Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 12. September 2007 - 1 L 956/07 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.
Der Streitwert wird unter entsprechender Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 12. September 2007 für beide Instanzen auf 5.875,-- EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den im Tenor bezeichneten Beschluss des Verwaltungsgerichts, durch den die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Widerruf der Waffenbesitzkarten des Antragstellers abgelehnt wurde, ist zulässig, aber unbegründet.
Das nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Prüfungsumfang durch den Senat beschränkende Beschwerdevorbringen in dem am 12.10.2007 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz ist auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Antragstellers in dem am 13.11.2007 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz nicht geeignet, die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung, den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Widerrufsverfügung vom 25.6.2007 zurückzuweisen, in Frage zu stellen.
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Begründung des Sofortvollzugs den formalen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügt und dass nach den Erkenntnismöglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens davon auszugehen ist, dass sich der angefochtene Widerruf im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig erweisen wird.
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht insoweit darauf abgestellt, dass eine Erlaubnis nach § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG 2002 (zwingend) zu widerrufen ist, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen, was vorliegend der Fall sei, da der Antragsteller die in § 5 Abs. 1 Nr. 2 b WaffG 2002 normierte Pflicht, Waffen und Munition sorgfältig zu verwahren, verletzt und sich dadurch als unzuverlässig im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG erwiesen habe.
Ausweislich des am 26.2.2003 gefertigten Vermerks über die am 25.2.2003 erfolgte Durchsuchung der Wohnung des Antragstellers durch Mitarbeiter des Zollfahndungsamtes Stuttgart (Ermittlungsakte 31 Js 192/03, Bl. 75, 76) wurde in dessen Wohnung neben einem umfangreichen Bestand an Munition in verschiedenen Kalibern eine Vielzahl von Schusswaffen vorgefunden, die frei zugänglich - teils sogar an der Wand hängend - aufbewahrt wurden. Im Nachttisch befand sich ein mit fünf Patronen geladener Revolver, in einer Kommode eine weitere mit zwei Patronen geladene Schusswaffe. Die sachliche Richtigkeit dieser Feststellungen wurde seitens des Antragstellers zu keinem Zeitpunkt, auch nicht im Anschluss an die im erstinstanzlichen Verfahren erfolgte Einsicht seines Prozessbevollmächtigten in die Ermittlungsakte (vgl. Bl. 27R, 28 der Gerichtsakte) in Abrede gestellt. Damit ist im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens davon auszugehen, dass der Antragsteller seine Sorgfaltspflichten betreffend die sichere Verwahrung der in seinem Besitz befindlichen Waffen in einer seine Unzuverlässigkeit begründenden Weise verletzt hat.
Problematisch - aber letztlich nicht entscheidungsrelevant - ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass das Verwaltungsgericht zur Bestimmung des Maßes der seitens des Antragstellers bei der Verwahrung seiner Waffen aufzubringenden Sorgfalt die am 1.4.2003 in Kraft getretene Vorschrift des § 36 WaffG 2002 und die seit dem 1.12.2003 in Kraft befindliche Vorschrift des § 13 AWaffV heranzieht, obwohl beide Vorschriften erst nach der am 25.2.2003 erfolgten Wohnungsdurchsuchung rechtsverbindlich geworden sind, und damit deren im Vergleich zu der unter der Geltung des Waffengesetzes 1976 maßgeblichen Rechtslage verschärfte Anforderungen an die aufzubringende Sorgfalt (BT-Drucksache 14/7758, S. 1; Steindorf, Waffenrecht, Kommentar, 8. Aufl. 2007, § 36 Rdnr. 2) für anwendbar hält. Ohne Zweifel zutreffend ist zwar der Ausgangspunkt dieser Argumentation, dass das Waffengesetz 2002 auch auf Erlaubnisse, die noch unter der Geltung des Waffengesetzes 1976 oder noch früher erteilt wurden, Anwendung findet, wenn es im maßgeblichen Zeitpunkt - im Falle des Widerrufs also zur Zeit der letzten Behördenentscheidung - bereits in Kraft getreten war. (Beschlüsse des Senats vom 12.6.2006 - 1 W 25/06 -, vom 21.11.2006 - 1 W 50/06 -, vom 24.10.2007 - 1 B 402/07 -und vom 15.11.2007 - 1 A 425/07 -; BVerwG, Urteil vom 16.5.2007, NVwZ 2007, 1201 ff.; vgl. auch BayVGH, Urteil vom 21.7.2004 - 21 B 03.2631 -, BayVBl. 2005, 694 f.) Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu in Bezug auf die Relevanz einer vor Inkrafttreten der Neuregelung erfolgten strafgerichtlichen Verurteilung mit überzeugender Begründung ausgeführt, dass die Widerrufsvoraussetzungen seit dem Inkrafttreten des Waffengesetzes 2002 auch im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal „die zur Versagung hätten führen müssen“ nicht nach dem früheren, sondern nach dem derzeit geltenden Recht zu beurteilen seien. Die Gesetzesmaterialien wiesen insgesamt eher in die Richtung, dass seit dem Inkrafttreten der Neuregelung das neue Rechtsregime uneingeschränkt auch auf Altfälle anwendbar sei. Das Gesetz nehme eine generelle Neubewertung der Zuverlässigkeit vor, weswegen es ohne Bedeutung sei, wann die Tatsache eingetreten sei, die zur Unzuverlässigkeit des Inhabers der waffenrechtlichen Erlaubnis führe. (BVerwG, Urteil vom 16.5.2007, a.a.O.) Fraglich ist aber, ob diese Rechtsprechung, die mit der bereits in Bezug genommenen Rechtsprechung des Senats zur Frage der Erheblichkeit einer vor Inkrafttreten der Neuregelung erfolgten strafgerichtlichen Verurteilung übereinstimmt, zur Konsequenz hat, dass das Maß der vom Waffenbesitzer bei der Verwahrung seiner Waffen aufzubringenden Sorgfalt im Nachhinein auch hinsichtlich des Zeitraums vor Inkrafttreten der Neuregelung den verschärften Anforderungen der Neuregelung genügen musste. Dies erscheint im Hinblick auf den in § 1 StGB „Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.“ zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass ein Verhalten nur dann ein Fehlverhalten sein kann, wenn es im Zeitpunkt des Geschehens pflichtwidrig war, durchaus zweifelhaft.
Fallbezogen bedarf diese Frage keiner abschließenden Klärung, da das am 25.2.2003 festgestellte Verhalten des Antragstellers - Art und Weise der Aufbewahrung seiner Waffen - auch gemessen an den unter der Geltung des alten Waffenrechts maßgeblichen Sorgfaltsanforderungen hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme seiner Unzuverlässigkeit im Sinne der - mit § 5 Abs. 1 Nr. 2 b WaffG 2002 identischen - Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 1 b WaffG 1976 bot.
Zwar normierte § 42 Abs. 1 WaffG 1976 anders als § 36 Abs. 1 Satz 2 WaffG 2002 keine gesetzliche Pflicht, Schusswaffen nur getrennt von Munition aufzubewahren; jedoch wurde ein Verstoß gegen § 42 Abs. 1 WaffG 1976 jedenfalls dann als Tatsache, die die Annahme der Unzuverlässigkeit rechtfertigt, gewertet, wenn Waffen in der Wohnung in geladenem Zustand unverschlossen aufbewahrt wurden. (BayVGH, Beschlüsse vom 19.3.1996 - 21 CS 95.3505 -, BayVBl. 1996, 534 f. und vom 11.6.2001 - 21 ZB 01.631 -, BayVBl. 2002, 673 f., sowie Urteil vom 21.7.2004, a.a.O.) Unter diesen Voraussetzungen brauchte die Behörde sich nicht auf die Anordnung von Maßnahmen zur künftigen Erfüllung der Pflicht zur sorgfältigen Aufbewahrung nach § 42 Abs. 2 WaffG 1976 i.V.m. Nr. 42.5 WaffVwV zu beschränken, sondern war wegen des besonders sorglosen Umgangs mit Waffen und Munition berechtigt, auf die Unzuverlässigkeit des Waffenbesitzers im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG 1976 zu schließen und eine vor dem Fehlverhalten erteilte Waffenbesitzkarte zu widerrufen. So liegt der Fall hier.
Wie bereits ausgeführt, bewahrte der Antragsteller unbestritten einen mit fünf Patronen geladenen Revolver im Nachttisch und eine weitere mit zwei Patronen geladene Schusswaffe in einer Kommode auf. Der hierin zum Ausdruck kommende sorglose Umgang mit seinen Waffen bietet hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme seiner waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit, zumal weitere Waffen - wie etwa die an der Wand hängenden Waffen - frei zugänglich und daher in keiner Weise gegen den Zugriff sich in der Wohnung aufhaltender, nicht zum Waffenbesitz berechtigter Personen gesichert waren.
Soweit der Antragsteller zu seiner Entlastung vorbringt, er habe zur Zeit der Wohnungsdurchsuchung die Waffen seines zwei Tage zuvor verstorbenen Vaters in seiner Wohnung aufbewahrt, um zu verhindern, dass Unbefugte, wie etwa die Mitarbeiter der Sozialstation, die über Schlüssel zur Wohnung des Vaters verfügt hätten, auf dessen Waffen Zugriff hätten nehmen können, rechtfertigt dies keine ihm günstigere Beurteilung seiner Zuverlässigkeit. Denn selbst wenn die beiden geladenen Waffen aus dem Nachlass des Vaters gestammt hätten, hätte der Antragsteller sie anlässlich des Verbringens in seine Wohnung entladen und sodann vor dem Zugriff Dritter gesichert aufbewahren müssen. Hinsichtlich der an der Wand hängenden Waffen ist nur schwerlich anzunehmen, dass diese aus dem Nachlass des Vaters stammten und seitens des Antragstellers sofort aufgehängt wurden; selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, würde diese Vorgehensweise die Annahme seiner Unzuverlässigkeit nicht entkräften, sondern eher bestärken.
Ebenso wenig kann der Antragsteller sich im gegebenen Zusammenhang darauf berufen, dass das ihm gegenüber anhängig gewesene Strafverfahren nach § 153 a StPO eingestellt worden ist. Gegenstand dieses Strafverfahrens war ein ganz anderer Tatvorwurf als derjenige der unsorgfältigen Aufbewahrung von Schusswaffen, weswegen die Einstellung des Strafverfahrens nach § 153 a StPO schon aus tatsächlichen Gründen - ebenso wie mangels bindender Wirkung aus Rechtsgründen (BVerwG, Urteil vom 26.3.1996 - 1 C 12.95 -, NJW 1997, 336 ff.) - keine präjudizielle Wirkung für die Beurteilung der persönlichen Zuverlässigkeit durch die Antragsgegnerin oder die Verwaltungsgerichte hat.
Angesichts der Schwere der am 25.2.2003 festgestellten Sorgfaltspflichtverletzungen und der Tatsache, dass eine Einsicht des Antragstellers in sein damaliges Fehlverhalten weder zur Zeit des Widerrufs noch zwischenzeitlich erkennbar geworden ist, hat das Verwaltungsgericht bei der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage zu Recht angenommen, dass Tatsachen die Annahme der Unzuverlässigkeit des Antragstellers belegen und die Voraussetzungen der §§ 45 Abs. 2 Satz 1, 46 WaffG 2002 für einen Widerruf und die entsprechenden Folgeentscheidung daher erfüllt sind. Vor diesem Hintergrund ist die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung mangels überwiegenden privaten Interesses des Antragstellers sachangemessen ist, nicht zu beanstanden. Das öffentliche Interesse, die durch leichtfertigen oder missbräuchlichen Umgang mit Schusswaffen drohenden Gefahren mit sofort wirksamen Mitteln zu unterbinden, überwiegt grundsätzlich das private Interesse des Betroffenen, von den Wirkungen des Widerrufs bis zur Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben. Insbesondere können sich im Recht der Gefahrenabwehr, zu dem auch das Waffenrecht gehört, die für den Erlass des Verwaltungsakts und die Anordnung seiner sofortigen Vollziehung maßgebenden Gründe decken. (OVG des Saarlandes, Beschluss vom 24.10.2007, a.a.O.; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 29.10.2003 - 11 ME 286/03 -, OVGE MüLü 49, 470 ff.)
Die Beschwerde gegen die die Wiederherstellung der sofortigen Vollziehung des Widerspruchs gegen die Widerrufsverfügung ablehnende verwaltungsgerichtliche Entscheidung muss daher ohne Erfolg bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 50.2 und 50.3 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, wonach die Bedeutung einer Waffenbesitzkarte mit dem Auffangwert - also 5.000,-- EUR - zu bemessen ist und für jede weitere eingetragene Waffe 750,-- EUR sowie hinsichtlich der Munitionserwerbsberechtigung 1.500,- EUR in Ansatz zu bringen sind. Da der Antragsteller nach telefonischer Auskunft der Antragsgegnerin derzeit über acht in seinen Waffenbesitzkarten eingetragene Waffen verfügt, berechnet sich ein Gesamtbetrag von 5.000,-- EUR zuzüglich 7 x 750,-- EUR zuzüglich 1.500,-- EUR für die in den Waffenbesitzkarten vorgesehenen Munitionserwerbsberechtigungen, also 11.750,-- EUR. Hiervon ausgehend ist der Streitwert im Hinblick auf die Vorläufigkeit des Verfahrens in Anwendung von Nr. 1.5 des Streitwertkataloges auf die Hälfte dieses Betrages, mithin auf 5.875,-- EUR festzusetzen. Gleichzeitig ist der erstinstanzlich festgesetzte Streitwert entsprechend herabzusetzen.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.