Urteil vom Oberverwaltungsgericht des Saarlandes - 7 R 1/03

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des gerichtsgebührenfreien Berufungsverfahrens fallen dem Beklagten zur Last.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1. Der am 12.3.1974 in Rodalben geborene Beklagte trat nach dem Schulabschluss (Hauptschule) und Ableisten des Berufsgrundschuljahres am 1.8.1990 als auszubildende Dienstleistungsfachkraft im Postbetrieb beim damaligen Postamt P. in den Dienst der früheren Deutschen Bundespost. Nach erfolgreichem Abschluss der Berufsausbildung - Gesamtnote: befriedigend - wurde er am 11.6.1992 unter gleichzeitiger Ernennung zum Postoberschaffner z.A. in das Beamtenverhältnis auf Probe übernommen. Zum 1.1.1994 wurde er zum Postoberschaffner ernannt und mit Wirkung vom 1.2.1995 zum Posthauptschaffner (Besoldungsgruppe A 4) befördert. Die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit wurde ihm zum 12.3.2001 verliehen.

Der Beklagte war zuletzt als Briefzusteller beim Zustellstützpunkt Zweibrücken eingesetzt. Insoweit wurden ihm in der Beurteilung seines unmittelbaren Vorgesetzten vom 12.11.2001 mit Blick auf seine Ausfallzeiten - seit April 2001: 76 Krankheitstage - gerade noch befriedigende Leistungen bescheinigt; weiter wurde ausgeführt, seine Verwendbarkeit sei eingeschränkt, weil er nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis sei.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse des nicht verheirateten Beklagten waren zeitweise sehr angespannt. Seine Nettobezüge beliefen sich beispielsweise im März 2002 auf 1.433,48 Euro/Monat. Davon gingen regelmäßig 203,20 Euro an Versicherungen, 50,00 Euro an den Q.-Versand, 248,15 Euro an die Creditreform und 410,00 Euro an seinen Vermieter ab, so dass ihm zur Bestreitung seines sonstigen Lebensunterhalts rund 522,00 Euro im Monat verblieben. Inzwischen ist es dem Beklagten gelungen, seine Schulden fast vollständig abzutragen und seine finanziellen Angelegenheiten zu ordnen.

Strafgerichtlich und disziplinarrechtlich ist der Beklagte nicht vorbelastet.

Unter dem 6.11.2001 wurden Vorermittlungen gemäß § 26 BDO gegen den Beklagten angeordnet. Am 4.12.2001 wurde ihm gemäß § 60 BBG unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Führung der Dienstgeschäfte verboten. Anfang 2002 wurde das Disziplinarverfahren gemäß § 17 BDG eingeleitet. Mit Verfügung vom 8.4.2002 wurde der Beklagte gemäß § 38 Abs. 1 BDG vorläufig des Dienstes enthoben und die Einbehaltung von 1 % der ihm zustehenden Dienstbezüge angeordnet, beschränkt auf die Monate Juli und Dezember.

Der auf Antrag des Beklagten beteiligte Betriebsrat der Deutschen Post AG Niederlassung Produktion Brief hat sich in einer Sitzung vom 1.7.2002 mit der Disziplinarsache befasst und mit Schreiben vom 3.7.2002 der Klägerin mitgeteilt, er könne auf Grund des erheblichen Gewichts der Dienstpflichtverletzungen gegen die Erhebung einer Disziplinarklage keine Einwendungen erheben, die sich auf die in § 77 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BPersVG bezeichneten Gründe stützen ließen; zugleich hat der Betriebsrat "vorsorglich" darauf hingewiesen, dass er eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis für "überzogen" erachte, da außergewöhnliche Milderungsgründe vorlägen.

Ein hinsichtlich eines Teils der Anschuldigungspunkte (nachfolgend 2 b und c) eingeleitetes Strafverfahren wurde nach Zahlen einer Geldbuße in Höhe von 400,- Euro am 1.8.2002 von der Staatsanwaltschaft Zweibrücken gemäß § 153 a Abs. 1 StPO endgültig eingestellt (Aktenzeichen: 4009 Js 2185/02).

Am 17.9.2002 ist die Disziplinarklage mit dem Antrag,

den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen,

beim Verwaltungsgericht eingegangen.

Der Beklagte ist diesem Antrag entgegengetreten.

2. Dem Disziplinarverfahren liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

a) Am Freitag, dem 7.9.2001, stellte der Beklagte etwa 70 Postwurfspezialsendungen der Firma H., die für ausgewählte Haushalte zur Zustellung vorgesehen waren und deshalb vor Beginn der Zustellung von dem Beklagten nach Empfänger-Anschriften hätten vorsortiert werden müssen, nicht zu. Auch am 8.9.2001 erfolgte keine Zustellung. Eine Rücksprache mit dem Innendienst erfolgte an keinem der beiden Tage. Die Sendungen wurden am 14.9.2001 - der Beklagte war seit Montag, dem 10.9.2001, erkrankt - in einem Briefbehälter am Arbeitsplatz vorgefunden.

Der Beklagte hat sich dahin eingelassen, am 7.9.2001 wegen des hohen Sendungsaufkommens in Verzug geraten zu sein; er habe die ihm vorliegenden Postwurfsendungen der Firma H. gezählt und die Zahl 75 in das Formblatt "Postwurf-Spezial-Ermittlung der zugestellten Verkehrsmengen" eingetragen; bei dieser Menge habe es sich um etwa zwei Drittel des Gesamtaufkommens gehandelt, und diese 75 Sendungen habe er noch am selben Tag ausgetragen. Die restlichen Sendungen habe er unsortiert in einen Briefbehälter gelegt, den er unter seinen Zustellspind gestellt habe. Er habe beabsichtigt, diese Sendungen am folgenden Tag auszutragen. Am Samstag, dem 8.9.2001, habe er diese Sendungen zunächst auch gesehen, dann aber, da er versehentlich einen anderen Briefbehälter darüber gestellt habe, in der Hektik vergessen. Als er nachmittags gegen 15.00 Uhr von der Zustelltour zurückgekommen sei, habe er die Sendungen erneut bemerkt, sich jedoch entschlossen, diese erst am nächsten Montagmorgen zusammen mit der Abschreibpost vom Samstag zu bearbeiten. Montags sei er jedoch für einen Zeitraum von drei Wochen erkrankt. Am Dienstag, dem 11.9.2001, habe er nach einem Arztbesuch sein Attest persönlich auf der Dienststelle abgegeben. Bei dieser Gelegenheit sei er in den Zustellersaal gegangen und habe seine Abschreibpost vom Samstag erledigt. Dabei habe er seine Kollegin R. über die liegengebliebenen Postwurfspezialsendungen informiert. Daher habe er zwar die Sendungen zunächst pflichtwidrig zurückgehalten, jedoch in der festen Absicht, sie an einem der folgenden Tage ordnungsgemäß zuzustellen. Wäre er nicht erkrankt, hätte er diese Absicht zweifelsohne verwirklicht. Im Übrigen seien Postwurfspezialsendungen nicht gerade Sendungen mit wichtigem Inhalt. Selbstverständlich müsse die Deutsche Post AG darauf dringen, dass auch solche Sendungen korrekt behandelt und schnellstmöglich zugestellt würden. Ein irgendwie gearteter Schaden entstehe durch die verspätete Zustellung solcher Sendungen in aller Regel jedoch nicht.

b) Am 17.8.2001 wurde von der Betriebssicherung der Niederlassung zu Testzwecken eine unfrankierte Briefsendung, gerichtet an einen P. H., A. 3  , Zweibrücken, bei der Postfiliale Bexbach eingeliefert. Die Sendung wurde mit 4,00 DM Nachentgelt belegt. Am 18.8.2001 händigte der Beklagte die Sendung dem Empfänger aus und zog das Nachentgelt von ihm ein. Eine Abrechnung dieses Betrages erfolgte nicht.

In der Zeit vom 12. bis zum 23.11.2001 wurden von der Betriebssicherung 50 als Rückantwort getarnte Testbriefe an eine U. M., O-straße 94 a, Zweibrücken, versandt. 49 dieser Sendungen waren unfrankiert und wurden mit einem Nachentgelt in Höhe von jeweils 2,10 DM belegt. Der Beklagte stellte alle Sendungen zu, erhob die Nachentgelte von zusammen 102,90 DM, unterließ aber eine Abrechnung.

Der Beklagte hat sich dahin eingelassen, bis zu seinem Anfang 2002 erfolgten Umzug nach Zweibrücken habe er in Pirmasens gewohnt. Da er in der Sechs-Tage-Woche beschäftigt gewesen sei, habe er es an den Samstagen nach Dienstschluss immer sehr eilig gehabt, den frühest möglichen Zug nach Hause zu nehmen. Dennoch sei er samstags erst zwischen 16.00 Uhr und 17.00 Uhr, manchmal auch später, nach Hause gekommen. Dadurch habe sich ungewollt ein gewisser innerer Druck entwickelt, der sich insgesamt auf die Arbeitserledigung an Samstagen ausgewirkt und nicht wenige Fehler zur Folge gehabt habe. So sei es unter anderem zu erklären, dass es nicht zur Abrechnung der Nachentgelte gekommen sei. Dass es ihm - dem Beklagten - in erster Linie darum gegangen sei, schnell nach Hause zu kommen, und nicht darum, das Geld für sich zu behalten, werde dadurch bewiesen, dass er den Nachnahmebetrag von 63,00 DM für eine an Frau M. adressierte Nachnahmesendung am Zustelltag - 17.11.2001 - ordnungsgemäß abgerechnet habe. Es sei ihm lediglich zu zeitraubend gewesen, die fälligen Nachentgelte einzutragen, aufzuaddieren und abzurechnen. Er habe damit zwar gegen die bei der Klägerin bestehenden und von ihm zu beachtenden Abrechnungsvorschriften verstoßen. Es müsse aber darauf hingewiesen werden, dass er dies nicht getan habe, um die einbehaltenen Beträge für sich zu verwenden und sich damit einen - wenn auch nur vorübergehenden - wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen. Er habe durch diese Verfehlung seine Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung nicht verletzt, sondern lediglich "geschlampt", aber nicht aus Eigennutz.

Hinzu komme: Solange das Post- und Fernmeldewesen in bundeseigener Verwaltung geführt worden sei, seien mit Nachentgelten belegte Sendungen innerbetrieblich wie nachzuweisende Sendungen behandelt worden. Sie seien dokumentiert und dem Zusteller ausgehändigt worden. Der Eingang der vom Zusteller erhobenen Nachentgelte sei überwacht worden. Dadurch sei ausgeschlossen gewesen, dass ein Zusteller, der die Abrechnung vergessen gehabt habe, einem irgendwie gearteten Bereicherungsverdacht ausgesetzt gewesen sei. Die Deutsche Post AG habe dieses System beseitigt. Der Zusteller müsse jetzt selbst feststellen, ob die von ihm zuzustellenden Sendungen ausreichend frankiert seien, und - wenn nicht - das Nachentgelt berechnen, festsetzen, einziehen und abrechnen. Eine Dokumentation zur Kontrolle der Nachentgelte finde nicht mehr statt. Zwar habe das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass die Verwaltung bei aller Kontroll- und Prüfungsorganisation nicht in der Lage sei, jeden Arbeitsvorgang eines jeden Beamten zu kontrollieren, und dass sie deshalb auf die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der Beamten angewiesen sei. Daran sei nichts auszusetzen. Die bei der Deutschen Post AG eingeführte Verfahrensweise bezüglich der Nachentgelte - konkret: der generelle Verzicht auf jede Kontroll- und Prüforganisation - sei aber mit den Grundsätzen eines geordneten Finanz- und Rechnungswesens und mit den Erfordernissen der Kassensicherheit nicht vereinbar. Das sei mitursächlich dafür, dass sich immer wieder Beamte bei der Deutschen Post AG, die die zeitnahe Einzahlung von Nachentgelten versäumten, einem Bereicherungsverdacht ausgesetzt sähen.

c) Im Oktober/November 2001 rechnete der Beklagte mehrere Nachnahmebeträge nicht ab. Insoweit legte er am 3.12.2001 bei einer die Abrechnung der Nachentgelte betreffenden Befragung durch den Postermittlungsdienst unaufgefordert drei Nachnahmezahlscheine aus der Vorwoche (Nachnahmebeträge: 4,60 DM, 20,60 DM und nochmals 20,60 DM) sowie einen Nachnahmezahlschein vom Oktober 2001 (Nachnahmebetrag: 512,00 DM) vor, die er nicht abgerechnet hatte. Bei jeder dieser Nachnahmen war außerdem ein Entgelt von 3,00 DM erhoben worden. Insoweit unterblieb ebenfalls eine Abrechnung. Bei der Befragung legte der Beamte seinen Geldbeutel vor, in dem sich 700,00 DM befanden.

Diesbezüglich hat der Beamte erklärt, die pünktliche Abrechnung der Nachnahmebeträge aus der Vorwoche habe er vergessen. Den Nachnahmebetrag von 512,00 DM habe er vorübergehend für sich verwendet und damit seine Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung verletzt. Gleichwohl sei er deswegen nicht aus dem Dienst zu entfernen, weil hier die Milderungsgründe der schockartig ausgelösten psychischen Ausnahmesituation, der ausweglosen, unverschuldeten finanziellen Notlage und der Selbstoffenbarung griffen. Im Oktober/November 2001 sei er durch den Gerichtsvollzieher mit der Forderung nach Begleichung von rund 2.800,00 DM für Krankenhaus- und Arztrechnungen konfrontiert worden. Diese Rechnungen seien die Folge aus einem Dienstunfall im Juni/Juli 2000 gewesen. Damals sei er auf einer Rampe im Betrieb ausgerutscht und habe sich die Kniescheibe zertrümmert. Nach dem Krankenhausaufenthalt sei er offensichtlich nicht ganz richtig aufgeklärt worden, wohin er die fälligen Rechnungen schicken solle. Er sei nicht bei der Postbeamtenkrankenkasse krankenversichert, sondern privat bei der Inter-Versicherung. So erkläre sich, warum er die Rechnungen bekommen habe und die Kosten nicht direkt zwischen Krankenhaus und Kasse verrechnet worden seien. Nachdem er dann aufgeklärt worden sei und die Rechnungen an die Unfallkasse Post und Telekom nach Tübingen geschickt habe, seien ihm von dort lediglich 1.700,00 DM erstattet worden, weil zu einer Krankengymnastik-Rechnung die ärztliche Verordnung gefehlt habe. Den Erstattungsbetrag habe er unverzüglich zur Bezahlung von Arztrechnungen verwendet. Die danach noch verbliebene Forderung über 2.800,00 DM - zuzüglich Zinsen und Mahngebühren - sei ihm von der Creditreform, welche durch die ärztliche Verrechnungsstelle beauftragt worden sei, über einen Gerichtsvollzieher präsentiert worden. In dieser für ihn bedrückenden Situation habe er den Nachnahmebetrag von 512,00 DM für sich behalten in der festen Absicht, den Betrag bei der nächsten Gehaltszahlung zu erstatten. Dies wäre auch geschehen, wenn die Befragung wegen der Nachentgelte nicht stattgefunden hätte. Er habe der Untersuchungsführerin bei diesem Termin offenbart, dass er die Nachnahmebeträge vom Wochenende zuvor noch nicht abgerechnet und den Betrag von 512,00 DM vorübergehend für sich verwendet habe. Er habe die Gesamtsumme sofort der Untersuchungsführerin aushändigen können, weil er diesen Betrag zuvor von seinem Konto abgehoben gehabt habe, um ihn noch am selben Tag der Postkasse zuzuführen. Ansonsten sei es bei ihm angesichts seiner finanziellen Situation nicht üblich, eine derart große Summe in der Tasche zu haben.

3. Ausgehend von dem vorgenannten Sachverhalt hat das Verwaltungsgericht durch auf Grund mündlicher Verhandlung vom 12.9.2003 ergangenes Urteil auf die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst erkannt und sein Urteil im Wesentlichen wie folgt begründet:

a) Der erste Anschuldigungspunkt gehe dahin, die in Rede stehenden Postwurfsendungen pflichtwidrig weder am 7. noch am 8.9.2001 zugestellt zu haben. Den betreffenden Sachverhalt habe der Beklagte eingestanden. Bei seinem pflichtwidrigen Verhalten sei ihm Vorsatz anzulasten, denn an keinem der beiden Tage sei er objektiv gehindert gewesen, die Zustellung vorzunehmen. Das treffe insbesondere auch auf den 8.9.2001 zu, denn spätestens um 15.00 Uhr habe der Beklagte nach seiner eigenen Einlassung die "vergessenen" Sendungen - nochmals - bemerkt. Einzig weil er zeitig nach Hause gewollt habe, habe er das Austragen der Post "verschoben". In diesem bewussten Unterlassen liege ein Verstoß gegen die Pflicht, sich seinem Beruf mit voller Hingabe zu widmen (§ 54 Satz 1 BBG), sich im Dienst achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§ 54 Satz 3 BBG) und dienstliche Anordnungen, konkret die Postzustellvorschriften, zu befolgen (§ 55 Satz 2 BBG).

b) Bezüglich des zweiten Anschuldigungspunktes stehe angesichts des unstreitigen Sachverhalts fest, dass der Beklagte die Abrechnungen der Nachentgelte nicht lediglich von den Samstagen auf die folgenden Montage verschoben, sondern über einen längeren Zeitraum unterlassen habe. Die dem entgegenstehende Einlassung des Beklagten stelle eine unbeachtliche Schutzbehauptung dar. Dass er die eine Nachnahmesendung ordnungsgemäß abgerechnet habe, beweise nicht, dass der Beklagte bei den Nachentgelten lediglich "geschlampt" habe. Vielmehr gehe die Kammer davon aus, dass sich der Beklagte die Nachentgelte zumindest vorübergehend wissentlich und willentlich zugeeignet und den Zugriff auf den wesentlich höheren Nachnahmebetrag nur deswegen unterlassen habe, "um es nicht zu übertreiben". Mithin liege ein vorsätzlicher Verstoß gegen die Pflichten des § 54 Sätze 2 und 3 BBG vor.

c) Gleiches gelte im dritten Anschuldigungspunkt, in dem der Beklagte die - wenn auch nur vorübergehende - Zueignungsabsicht eingestanden habe.

d) Bei dieser Sachlage sei die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst die angemessene und unvermeidliche disziplinare Ahndung. Wer vorsätzlich in die Kasse seines Dienstherrn greife, verstoße gegen seine dienstlichen Kernpflichten derart schwer, dass er in aller Regel für den öffentlichen Dienst absolut untragbar sei. Das gelte nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedenfalls dann, wenn eine bei etwa 50,00 Euro liegende Geringfügigkeitsgrenze überschritten sei und wenn besondere Milderungsgründe fehlten. Da der Beklagte rund 700,00 DM unterschlagen habe, sei die Geringfügigkeitsgrenze deutlich überschritten. Besondere Milderungsgründe fehlten. In einer unverschuldeten, unausweichlichen finanziellen Notlage habe sich der Beklagte damals nicht befunden. Zwar sei er unter Zugrundelegung seiner Darstellung wegen der ihm vom Gerichtsvollzieher präsentierten Rechnung über 2.800,00 DM in eine "Klemme" geraten gewesen. Dies könne ihn jedoch deswegen nicht durchschlagend entschuldigen, weil er sich offenbar nicht genügend um das zugrunde liegende Problem gekümmert habe. So habe er es beispielsweise unterlassen, sich bei seinem Vorgesetzten, der Dienstunfallfürsorgestelle, der Beihilfestelle oder seiner Krankenkasse kundig zu machen. Vielmehr habe er - seinem Naturell entsprechend - die Dinge "schleifen" lassen. Diese Passivität schließe es aus, dem Beklagten - obgleich nur Beamter des einfachen Dienstes - zugute zu halten, er sei unverschuldet und unausweichlich in Not geraten. Ebenso wenig habe dieser in einer psychischen Ausnahmesituation - gleichsam unter Schock - versagt. Vielmehr habe der Beklagte - wesensgemäß - das finanzielle Problem auf die ihm am bequemsten und billigsten erscheinende Weise, nämlich durch Zugriff auf ihm dienstlich anvertrautes Geld, lösen wollen. Richtig sei allerdings, dass der Beklagte die Unterschlagung der Nachnahmebeträge von sich aus offenbart habe. Dennoch greife der Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung der Tat und Wiedergutmachung des angerichteten Schadens nicht durch, denn ungeschriebene Voraussetzung für diesen Milderungsgrund sei, dass der Beamte bis dahin unbescholten gewesen sei. Daran fehle es hier allein schon wegen der Pflichtwidrigkeit des Beklagten beim Austragen der Post (Anschuldigungspunkt 2 a).

e) Der damit von der Sache her gebotenen Klagestattgabe stünden Vorschriften des Personalvertretungsrechts nicht entgegen. Die Klägerin habe den zuständigen Betriebsrat ordnungsgemäß vor Klageerhebung beteiligt. Der Betriebsrat habe der Erhebung der Disziplinarklage nicht widersprochen, sondern ausdrücklich erklärt, dass er gegen eine entsprechende Klage keine statthaften, nämlich auf § 77 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BPersVG beruhenden Einwände erheben könne. Dass der Betriebsrat zugleich verlautbart habe, seines Erachtens sei eine Entfernung aus dem Dienst "überzogen", könne bei den Gegebenheiten nicht als Widerspruch gegen eine Klageerhebung gewertet werden, zumal die Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme ohnehin nicht Sache der Klägerin, sondern des zuständigen Disziplinargerichts sei.

4. Gegen dieses ihm am 18.9.2003 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 10.10.2003 Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel am 16.10.2003 begründet.

Der Beklagte vertieft zunächst seinen Standpunkt, der Klage hätte schon deswegen nicht stattgegeben werden dürfen, weil das behördliche Disziplinarverfahren nicht in Übereinstimmung mit den Vorschriften des Personalvertretungsrechts durchgeführt worden sei und er diesen Mangel rechtzeitig gerügt habe. Hierzu trägt er vor:

Der Betriebsrat habe bei sachgerechter Auslegung des Schreibens vom 3.7.2002 beachtliche Einwendungen gegen die Erhebung einer Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst erhoben. Nach der jetzt geltenden Regelung - § 78 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG in der Fassung von Art. 9 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 9.7.2001 (BGBl. I 1510) - beziehe sich die Mitwirkung nicht mehr - wie früher - auf die "Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens", sondern auf die "Erhebung der Disziplinarklage". Nach altem Recht sei es so gewesen, dass die Mitwirkung das "Ob" der Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens durch den Dienstherrn betroffen habe. Zu diesem Zeitpunkt der Mitwirkung habe die Verhängung einer bestimmten Disziplinarmaßnahme noch nicht im Raum gestanden. Diese habe ohnehin im Falle der Anschuldigung das zuständige Gericht bestimmt, was eine personalvertretungsrechtliche Beteiligung ausgeschlossen habe. Nach der neuen Rechtslage, nämlich der Erhebung der Disziplinarklage durch den Dienstherrn, verbunden mit einem Antrag auf Verhängung einer bestimmten Disziplinarmaßnahme, sei das grundlegend anders. Jetzt beschränke sich die Mitwirkung der Personalvertretung nicht auf das "Ob" der Klageerhebung, sondern auch auf den konkreten Antrag des Dienstherrn. Vor diesem Hintergrund habe der Betriebsrat der Klageerhebung aber beachtliche Einwendungen im Verständnis des § 77 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BPersVG entgegengehalten. Zwar habe er die Erhebung einer Disziplinarklage für unvermeidlich gehalten, jedoch einem Antrag auf Entfernung aus dem Dienst widersprochen und dafür Sachargumente, nämlich das Vorliegen anerkannter Milderungsgründe, angeführt. Darüber hätte der Dienstvorgesetzte nicht einfach hinweggehen dürfen. Vielmehr hätte dieser, da er die genannten Einwendungen offenbar für nicht stichhaltig erachtet habe und an seinem auf Entfernung aus dem Dienst zielenden Klageentwurf habe unverändert festhalten wollen, den Betriebsrat entsprechend informieren müssen, woraufhin dieser das Verfahren nach § 29 Abs. 6 PostPersRG hätte betreiben, nämlich die Entscheidung des für Personal- und Sozialangelegenheiten zuständigen Vorstandsmitglieds der Deutschen Post AG hätte beantragen können.

Im Weiteren macht der Beklagte geltend, er habe objektiv sicherlich schwerwiegende Dienstvergehen begangen; jedoch stelle sich die Frage seiner Schuldfähigkeit. In der fraglichen Zeit habe er viel Alkohol getrunken. Seines Erachtens sei er regelrecht alkoholkrank gewesen. Im Brief der Ärztin Dr. B. vom 6.12.2002 werde zu Recht die Frage seiner Schuldfähigkeit aufgeworfen. Zumindest sei seine Schuldfähigkeit damals eingeschränkt gewesen.

Keinesfalls sei die Entfernung aus dem Dienst gerechtfertigt. Hierzu führt er aus:

Die Nichtzustellung der Postwurfsendungen stelle zwar eine Pflichtverletzung, jedoch kein disziplinarwürdiges Dienstvergehen dar. Vielmehr habe er in diesem Zusammenhang sogar besonderes Pflichtbewusstsein gezeigt, indem er - obschon bereits erkrankt - seine Kollegin R    auf die liegengebliebenen Sendungen ausdrücklich aufmerksam gemacht habe. Bei der Nichtabführung der Nachentgelte treffe der im erstinstanzlichen Urteil erhobene Vorwurf, er habe sich die betreffenden Geldbeträge angeeignet, nicht zu. Verabsäumt habe er lediglich die zeitgerechte Abrechnung. Die erhobenen Nachentgelte habe er stets von seinem eigenen Geld getrennt aufbewahrt, um sie später abzuführen. Die gegenteilige Sachverhaltswürdigung durch das Verwaltungsgericht könne nicht überzeugen und übergehe vor allem die korrekte Abrechnung der Nachnahmesendung M.. Ein Zugriffsdelikt liege daher lediglich bezüglich der späteren Nachnahmebeträge vor. Insoweit griffen jedoch - und dasselbe gelte für das "Schieben" der Nachentgelte - besondere Milderungsgründe ein. So habe er sich damals in einer unverschuldeten, ihm ausweglos erscheinenden Notlage befunden. Der Vorwurf des Verwaltungsgerichts, er habe sich um seine finanziellen Angelegenheiten nicht rechtzeitig gekümmert, gehe fehl. Begriffe wie "Vorschussrichtlinien" und "Unterstützungsrichtlinien" seien ihm fremd gewesen. Sich seinem Vorgesetzten zu offenbaren, sei ihm nicht in den Sinn gekommen. Ihm erteilte Auskünfte seien falsch gewesen oder habe er missverstanden. Dann sei auf einmal der Gerichtsvollzieher da gewesen. Er habe keinen Ausweg mehr gesehen. Bedacht werden müsse in diesem Zusammenhang, dass er lediglich ein Beamter der Besoldungsgruppe A 4 sei. Erst kürzlich habe sein Prozessbevollmächtigter festgestellt, dass sich die geringe Erstattung der dienstunfallbedingten Arztkosten daraus erkläre, dass er die Rechnung mit dem höchsten Einzelbetrag - 1.802,82 DM - versehentlich nie der Unfallkasse vorgelegt habe. Ihm selbst sei dies nicht aufgefallen. Gerade Ende Oktober 2001 habe er sich in besonderer finanzieller Not befunden. Er habe damals nämlich - rückschauend auch für ihn völlig unverständlich - einem Kollegen 250,- bis 300,- DM für wenige Tage geliehen, das Geld aber nicht zurückbekommen. Kurz vor Monatsende habe er sich dann nicht anders zu helfen gewusst, als auf das Geld aus der Nachnahme zuzugreifen. Dabei sei es seine feste Absicht gewesen, den Fehlbetrag aus der nächsten Gehaltszahlung auszugleichen. Zu seiner damaligen finanziellen Lage legt der Beklagte zahlreiche Unterlagen vor.

Zudem sei er in der fraglichen Zeit wegen des Verhaltens seines Bruders psychisch belastet gewesen. Dieser habe im Jahr 2000 auf seinen - des Beklagten - Namen einen Kredit aufgenommen und ein Auto gekauft sowie angemeldet. Die Gläubiger hätten sich an ihn - den Beklagten - gehalten und Lohnpfändungen erwirkt. Zwar habe er die finanzielle Situation bis Ende 2000 in den Griff bekommen. Nachgewirkt hätten jedoch die Enttäuschung über das schändliche Betragen seines Bruders und das darauf zurückzuführende dauernde Zerwürfnis in der Familie.

Weiter meint der Beklagte, es könne nicht überzeugen, ihm den Milderungsgrund der Selbstoffenbarung zu verweigern, weil er wegen der Nichtzustellung der Postwurfsendungen nicht unbescholten gewesen sei. Es handele sich um gänzlich unterschiedliche Vorwürfe.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angegriffenen Urteils eine mildere Disziplinarmaßnahme zu verhängen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt vor:

Das Schreiben des Betriebsrates vom 3.7.2002 enthalte keine beachtlichen Einwendungen im Sinne des § 77 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BPersVG. Hierzu habe die Berufung auf in der Rechtsprechung anerkannte Milderungsgründe schon deswegen nicht ausgereicht, weil Richterrecht in der abschließenden Aufzählung des § 77 Abs. 2 BPersVG als Einwendungsgrund nicht erwähnt sei.

Die Entfernung aus dem Dienst sei vorliegend unvermeidlich. Bezüglich des ersten Anschuldigungspunktes sei herauszustellen, dass der Beklagte durchaus gewusst habe, dass er die Sendungen taggleich zustellen müsse. Der Vorwurf einer vorsätzlichen Dienstpflichtverletzung bestehe also zu Recht. Die Behauptung des Beklagten, sich die Nachentgelte nicht angeeignet zu haben, überzeuge allein schon vom zeitlichen Ablauf her nicht. Der erste nachgewiesene Fall datiere vom 18.8.2001; die anderen 49 Fälle lägen zwischen dem 12. und 23.11.2001. Eine Abrechnung der Nachentgelte sei nicht erfolgt, bis der Beklagte am 3.12.2001 zur Rede gestellt worden sei. Damit könne von einem lediglich zeitlichen Hinausschieben der Abrechnung keine Rede sein. Dass der Beklagte die Nachnahmesendung M. korrekt abgerechnet habe, erkläre sich am ehesten daraus, dass bei Nachnahmesendungen auf Betreiben des Absenders regelmäßig Nachforschungen einsetzten und daher ein beachtliches Entdeckungsrisiko bestehe. Bei den unterschlagenen Nachnahmebeträgen fehlten durchschlagende Milderungsgründe. Auf den Milderungsgrund einer unverschuldeten, ausweglosen Notlage könne sich der Beklagte deswegen nicht berufen, weil er offenbar nichts unternommen habe, um auf legalem Weg das Problem zu bewältigen. Irgendwelche einschlägigen Bemühungen könnten auch von einem Beamten des einfachen Dienstes jedenfalls dann erwartet werden, wenn der Betreffende wie der Beklagte vielfach mit amtlichem Geld in Berührung komme. Abgesehen davon habe der Beklagte damals nicht einmal in der Nähe der sozialhilferechtlich zu verstehenden Bedürftigkeitsgrenze gelebt. Der Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung stehe der Entfernung aus dem Dienst deswegen nicht entgegen, weil der Beklagte mit seinen Pflichtwidrigkeiten bei den Nachentgelten eine weitere Verfehlung mit erheblichem Eigengewicht begangen habe.

Den vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag, zur Frage seiner Schuldfähigkeit ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten einzuholen, hat der Senat mit der Begründung zurückgewiesen, er gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zur Tatzeit schuldunfähig gewesen sei.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den in der mündlichen Verhandlung erörterten Inhalt der verfahrensbezogenen Gerichtsakten, der Akte 4009 Js 2185/02 der Staatsanwaltschaft Zweibrücken, der Personalakte des Beklagten und der einschlägigen Ermittlungsakte der Klägerin Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig (§§ 64 Abs. 1, 3 BDG, 67 Abs. 1 Satz 6 VwGO), aber unbegründet.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auf die zulässige Disziplinarklage (§ 52 Abs. 1 BDG) hin auf die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst erkannt (§§ 60 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, 5 Abs. 1 Nr. 5, 10 BDG).

1. Der Senat teilt die in dem angegriffenen Urteil vertretene Auffassung, dass der Stattgabe der Disziplinarklage kein Mangel des personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahrens entgegensteht.

Nach § 78 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Sätze 2 und 3 BPersVG wirkt der Personalrat - hier mit Blick auf die Privatisierung der früheren Deutschen Bundespost: der Betriebsrat (§ 28 PostPersRG) - auf Antrag des Betroffenen bei der Erhebung der Disziplinarklage gegen einen Beamten mit; dabei kann der Personalrat (Betriebsrat) Einwendungen - nur - auf die in § 77 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BPersVG bezeichneten Gründe stützen, also entweder auf einen Verstoß der Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Bestimmung in einem Tarifvertrag, eine gerichtliche Entscheidung, den Frauenförderplan oder eine Verwaltungsanordnung oder gegen eine Richtlinie im Sinne des § 67 Abs. 2 Nr. 8 BPersVG oder auf die durch Tatsachen begründete Besorgnis, dass durch die Maßnahme der betroffene Beschäftigte oder andere Beschäftigte benachteiligt werden, ohne dass dies aus dienstlichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist. Vorliegend hat die Klägerin, nachdem der Beklagte die Mitwirkung des Betriebsrats beantragt hatte, den Betriebsrat durch Übersenden der Ermittlungsakte sowie eines Entwurfs der später beim Verwaltungsgericht eingereichten Klageschrift ordnungsgemäß von ihrer Absicht, Disziplinarklage gegen den Beklagten zu erheben, unterrichtet. Dessen Antwortschreiben vom 3.7.2002 lässt dann - auch nach Einschätzung des Beklagten - allein den Schluss zu, dass der Betriebsrat gegen die Erhebung der Disziplinarklage keine Einwendungen erhebt. Nur so kann der zentrale Satz, wonach der Betriebsrat "aufgrund des erheblichen Gewichts der Dienstpflichtverletzungen keine Einwendungen erheben (kann), die sich auf die in § 77 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BPersVG bezeichneten Gründe stützen lassen", verstanden werden. Darin kommt nach den gesamten Umständen klar zum Ausdruck, dass der Betriebsrat die Erhebung einer Disziplinarklage gegen den Beklagten ebenfalls als unvermeidlich ansah, weil er den Erlass lediglich einer Disziplinarverfügung (§ 33 BDG) für nicht ausreichend erachtete, sondern die Verhängung einer das Ahndungsrecht des Dienstherrn überschreitenden, dem Gericht vorbehaltenen Disziplinarmaßnahme (§ 34 BDG) für angezeigt hielt.

Dass der Betriebsrat im Weiteren "vorsorglich darauf hinwies", er halte eine Entfernung des Beklagten aus dem Dienst für überzogen, weil außergewöhnliche Milderungsgründe vorlägen, führt entgegen der Berufungsbegründung nicht dazu, dass der Betriebsrat doch Einwendungen im Sinne des § 77 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 BPersVG gegen die Erhebung der Disziplinarklage vorgebracht hätte. Gegen die vom Beklagten befürwortete Auslegung des Schreibens vom 3.7.2002 spricht bereits dessen Wortlaut. Darin kommt der Sache nach zum Ausdruck, dass - einerseits - gegen die Erhebung einer Disziplinarklage keine Einwendungen erhoben werden und dass - andererseits - vorsorglich der Hinweis erfolgt, nach Einschätzung des Betriebsrats genüge als Disziplinarmaßnahme die Zurückstufung (§ 9 BDG). Dass der erwähnte Hinweis keine Einwendung im Sinne des § 77 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 BPersVG darstellt, folgt dann aus der gesetzlichen Umschreibung des hier einschlägigen Mitwirkungstatbestandes. § 78 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG bezieht die Mitwirkung des Personalrats (Betriebsrats) auf die "Erhebung der Disziplinarklage gegen einen Beamten". Das knüpft vom Wortlaut her an die amtliche Bezeichnung des § 34 BDG "Erhebung der Disziplinarklage" als eine Form der "Abschlussentscheidung" im behördlichen Disziplinarverfahren (so die amtliche Überschrift zum Teil 3 Kapitel 3 des BDG) an. Die Mitwirkung findet also an der im Bundesdisziplinargesetz so umschriebenen Maßnahme der Dienststelle statt. Dabei geht es der Sache nach um die Entscheidung, dass der Bereich, in dem der Dienstherr selbst ein Dienstvergehen ahnden kann, überschritten ist und daher das Gericht zwecks Bestimmung der Disziplinarmaßnahme angerufen werden muss. Mit Blick auf diese Abschlussentscheidung wird dann in § 78 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG nicht weiter danach unterschieden, ob der Dienstherr im Klageverfahren die Entfernung aus dem Dienst oder die Zurückstufung für angezeigt erachtet. Vielmehr geht es einzig um den Entschluss für oder gegen die Klageerhebung. Das ist gerade personalvertretungsrechtlich folgerichtig. Zu Recht hat nämlich bereits das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam gemacht, dass die Erhebung der Disziplinarklage - personalvertretungsrechtlich verstanden - die letzte Maßnahme des Dienstherrn ist, denn die Verhängung der Disziplinarmaßnahme ist danach nicht mehr Sache des Dienstherrn, sondern obliegt dem Gericht.

Demgegenüber ist nach Auffassung des Senats § 52 BDG ungeeignet, zur Konkretisierung des Mitwirkungstatbestandes nach § 78 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG beizutragen. § 52 Abs. 1 BDG bestimmt die formalen Anforderungen an eine Disziplinarklage. Das ist von der Zielsetzung her etwas grundlegend anderes als die Umschreibung der "Abschlussentscheidung" des Dienstherrn "Erhebung der Disziplinarklage" (§ 34 BDG). Zudem ist das Argument des Beklagten, zu einer ordnungsgemäßen Disziplinarklage gehöre ein auf eine bestimmte Disziplinarmaßnahme gerichteter Antrag, nicht zwingend. Auf die damit in Bezug genommene Soll-Pflicht des § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO wird in § 52 Abs. 1 BDG jedenfalls nicht ausdrücklich verwiesen. Dies lässt in Verbindung damit, dass die zuletzt genannte Bestimmung den gebotenen Inhalt einer Disziplinarklage detailliert festlegt, den Schluss zu, für eine ergänzende Heranziehung des § 82 Abs. 1 VwGO über § 3 BDG sei infolge einer abschließenden Regelung in § 52 Abs. 1 BDG kein Raum, weshalb maßnahmebezogene Anträge des Dienstherrn in der Klageschrift lediglich als Mitteilung über die derzeit vom Dienstherrn für angezeigt erachtete Ahnung darstellen, ohne eine Bindungswirkung auszulösen

so Lemhöfer, RiA 2002, 53 (55), und D. Köhler in Köhler-Ratz, BDG, Disziplinarrecht in Bund und Ländern - Stand: Juni 2003 -, § 52 Rdnr. 19 und § 60 Rdnr. 16.

Bezogen auf den Umfang der Mitwirkung des Personalrats (Betriebsrats) sprechen für die hier vertretene Norminterpretation auch praktische Erfordernisse. Erstreckte man die Mitwirkung - über das "Ob" der Erhebung der Disziplinarklage hinaus - auf einen bestimmten Klageantrag, hätte das zur Folge, dass der Dienstherr auf die Feststellung maßnahmebezogen erheblicher Umstände während des gerichtlichen Verfahrens nicht flexibel reagieren könnte. Beispielsweise wäre er, wenn die Mitwirkung des Personalrats (Betriebsrats) bei der Erhebung einer Disziplinarklage mit dem Ziel der Zurückstufung erfolgt wäre, gehindert, nach der Feststellung neuer Tatsachen, die für eine noch strengere Ahndung sprechen, die Entfernung aus dem Dienst zu beantragen, sondern müsste zuvor den Personalrat (Betriebsrat) erneut beteiligen. Eine derart unpraktikable Regelung kann nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen.

Bestätigt wird der hier vertretene Standpunkt schließlich durch die Entstehungsgeschichte des § 78 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG. Die heute geltende Fassung dieser Bestimmung beruht auf Art. 9 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 9.7.2001 (BGBl. I 1510). Dadurch wurde die bis dahin geltende Umschreibung des Mitwirkungstatbestandes in § 78 Abs. 1 Nr. 3 PBersVG "Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens" mit Wirkung ab dem 1.1.2002 durch die Worte "Erhebung der Disziplinarklage" ersetzt. Dies wird in der Begründung des entsprechenden Gesetzentwurfs der Bundesregierung

abgedruckt bei Claussen-Janzen-Czapski, Bundesdisziplinarrecht, 9. Auflage, S. 235 (350),

einleuchtend als notwendige Anpassung des Bundespersonalvertretungs- rechts an das neue Disziplinarrecht gekennzeichnet, das ein förmliches Disziplinarverfahren im Verständnis des § 78 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG a.F. nicht mehr kennt, sondern durch die Erhebung der Disziplinarklage ersetzt. Dabei wird zum Ausdruck gebracht, dass die personalvertretungsrechtliche Mitwirkung nunmehr "für dieses Verfahrensstadium" (= Erhebung der Disziplinarklage) vorgesehen werden muss. Nichts deutet dabei darauf hin, in diesem Zusammenhang solle eine Ausdehnung des Mitwirkungsrechtes erfolgen. Nach altem Recht wirkte der Personalrat (Betriebsrat) an der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme aber nicht mit, und die aufgezeigten Gesetzesmaterialien sprechen klar dagegen, hieran habe sich durch die Umformulierung des § 78 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG etwas ändern sollen.

2. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass der Beklagte ein aus drei Komplexen bestehendes einheitliches Dienstvergehen begangen hat, denn er hat jeweils schuldhaft gegen die ihm obliegenden Dienstpflichten verstoßen (§§ 60 Abs. 2 Satz 1 BDG, 77 Abs. 1 Satz 1 BBG).

a) Tatbestandsbezogen kann weitgehend auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil verwiesen werden. Das Berufungsvorbringen gibt Veranlassung zu folgenden Bemerkungen:

aa) Bezüglich des Nichtaustragens der ca. 70 Postwurfspezialsendungen der Firma H. am 7.9.2001 hat die Anhörung durch den Senat klar ergeben, dass dem Beklagten damals bewusst war, dass er auf Grund allgemeiner dienstlicher Weisung verpflichtet war, diese Sendungen taggleich zuzustellen. Dies ist vor dem in der mündlichen Verhandlung deutlich gewordenen Hintergrund zu sehen, dass es im Jahre 2001 für Briefzusteller beim Zustellstützpunkt Zweibrücken keine festen Dienstzeiten gab. Vielmehr wurde die Arbeitsbelastung des einzelnen Bediensteten durch die Größe der verschiedenen Zustellbezirke mittelbar gesteuert. In diesem Rahmen bestimmten die allgemeinen Dienstvorschriften die täglichen Dienstleistungsverpflichtungen. Konkret hieß dies: Der einzelne Briefzusteller hatte so lange zu arbeiten, bis die an diesem Tag zu erledigende Post bearbeitet war. Bei übermäßiger Belastung konnte er mit Zustimmung seines Dienstvorgesetzten die Bearbeitung eines Teiles der Post auf den nächsten Tag verschieben. Um eine solche Ausnahmeerlaubnis hat der Beklagte am 7.9.2001 indes nicht nachgesucht, sondern selbstherrlich entschieden, die in Rede stehenden Sendungen nicht zuzustellen. Dieser Entschluss beruhte einzig auf seiner Bequemlichkeit. Es war ihm "zuviel"; es wäre "zu spät" geworden; er wollte "etwas Privatleben haben" und "auch einmal einen Zug früher für die Heimfahrt erreichen". Dass er mit dem so motivierten Unterlassen des Austragens der erwähnten Sendungen seine Dienstpflichten verletzt hat, hat der Beklagte - wie schon zuvor - auch zweitinstanzlich nicht in Abrede gestellt. Dabei nimmt ihm der Senat ab, dass er die feste Absicht hatte, die Postwurfspezialsendungen der Firma H. am folgenden Tag zu verteilen.

Dass dies am 8.9.2001 nicht geschah, erklärt sich aus einer Kombination von Schlampigkeit und Bequemlichkeit. Der Senat schenkt der Versicherung des Beklagten Glauben, er habe am Morgen des 8.9.2001 die Postwurfspezialsendungen vom Vortag infolge des Übereinanderstellens zweier Briefbehälter übersehen. Ins Auge gefallen sind ihm die H.-Sendungen jedoch nach der Rückkehr von seinem Zustellgang. Dies hat der Beklagte in der zweitinstanzlichen Verhandlung zwar - anders als beispielsweise bei der Befragung vom 19.11.2001 - in Abrede gestellt, ergibt sich jedoch eindeutig aus seinen weiteren Angaben. So hat der Beklagte mit Nachdruck darauf hingewiesen, am 8.9.2001 zwar nicht seinen Dienstvorgesetzten, wohl aber einen Kollegen davon in Kenntnis gesetzt zu haben, er habe die in Rede stehenden Sendungen nicht ausgetragen, und diese Tatsache hatte er danach so gut im Gedächtnis, dass er am 11.9.2001 seine Vertretung entsprechend informierte. Also muss er am 8.9.2001 spätestens kurz vor Verlassen des Dienstgebäudes gewusst haben, dass er die Postwurfspezialsendungen - erneut - nicht zugestellt hatte. Seinen Fehler unverzüglich auszugleichen, kam ihm danach - aus der bereits erwähnten Bequemlichkeit heraus - ersichtlich nicht in den Sinn.

Dass der Beklagte unter den aufgezeigten Umständen durch sein Unterlassen seine Dienstpflichten nach den §§ 54 Sätze 1 und 3, 55 Satz 2 BBG verletzt hat, ist in dem erstinstanzlichen Urteil zutreffend aufgezeigt. Ergänzende Ausführungen sind nicht veranlasst.

bb) Bezüglich der nicht abgerechneten und abgeführten Nachentgelte ist der objektive Sachverhalt unstreitig. Es handelt sich um eine Sendung vom 18.8.2001 und um 49 Sendungen zwischen dem 12. und dem 23.11.2001, wobei Nachentgelte von zusammen 106,90 DM angefallen waren. In allen Fällen hat der Beklagte entgegen der allgemeinen dienstlichen Anordnung, wonach die Beträge der Nachentgelte täglich in das hierfür vorgesehene amtliche Formblatt einzutragen, jeweils samstags aufzuaddieren und die Wochenrechnung sowie die eingezogenen Gelder in ein Trommelwertgelass einzuwerfen sind, das Geld für sich behalten. Dabei schenkt der Senat der wiederholten Versicherung des Beklagten, er habe jedenfalls bei einem Teil der Nachentgelte die Abrechnung sowie Ablieferung des Geldes nur "verschoben", keinen Glauben. Gegen ein bloßes "Schieben" spricht mit Blick auf die Nachentgelte vom 18.8.2001 und von Mitte November 2001 bereits klar der Zeitablauf. Es ging dem Beklagten entgegen seiner zeitweisen Einlassung nicht darum, die Abrechnung nicht samstags wegen des gerade an diesem Tag bei ihm bestehenden Interesses, zeitig nach Hause zu kommen, vornehmen zu müssen. Wäre das der entscheidende Punkt gewesen, hätte er die Abrechnung an den jeweils folgenden Montagen vornehmen können und müssen. Tatsächlich hat der Beklagte aber zwischen Anfang August und dem 3.12.2001 - an diesem Tag rechnete er die Nachentgelte aus der Vorwoche korrekt ab - kein einziges Nachentgelt abgerechnet und abgeführt und in dieser Zeit auch keinerlei Vorbereitungen für eine spätere Abrechnung sowie Abführung getroffen. So hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung - entgegen seiner Berufungsbegründung - eingeräumt, die eingezogenen Nachentgelte weder gesondert verwahrt noch Notizen über die entsprechenden Beträge gemacht zu haben. Vielmehr vermengte er durchgängig dienstlich eingezogene und private Gelder und gab je nach Bedarf das dienstlich eingezogene Geld ganz selbstverständlich wie eigenes aus. Der Senat ist so in Verbindung mit dem in der mündlichen Verhandlung von dem Beklagten gewonnenen Eindruck zu der Überzeugung gelangt, dass dieser die gesamten Nachentgelte von 106,90 DM nicht nur "geschoben", sondern sich auf Dauer angeeignet hat und keinerlei Rückzahlungsabsichten hegte.

Das findet keine Widerlegung durch die korrekte Abrechnung der Nachnahme M. vom 17.11.2001. Vielmehr passt diese pflichtgemäße Handlungsweise ohne Weiteres ins Bild. Der Beklagte hat nämlich in der mündlichen Verhandlung berichtet, während seines Einsatzes beim Postamt Pirmasens miterlebt zu haben, wie ein Kollege mittels Fangbriefen der Unterschlagung von Nachentgelten sowie Nachnahmebeträgen überführt worden war. Von daher wusste er, dass das Risiko, bei einem auf Dauer angelegten Zugriff auf Nachnahmebeträge entdeckt zu werden, sehr hoch ist und deshalb insoweit allenfalls ein "Schieben" in Betracht kommt, während bei den Nachentgelten eine Beweiserhebung ausschließlich mittels Fangsendungen möglich ist und es daher darauf ankommt, solche zu erkennen. Folgerichtig ärgert sich der Beklagte denn auch heute noch, wie er dem Senat anschaulich berichtete, vor allem über seine "Dummheit", die Sendungen an Frau M. nicht als Fangbriefe erkannt zu haben.

Die disziplinare Würdigung des Zugriffs auf die Nachentgelte ist in dem angefochtenen Urteil zutreffend vorgenommen und lediglich um den Hinweis zu ergänzen, dass der Beklagte durch sein Verhalten die allgemeine dienstliche Anordnung über das Abrechnen und Abliefern von Nachentgelten verletzt, also - auch - gegen § 55 Satz 2 BBG verstoßen hat.

cc) Bezüglich der Nachnahmebeträge ist der Sachverhalt unstreitig. Der Beklagte hat die Abrechnung und Abführung von insgesamt vier Nachnahmen - eine von Ende Oktober 2001 über 512,00 DM zuzüglich 3,00 DM Nachentgelt und drei von Ende November 2001 über 4,60 DM und 2 x 20,60 DM, jeweils zuzüglich 3,00 DM Entgelt, insgesamt also einen Betrag von 569,80 DM bis zum 3.12.2001 "geschoben", um mit dem zurückbehaltenen Geld finanzielle Engpässe bis zur Überweisung des um das Weihnachtsgeld erhöhten Dezembergehaltes zu überbrücken; dabei hat er den Betrag von 515,00 DM von Ende Oktober 2001 auch tatsächlich für private Zwecke verwendet. Eine nachträgliche Abrechnung und Abführung der entsprechenden Beträge wäre höchstwahrscheinlich am 3., spätestens aber am 4.12.2001 erfolgt, wenn der Beklagte nicht am Morgen des 3.12.2001 kurz nach Dienstbeginn wegen der Nachentgelte zur Rede gestellt worden wäre und er bei dieser Gelegenheit die rückständigen Nachnahmen zuzüglich der entsprechenden Zahlscheine unaufgefordert vorgelegt hätte.

Dass der Beklagte mit diesem Verhalten gegen die §§ 54 Sätze 2 und 3, 55 Satz 2 BBG verstoßen hat, liegt offen zu Tage. Den einschlägigen Darlegungen in dem erstinstanzlichen Urteil ist nichts hinzuzufügen.

b) Die aufgezeigten Pflichtverletzungen hat der Beklagte schuldhaft begangen. Keinerlei konkrete Anhaltspunkte sprechen für die erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 8.3.2004 im Zusammenhang mit der Behauptung, im Jahre 2001 abends im Sportlerheim von Pirmasens zwei bis drei Mal pro Woche acht bis neun Gläser Bier und zwei bis drei Gläser Cola mit Whisky getrunken zu haben, angesprochene Möglichkeit, der Beklagte sei in der fraglichen Zeit - August bis Dezember 2001 - alkoholbedingt schuldunfähig (§ 20 StGB analog) gewesen, weshalb sich die Einholung eines medizinisch-psychiatrischen Gutachtens hierzu erübrigt.

Eine Alkoholabhängigkeit stellt in aller Regel für sich keine zur Schuldunfähigkeit führende Störung da, und der Genuss erheblicher Alkoholmengen am Abend, mithin mehrere Stunden vor einem Fehlverhalten spricht ebenfalls nicht für Schuldunfähigkeit. In Übereinstimmung damit entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

u.a. Urteil vom 11.12.2002 - 1 D 11/02 -, bei Juris,

dass alle Suchtarten wie Alkohol-, Drogen- oder Spielsucht, selbst wenn sie pathologischer Natur sind, als solche nicht ohne Weiteres die Schuldunfähigkeit des Betreffenden speziell bezüglich in einem solchen Zustand begangener Eigentums- oder Vermögensdelikte zur Folge haben oder auch nur indizieren. Vielmehr kommt eine Schuldunfähigkeit nur ganz ausnahmsweise dann in Betracht, wenn die Sucht zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen geführt hat oder der Betroffene Beschaffungstaten unter starken Entzugserscheinungen oder die Tat im Zustand eines akuten Rausches verübt hat. Die beiden letztgenannten Fallgestaltungen liegen hier nicht vor, und für eine - zudem sehr schwerwiegende - Persönlichkeitsveränderung beim Beklagten spricht ebenfalls nichts.

Bei der gebotenen Betrachtung des konkreten Einzelfalls liefert nicht einmal der vom Beklagten für die Möglichkeit einer Schuldunfähigkeit ins Feld geführte Brief der Ärztin Dr. B. (Saarland H. GmbH) vom 6.12.2002 dahingehende Indizien. Darin wird der Beklagte als "wacher, voll orientierter Patient" .... mit "überdurchschnittlicher Intelligenz" charakterisiert; das Persönlichkeitsprofil wird als "unauffällig" beschrieben, wobei nur scheinbar eine Widersprüchlichkeit im Bereich der Werte auf der Skala Depression und Hypomanie vorliege und nur vom Beklagten geschilderte gelegentliche Alpträume sowie somatische Beschwerden im Sinne von Kopf- und Magenbeschwerden "auffällig" seien; die Motivationslage wird als "schwierig" gekennzeichnet. Die Laborbefunde wiesen einen etwas erhöhten Gamma GT-Wert auf, was die Ärztin in einen Zusammenhang mit dem bei der Anamnese angegebenen "gelegentlichen vermehrten Alkoholkonsum" stellte, ohne hier Anlass zu weitergehenden Maßnahmen zu sehen. Zusammenfassend ergaben sich beim Beklagten zwar "Auffälligkeiten in der Persönlichkeitsstruktur, die jedoch nicht als insgesamt krankheitswertig zu bezeichnen sind", so dass weder eine Medikation noch eine begleitende Psychotherapie empfohlen wurde. Aus dieser ärztlichen Stellungnahme ergibt sich damit nichts, was auch nur ansatzweise für eine Schuldunfähigkeit des Beklagten bei seinen Dienstpflichtverletzungen spricht.

Damit stimmen die sich in der Personalakte befindlichen postbetriebsärztlichen Stellungnahmen überein. Danach fand der im März 1996 wegen zahlreicher einzelner Fehltage aufgekommene Verdacht eines Alkoholmißbrauchs des Beklagten bei mehreren Untersuchungen durch den Arzt Dr. V., insbesondere bei dessen Auswertung erhobener Laborbefunden (vgl. Mitteilungen vom 25.3. sowie 25.9.1996 und 4.12.1997), keine Bestätigung. Die beiden Untersuchungen nach dem schweren Dienstunfall vom 24.7.2000 ergaben ausweislich der arbeitsmedizinischen Stellungnahmen der Ärztin B. vom 21.11.2000 und 28.6.2001 - also in umittelbarer zeitlicher Nähe zu den Dienstpflichtverletzungen - keine gesundheitlichen Bedenken. Dazu passt, dass Ausfallerscheinungen beim Beklagten während seiner dienstlichen Einsätze in der fraglichen Zeit nicht aktenkundig sind. Vielmehr hat er seinen Dienst generell und speziell an den Tattagen ersichtlich unauffällig verrichtet.

Die näheren Umstände der Dienstpflichtverletzungen liefern schließlich ebenso wenig Anhaltspunkte für eine Unfähigkeit des Beklagten, das Unrecht seines Tuns einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Vielmehr verletzte der Beklagte leicht einsehbare Kernpflichten, ging dabei planvoll vor, und die fehlgeleitete Motivation war durchaus folgerichtig. Die Zurückstellung der Postwurfspezialsendungen entsprach seiner generellen Neigung zur Bequemlichkeit und Schlampigkeit im Dienst, und die Unterschlagung der Nachentgelte sowie Nachnahmebeträge war durch eine klare Abschätzung des Entdeckungsrisikos geprägt. Nachdem er am 3.12.2001 wegen der Nachentgelte zur Rede gestellt worden war, reagierte er wiederum umsichtig: Er machte in der Hoffnung, so glimpflich davonzukommen, umfassend "reinen Tisch", denn "irgendwann wäre das ja doch rausgekommen".

All dies zusammen begründet die die Einholung eines Sachverständigengutachtens erübrigende Überzeugung des Senats, dass der Beklagte bei seinen Dienstpflichtverletzungen schuldfähig war.

3. Das damit festgestellte innerdienstliche Dienstvergehen wiegt, wie schon das Verwaltungsgericht erkannt hat, so schwer, dass der Beklagte das Vertrauen seines Dienstherrn endgültig verloren hat. Daher muss er aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden (§ 13 Abs. 2 Satz 1 BDG).

Ganz im Vordergrund für die Bestimmung der angezeigten Disziplinarmaßnahme hat der Zugriff auf die Nachentgelte und Nachnahmen zu stehen. In beiden Anschuldigungspunkten hat der Beklagte dienstlich erlangtes Geld für private Zwecke - bei den Nachentgelten 106,90 DM auf Dauer, bei den Nachnahmen 569,80 DM vorübergehend - für private Zwecke verwendet und damit ein schweres Dienstvergehen im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten begangen. Eine solche Pflichtverletzung zerstört regelmäßig das für die Fortdauer des Beamtenverhältnisses notwendige Vertrauen in die Ehrlichkeit und die Zuverlässigkeit des Beamten. Dies macht regelmäßig dessen Entfernung aus dem Dienst unvermeidlich

so allgemein BVerfG, Beschluss vom 19.2.2003 - 2 BvR 1413/01 -, NVwZ 2003, 1504; BVerwG, Urteil vom 6.5.2003 - 2 WD 29/02 -, NVwZ-RR 2004, 46, und OVG Saarlouis, Urteil vom 3.11.2003 - 6 R 1/03 -; zusammenfassend D. Mayer in Köhler-Ratz, a.a.O., B II 10 Rdnrn. 2 ff. mit zahlreichen Nachweisen.

Gerade auch die Deutsche Post AG ist auf die absolute Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten im Umgang mit dienstlich zugänglichen oder anvertrauten Geldern angewiesen. Eine lückenlose Kontrolle aller Bediensteten ist schlechterdings nicht möglich und dem Dienstherrn - nicht zuletzt aus Kostengründen - nicht zumutbar. Sie muss daher weitgehend durch Vertrauen ersetzt werden. Wer diese für den geordneten Postbetrieb unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, kann in der Regel nicht Beamter bleiben

so BVerwG, Urteile vom 5.10.1994 - 1 D 31/94 -, E 103, 177, vom 26.1.1994 - 1 D 34/93 -, vom 8.7.1998 - 1 D 52/97 - und vom 11.12.2002 - 1 D 11/02 -, alle bei Juris.

Ausnahmen von der Entfernung aus dem Dienst sind nur dann möglich, wenn wegen des besonderen Charakters und der Begleitumstände des Dienstvergehens das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn nicht vollständig oder nicht unheilbar zerstört, sondern wiederherstellbar ist. Hierzu sind in der Rechtsprechung bestimmte Milderungsgründe entwickelt worden, die ein Verbleiben des Beamten im öffentlichen Dienst rechtfertigen können

zusammenfassend D. Mayer, a.a.O., B II 10 Rdnrn. 12 f. mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen.

Von diesen anerkannten Milderungsgründen liegt indes, wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, hier keiner vor.

Dies gilt zunächst für den Milderungsgrund der psychischen Ausnahmesituation. Der Beklagte befand sich in der fraglichen Zeit nicht in einem Schockzustand; insbesondere führte der infolge der Abwesenheit des Beklagten gescheiterte Pfändungsversuch des Gerichtsvollziehers nicht zu einem solchen Schockzustand

vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG, Urteil vom 9.5.2001 - 1 D 22/00 -, E 114, 240.

Ebenso wenig liegt eine einmalige, unbedachte, persönlichkeitsfremde Gelegenheitstat vor

dazu BVerwG, Urteil vom 16.6.1999 - 1 D 67/98 -.

Der Wert sowohl der unterschlagenen Nachentgelte als auch der "geschobenen" Nachnahmen liegt je für sich und damit erst recht bei der gebotenen Gesamtschau

dazu BVerwG, Urteil vom 10.10.2000 - 1 D 46/98 -, Buchholz 235 § 82 BDO Nr. 6,

oberhalb der Geringwertigkeitsgrenze, die das Bundesverwaltungsgericht

Urteil vom 11.6.2002 - 1 D 31/01 -, E 116, 308,

inzwischen mit rund 100,00 DM beziehungsweise 50,00 Euro annimmt. Ergänzende Ausführungen zu den einschlägigen Darlegungen des Verwaltungsgerichts sind nicht veranlasst, nachdem der Beklagte insoweit das erstinstanzliche Urteil nicht angegriffen hat.

Zustimmung verdient im Weiteren die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung des Fehlverhaltens und/oder der freiwilligen Wiedergutmachung des angerichteten Schadens sei ebenfalls nicht erfüllt

zu diesem Milderungsgrund allgemein BVerwG, Urteil vom 16.3.1994 - 1 D 17/93 -, E 103, 93.

Das folgt schon daraus, dass am 3.12.2001, als der Beklagte von der Posthauptsekretärin S. von der Betriebssicherung zur Rede gestellt wurde, die Unterschlagung der Nachentgelte durch den Beklagten bereits entdeckt war, das Geständnis also erst abgelegt wurde, als der Beklagte mit den entsprechenden Vorwürfen und Beweismitteln konfrontiert worden war. Zu diesem Zeitpunkt hatte er nicht einmal Vorbereitungen getroffen, die unterschlagenen Nachentgelte nachträglich einzuzahlen. Insoweit fehlte ihm mangels Trennung des dienstlich eingezogenen und seines privaten Geldes und mangels Notizen über die erhobenen Nachentgelte vielmehr jeder Grundlage. Sein Tatentschluss war ohnehin - wie bereits ausgeführt - auf ein dauerndes Behalten der Nachentgelte gerichtet. Ein freiwilliges Offenbaren lag daher - allenfalls - mit Blick auf die Nachnahmebeträge vor. Insoweit war am 3.12.2001 noch kein Verdacht aufgekommen, und ebenso wie bereits die Klägerin und das Verwaltungsgericht geht der Senat davon aus, dass der Beklagte die "geschobenen" Nachnahmen ohne die Vernehmung durch die Betriebssicherung am 3.12.2001, spätestens aber am folgenden Tag von sich aus nachträglich abgerechnet und eingezahlt hätte. Dies hatte seinen einleuchtenden Grund darin, dass dem Beklagten das hohe Risiko bewusst war, bei einem zu langen "Schieben" der Nachnahmen - und diejenige von Ende Oktober 2001 war inzwischen schon geraume Zeit "überfällig" - doch "aufzufallen". Ob letzteres die Freiwilligkeit der Offenbarung ausschließt, kann dahinstehen. Jedenfalls greift der Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung und der freiwilligen Wiedergutmachung - allenfalls - bezüglich eines Teils der Zugriffsdelikte, nämlich der Nachnahmen, nicht aber auch der Nachentgelte durch. Deshalb erscheint das Dienstvergehen in dieser Sicht nicht als Ganzes in einem milderen Licht, denn das auf Dauer angelegte und nicht freiwillig offenbarte Zugreifen auf die Nachentgelte stellt eine selbstständige Verfehlung mit erheblichem Eigengewicht dar

dazu BVerwG, Urteile vom 16.3.1994, a.a.O., und vom 10.11.1998 - 1 D 103/97 -, Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 19.

Schließlich liegt der vom Beklagten zuletzt ganz in den Mittelpunkt seines Vorbringens gestellte Milderungsgrund der wirtschaftlichen Notlage nicht vor. In dieser Sicht erscheint der Zugriff auf dienstlich zugängliches Geld weniger schwerwiegend, wenn sich das Fehlverhalten des Beamten aus einer Konfliktlage erklärt, in der dessen existentielle Bedürfnisse in Frage standen. Dazu genügt nicht die Überschuldung oder ein finanzieller Engpass, sondern es bedarf der Feststellung der Bedürftigkeit am Maßstab der sozialhilferechtlichen Regelsätze. Die entsprechende Notlage muss zudem, um als disziplinarrechtlich erheblich angesehen werden zu können, unverschuldet sein, was bei einer vorwerfbaren Lebensweise oder Wirtschaftsführung nicht zutrifft; weiterhin muss die Situation aus der Sicht des Beamten ausweglos erscheinen, weshalb er alles ihm Zumutbare unternommen haben muss, um sich die notwendigen finanziellen Mittel auf legalem Weg zu verschaffen. Schließlich darf der Zugriff auf das amtlich erlangte Geld allein zu dem Zweck erfolgt sein, die existenzbedrohende Situation abzuwenden oder zu mildern

vgl. zu alldem BVerwG, Urteile vom 26.1.1994 - 1 D 34/93 -, bei Juris, vom 5.10.1994 - 1 D 31/94 -, E 103, 177, vom 28.11.1995 - 1 D 29/95 -, bei Juris, vom 26.3.1996 - 1 D 58/95, Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 7, und vom 8.7.1998 - 1 D 52/97 -, bei Juris; zusammenfassend D. Mayer, a.a.O., B. II 10 Rdnr. 11.

Diese strengen Voraussetzungen sind hier in mehrfacher Hinsicht nicht erfüllt.

Allerdings leidet keinen Zweifel, dass der Beklagte in der fraglichen Zeit finanziell in die Klemme geraten war. Von der sozialhilferechtlichen Bedürftigkeitsgrenze war er aber stets deutlich entfernt. Ausweislich der von ihm vorgelegten Auszüge seines Kontos bei der Postbank wurde ihm damals ein Nettogehalt von 2.829,31 DM ausgezahlt. Davon gingen an regelmäßigen Belastungen 500,00 DM für die Wohnung, 614,76 DM für verschiedene Versicherungen und rund 90,00 DM für verschiedene weitere Verpflichtungen (Telefon, Gewerkschaftsbeitrag u.ä.) ab. Damit verblieben rund 1620,00 DM. Das liegt weit oberhalb des sozialhilferechtlichen Regelsatzes, der sich ab dem 1.7.2001 für einen alleinstehenden Erwachsenen im Saarland und in Rheinland-Pfalz auf 561,00 DM belief. Selbst wenn die vom Beklagten zusätzlich in die Betrachtung eingestellte Position - Zahlung von 200,00 DM/Monat ab dem 1.10.2001 auf die titulierten Forderungen der ärztlichen Privatverrechnungsstelle Mosel/Saar e.V. - berücksichtigt werden, ergibt sich nichts entscheidend anderes. Indes geht es nicht an, solche oder ähnliche Schulden bei der Frage, ob sich der Beamte in einer disziplinarrechtlich relevanten wirtschaftlichen Not befand, heranzuziehen. Disziplinarrechtlich verdient nämlich der Beamte keine Privilegierung, der auf dienstlich zugängliches Geld zugreift, um mittels des sich so selbst bewilligten "Kredits" private Schulden zu begleichen. Vor dem Zugriff privater Gläubiger ist der Beamte nämlich insbesondere durch die bei der Gehaltspfändung zu berücksichtigenden gesetzlichen Freigrenzen ausreichend geschützt. Darüber war der Beklagte, wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt hat und durch das bei seiner Personalakte befindliche Schreiben seines Dienstherrn vom 21.8.2000 belegt wird, aufgrund einschlägiger Erfahrungen bei den Pfändungen der AKS-Bank im August 2000 informiert. Existentiell gefährdet war er deshalb nie. Anderes gilt auch nicht mit Blick auf die Rückstände bei den Stadtwerken Pirmasens und die ihm insoweit am 7.11.2001 angedrohte Energiesperre. Zum einen hatte der Beklagte zu diesem Zeitpunkt einen erheblichen Teil der Unterschlagungen bereits begangen; zum anderen hat er selbst keinen Zusammenhang zwischen der angedrohten Energiesperre und den weiteren Zugriffsdelikten hergestellt; vielmehr ergab sich bei seiner Anhörung, dass er gerade diese Schulden nicht als besonders drückend ansah, und er hat die Energiesperre - wie auch immer - abgewandt.

Darüber hinaus war der finanzielle Engpass im Herbst 2001 selbst verschuldet. Als entscheidend dafür, warum er Ende Oktober 2001 erstmals auf eine Nachnahme zugriff, führte der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 8.3.2004 aus, er habe kurz zuvor einem Bekannten, dem er schon früher Geld geliehen hatte, ohne es je bei Fälligkeit vollständig zurückerhalten zu haben, nochmals 250,00 bis 300,00 DM für wenige Tage geborgt, damit dieser bis zur nächsten Gehaltszahlung flüssig bleibt; dieses Geld habe er bis heute nicht zurückerhalten. Die erwähnte Darlehensgabe kann - gerade unter Berücksichtigung der zuvor vom Beklagten mit diesem Bekannten gemachten schlechten Erfahrungen - nur als in hohem Maße leichtfertig eingestuft werden und entlastet deshalb den Beklagten mit Blick auf den Zugriff auf die Nachnahme nicht durchschlagend.

Dasselbe gilt für den bei der gebotenen Gesamtschau für die wirtschaftliche Situation des Beklagten damals entscheidenden Umstand, nämlich die durch seine Behandlung nach dem Dienstunfall vom 24.7.2000 ausgelösten Arztkosten. Einleuchtend hat der Beklagte allerdings dargestellt, dass er völlig überrascht war, dass die entsprechenden Rechnungen an ihn persönlich gerichtet wurden, während nach seinem Dienstunfall vom 17.12.1997 alle Kosten unmittelbar zwischen Krankenhaus und Ärzten einerseits und der Unfallkasse Post und Telekom andererseits abgerechnet worden waren. Der Senat nimmt dem Beklagten weiter ab, dass er in diesem Zusammenhang entweder von seinen Vorgesetzten falsch beraten worden war oder - näher liegend - die ihm erteilten Belehrungen falsch verstanden hat. Jedenfalls reichte der Beklagte die entsprechenden Arztrechnungen nicht unverzüglich an die Unfallkasse weiter, sondern schickte sie am 21.11.2000 an seine private Krankenkasse, die sie ihm nach etwas mehr als einer Woche unter Hinweis auf ihre Unzuständigkeit zurückgab. Danach dauerte es bis zum 12.4.2001, bis der Beklagte einen Teil der Arztrechnungen an die Unfallkasse weitergab. Auf deren noch am selben Tag gefertigte Antwort, in der der Beklagte zur Vorlage einer fehlenden ärztlichen Verordnung und um Angabe einer Bankverbindung gebeten wurde, reagierte der Beamte erst am 14.9.2001, woraufhin die Unfallkasse unverzüglich 1704,06 DM an ihn überwies. Dass dies nicht die gesamten dienstunfallbedingten Kosten des Beklagten abdeckte, lag daran, dass der Beklagte weitere Rechnungen, insbesondere die größte Einzelrechnung des Arztes Dr. R. vom 4.9.2000 über 1802,82 DM, versehentlich nicht an die Unfallkasse weitergeleitet hatte, was die Kasse ihrerseits wiederum nicht erkennen konnte. Der darauf zurückzuführende Ausfall bei der Kostenerstattung ist ebenso wie ein beträchtlicher Teil der Verzögerung bei der Erstattung im gegebenen Zusammenhang dem Beklagten anzulasten, der die gesamte Angelegenheit viel zu unachtsam und zögerlich betrieben hat und dadurch die Einschaltung der Creditreform und die Anrufung des Mahngerichts durch seine Gläubiger wesentlich mit verursachte. Wer sich so selbst in Schwierigkeiten bringt, verdient keine Nachsicht, wenn er, um der Situation Herr zu werden, Geld seines Dienstherrn unterschlägt.

Unverständlich blieb außerdem, warum sich die finanzielle Situation des Beklagten - abgesehen von der Darlehensgabe an seinen Bekannten - gerade Ende Oktober 2001 entscheidend zugespitzt haben soll, denn im Oktober hatte er die Kostenerstattung der Unfallkasse in Höhe von immerhin 1704,06 DM erhalten. Insoweit blieb der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eine die Höhe des unterschlagenen Betrages von 515,00 DM einschließende Erklärung schuldig. Gerade wenn er - wie behauptet - die 1704,06 DM zur Begleichung offenstehender Arztrechnungen verwendet hat, musste er damals bei diesen Gläubigern "Luft" gehabt haben. So spricht denn auch alles dafür, dass der Beklagte damals Geld unsinnig ausgab. So führte er gegenüber dem Senat unter anderem aus, zu jener Zeit des öfteren abends 60,00 bis 80,00 DM vertrunken und/oder verspielt zu haben, und offenbar hat er damals auch aufwendig gelebt. So erklärte er seine Schuld von über 1500,00 DM beim Quelle-Versand mit dem lapidaren Hinweis, er habe sich doch auch einmal etwas zum Anziehen kaufen müssen. Wer sein Geld trotz bereits sich abzeichnender Engpässe derart leichtsinnig ausgibt und sich so zusätzlich in Schwierigkeiten bringt, kann sich nicht entscheidend mit dem Argument entlasten, unverschuldet in Not geraten zu sein.

Schließlich beruft sich der Beklagte ohne Erfolg darauf, seine Schuldfähigkeit sei damals erheblich gemindert gewesen; er sei wegen eines schweren Zerwürfnisses mit seinem Bruder psychisch belastet gewesen; finanziell sei ihm alles über den Kopf gewachsen, und er habe zuviel Alkohol getrunken und sich dem Glücksspiel hingegeben. Das rechtfertigt es nicht, von der Entfernung aus dem Dienst abzusehen. Zum einen schenkt der Senat einem Teil des Vortrags des Beklagten - ausgeprägte Trunk- und Spielsucht - keinen Glauben, und die Reaktion des Beklagten auf das ständige Drängen seiner Gläubiger, fällige Rechnungen zu bezahlen, findet seine Erklärung weitgehend in einer ausgeprägten Lethargie, wie sie auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat deutlich wurde. Zum anderen entspricht es gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

u.a. Urteile vom 19.2.2002 - 1 D 10/01 -, Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 27, und vom 23.10.2002 - 1 D 5/02 -, bei Juris; ebenso OVG Saarlouis, Urteil vom 3.11.2003 - 6 R 1/03 -,

dass selbst eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses jedenfalls dann nicht rechtfertigen kann, wenn es sich um die Ahndung eines durch die eigennützige Verletzung leicht einsehbarer Kernpflichten geprägtes Dienstvergehen handelt, wie es hier beim Zugriff auf die Nachentgelte und Nachnahmen zutrifft. Davon, dass diese Auffassung mit Verfassungs- und/oder Europarecht unvereinbar wäre, kann keine Rede sein. Dass im Strafrecht bei Vorliegen von verminderter Schuldfähigkeit die Strafe generell, also auch bei schwersten Straftaten, gemildert werden kann (§ 21 StGB), erklärt sich daraus, dass im Strafrecht ein gesellschaftliches Unwerturteil ausgesprochen wird, das an höhere Voraussetzungen geknüpft ist als ein Vertrauensverlust im Rahmen eines Beamtenverhältnisses. Daher ist eine verminderte Schuldfähigkeit bei strafrechtlichen Sanktionen in weitergehendem Umfang zu berücksichtigen als im Disziplinarrecht. In einem durch eine Sonderrechtsbeziehung begründeten Vertrauensverhältnis wie dem Beamtenverhältnis führt die Überschreitung bestimmter dienstspezifischer Schwellen durch schuldhaft pflichtwidriges Verhalten regelmäßig zur Zerstörung des Vertrauensverhältnisses, auch wenn dem im Rahmen des für jedermann geltenden strafrechtlichen Sanktionensystems keine derart hervorgehobene Bedeutung zukommt. Zu erwähnen ist im gegebenen Zusammenhang zudem, dass im allgemeinen Arbeitsrecht die dort spezifische Schwelle nochmals deutlich niedriger liegt, als dies nach der Rechtsprechung der Disziplinargerichte der Fall ist.

Weiterhin muss gesehen werden, dass Straf- und Disziplinarrecht weder von der Tatbestandsmäßigkeit noch von der Zielsetzung her identisch sind. Mit relativ schwerer Strafe bedrohte Handlungen müssen nicht in jedem Fall von hohem disziplinaren Gewicht sein; umgekehrt brauchen zur Vertrauensunwürdigkeit führende Dienstvergehen strafrechtlich keine schweren Delikte zu sein. Speziell mit Blick auf die disziplinare Ahndung bei dem Zugriff eines Beamten auf dienstlich zugängliches oder anvertrautes Geld ist daher entscheidend, ob die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses deswegen - ausnahmsweise - noch möglich ist, weil ein in der Rechtsprechung anerkannter Milderungsgrund die Annahme rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauen seines Dienstherrn noch nicht endgültig verloren. Ein derartiger Milderungsgrund ist jedoch - wie dargetan - hier nicht gegeben.

Das hieraus abzuleitende Ergebnis, der Beklagte müsse aus dem Dienst entfernt werden, ist nicht unverhältnismäßig. Der Beklagte kann nämlich dem von ihm begangenen schweren Dienstvergehen dienstbezogen kaum etwas Positives entgegensetzen. Er ist mit rund zwölf Jahren noch nicht allzu lange Beamter, und ersichtlich bestand während der gesamten Zeit nie Anlass, seine dienstlichen Leistungen zu loben. Vielmehr wurde seine Probezeit ausweislich der Verfügung vom 28.6.1993 verlängert, weil Zweifel an seiner Eignung bestanden; im Februar 1996 blieb er an zwei Tagen unentschuldigt dem Dienst fern, weshalb sein Gehalt entsprechend gekürzt und er nachdrücklich ermahnt wurde (Verfügung vom 1.3.1996), und seine dienstlichen Leistungen wurden ausweislich des Schreibens vom 12.11.2001 zuletzt als "gerade noch ... befriedigend" beurteilt. Seine generelle Einstellung zum Dienst wird nach Überzeugung des Senats am Umgang mit den Postwurfspezialsendungen der Firma H. beispielhaft deutlich: Dominierend sind Bequemlichkeit, Schlampigkeit und Vorrang privater Interessen. Bei der gebotenen Gesamtschau besteht damit kein Anlass zur Milde. Vielmehr ist die Entfernung aus dem Dienst die angezeigte disziplinare Ahndung des vom Beklagten begangenen Dienstvergehens.

Die Berufung muss nach allem zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 77 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4, 78 Abs. 1 BDG, 154 Abs. 2 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 3 BDG, 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.

Die Revision wird zugelassen, da der Senat der Rechtssache mit Blick auf die Frage der sachgerechten Auslegung des § 78 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG - Mitwirkung des Personalrats nur am "Ob" der Erhebung der Disziplinarklage oder auch am konkreten Klageantrag des Dienstherrn - grundsätzliche Bedeutung beimisst (§§ 69 BDG, 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung

Gegen die Entscheidung steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu.

Die Revision ist bei dem Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Prälat-Subtil-Ring 22 (Postfach 20 06, 66720 Saarlouis), innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen. Die Revisionsfrist ist auch gewahrt, wenn die Revision innerhalb der Frist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, eingelegt wird. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen.

Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, einzureichen.

Für die Einlegung der Revision und ihre Begründung besteht Vertretungszwang. Danach muss sich der Revisionsführer durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie durch Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.

gez: Böhmer               Richter am Oberverwaltungs-           Bitz

                          gericht Haßdenteufel ist

                          erkrankt und kann daher das

                          Urteil nicht unterschreiben.

                              gez. Böhmer

Ausgefertigt:

Verw.-Amtsinspektor

als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

Gründe

Die Berufung ist zulässig (§§ 64 Abs. 1, 3 BDG, 67 Abs. 1 Satz 6 VwGO), aber unbegründet.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht auf die zulässige Disziplinarklage (§ 52 Abs. 1 BDG) hin auf die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst erkannt (§§ 60 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, 5 Abs. 1 Nr. 5, 10 BDG).

1. Der Senat teilt die in dem angegriffenen Urteil vertretene Auffassung, dass der Stattgabe der Disziplinarklage kein Mangel des personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahrens entgegensteht.

Nach § 78 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Sätze 2 und 3 BPersVG wirkt der Personalrat - hier mit Blick auf die Privatisierung der früheren Deutschen Bundespost: der Betriebsrat (§ 28 PostPersRG) - auf Antrag des Betroffenen bei der Erhebung der Disziplinarklage gegen einen Beamten mit; dabei kann der Personalrat (Betriebsrat) Einwendungen - nur - auf die in § 77 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BPersVG bezeichneten Gründe stützen, also entweder auf einen Verstoß der Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Bestimmung in einem Tarifvertrag, eine gerichtliche Entscheidung, den Frauenförderplan oder eine Verwaltungsanordnung oder gegen eine Richtlinie im Sinne des § 67 Abs. 2 Nr. 8 BPersVG oder auf die durch Tatsachen begründete Besorgnis, dass durch die Maßnahme der betroffene Beschäftigte oder andere Beschäftigte benachteiligt werden, ohne dass dies aus dienstlichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist. Vorliegend hat die Klägerin, nachdem der Beklagte die Mitwirkung des Betriebsrats beantragt hatte, den Betriebsrat durch Übersenden der Ermittlungsakte sowie eines Entwurfs der später beim Verwaltungsgericht eingereichten Klageschrift ordnungsgemäß von ihrer Absicht, Disziplinarklage gegen den Beklagten zu erheben, unterrichtet. Dessen Antwortschreiben vom 3.7.2002 lässt dann - auch nach Einschätzung des Beklagten - allein den Schluss zu, dass der Betriebsrat gegen die Erhebung der Disziplinarklage keine Einwendungen erhebt. Nur so kann der zentrale Satz, wonach der Betriebsrat "aufgrund des erheblichen Gewichts der Dienstpflichtverletzungen keine Einwendungen erheben (kann), die sich auf die in § 77 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BPersVG bezeichneten Gründe stützen lassen", verstanden werden. Darin kommt nach den gesamten Umständen klar zum Ausdruck, dass der Betriebsrat die Erhebung einer Disziplinarklage gegen den Beklagten ebenfalls als unvermeidlich ansah, weil er den Erlass lediglich einer Disziplinarverfügung (§ 33 BDG) für nicht ausreichend erachtete, sondern die Verhängung einer das Ahndungsrecht des Dienstherrn überschreitenden, dem Gericht vorbehaltenen Disziplinarmaßnahme (§ 34 BDG) für angezeigt hielt.

Dass der Betriebsrat im Weiteren "vorsorglich darauf hinwies", er halte eine Entfernung des Beklagten aus dem Dienst für überzogen, weil außergewöhnliche Milderungsgründe vorlägen, führt entgegen der Berufungsbegründung nicht dazu, dass der Betriebsrat doch Einwendungen im Sinne des § 77 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 BPersVG gegen die Erhebung der Disziplinarklage vorgebracht hätte. Gegen die vom Beklagten befürwortete Auslegung des Schreibens vom 3.7.2002 spricht bereits dessen Wortlaut. Darin kommt der Sache nach zum Ausdruck, dass - einerseits - gegen die Erhebung einer Disziplinarklage keine Einwendungen erhoben werden und dass - andererseits - vorsorglich der Hinweis erfolgt, nach Einschätzung des Betriebsrats genüge als Disziplinarmaßnahme die Zurückstufung (§ 9 BDG). Dass der erwähnte Hinweis keine Einwendung im Sinne des § 77 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 BPersVG darstellt, folgt dann aus der gesetzlichen Umschreibung des hier einschlägigen Mitwirkungstatbestandes. § 78 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG bezieht die Mitwirkung des Personalrats (Betriebsrats) auf die "Erhebung der Disziplinarklage gegen einen Beamten". Das knüpft vom Wortlaut her an die amtliche Bezeichnung des § 34 BDG "Erhebung der Disziplinarklage" als eine Form der "Abschlussentscheidung" im behördlichen Disziplinarverfahren (so die amtliche Überschrift zum Teil 3 Kapitel 3 des BDG) an. Die Mitwirkung findet also an der im Bundesdisziplinargesetz so umschriebenen Maßnahme der Dienststelle statt. Dabei geht es der Sache nach um die Entscheidung, dass der Bereich, in dem der Dienstherr selbst ein Dienstvergehen ahnden kann, überschritten ist und daher das Gericht zwecks Bestimmung der Disziplinarmaßnahme angerufen werden muss. Mit Blick auf diese Abschlussentscheidung wird dann in § 78 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG nicht weiter danach unterschieden, ob der Dienstherr im Klageverfahren die Entfernung aus dem Dienst oder die Zurückstufung für angezeigt erachtet. Vielmehr geht es einzig um den Entschluss für oder gegen die Klageerhebung. Das ist gerade personalvertretungsrechtlich folgerichtig. Zu Recht hat nämlich bereits das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam gemacht, dass die Erhebung der Disziplinarklage - personalvertretungsrechtlich verstanden - die letzte Maßnahme des Dienstherrn ist, denn die Verhängung der Disziplinarmaßnahme ist danach nicht mehr Sache des Dienstherrn, sondern obliegt dem Gericht.

Demgegenüber ist nach Auffassung des Senats § 52 BDG ungeeignet, zur Konkretisierung des Mitwirkungstatbestandes nach § 78 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG beizutragen. § 52 Abs. 1 BDG bestimmt die formalen Anforderungen an eine Disziplinarklage. Das ist von der Zielsetzung her etwas grundlegend anderes als die Umschreibung der "Abschlussentscheidung" des Dienstherrn "Erhebung der Disziplinarklage" (§ 34 BDG). Zudem ist das Argument des Beklagten, zu einer ordnungsgemäßen Disziplinarklage gehöre ein auf eine bestimmte Disziplinarmaßnahme gerichteter Antrag, nicht zwingend. Auf die damit in Bezug genommene Soll-Pflicht des § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO wird in § 52 Abs. 1 BDG jedenfalls nicht ausdrücklich verwiesen. Dies lässt in Verbindung damit, dass die zuletzt genannte Bestimmung den gebotenen Inhalt einer Disziplinarklage detailliert festlegt, den Schluss zu, für eine ergänzende Heranziehung des § 82 Abs. 1 VwGO über § 3 BDG sei infolge einer abschließenden Regelung in § 52 Abs. 1 BDG kein Raum, weshalb maßnahmebezogene Anträge des Dienstherrn in der Klageschrift lediglich als Mitteilung über die derzeit vom Dienstherrn für angezeigt erachtete Ahnung darstellen, ohne eine Bindungswirkung auszulösen

so Lemhöfer, RiA 2002, 53 (55), und D. Köhler in Köhler-Ratz, BDG, Disziplinarrecht in Bund und Ländern - Stand: Juni 2003 -, § 52 Rdnr. 19 und § 60 Rdnr. 16.

Bezogen auf den Umfang der Mitwirkung des Personalrats (Betriebsrats) sprechen für die hier vertretene Norminterpretation auch praktische Erfordernisse. Erstreckte man die Mitwirkung - über das "Ob" der Erhebung der Disziplinarklage hinaus - auf einen bestimmten Klageantrag, hätte das zur Folge, dass der Dienstherr auf die Feststellung maßnahmebezogen erheblicher Umstände während des gerichtlichen Verfahrens nicht flexibel reagieren könnte. Beispielsweise wäre er, wenn die Mitwirkung des Personalrats (Betriebsrats) bei der Erhebung einer Disziplinarklage mit dem Ziel der Zurückstufung erfolgt wäre, gehindert, nach der Feststellung neuer Tatsachen, die für eine noch strengere Ahndung sprechen, die Entfernung aus dem Dienst zu beantragen, sondern müsste zuvor den Personalrat (Betriebsrat) erneut beteiligen. Eine derart unpraktikable Regelung kann nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen.

Bestätigt wird der hier vertretene Standpunkt schließlich durch die Entstehungsgeschichte des § 78 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG. Die heute geltende Fassung dieser Bestimmung beruht auf Art. 9 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 9.7.2001 (BGBl. I 1510). Dadurch wurde die bis dahin geltende Umschreibung des Mitwirkungstatbestandes in § 78 Abs. 1 Nr. 3 PBersVG "Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens" mit Wirkung ab dem 1.1.2002 durch die Worte "Erhebung der Disziplinarklage" ersetzt. Dies wird in der Begründung des entsprechenden Gesetzentwurfs der Bundesregierung

abgedruckt bei Claussen-Janzen-Czapski, Bundesdisziplinarrecht, 9. Auflage, S. 235 (350),

einleuchtend als notwendige Anpassung des Bundespersonalvertretungs- rechts an das neue Disziplinarrecht gekennzeichnet, das ein förmliches Disziplinarverfahren im Verständnis des § 78 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG a.F. nicht mehr kennt, sondern durch die Erhebung der Disziplinarklage ersetzt. Dabei wird zum Ausdruck gebracht, dass die personalvertretungsrechtliche Mitwirkung nunmehr "für dieses Verfahrensstadium" (= Erhebung der Disziplinarklage) vorgesehen werden muss. Nichts deutet dabei darauf hin, in diesem Zusammenhang solle eine Ausdehnung des Mitwirkungsrechtes erfolgen. Nach altem Recht wirkte der Personalrat (Betriebsrat) an der Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme aber nicht mit, und die aufgezeigten Gesetzesmaterialien sprechen klar dagegen, hieran habe sich durch die Umformulierung des § 78 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG etwas ändern sollen.

2. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass der Beklagte ein aus drei Komplexen bestehendes einheitliches Dienstvergehen begangen hat, denn er hat jeweils schuldhaft gegen die ihm obliegenden Dienstpflichten verstoßen (§§ 60 Abs. 2 Satz 1 BDG, 77 Abs. 1 Satz 1 BBG).

a) Tatbestandsbezogen kann weitgehend auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil verwiesen werden. Das Berufungsvorbringen gibt Veranlassung zu folgenden Bemerkungen:

aa) Bezüglich des Nichtaustragens der ca. 70 Postwurfspezialsendungen der Firma H. am 7.9.2001 hat die Anhörung durch den Senat klar ergeben, dass dem Beklagten damals bewusst war, dass er auf Grund allgemeiner dienstlicher Weisung verpflichtet war, diese Sendungen taggleich zuzustellen. Dies ist vor dem in der mündlichen Verhandlung deutlich gewordenen Hintergrund zu sehen, dass es im Jahre 2001 für Briefzusteller beim Zustellstützpunkt Zweibrücken keine festen Dienstzeiten gab. Vielmehr wurde die Arbeitsbelastung des einzelnen Bediensteten durch die Größe der verschiedenen Zustellbezirke mittelbar gesteuert. In diesem Rahmen bestimmten die allgemeinen Dienstvorschriften die täglichen Dienstleistungsverpflichtungen. Konkret hieß dies: Der einzelne Briefzusteller hatte so lange zu arbeiten, bis die an diesem Tag zu erledigende Post bearbeitet war. Bei übermäßiger Belastung konnte er mit Zustimmung seines Dienstvorgesetzten die Bearbeitung eines Teiles der Post auf den nächsten Tag verschieben. Um eine solche Ausnahmeerlaubnis hat der Beklagte am 7.9.2001 indes nicht nachgesucht, sondern selbstherrlich entschieden, die in Rede stehenden Sendungen nicht zuzustellen. Dieser Entschluss beruhte einzig auf seiner Bequemlichkeit. Es war ihm "zuviel"; es wäre "zu spät" geworden; er wollte "etwas Privatleben haben" und "auch einmal einen Zug früher für die Heimfahrt erreichen". Dass er mit dem so motivierten Unterlassen des Austragens der erwähnten Sendungen seine Dienstpflichten verletzt hat, hat der Beklagte - wie schon zuvor - auch zweitinstanzlich nicht in Abrede gestellt. Dabei nimmt ihm der Senat ab, dass er die feste Absicht hatte, die Postwurfspezialsendungen der Firma H. am folgenden Tag zu verteilen.

Dass dies am 8.9.2001 nicht geschah, erklärt sich aus einer Kombination von Schlampigkeit und Bequemlichkeit. Der Senat schenkt der Versicherung des Beklagten Glauben, er habe am Morgen des 8.9.2001 die Postwurfspezialsendungen vom Vortag infolge des Übereinanderstellens zweier Briefbehälter übersehen. Ins Auge gefallen sind ihm die H.-Sendungen jedoch nach der Rückkehr von seinem Zustellgang. Dies hat der Beklagte in der zweitinstanzlichen Verhandlung zwar - anders als beispielsweise bei der Befragung vom 19.11.2001 - in Abrede gestellt, ergibt sich jedoch eindeutig aus seinen weiteren Angaben. So hat der Beklagte mit Nachdruck darauf hingewiesen, am 8.9.2001 zwar nicht seinen Dienstvorgesetzten, wohl aber einen Kollegen davon in Kenntnis gesetzt zu haben, er habe die in Rede stehenden Sendungen nicht ausgetragen, und diese Tatsache hatte er danach so gut im Gedächtnis, dass er am 11.9.2001 seine Vertretung entsprechend informierte. Also muss er am 8.9.2001 spätestens kurz vor Verlassen des Dienstgebäudes gewusst haben, dass er die Postwurfspezialsendungen - erneut - nicht zugestellt hatte. Seinen Fehler unverzüglich auszugleichen, kam ihm danach - aus der bereits erwähnten Bequemlichkeit heraus - ersichtlich nicht in den Sinn.

Dass der Beklagte unter den aufgezeigten Umständen durch sein Unterlassen seine Dienstpflichten nach den §§ 54 Sätze 1 und 3, 55 Satz 2 BBG verletzt hat, ist in dem erstinstanzlichen Urteil zutreffend aufgezeigt. Ergänzende Ausführungen sind nicht veranlasst.

bb) Bezüglich der nicht abgerechneten und abgeführten Nachentgelte ist der objektive Sachverhalt unstreitig. Es handelt sich um eine Sendung vom 18.8.2001 und um 49 Sendungen zwischen dem 12. und dem 23.11.2001, wobei Nachentgelte von zusammen 106,90 DM angefallen waren. In allen Fällen hat der Beklagte entgegen der allgemeinen dienstlichen Anordnung, wonach die Beträge der Nachentgelte täglich in das hierfür vorgesehene amtliche Formblatt einzutragen, jeweils samstags aufzuaddieren und die Wochenrechnung sowie die eingezogenen Gelder in ein Trommelwertgelass einzuwerfen sind, das Geld für sich behalten. Dabei schenkt der Senat der wiederholten Versicherung des Beklagten, er habe jedenfalls bei einem Teil der Nachentgelte die Abrechnung sowie Ablieferung des Geldes nur "verschoben", keinen Glauben. Gegen ein bloßes "Schieben" spricht mit Blick auf die Nachentgelte vom 18.8.2001 und von Mitte November 2001 bereits klar der Zeitablauf. Es ging dem Beklagten entgegen seiner zeitweisen Einlassung nicht darum, die Abrechnung nicht samstags wegen des gerade an diesem Tag bei ihm bestehenden Interesses, zeitig nach Hause zu kommen, vornehmen zu müssen. Wäre das der entscheidende Punkt gewesen, hätte er die Abrechnung an den jeweils folgenden Montagen vornehmen können und müssen. Tatsächlich hat der Beklagte aber zwischen Anfang August und dem 3.12.2001 - an diesem Tag rechnete er die Nachentgelte aus der Vorwoche korrekt ab - kein einziges Nachentgelt abgerechnet und abgeführt und in dieser Zeit auch keinerlei Vorbereitungen für eine spätere Abrechnung sowie Abführung getroffen. So hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung - entgegen seiner Berufungsbegründung - eingeräumt, die eingezogenen Nachentgelte weder gesondert verwahrt noch Notizen über die entsprechenden Beträge gemacht zu haben. Vielmehr vermengte er durchgängig dienstlich eingezogene und private Gelder und gab je nach Bedarf das dienstlich eingezogene Geld ganz selbstverständlich wie eigenes aus. Der Senat ist so in Verbindung mit dem in der mündlichen Verhandlung von dem Beklagten gewonnenen Eindruck zu der Überzeugung gelangt, dass dieser die gesamten Nachentgelte von 106,90 DM nicht nur "geschoben", sondern sich auf Dauer angeeignet hat und keinerlei Rückzahlungsabsichten hegte.

Das findet keine Widerlegung durch die korrekte Abrechnung der Nachnahme M. vom 17.11.2001. Vielmehr passt diese pflichtgemäße Handlungsweise ohne Weiteres ins Bild. Der Beklagte hat nämlich in der mündlichen Verhandlung berichtet, während seines Einsatzes beim Postamt Pirmasens miterlebt zu haben, wie ein Kollege mittels Fangbriefen der Unterschlagung von Nachentgelten sowie Nachnahmebeträgen überführt worden war. Von daher wusste er, dass das Risiko, bei einem auf Dauer angelegten Zugriff auf Nachnahmebeträge entdeckt zu werden, sehr hoch ist und deshalb insoweit allenfalls ein "Schieben" in Betracht kommt, während bei den Nachentgelten eine Beweiserhebung ausschließlich mittels Fangsendungen möglich ist und es daher darauf ankommt, solche zu erkennen. Folgerichtig ärgert sich der Beklagte denn auch heute noch, wie er dem Senat anschaulich berichtete, vor allem über seine "Dummheit", die Sendungen an Frau M. nicht als Fangbriefe erkannt zu haben.

Die disziplinare Würdigung des Zugriffs auf die Nachentgelte ist in dem angefochtenen Urteil zutreffend vorgenommen und lediglich um den Hinweis zu ergänzen, dass der Beklagte durch sein Verhalten die allgemeine dienstliche Anordnung über das Abrechnen und Abliefern von Nachentgelten verletzt, also - auch - gegen § 55 Satz 2 BBG verstoßen hat.

cc) Bezüglich der Nachnahmebeträge ist der Sachverhalt unstreitig. Der Beklagte hat die Abrechnung und Abführung von insgesamt vier Nachnahmen - eine von Ende Oktober 2001 über 512,00 DM zuzüglich 3,00 DM Nachentgelt und drei von Ende November 2001 über 4,60 DM und 2 x 20,60 DM, jeweils zuzüglich 3,00 DM Entgelt, insgesamt also einen Betrag von 569,80 DM bis zum 3.12.2001 "geschoben", um mit dem zurückbehaltenen Geld finanzielle Engpässe bis zur Überweisung des um das Weihnachtsgeld erhöhten Dezembergehaltes zu überbrücken; dabei hat er den Betrag von 515,00 DM von Ende Oktober 2001 auch tatsächlich für private Zwecke verwendet. Eine nachträgliche Abrechnung und Abführung der entsprechenden Beträge wäre höchstwahrscheinlich am 3., spätestens aber am 4.12.2001 erfolgt, wenn der Beklagte nicht am Morgen des 3.12.2001 kurz nach Dienstbeginn wegen der Nachentgelte zur Rede gestellt worden wäre und er bei dieser Gelegenheit die rückständigen Nachnahmen zuzüglich der entsprechenden Zahlscheine unaufgefordert vorgelegt hätte.

Dass der Beklagte mit diesem Verhalten gegen die §§ 54 Sätze 2 und 3, 55 Satz 2 BBG verstoßen hat, liegt offen zu Tage. Den einschlägigen Darlegungen in dem erstinstanzlichen Urteil ist nichts hinzuzufügen.

b) Die aufgezeigten Pflichtverletzungen hat der Beklagte schuldhaft begangen. Keinerlei konkrete Anhaltspunkte sprechen für die erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 8.3.2004 im Zusammenhang mit der Behauptung, im Jahre 2001 abends im Sportlerheim von Pirmasens zwei bis drei Mal pro Woche acht bis neun Gläser Bier und zwei bis drei Gläser Cola mit Whisky getrunken zu haben, angesprochene Möglichkeit, der Beklagte sei in der fraglichen Zeit - August bis Dezember 2001 - alkoholbedingt schuldunfähig (§ 20 StGB analog) gewesen, weshalb sich die Einholung eines medizinisch-psychiatrischen Gutachtens hierzu erübrigt.

Eine Alkoholabhängigkeit stellt in aller Regel für sich keine zur Schuldunfähigkeit führende Störung da, und der Genuss erheblicher Alkoholmengen am Abend, mithin mehrere Stunden vor einem Fehlverhalten spricht ebenfalls nicht für Schuldunfähigkeit. In Übereinstimmung damit entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

u.a. Urteil vom 11.12.2002 - 1 D 11/02 -, bei Juris,

dass alle Suchtarten wie Alkohol-, Drogen- oder Spielsucht, selbst wenn sie pathologischer Natur sind, als solche nicht ohne Weiteres die Schuldunfähigkeit des Betreffenden speziell bezüglich in einem solchen Zustand begangener Eigentums- oder Vermögensdelikte zur Folge haben oder auch nur indizieren. Vielmehr kommt eine Schuldunfähigkeit nur ganz ausnahmsweise dann in Betracht, wenn die Sucht zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen geführt hat oder der Betroffene Beschaffungstaten unter starken Entzugserscheinungen oder die Tat im Zustand eines akuten Rausches verübt hat. Die beiden letztgenannten Fallgestaltungen liegen hier nicht vor, und für eine - zudem sehr schwerwiegende - Persönlichkeitsveränderung beim Beklagten spricht ebenfalls nichts.

Bei der gebotenen Betrachtung des konkreten Einzelfalls liefert nicht einmal der vom Beklagten für die Möglichkeit einer Schuldunfähigkeit ins Feld geführte Brief der Ärztin Dr. B. (Saarland H. GmbH) vom 6.12.2002 dahingehende Indizien. Darin wird der Beklagte als "wacher, voll orientierter Patient" .... mit "überdurchschnittlicher Intelligenz" charakterisiert; das Persönlichkeitsprofil wird als "unauffällig" beschrieben, wobei nur scheinbar eine Widersprüchlichkeit im Bereich der Werte auf der Skala Depression und Hypomanie vorliege und nur vom Beklagten geschilderte gelegentliche Alpträume sowie somatische Beschwerden im Sinne von Kopf- und Magenbeschwerden "auffällig" seien; die Motivationslage wird als "schwierig" gekennzeichnet. Die Laborbefunde wiesen einen etwas erhöhten Gamma GT-Wert auf, was die Ärztin in einen Zusammenhang mit dem bei der Anamnese angegebenen "gelegentlichen vermehrten Alkoholkonsum" stellte, ohne hier Anlass zu weitergehenden Maßnahmen zu sehen. Zusammenfassend ergaben sich beim Beklagten zwar "Auffälligkeiten in der Persönlichkeitsstruktur, die jedoch nicht als insgesamt krankheitswertig zu bezeichnen sind", so dass weder eine Medikation noch eine begleitende Psychotherapie empfohlen wurde. Aus dieser ärztlichen Stellungnahme ergibt sich damit nichts, was auch nur ansatzweise für eine Schuldunfähigkeit des Beklagten bei seinen Dienstpflichtverletzungen spricht.

Damit stimmen die sich in der Personalakte befindlichen postbetriebsärztlichen Stellungnahmen überein. Danach fand der im März 1996 wegen zahlreicher einzelner Fehltage aufgekommene Verdacht eines Alkoholmißbrauchs des Beklagten bei mehreren Untersuchungen durch den Arzt Dr. V., insbesondere bei dessen Auswertung erhobener Laborbefunden (vgl. Mitteilungen vom 25.3. sowie 25.9.1996 und 4.12.1997), keine Bestätigung. Die beiden Untersuchungen nach dem schweren Dienstunfall vom 24.7.2000 ergaben ausweislich der arbeitsmedizinischen Stellungnahmen der Ärztin B. vom 21.11.2000 und 28.6.2001 - also in umittelbarer zeitlicher Nähe zu den Dienstpflichtverletzungen - keine gesundheitlichen Bedenken. Dazu passt, dass Ausfallerscheinungen beim Beklagten während seiner dienstlichen Einsätze in der fraglichen Zeit nicht aktenkundig sind. Vielmehr hat er seinen Dienst generell und speziell an den Tattagen ersichtlich unauffällig verrichtet.

Die näheren Umstände der Dienstpflichtverletzungen liefern schließlich ebenso wenig Anhaltspunkte für eine Unfähigkeit des Beklagten, das Unrecht seines Tuns einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Vielmehr verletzte der Beklagte leicht einsehbare Kernpflichten, ging dabei planvoll vor, und die fehlgeleitete Motivation war durchaus folgerichtig. Die Zurückstellung der Postwurfspezialsendungen entsprach seiner generellen Neigung zur Bequemlichkeit und Schlampigkeit im Dienst, und die Unterschlagung der Nachentgelte sowie Nachnahmebeträge war durch eine klare Abschätzung des Entdeckungsrisikos geprägt. Nachdem er am 3.12.2001 wegen der Nachentgelte zur Rede gestellt worden war, reagierte er wiederum umsichtig: Er machte in der Hoffnung, so glimpflich davonzukommen, umfassend "reinen Tisch", denn "irgendwann wäre das ja doch rausgekommen".

All dies zusammen begründet die die Einholung eines Sachverständigengutachtens erübrigende Überzeugung des Senats, dass der Beklagte bei seinen Dienstpflichtverletzungen schuldfähig war.

3. Das damit festgestellte innerdienstliche Dienstvergehen wiegt, wie schon das Verwaltungsgericht erkannt hat, so schwer, dass der Beklagte das Vertrauen seines Dienstherrn endgültig verloren hat. Daher muss er aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden (§ 13 Abs. 2 Satz 1 BDG).

Ganz im Vordergrund für die Bestimmung der angezeigten Disziplinarmaßnahme hat der Zugriff auf die Nachentgelte und Nachnahmen zu stehen. In beiden Anschuldigungspunkten hat der Beklagte dienstlich erlangtes Geld für private Zwecke - bei den Nachentgelten 106,90 DM auf Dauer, bei den Nachnahmen 569,80 DM vorübergehend - für private Zwecke verwendet und damit ein schweres Dienstvergehen im Kernbereich der ihm obliegenden Dienstpflichten begangen. Eine solche Pflichtverletzung zerstört regelmäßig das für die Fortdauer des Beamtenverhältnisses notwendige Vertrauen in die Ehrlichkeit und die Zuverlässigkeit des Beamten. Dies macht regelmäßig dessen Entfernung aus dem Dienst unvermeidlich

so allgemein BVerfG, Beschluss vom 19.2.2003 - 2 BvR 1413/01 -, NVwZ 2003, 1504; BVerwG, Urteil vom 6.5.2003 - 2 WD 29/02 -, NVwZ-RR 2004, 46, und OVG Saarlouis, Urteil vom 3.11.2003 - 6 R 1/03 -; zusammenfassend D. Mayer in Köhler-Ratz, a.a.O., B II 10 Rdnrn. 2 ff. mit zahlreichen Nachweisen.

Gerade auch die Deutsche Post AG ist auf die absolute Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Bediensteten im Umgang mit dienstlich zugänglichen oder anvertrauten Geldern angewiesen. Eine lückenlose Kontrolle aller Bediensteten ist schlechterdings nicht möglich und dem Dienstherrn - nicht zuletzt aus Kostengründen - nicht zumutbar. Sie muss daher weitgehend durch Vertrauen ersetzt werden. Wer diese für den geordneten Postbetrieb unabdingbare Vertrauensgrundlage zerstört, kann in der Regel nicht Beamter bleiben

so BVerwG, Urteile vom 5.10.1994 - 1 D 31/94 -, E 103, 177, vom 26.1.1994 - 1 D 34/93 -, vom 8.7.1998 - 1 D 52/97 - und vom 11.12.2002 - 1 D 11/02 -, alle bei Juris.

Ausnahmen von der Entfernung aus dem Dienst sind nur dann möglich, wenn wegen des besonderen Charakters und der Begleitumstände des Dienstvergehens das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn nicht vollständig oder nicht unheilbar zerstört, sondern wiederherstellbar ist. Hierzu sind in der Rechtsprechung bestimmte Milderungsgründe entwickelt worden, die ein Verbleiben des Beamten im öffentlichen Dienst rechtfertigen können

zusammenfassend D. Mayer, a.a.O., B II 10 Rdnrn. 12 f. mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen.

Von diesen anerkannten Milderungsgründen liegt indes, wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, hier keiner vor.

Dies gilt zunächst für den Milderungsgrund der psychischen Ausnahmesituation. Der Beklagte befand sich in der fraglichen Zeit nicht in einem Schockzustand; insbesondere führte der infolge der Abwesenheit des Beklagten gescheiterte Pfändungsversuch des Gerichtsvollziehers nicht zu einem solchen Schockzustand

vgl. in diesem Zusammenhang BVerwG, Urteil vom 9.5.2001 - 1 D 22/00 -, E 114, 240.

Ebenso wenig liegt eine einmalige, unbedachte, persönlichkeitsfremde Gelegenheitstat vor

dazu BVerwG, Urteil vom 16.6.1999 - 1 D 67/98 -.

Der Wert sowohl der unterschlagenen Nachentgelte als auch der "geschobenen" Nachnahmen liegt je für sich und damit erst recht bei der gebotenen Gesamtschau

dazu BVerwG, Urteil vom 10.10.2000 - 1 D 46/98 -, Buchholz 235 § 82 BDO Nr. 6,

oberhalb der Geringwertigkeitsgrenze, die das Bundesverwaltungsgericht

Urteil vom 11.6.2002 - 1 D 31/01 -, E 116, 308,

inzwischen mit rund 100,00 DM beziehungsweise 50,00 Euro annimmt. Ergänzende Ausführungen zu den einschlägigen Darlegungen des Verwaltungsgerichts sind nicht veranlasst, nachdem der Beklagte insoweit das erstinstanzliche Urteil nicht angegriffen hat.

Zustimmung verdient im Weiteren die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung des Fehlverhaltens und/oder der freiwilligen Wiedergutmachung des angerichteten Schadens sei ebenfalls nicht erfüllt

zu diesem Milderungsgrund allgemein BVerwG, Urteil vom 16.3.1994 - 1 D 17/93 -, E 103, 93.

Das folgt schon daraus, dass am 3.12.2001, als der Beklagte von der Posthauptsekretärin S. von der Betriebssicherung zur Rede gestellt wurde, die Unterschlagung der Nachentgelte durch den Beklagten bereits entdeckt war, das Geständnis also erst abgelegt wurde, als der Beklagte mit den entsprechenden Vorwürfen und Beweismitteln konfrontiert worden war. Zu diesem Zeitpunkt hatte er nicht einmal Vorbereitungen getroffen, die unterschlagenen Nachentgelte nachträglich einzuzahlen. Insoweit fehlte ihm mangels Trennung des dienstlich eingezogenen und seines privaten Geldes und mangels Notizen über die erhobenen Nachentgelte vielmehr jeder Grundlage. Sein Tatentschluss war ohnehin - wie bereits ausgeführt - auf ein dauerndes Behalten der Nachentgelte gerichtet. Ein freiwilliges Offenbaren lag daher - allenfalls - mit Blick auf die Nachnahmebeträge vor. Insoweit war am 3.12.2001 noch kein Verdacht aufgekommen, und ebenso wie bereits die Klägerin und das Verwaltungsgericht geht der Senat davon aus, dass der Beklagte die "geschobenen" Nachnahmen ohne die Vernehmung durch die Betriebssicherung am 3.12.2001, spätestens aber am folgenden Tag von sich aus nachträglich abgerechnet und eingezahlt hätte. Dies hatte seinen einleuchtenden Grund darin, dass dem Beklagten das hohe Risiko bewusst war, bei einem zu langen "Schieben" der Nachnahmen - und diejenige von Ende Oktober 2001 war inzwischen schon geraume Zeit "überfällig" - doch "aufzufallen". Ob letzteres die Freiwilligkeit der Offenbarung ausschließt, kann dahinstehen. Jedenfalls greift der Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung und der freiwilligen Wiedergutmachung - allenfalls - bezüglich eines Teils der Zugriffsdelikte, nämlich der Nachnahmen, nicht aber auch der Nachentgelte durch. Deshalb erscheint das Dienstvergehen in dieser Sicht nicht als Ganzes in einem milderen Licht, denn das auf Dauer angelegte und nicht freiwillig offenbarte Zugreifen auf die Nachentgelte stellt eine selbstständige Verfehlung mit erheblichem Eigengewicht dar

dazu BVerwG, Urteile vom 16.3.1994, a.a.O., und vom 10.11.1998 - 1 D 103/97 -, Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 19.

Schließlich liegt der vom Beklagten zuletzt ganz in den Mittelpunkt seines Vorbringens gestellte Milderungsgrund der wirtschaftlichen Notlage nicht vor. In dieser Sicht erscheint der Zugriff auf dienstlich zugängliches Geld weniger schwerwiegend, wenn sich das Fehlverhalten des Beamten aus einer Konfliktlage erklärt, in der dessen existentielle Bedürfnisse in Frage standen. Dazu genügt nicht die Überschuldung oder ein finanzieller Engpass, sondern es bedarf der Feststellung der Bedürftigkeit am Maßstab der sozialhilferechtlichen Regelsätze. Die entsprechende Notlage muss zudem, um als disziplinarrechtlich erheblich angesehen werden zu können, unverschuldet sein, was bei einer vorwerfbaren Lebensweise oder Wirtschaftsführung nicht zutrifft; weiterhin muss die Situation aus der Sicht des Beamten ausweglos erscheinen, weshalb er alles ihm Zumutbare unternommen haben muss, um sich die notwendigen finanziellen Mittel auf legalem Weg zu verschaffen. Schließlich darf der Zugriff auf das amtlich erlangte Geld allein zu dem Zweck erfolgt sein, die existenzbedrohende Situation abzuwenden oder zu mildern

vgl. zu alldem BVerwG, Urteile vom 26.1.1994 - 1 D 34/93 -, bei Juris, vom 5.10.1994 - 1 D 31/94 -, E 103, 177, vom 28.11.1995 - 1 D 29/95 -, bei Juris, vom 26.3.1996 - 1 D 58/95, Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 7, und vom 8.7.1998 - 1 D 52/97 -, bei Juris; zusammenfassend D. Mayer, a.a.O., B. II 10 Rdnr. 11.

Diese strengen Voraussetzungen sind hier in mehrfacher Hinsicht nicht erfüllt.

Allerdings leidet keinen Zweifel, dass der Beklagte in der fraglichen Zeit finanziell in die Klemme geraten war. Von der sozialhilferechtlichen Bedürftigkeitsgrenze war er aber stets deutlich entfernt. Ausweislich der von ihm vorgelegten Auszüge seines Kontos bei der Postbank wurde ihm damals ein Nettogehalt von 2.829,31 DM ausgezahlt. Davon gingen an regelmäßigen Belastungen 500,00 DM für die Wohnung, 614,76 DM für verschiedene Versicherungen und rund 90,00 DM für verschiedene weitere Verpflichtungen (Telefon, Gewerkschaftsbeitrag u.ä.) ab. Damit verblieben rund 1620,00 DM. Das liegt weit oberhalb des sozialhilferechtlichen Regelsatzes, der sich ab dem 1.7.2001 für einen alleinstehenden Erwachsenen im Saarland und in Rheinland-Pfalz auf 561,00 DM belief. Selbst wenn die vom Beklagten zusätzlich in die Betrachtung eingestellte Position - Zahlung von 200,00 DM/Monat ab dem 1.10.2001 auf die titulierten Forderungen der ärztlichen Privatverrechnungsstelle Mosel/Saar e.V. - berücksichtigt werden, ergibt sich nichts entscheidend anderes. Indes geht es nicht an, solche oder ähnliche Schulden bei der Frage, ob sich der Beamte in einer disziplinarrechtlich relevanten wirtschaftlichen Not befand, heranzuziehen. Disziplinarrechtlich verdient nämlich der Beamte keine Privilegierung, der auf dienstlich zugängliches Geld zugreift, um mittels des sich so selbst bewilligten "Kredits" private Schulden zu begleichen. Vor dem Zugriff privater Gläubiger ist der Beamte nämlich insbesondere durch die bei der Gehaltspfändung zu berücksichtigenden gesetzlichen Freigrenzen ausreichend geschützt. Darüber war der Beklagte, wie er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt hat und durch das bei seiner Personalakte befindliche Schreiben seines Dienstherrn vom 21.8.2000 belegt wird, aufgrund einschlägiger Erfahrungen bei den Pfändungen der AKS-Bank im August 2000 informiert. Existentiell gefährdet war er deshalb nie. Anderes gilt auch nicht mit Blick auf die Rückstände bei den Stadtwerken Pirmasens und die ihm insoweit am 7.11.2001 angedrohte Energiesperre. Zum einen hatte der Beklagte zu diesem Zeitpunkt einen erheblichen Teil der Unterschlagungen bereits begangen; zum anderen hat er selbst keinen Zusammenhang zwischen der angedrohten Energiesperre und den weiteren Zugriffsdelikten hergestellt; vielmehr ergab sich bei seiner Anhörung, dass er gerade diese Schulden nicht als besonders drückend ansah, und er hat die Energiesperre - wie auch immer - abgewandt.

Darüber hinaus war der finanzielle Engpass im Herbst 2001 selbst verschuldet. Als entscheidend dafür, warum er Ende Oktober 2001 erstmals auf eine Nachnahme zugriff, führte der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 8.3.2004 aus, er habe kurz zuvor einem Bekannten, dem er schon früher Geld geliehen hatte, ohne es je bei Fälligkeit vollständig zurückerhalten zu haben, nochmals 250,00 bis 300,00 DM für wenige Tage geborgt, damit dieser bis zur nächsten Gehaltszahlung flüssig bleibt; dieses Geld habe er bis heute nicht zurückerhalten. Die erwähnte Darlehensgabe kann - gerade unter Berücksichtigung der zuvor vom Beklagten mit diesem Bekannten gemachten schlechten Erfahrungen - nur als in hohem Maße leichtfertig eingestuft werden und entlastet deshalb den Beklagten mit Blick auf den Zugriff auf die Nachnahme nicht durchschlagend.

Dasselbe gilt für den bei der gebotenen Gesamtschau für die wirtschaftliche Situation des Beklagten damals entscheidenden Umstand, nämlich die durch seine Behandlung nach dem Dienstunfall vom 24.7.2000 ausgelösten Arztkosten. Einleuchtend hat der Beklagte allerdings dargestellt, dass er völlig überrascht war, dass die entsprechenden Rechnungen an ihn persönlich gerichtet wurden, während nach seinem Dienstunfall vom 17.12.1997 alle Kosten unmittelbar zwischen Krankenhaus und Ärzten einerseits und der Unfallkasse Post und Telekom andererseits abgerechnet worden waren. Der Senat nimmt dem Beklagten weiter ab, dass er in diesem Zusammenhang entweder von seinen Vorgesetzten falsch beraten worden war oder - näher liegend - die ihm erteilten Belehrungen falsch verstanden hat. Jedenfalls reichte der Beklagte die entsprechenden Arztrechnungen nicht unverzüglich an die Unfallkasse weiter, sondern schickte sie am 21.11.2000 an seine private Krankenkasse, die sie ihm nach etwas mehr als einer Woche unter Hinweis auf ihre Unzuständigkeit zurückgab. Danach dauerte es bis zum 12.4.2001, bis der Beklagte einen Teil der Arztrechnungen an die Unfallkasse weitergab. Auf deren noch am selben Tag gefertigte Antwort, in der der Beklagte zur Vorlage einer fehlenden ärztlichen Verordnung und um Angabe einer Bankverbindung gebeten wurde, reagierte der Beamte erst am 14.9.2001, woraufhin die Unfallkasse unverzüglich 1704,06 DM an ihn überwies. Dass dies nicht die gesamten dienstunfallbedingten Kosten des Beklagten abdeckte, lag daran, dass der Beklagte weitere Rechnungen, insbesondere die größte Einzelrechnung des Arztes Dr. R. vom 4.9.2000 über 1802,82 DM, versehentlich nicht an die Unfallkasse weitergeleitet hatte, was die Kasse ihrerseits wiederum nicht erkennen konnte. Der darauf zurückzuführende Ausfall bei der Kostenerstattung ist ebenso wie ein beträchtlicher Teil der Verzögerung bei der Erstattung im gegebenen Zusammenhang dem Beklagten anzulasten, der die gesamte Angelegenheit viel zu unachtsam und zögerlich betrieben hat und dadurch die Einschaltung der Creditreform und die Anrufung des Mahngerichts durch seine Gläubiger wesentlich mit verursachte. Wer sich so selbst in Schwierigkeiten bringt, verdient keine Nachsicht, wenn er, um der Situation Herr zu werden, Geld seines Dienstherrn unterschlägt.

Unverständlich blieb außerdem, warum sich die finanzielle Situation des Beklagten - abgesehen von der Darlehensgabe an seinen Bekannten - gerade Ende Oktober 2001 entscheidend zugespitzt haben soll, denn im Oktober hatte er die Kostenerstattung der Unfallkasse in Höhe von immerhin 1704,06 DM erhalten. Insoweit blieb der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eine die Höhe des unterschlagenen Betrages von 515,00 DM einschließende Erklärung schuldig. Gerade wenn er - wie behauptet - die 1704,06 DM zur Begleichung offenstehender Arztrechnungen verwendet hat, musste er damals bei diesen Gläubigern "Luft" gehabt haben. So spricht denn auch alles dafür, dass der Beklagte damals Geld unsinnig ausgab. So führte er gegenüber dem Senat unter anderem aus, zu jener Zeit des öfteren abends 60,00 bis 80,00 DM vertrunken und/oder verspielt zu haben, und offenbar hat er damals auch aufwendig gelebt. So erklärte er seine Schuld von über 1500,00 DM beim Quelle-Versand mit dem lapidaren Hinweis, er habe sich doch auch einmal etwas zum Anziehen kaufen müssen. Wer sein Geld trotz bereits sich abzeichnender Engpässe derart leichtsinnig ausgibt und sich so zusätzlich in Schwierigkeiten bringt, kann sich nicht entscheidend mit dem Argument entlasten, unverschuldet in Not geraten zu sein.

Schließlich beruft sich der Beklagte ohne Erfolg darauf, seine Schuldfähigkeit sei damals erheblich gemindert gewesen; er sei wegen eines schweren Zerwürfnisses mit seinem Bruder psychisch belastet gewesen; finanziell sei ihm alles über den Kopf gewachsen, und er habe zuviel Alkohol getrunken und sich dem Glücksspiel hingegeben. Das rechtfertigt es nicht, von der Entfernung aus dem Dienst abzusehen. Zum einen schenkt der Senat einem Teil des Vortrags des Beklagten - ausgeprägte Trunk- und Spielsucht - keinen Glauben, und die Reaktion des Beklagten auf das ständige Drängen seiner Gläubiger, fällige Rechnungen zu bezahlen, findet seine Erklärung weitgehend in einer ausgeprägten Lethargie, wie sie auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat deutlich wurde. Zum anderen entspricht es gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts

u.a. Urteile vom 19.2.2002 - 1 D 10/01 -, Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 27, und vom 23.10.2002 - 1 D 5/02 -, bei Juris; ebenso OVG Saarlouis, Urteil vom 3.11.2003 - 6 R 1/03 -,

dass selbst eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses jedenfalls dann nicht rechtfertigen kann, wenn es sich um die Ahndung eines durch die eigennützige Verletzung leicht einsehbarer Kernpflichten geprägtes Dienstvergehen handelt, wie es hier beim Zugriff auf die Nachentgelte und Nachnahmen zutrifft. Davon, dass diese Auffassung mit Verfassungs- und/oder Europarecht unvereinbar wäre, kann keine Rede sein. Dass im Strafrecht bei Vorliegen von verminderter Schuldfähigkeit die Strafe generell, also auch bei schwersten Straftaten, gemildert werden kann (§ 21 StGB), erklärt sich daraus, dass im Strafrecht ein gesellschaftliches Unwerturteil ausgesprochen wird, das an höhere Voraussetzungen geknüpft ist als ein Vertrauensverlust im Rahmen eines Beamtenverhältnisses. Daher ist eine verminderte Schuldfähigkeit bei strafrechtlichen Sanktionen in weitergehendem Umfang zu berücksichtigen als im Disziplinarrecht. In einem durch eine Sonderrechtsbeziehung begründeten Vertrauensverhältnis wie dem Beamtenverhältnis führt die Überschreitung bestimmter dienstspezifischer Schwellen durch schuldhaft pflichtwidriges Verhalten regelmäßig zur Zerstörung des Vertrauensverhältnisses, auch wenn dem im Rahmen des für jedermann geltenden strafrechtlichen Sanktionensystems keine derart hervorgehobene Bedeutung zukommt. Zu erwähnen ist im gegebenen Zusammenhang zudem, dass im allgemeinen Arbeitsrecht die dort spezifische Schwelle nochmals deutlich niedriger liegt, als dies nach der Rechtsprechung der Disziplinargerichte der Fall ist.

Weiterhin muss gesehen werden, dass Straf- und Disziplinarrecht weder von der Tatbestandsmäßigkeit noch von der Zielsetzung her identisch sind. Mit relativ schwerer Strafe bedrohte Handlungen müssen nicht in jedem Fall von hohem disziplinaren Gewicht sein; umgekehrt brauchen zur Vertrauensunwürdigkeit führende Dienstvergehen strafrechtlich keine schweren Delikte zu sein. Speziell mit Blick auf die disziplinare Ahndung bei dem Zugriff eines Beamten auf dienstlich zugängliches oder anvertrautes Geld ist daher entscheidend, ob die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses deswegen - ausnahmsweise - noch möglich ist, weil ein in der Rechtsprechung anerkannter Milderungsgrund die Annahme rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauen seines Dienstherrn noch nicht endgültig verloren. Ein derartiger Milderungsgrund ist jedoch - wie dargetan - hier nicht gegeben.

Das hieraus abzuleitende Ergebnis, der Beklagte müsse aus dem Dienst entfernt werden, ist nicht unverhältnismäßig. Der Beklagte kann nämlich dem von ihm begangenen schweren Dienstvergehen dienstbezogen kaum etwas Positives entgegensetzen. Er ist mit rund zwölf Jahren noch nicht allzu lange Beamter, und ersichtlich bestand während der gesamten Zeit nie Anlass, seine dienstlichen Leistungen zu loben. Vielmehr wurde seine Probezeit ausweislich der Verfügung vom 28.6.1993 verlängert, weil Zweifel an seiner Eignung bestanden; im Februar 1996 blieb er an zwei Tagen unentschuldigt dem Dienst fern, weshalb sein Gehalt entsprechend gekürzt und er nachdrücklich ermahnt wurde (Verfügung vom 1.3.1996), und seine dienstlichen Leistungen wurden ausweislich des Schreibens vom 12.11.2001 zuletzt als "gerade noch ... befriedigend" beurteilt. Seine generelle Einstellung zum Dienst wird nach Überzeugung des Senats am Umgang mit den Postwurfspezialsendungen der Firma H. beispielhaft deutlich: Dominierend sind Bequemlichkeit, Schlampigkeit und Vorrang privater Interessen. Bei der gebotenen Gesamtschau besteht damit kein Anlass zur Milde. Vielmehr ist die Entfernung aus dem Dienst die angezeigte disziplinare Ahndung des vom Beklagten begangenen Dienstvergehens.

Die Berufung muss nach allem zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 77 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4, 78 Abs. 1 BDG, 154 Abs. 2 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 3 BDG, 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.

Die Revision wird zugelassen, da der Senat der Rechtssache mit Blick auf die Frage der sachgerechten Auslegung des § 78 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG - Mitwirkung des Personalrats nur am "Ob" der Erhebung der Disziplinarklage oder auch am konkreten Klageantrag des Dienstherrn - grundsätzliche Bedeutung beimisst (§§ 69 BDG, 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung

Gegen die Entscheidung steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu.

Die Revision ist bei dem Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Prälat-Subtil-Ring 22 (Postfach 20 06, 66720 Saarlouis), innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen. Die Revisionsfrist ist auch gewahrt, wenn die Revision innerhalb der Frist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, eingelegt wird. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen.

Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, einzureichen.

Für die Einlegung der Revision und ihre Begründung besteht Vertretungszwang. Danach muss sich der Revisionsführer durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie durch Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.

gez: Böhmer               Richter am Oberverwaltungs-           Bitz

                          gericht Haßdenteufel ist

                          erkrankt und kann daher das

                          Urteil nicht unterschreiben.

                              gez. Böhmer

Ausgefertigt:

Verw.-Amtsinspektor

als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

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