Schulwesen liegt die in Betracht kommende Benachteiligung darin, dass behinderten Menschen die Teilhabe an den Bildungschancen genommen wird. Aus der Grundgesetzbestimmung folgt, dass der Staat und die Schulgesetzgeber der Länder für behinderte Schüler eine besondere Verantwortung tragen; der Staat muss geeignete schulische Einrichtungen bereithalten, die Art und Intensität der Behinderung sowie den Anforderungen der Schulart Rechnung tragen.
BVerfG, Beschluss vom 8.10.1997 - 1 BvR 9/97 -, S. 10 des Juris-Ausdrucks.
Bei der Entscheidung über integrierten Unterricht kann der Gesetzgeber, wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend hervorgehoben hat (S. 9 des Urteils), im Rahmen seiner Entscheidungsfreiheit primär auf pädagogische und sekundär auf organisatorische, personelle und finanzielle Gründe abstellen.
BVerfG, Beschluss vom 8.10.1997 - 1 BvR 9/97 -, S. 10 des Juris-Ausdrucks.
Ein vorrangiger Anspruch auf integrative Beschulung lässt sich dem Verfassungsrecht nicht entnehmen.
BVerfG, Beschluss vom 8.10.1997 - 1 BvR 9/97 -, S. 13 des Juris-Ausdrucks unter Billigung einer niedersächsischen Regelung, die keinen Integrationsvorrang einräumt.
Das saarländische Schulrecht entspricht den dargelegten verfassungsrechtlichen Anforderungen. Grundlage der Einschulungsentscheidung ist der festzustellende sonderpädagogische Förderungsbedarf in Form der Beeinträchtigung der Bildungs-, Entwicklungs- und Lernmöglichkeiten.
§ 4 II Schulordnungsgesetz hier in der Fassung des Gesetzes vom 7.6.2000 (Amtsbl. S. 1018) und nunmehr in der insoweit unveränderten Fassung des Gesetzes vom 9.7.2003 (Amtsbl. S. 1990); zur Feststellung der sonderpädagogischen Förderungsbedürftigkeit § 6 II Schulpflichtgesetz sowie §§ 5, 7 der Schulpflichtverordnung in der Fassung der Änderungsverordnung vom 21.11.2000 (Amtsbl. S. 2035).
Schulorganisatorisch umfaßt der Unterrichtsauftrag der Schulen in der Regelform grundsätzlich auch die Schüler mit sonderpädagogischem Förderungsbedarf (§ 4 I 1 Schulordnungsgesetz). Nach § 4 III Schulordnungsgesetz dienen der Unterrichtung und Erziehung von Schülern mit sonderpädagogischem Förderungsbedarf verschiedene Unterrichtsformen ohne dass ein Vorrang bestimmt ist. Dementsprechend bestimmt § 6 I Schulpflichtgesetz:
Schüler mit sonderpädagogischem Förderungsbedarf sind zum Besuch des gemeinsamen Unterrichts von Behinderten und Nichtbehinderten, für sie geeigneter besonderen Schulen für behinderte (Sonderschulen) oder des für sie geeigneten Sonderunterrichts verpflichtet.
Ein Vorrang der Integration vor der Nichtintegration wird vom Schulgesetzgeber wie dargelegt nicht geregelt, stattdessen ergeht nach § 6 II Schulpflichtgesetz eine Einzelfallentscheidung. Die Einzelfallentscheidung erfolgt nach § 9 I 1 der Integrationsverordnung hier in der Fassung der Verordnung vom 21.11.2000 (Amtsbl. S. 2035) und derzeit in der Fassung der Änderungsverordnung vom 4.7.2003 (Amtsbl. S. 1910) unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte, wenn gewährleistet ist, dass die Schüler in der Schule der Regelform die erforderliche sonderpädagogische Förderung erhalten (§ 1 I Integrationsverordnung). Ausgehend von der Rechtslage im saarländischen Schulrecht, dass Integration und Nichtintegration gleichrangig nebeneinander stehen und unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte zu entscheiden ist, gewinnen die materiellen Kriterien für diese Entscheidung besondere Bedeutung.
Das Bundesverfassungsgericht hat nicht nur die Anforderungen an den Gesetzgeber, sondern auch die Kriterien für die Einzelfallentscheidung der Schule verfassungsrechtlich vorgezeichnet.
BVerfG, Beschluss vom 8.10.1997 - 1 BvR 9/97 -, BVerfGE 96, 288, zu den Anforderungen an den Gesetzgeber S. 10 des Juris-Ausdrucks und zu den Anforderungen an die Einzelfallentscheidung S. 11 des Juris-Ausdrucks.
Die Entscheidung der Schule fordert eine Gesamtbetrachtung im Einzelfall unter Berücksichtigung von Art und Schwere der jeweiligen Behinderung.
BVerfG, Beschluss vom 8.10.1997 - 1 BvR 9/97 - S. 11 des Juris-Ausdrucks.
Das primär vom Bundesverfassungsgericht hervorgehobene Kriterium ist also Art und Schwere der jeweiligen Behinderung, die im Wesentlichen für die bestmögliche Bildung maßgeblich ist. Nach der dargelegten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sind bei dieser materiellen Betrachtung die Vor- und Nachteile der integrativen Erziehung und der Sonderschulerziehung gegenüberzustellen. Ausschlaggebend als Maßstab sind nicht nur die Chancen der Ausbildung, sondern auch die Belastungen sind zu würdigen, und zwar mit Blick auf das behinderte Kind selbst, auf Mitschüler und Lehrpersonal.
BVerfG, Beschluss vom 8.10.1997 - 1 BvR 9/97 -, S. 11 des Juris-Ausdrucks.
Schließlich - und damit sekundär - ist zu berücksichtigen, dass staatliche Maßnahmen zum Ausgleich einer Behinderung nur nach Maßgabe des finanziell, personell, sachlich und organisatorisch Möglichen verlangt und gewährt werden können.
BVerfG, Beschluss vom 8.10.1997 - 1 BvR 9/97 -, S. 11 des Juris-Ausdrucks.
Diese sekundären Gesichtspunkte sind im vorliegenden Fall nicht einschlägig.
Vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund ist § 9 I der Integrationsverordnung mit dem Merkmal der Berücksichtigung aller Gesichtspunkte verfassungskonform und hinreichend bestimmt dahingehend auszulegen, dass primär die bestmögliche Bildung nach Art und Umfang der Behinderung und sekundär die organisatorischen und finanziellen Gesichtspunkte gemeint sind.
Die vom Bundesverfassungsgericht verlangte Berücksichtigung sowohl der Chancen als auch der Belastungen kommt darin zum Ausdruck, dass § 1 I der Integrationsverordnung verlangt, dass die sonderpädagogische Förderung in der Schule der Regelform gewährleistet ist. Dieser Gewährleistungsmaßstab statt etwa eines Möglichkeitsmaßstabs führt zu dem Ergebnis, dass nach pädagogischen Gesichtspunkten eine möglichst realitätsgerechte Entscheidung über die Integration oder die Nichtintegration getroffen werden soll. Geringe Chancen bei größeren Belastungen führen nach dem Gewährleistungsmaßstab nicht schon zu einem Integrationsversuch, wie es hier die Kläger befürworten.
Im praktischen Ergebnis spricht vor allem ein eingrenzbarer sonderpädagogischer Förderungsbedarf für eine Integration in der Regelschule und ein "flächendeckender" sonderpädagogischer Förderungsbedarf für praktisch alle Schulfächer für eine bessere Schulbildung in der Sonderschule.
Zu dem Gesichtspunkt des erheblichen sonderpädagogischen Förderbedarfs in den meisten Schulfächern als Grundlage für die Entscheidung zu Gunsten einer Sonderschulbildung BVerfG, Beschluss vom 8.10.1997 - 1 BvR 9/97 -, Seite 13 und 6 des Juris-Ausdrucks; und sinngemäß Beschluss des Senats vom 29.10.2003 - 3 W 32/03 -, Seite 5 des amtlichen Umdrucks, zu praktisch flächendeckenden Förderbedarf in den Fächern Deutsch, Mathematik, Französisch, Biologie und Erdkunde auf der Grundlage eines Unverständnisses von Sachverhalten.
Ausgehend von diesen Rechtsprechungsgrundsätzen erweist sich im konkreten Fall die Einschulung in die Schule für Körperbehinderte (§ 4 IV Nr. 5 Schulordnungsgesetz), Zweig für Lernbehinderte (vgl. § 4 IV Nr. 6 Schulordnungsgesetz), als der Behinderung adäquat und unter pädagogischen Gesichtspunkten im Sinne einer besseren realen Bildungschance als vorzugswürdig gegenüber dem Versuch einer Integration in die Regelschule.
Das Grundleiden des Sohnes besteht in der angeborenen Fehlbildung von Rückenmark und Wirbelsäule in Form der Krankheit Spina bifida, die im Übrigen auch bei der Beschwerdeführerin im Fall der zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorlag.
Zum Grundleiden des Klägers Gutachten des Gesundheitsamtes des Landkreises Saarlouis durch die Kinderärztin Dr. W. vom 28.5.2002, Behördenakte Blatt 54/53; zu demselben Grundleiden der Beschwerdeführerin in dem dargelegten verfassungsrechtlich entschiedenen Fall BVerfG, Beschluss vom 8.10.1997 - 1 BvR 9/97 -, Seite 6 des Juris-Ausdrucks.
Nach dem von den Klägern nicht angegriffenen Gutachten der Kinderärztin Dr. W. des Gesundheitsamtes Saarlouis (Seite 2) besteht aus kinderärztlicher und schulärztlicher Sicht für die Einschulung ein hoher Förderbedarf für den Bereich Körperbehinderung und Lernbehinderung/Grenze geistige Behinderung mit Notwendigkeit von individuellem langsamen Förderangebot. Der Verbindung von körperlicher Behinderung und Lernbehinderung entspricht die hier erfolgte Einschulung in die Schule für Körperbehinderte, Zweig für Lernbehinderte, am besten. Wie sich aus einem neueren Gutachten des Gesundheitsamtes des Stadtverbandes Saarbrücken vom 12.3.2003 ergibt (VG-Akte Blatt 44), fühlt sich der Sohn der Kläger zwischenzeitlich nach dem Eindruck der Gutachterin in der Körperbehindertenschule wohl, wird von seinen Klassenkameraden gut angenommen, kann sich mit Hilfe seines Rollstuhls selbstständig fortbewegen und bedarf bei den anderen Verrichtungen des täglichen Lebens der Hilfestellung, braucht im kognitiven Bereich und dem Bereich der Gedächtnisleistung individuelle Betreuung und profitiert in der Sonderschule durch das Lernen in der Kleingruppe und angeleitet durch Pädagogen, die spezielle Erfahrung im Umgang mit behinderten Kindern haben und es gewohnt sind, auf die rasche Ermüdbarkeit der Kinder Rücksicht zu nehmen. Bezogen auf die Regelschule hat die Kinderärztin Dr. W. in ihrem Gutachten vom 28.5.2002 (Seite 2/3) einen Experten für die Erkrankung Spina bifida zu Rate gezogen mit dem mitgeteilten Ergebnis, dass versuchte Integrationsmaßnahmen bei ähnlich schweren Erkrankungsformen in der Regel zur Isolation des behinderten Kindes im Klassenverband der Regelschule und zum Abbruch des Integrationsversuchs geführt haben. Die Kinderärztin Dr. W. kommt in ihrem Gutachten (Seite 2) aus kinderärztlicher Sicht zu der Beurteilung, eine kleine Klasse einer Schule für Körperbehinderte würde den geeigneten Rahmen der schulischen Förderung für das Kind darstellen; die Zuweisung des Kindes in eine Sonderschule für Körperbehinderte sei aus medizinischen Gründen sinnvoll (Seite 3 des Gutachtens). Die Kläger berufen sich zu ihren Gunsten auf die nachfolgende Beurteilung des Elternwunschs durch die Kinderärztin Dr. W.. Mit Blick auf den als unumstößlich angesehenen Wunsch der Familie hält die Sachverständige eine erfolgreiche schulische Integration letztlich doch für nicht ausgeschlossen (Seite 6), allerdings unter Übernahme der vollen Eigenverantwortung der Eltern für mögliche medizinische Komplikationen (Seite 4 des Gutachtens). Die Beurteilung des Elternwunschs durch die Sachverständige widerspricht dem rechtlichen Maßstab, dass nach der Verfassungsrechtsprechung die Schulbehörde letztverantwortlich für die Integrationsentscheidung bleibt und mithin nicht die Eltern letztverantwortlich sind.
BVerfG, Beschluss vom 28.10.1997 - 1 BvR 9/97 -, Seite 12 des Juris-Ausdrucks.
Im Sinne des dargelegten Gewährleistungsmaßstabes des § 1 I der Integrationsverordnung ist nach der Beurteilung der Sachlage durch die Gutachterin die erforderliche sonderpädagogische Förderung in der Schule für Körperbehinderte gewährleistet, in der Schule der Regelform dagegen nicht gewährleistet, sondern nur nicht ausgeschlossen. Bei Beachtung der geltenden rechtlichen Maßstäbe spricht das von den Klägern für ihre Auffassung herangezogene Gutachten des Landkreises Saarlouis durch die Kinderärztin Dr. W. vom 28.5.2002 mithin in Wirklichkeit für die Zuweisung zur Schule für Körperbehinderte und gerade nicht für eine Gewährleistung des sonderpädagogischen Förderbedarfs in der Regelschule.
Zum Vorzug der Schule für Körperbehinderte kommt auch das vom Verwaltungsgericht in erster Linie herangezogene von den Klägern angegriffene sonderpädagogische Gutachten der Sonderschullehrerin M. vom 6.6.2002 (Behördenakte Blatt 73). Die Gutachterin hat sich durch die im Gutachten inhaltlich wiedergegebenen Gespräche mit der tätig gewordenen Krankengymnastin, dem Logopäden, der Erzieherin der Kindergartengruppe und der Leiterin des Regelkindergartens sowie der Integrationspädagogin auf einer empirisch umfangreichen Grundlage ein sorgfältiges Bild über die bisherige Integration verschafft. Insbesondere nach dem Bericht der Integrationspädagogin hat der Sohn der Kläger im Kindergarten Anforderungen aller Art sofort abgeblockt und sich gegen das Arbeiten nach Regeln und Anweisungen gesperrt (Seite 6 des Gutachtens). Der IQ-Wert liegt nach zwei verschiedenen Testverfahren unter 60 (Seite 8 des Gutachtens). Unter Zugrundelegung der starken körperlichen Behinderung, der eingeschränkten Intelligenz und des blockierenden Verhaltens kommt die Gutachterin zum Ergebnis (Seite 10 des Gutachtens), es liege ein sonderpädagogischer Förderbedarf im Sinne einer Körperbehinderung und im Sinne einer Lernbehinderung mit der Tendenz in Richtung einer geistigen Behinderung vor. Mit dieser sachlichen Grundbeurteilung des sonderpädagogischen Förderbedarfs deckt sich das ausführliche pädagogische Gutachten vom 6.6.2002 mit dem ebenfalls ausführlichen kinderärztlichen Gutachten der Kinderärztin Dr. W. (Seite 2), die wie dargelegt ebenfalls einen hohen Förderbedarf für den Bereich Körperbehinderung und Lernbehinderung/Grenze geistige Behinderung bejaht. Die beiden eingehenden medizinischen und pädagogischen Gutachten kommen mithin in ihrer tragenden Beurteilung - was nach Kenntnis des Senats in vergleichbaren Fällen nicht selbstverständlich ist - im Wesentlichen zu derselben Beurteilung des sonderpädagogischen Förderbedarfs.
In den Schlussfolgerungen unterscheiden sich zwar die beiden Gutachten. Das sonderpädagogische Gutachten hält die integrative Unterrichtung an der Regelschule für nicht empfehlenswert und nicht sinnvoll (Seite 10 des Gutachtens); das medizinische Gutachten enthält zunächst als sinnvolle Empfehlung die Zuweisung des Kindes in eine Sonderschule für Körperbehinderte (Seite 3 des Gutachtens), würdigt aber den feststehenden Elternwunsch auf Integration dann dahingehend, eine Integration sei bei voller Eigenverantwortung der Eltern nicht auszuschließen (Seite 4 und 6 des Gutachtens). Berichtigt man allein den darin angelegten rechtlichen Maßstab, führt dies zum Vorzug der Sonderschule. Bezogen hier auf das zweitinstanzliche Verfahren hat der Senat keinen Anlaß für die Einholung eines Obergutachtens, wenn vorhandene Gutachten ungeachtet von Meinungsverschiedenheiten in den wesentlichen Fragen übereinstimmen.
BVerwG, Urteil vom 23.5.1989 - BVerwG 7 C 2.87 -, BVerwGE 82, 76 - 90.
Die Angriffe im Zulassungsvorbringen (Seite 3) gegen das sonderpädagogische Gutachten überzeugen nicht, da sie nur abstrakt auf die Ablehnung der Integrationsmaßnahme abstellen mit der Begründung, dass die Sonderschullehrerin dem Beklagten unterstellt und fraglich sei, ob alleine die Qualifikation als Sonderschullehrerin zu dem Gutachten befähige. Angesichts des gründlichen und empirisch durch Heranziehung aller in Betracht kommenden Informationsquellen fundierten sonderpädagogischen Gutachtens sind diese nur abstrakten Angriffe ohne Überzeugungskraft. Bei einer abstrakten Betrachtung muss auch gesehen werden, dass in dem vom Bundesverfassungsgericht entschieden niedersächsischen Fall ebenfalls das Beratungsgutachten einer Sonderschullehrkraft Verfahrensgrundlage war und das Bundesverfassungsgericht gerade dieses Verfahren als weitgehende Objektivierung der behördlichen Entscheidungsfindung ansieht.
BVerfG, Beschluss vom 8.10.1997 - 1 BvR 9/97 -, Seite 6 und 11 des Juris-Ausdrucks.
Soweit sich die Kläger im Zulassungsverfahren auf die bereits in den Behördenunterlagen (Seite 92) enthaltene Stellungnahme der Kinderärztin K. vom 15.7.2002 stützen, besteht ebenfalls keine Veranlassung zur Einholung eines Obergutachtens. Die Kinderärztin empfiehlt in ihrer kurzen Beurteilung eine Einschulung in die Regelschule, geht aber von dem im sonderpädagogischen Gutachten fundiert widerlegten Sachverhalt aus, der Sohn habe den Regelkindergarten ohne jegliche Probleme besucht. Dem ist entgegenzuhalten, dass die im Kindergarten tätige Integrationspädagogin auf Grund des blockierenden Verhaltens und des Mittelpunktstrebens des Sohns eine integrative Unterrichtung in einer Regelschule nicht für vorstellbar hält (Seite 6 des sonderpädagogischen Gutachtens). Die im sonderpädagogischen Bedarf übereinstimmenden Feststellungen des medizinischen und des sonderpädagogischen ausführlichen Gutachtens sind von den Klägern weder durch das Attest der Kinderärztin K. vom 15.7.2002 noch in anderer Weise konkret erschüttert worden.
Vielmehr spricht gerade umgekehrt die neue Stellungnahme des Gesundheitsamtes des Stadtverbandes - der vom Beklagten nicht abhängig ist - vom 12.3.2003 (VG-Akte Blatt 47) als Indiz dafür, dass die Beurteilung des sonderpädagogischen Förderungsbedarfs durch das medizinische und das sonderpädagogische Gutachten durchaus zutreffend ist, denn der inzwischen in der Körperbehindertenschule eingeschulte Sohn der Kläger fühlt sich nach dem Eindruck der Gutachterin dort wohl und profitiert von dem Lernen in der Kleingruppe, angeleitet durch Pädagogen, die spezielle Erfahrung im Umgang mit behinderten Kindern haben und die es gewohnt sind, auf die rasche Ermüdbarkeit der Kinder Rücksicht zu nehmen. Konkret ist dieses Gutachten nicht angegriffen.
Bei einer Gesamtwürdigung der Chancen und Belastungen steht nach der Ansicht des Senats fest, dass der Sohn der Kläger die seiner Körperbehinderung und Lernbehinderung entsprechende adäquate Schulbildung in der Schule für Körperbehinderte, Zweig für Lernbehinderte, erhält und deutlich geringere Bildungschancen in der Regelschule hätte. Da diese Gesamtwürdigung auf der Einschätzung von insgesamt drei überzeugenden Gutachten beruht, die konkret und substanziiert mit einer Auseinandersetzung im Einzelnen nicht angegriffen sind, besteht vernünftigerweise kein Bedarf für ein weiteres Sachverständigengutachten zur abschließenden Entscheidung des Falles.
Für den gerügten Verfahrensfehler der mangelnden Sachaufklärung (§§ 124 II Nr. 5, 86 VwGO) kommt es auf den Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichts an. Da der Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichts und der des Senats übereinstimmen, hatte auch das Verwaltungsgericht keinen Anlass zur Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens. Einen ausdrücklichen Beweisantrag hat der anwaltlich vertretene Kläger in der Sitzung des Verwaltungsgerichts vom 14.3.2003 ausweislich des Protokolls (VG-Akte Blatt 47 ff.) nicht gestellt. Bezogen auf ein zusätzliches Gutachten hält auch das Bundesverwaltungsgericht einer vergleichbaren Sachaufklärungsrüge entgegen, die dortigen Kläger hätten den Aufklärungsbedarf in der mündlichen Verhandlung offenbar nicht anders gesehen als das Gericht, weil sie keine Beweisanträge gestellt hatten.
BVerwG, Urteil vom 23.5.1989 - BVerwG 7 C 2.87 -, BVerwGE 82, 76 - 90; ebenso im Sinne eines fehlenden Beweisantrags als Indiz gegen weiteren Aufklärungsbedarf Bader u.a., VwGO, 2. Auflage 2002, § 86 Rdnr. 22.
Mithin bleibt auch die Verfahrensrüge nach § 124 II Nr. 5 VwGO erfolglos.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 II VwGO.
Die Streitwertentscheidung folgt aus den §§ 13, 14, 25 GKG unter Mitberücksichtigung von Nr. 37.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, DVBl. 1996, 605.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.