Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 27. Mai 2011 - 3 K 2136/09 - wird insoweit aufgehoben, als der Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger über einen Betrag von 43.115,44 EUR hinaus weitere 9.739,64 EUR zu zahlen. In diesem Umfang wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt der Kläger zu 1/5 und der Beklagte zu 4/5.
Die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Erstattung von Jugendhilfekosten gemäß § 89 c SGB VIII, die er für die 1993 geborene M. erbracht hat.
Am 15.9.1997 war M. zu ihrer Mutter nach S. gezogen, um dort künftig zu wohnen. Bis zu einem schweren Rückfall ihrer alkoholkranken Mutter am 26.9.1997 lebte sie dort. Vom 27.9.1997 bis 5.10.1997 hielt sie sich bis zur endgültigen Entscheidung über ihre Unterbringung bei ihrer Großmutter in R. auf. Am 5.10.1997 wurde sie auf Veranlassung des Rechtsvorgängers des Beklagten in der Einrichtung G. untergebracht, nachdem ihre Mutter (erneut) einen Antrag auf Hilfe zur Erziehung gestellt hatte. Die Mutter verstarb zwischen dem 13. und 16.12.1997 in S.. Der seinerzeit ebenfalls sorgeberechtigte Vater des Kindes hatte zu diesem Zeitpunkt seinen gewöhnlichen Aufenthalt in B. Daher wurde der Landkreis Mainz-Bingen ab dem 16.12.1997 zuständiger Träger der Jugendhilfe. Zum 1.8.2004 hatte der Vater seinen Wohnsitz in den Zuständigkeitsbereich des Klägers verlegt. Der Jugendhilfefall war deshalb zum 1.2.2005 durch den Kläger vom Landkreis Mainz-Bingen übernommen worden.
Im Juni 2005 wurde dem Kläger bekannt, dass der Vater nicht mehr unter der bisherigen Anschrift wohnt. Eine neue Anschrift konnte im Rahmen der Ermittlungen nicht festgestellt werden.
Mit Schreiben vom 15.7.2005 beantragte der Kläger daraufhin die Übernahme des Jugendhilfefalles und die Anerkennung einer Kostenerstattungspflicht ab dem 15.7.2005 beim Jugendamt des Beklagten. Er verwies darauf, dass der Aufenthalt des Vaters nicht mehr feststellbar sei und sich die örtliche Zuständigkeit deshalb nunmehr gemäß § 86 Abs. 4 SGB VIII nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes vor Beginn der Leistung bestimme. Da das Kind vor der Unterbringung im Haushalt der Mutter in S. gelebt habe, sei nunmehr der Beklagte zuständig. Der Beklagte lehnte beides ab.
Im Rahmen einer persönlichen Vorsprache beim Kläger am 25.10.2007 gab der Vater an, nach der Zwangsräumung seiner Wohnung am 19.5.2005 ziellos von Tonstudio zu Tonstudio gezogen zu sein. Seit 15.9.2005 befinde sich sein Lebensmittelpunkt in K., Kreis Mayen-Koblenz. Dort sei er stets postalisch erreichbar. Seit 18.3.2008 lebt er in F..
Am 21.12.2009 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der er zunächst lediglich die Erstattung der ihm im Zeitraum vom 15.7.2005 bis 14.9.2005 entstandenen Jugendhilfekosten begehrt hat.
Er hat seinen Kostenerstattungsanspruch auf § 89 c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII gestützt und dazu geltend gemacht, dass sich die örtliche Zuständigkeit für die im vorgenannten Zeitraum erbrachten Jugendhilfeleistungen gemäß § 86 Abs. 4 SGB VIII nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes vor Beginn der Leistung richte. An den Aufenthalt des Vaters könne nicht angeknüpft werden, da dieser im vorgenannten Zeitraum keinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe, sondern nach eigenen Angaben ziellos von Tonstudio zu Tonstudio gezogen sei und dort auch übernachtet habe. Vor Beginn der Leistung, nämlich der Unterbringung in der Einrichtung G., habe das Kind seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten im Haushalt der Mutter in S. gehabt.
Mit Schriftsatz vom 15.10.2010 hat der Kläger die Klage um die Erstattung von Jugendhilfekosten für den Zeitraum vom 15.9.2005 bis 31.8.2006 erweitert. Zur Begründung hat er ergänzend geltend gemacht, in einem beim VG Koblenz anhängigen Gerichtsverfahren sei mit Urteil vom 9.6.2010 - 5 K 1368/09.KO - nunmehr festgestellt worden, dass der Kläger gegenüber der Kreisverwaltung Mayen-Koblenz für die Zeit vom 14.9.2005 bis 31.8.2006 keinen Anspruch auf Erstattung der in dieser Zeit entstandenen Jugendhilfekosten habe, weil die Angaben des Vaters des Kindes nicht den Schluss auf einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich des Landkreises Mayen-Koblenz zuließen. Auch für diesen Zeitraum richte sich die örtliche Zuständigkeit mangels gewöhnlichem Aufenthalt des Vaters nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes vor Beginn der Leistung.
Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
den Beklagten zur Erstattung der ihm nach dem SGB VIII entstandenen Jugendhilfekosten für den Zeitraum vom 15.7.2005 bis zum 14.9.2005 in Höhe von 8.116,41 EUR sowie für den Zeitraum vom 15.9.2005 bis 31.8.2006 in Höhe von 44.738,67 EUR zu verurteilen.
Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Seiner Ansicht nach war der Vater von M. auch über den 19.5.2005 hinaus fest im Bereich des Klägers verwurzelt. Es sei davon auszugehen, dass er auch im streitgegenständlichen Zeitraum weiter seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich des Klägers gehabt habe. Die Zuständigkeit des örtlichen Jugendhilfeträgers habe sich somit für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht nach § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII, sondern weiterhin nach § 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII bestimmt. Orientiert am nach wie vor im Bereich des Klägers bestehenden gewöhnlichen Aufenthalt des Vaters sei der Kläger selbst nach § 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII zur Leistung verpflichtet gewesen. Ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 89 c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII bestehe daher nicht.
Im Übrigen habe das Kind vor Beginn der hier maßgeblichen Leistung seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich des Landkreises Rheingau-Taunus begründet gehabt, so dass im Falle eines nicht mehr feststellbaren gewöhnlichen Aufenthalts des Vaters für die Zeit ab dem 19.5.2005 das Jugendamt des Landkreises Rheingau-Taunus örtlich zuständig geworden wäre.
Hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche des Klägers für die Zeit vom 15.9.2005 bis zum 31.12.2005 hat sich der Beklagte zudem auf Verjährung berufen.
Mit Urteil vom 27.5.2011 - 3 K 2136/09 - hat das Verwaltungsgericht des Saarlandes den Beklagten verurteilt, an den Kläger 52.855,08 EUR zu zahlen. Zur Begründung ist in dem Urteil im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe gegen den Beklagten aus § 89 c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII einen Anspruch auf Erstattung der für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 15.7.2005 bis 31.8.2006 für das Kind M. aufgewandten Jugendhilfekosten. Der Kläger sei vorliegend bis zur Zwangsräumung der Wohnung des Vaters im Mai 2005 unstreitig örtlich zuständig gewesen, weil der Vater, auf dessen gewöhnlichen Aufenthalt es gemäß § 86 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII seit dem Tod der Mutter angekommen sei, in seinem Zuständigkeitsbereich seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe. Danach sei der Beklagte gemäß § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII (erneut) örtlich zuständig geworden, denn insbesondere für den streitgegenständlichen Zeitraum hätten die von den Beteiligten angestellten Ermittlungen keine belastbaren Anhaltspunkte für einen gewöhnlichen Aufenthalt des Vaters ergeben, so dass für diesen Zeitraum nach § 86 Abs. 4 Satz 1 SGB VIII der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes vor Beginn der Leistung maßgeblich für die örtliche Zuständigkeit gewesen sei. Entsprechend den Feststellungen des VG Koblenz sei davon auszugehen, dass der Vater in der Zeit nach der Zwangsräumung seiner ehemaligen Wohnung in B. bis Ende August 2006 lediglich eine Postanschrift bei seinem Musikagenten in K. (Landkreis Mayen-Koblenz) gehabt habe und erst ab 1.9.2006 seinen gewöhnlichen Aufenthalt mit seiner Lebensgefährtin in der T-Straße in K. begründet gehabt habe. Demnach bestimme sich die örtliche Zuständigkeit für den streitgegenständlichen Zeitraum nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes, den dieses vor Beginn der Leistung im Zuständigkeitsbereich des Beklagten gehabt habe. Der demnach dem Kläger zustehende Erstattungsanspruch, dessen Höhe nicht bestritten werde, sei auch weder nach § 111 Abs. 1 SGB IX ausgeschlossen, noch nach § 113 Abs. 1 SGB X verjährt. Die Verjährungsregelung gemäß § 113 Abs. 1 SGB X sei ihrem Wortlaut nach auf Fälle der vorliegenden Art nicht unmittelbar anwendbar. Durch das Inkrafttreten der Neufassung von § 111 Satz 2 SGB VIII und § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X sei eine unbeabsichtigte Regelungslücke entstanden, die dadurch geschlossen werden könne, dass entsprechend der mit der Neufassung der genannten Vorschriften verfolgten gesetzgeberischen Absicht der Kostenerstattungsanspruch in analoger Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X in vier Jahren nach Ablauf des Jahres verjähre, in dem der Leistungsträger von allen seinen Erstattungsanspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt habe. Mit Blick darauf, dass vorliegend neben dem Beklagten auch der Kreis Mayen-Koblenz als Erstattungsschuldner in Betracht gekommen und zunächst sogar in Anspruch genommen und verklagt worden sei, habe die Verjährungsfrist im konkreten Fall erst nach Kenntnisnahme von der gerichtlichen Entscheidung über jenen Rechtsstreit durch das VG Koblenz beginnen können und sei zum Zeitpunkt des Beginns der Rechtshängigkeit dieses Teils des Streitgegenstandes ersichtlich noch nicht abgelaufen gewesen.
Das Urteil wurde dem Beklagten am 14.6.2011 zugestellt. Am 7.7. hat der Beklagte die Zulassung der Berufung beantragt, soweit er verurteilt worden ist, an den Kläger die im Zeitraum vom 15.9.2005 bis 31.12.2005 angefallenen Kosten in Höhe von 9.739,64 EUR zu erstatten. Dem am 10.8.2011 begründeten Antrag des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 10.11.2011 - 3 A 302/11 - entsprochen.
Zur Begründung der Berufung macht der Beklagte geltend, er sei zu Unrecht verurteilt worden, an den Kläger die im Zeitraum vom 15.9.2005 bis 31.12.2005 angefallenen Kosten in Höhe von 9.739,64 EUR zu erstatten, da der diesen Zeitraum betreffende Erstattungsanspruch gemäß § 113 Abs. 1 SGB X verjährt sei. Zwar erfasse diese Vorschrift ihrem Wortlaut nach die vorliegende Fallkonstellation nicht unmittelbar. Die durch das Inkrafttreten der Neufassung von §§ 111 Satz 2 und 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X entstandene unbeabsichtigte Regelungslücke sei - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - jedoch dadurch zu schließen, dass in analoger Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X n.F. entsprechend der Regelung in § 111 Abs. 1 SGB XII für den Beginn der Verjährung auf den Ablauf des Kalenderjahres abzustellen sei, in dem der Anspruch entstanden sei. Demnach sei vorliegend der Kostenerstattungsanspruch betreffend das Jahr 2005 mit Ablauf des Jahres 2009 verjährt gewesen. Den Erstattungsanspruch für diesen Zeitraum habe der Kläger aber erst mit Schriftsatz vom 15.10.2010 rechtshängig gemacht.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 27. Mai 2011 - 3 K 2136/09 - insoweit aufzuheben, als der Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger über einen Betrag von 43.115,44 EUR hinaus weitere 9.739,64 EUR zu erstatten, und die Klage in diesem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist - mit dem Verwaltungsgericht - der Auffassung, dass ein Kostenerstattungsanspruch der vorliegenden Art erst in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres verjähre, in dem der Leistungsträger von allen seinen den Erstattungsanspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt habe. Die in § 113 SGB X für das Jugendhilferecht bestehende Regelungslücke könne entgegen der Auffassung des Klägers nicht durch eine entsprechende Anwendung des § 111 SGB XII geschlossen werden. Die vielschichtige Kostenerstattungsstruktur des SGB VIII sei völlig andersartig als diejenige des SGB XII. So stehe bei Erstattungsansprüchen zwischen Sozialhilfeträgern der Erstattungszeitraum von vornherein fest. Der vorliegende Jugendhilfefall verdeutliche hingegen, dass der beim Berufungskläger grundsätzlich angemeldete Erstattungsanspruch letztlich erst nach der Entscheidung des VG Koblenz in seinem vollen Umfang habe angemeldet werden können. Eine solche Konstellation sei bei Erstattungsfällen des SGB XII nicht denkbar. Die Verjährungsfrist nach § 113 SGB X habe daher erst mit Kenntnis des Urteils des VG Koblenz beginnen können. Nehme man anderes an, würde dies dazu führen, dass bereits gemäß § 111 SGB X dem Grunde nach angemeldete Erstattungsansprüche nach § 113 SGB X verjähren würden, ohne dass der Erstattungsberechtigte hierauf durch aktives Handeln selbst Einfluss nehmen könnte.
Letztlich sei dies vorliegend aber unerheblich. Denn für den im Streit befindlichen Zeitraum vom 15.9.2005 bis 31.12.2005 könne bereits aus anderen Gründen keine Verjährung eingetreten sein. So sei bereits in der Klageschrift vom 18.12.2009 auf das anhängige Verfahren beim VG Koblenz hingewiesen worden. Der Beklagte habe auch aufgrund des bekannten Sachverhalts und der gewählten Formulierung „zumindest“ damit rechnen müssen, dass sich der Erstattungszeitraum erweitern werde. Durch die anhängig gemachte Klage vom 18.12.2009 sei daher auch für den streitigen Zeitraum vom 15.9.2005 bis 31.12.2005 ein Neubeginn bzw. die Hemmung der Verjährungsfrist eingetreten.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beteiligten Bezug genommen, der Gegenstand der Beratung war.
Entscheidungsgründe
Die Berufung, über die der Senat gemäß den §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Unrecht verurteilt, über einen Betrag von 43.115,44 EUR hinaus weitere 9.739,64 EUR zu zahlen.
Hinsichtlich des vom Kläger geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs für die in der Zeit vom 15.7.2005 bis 14.9.2005 und vom 1.1.2006 bis 31.8.2006 erbrachten Jugendhilfeleistungen in Höhe von 43.115,44 EUR ist das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig geworden. Der Beklagte hat, wie aus seinem Antrag folgt, lediglich beschränkt auf den Erstattungszeitraum vom 15.9.2005 bis 31.12.2005 Berufung eingelegt.
Zwischen den Beteiligten ist insoweit nur noch streitig, ob der aus § 89 c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII folgende Erstattungsanspruch der Klägerin für die im Zeitraum vom 15.9.2005 bis 31.12.2005 für das Kind M. aufgewandten Jugendhilfekosten in Höhe von 9.739,64 EUR verjährt ist. Dies ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zu bejahen. Der Kostenerstattungsanspruch des Klägers betreffend den Zeitraum vom 15.9.2005 bis 31.12.2005 ist in analoger Anwendung der §§ 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X n.F., 111 SGB XII vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres verjährt, in dem er entstanden ist, mithin mit Ablauf des 31.12.2009. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 10.12.2010 insoweit die Einrede der Verjährung erhoben, welche begründet ist.
Zwar ist § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X in seiner aktuellen, ab dem 1.1.2001 geltenden Fassung auf Erstattungsansprüche nach § 89 c Abs. 1 SGB VIII nicht unmittelbar anwendbar (1.). Entsprechend dieser Vorschrift gilt aber auch bei Erstattungsansprüchen gemäß § 89 c Abs. 1 SGB VIII eine vierjährige Verjährungsfrist (2.), welche analog § 111 SGB XII nach Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der Erstattungsanspruch entstanden ist (3.).
1. Nach § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X n.F. verjähren Erstattungsansprüche in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über dessen Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat. In Fällen der vorliegenden Art trifft der erstattungspflichtige Leistungsträger aber keine Entscheidung über seine Leistungspflicht im vorgenannten Sinne. Denn eine solche Entscheidung trifft der Leistungsträger allein im Verhältnis zum Hilfeempfänger, und zwar dann, wenn er über dessen Hilfeanspruch entscheidet. In Kostenerstattungsfällen nach § 89 c Abs. 1 SGB VIII trifft im Verhältnis zum Hilfeberechtigten allein der erstattungsberechtigte Jugendhilfeträger eine Entscheidung über einen Leistungsanspruch, nicht aber der (nur) erstattungspflichtige Träger. Damit kann der erstattungsberechtigte Leistungsträger auch keine Kenntnis von einer solchen Entscheidung erlangen und ist von daher die in § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X n.F. getroffene Verjährungregelung in Fällen der vorliegenden Art nicht unmittelbar anwendbar.
2. Der Gesetzeshistorie ist jedoch zu entnehmen, dass auch bei Erstattungs-ansprüchen, bei denen – wie hier im Falle eines Anspruchs nach § 89 c Abs. 1 SGB VIII - der erstattungspflichtige Leistungsträger keine Entscheidung über seine Leistungspflicht im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X n.F. trifft, eine vierjährige Verjährungsfrist gilt. So bestimmte § 113 Abs. 1 SGB X in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung, dass ein Erstattungsanspruch der vorliegenden Art in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres verjährte, in dem er entstanden war. Die Änderung des Verjährungsbeginns in § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X n.F. war lediglich eine Folge der durch das 4. Euro-Einführungsgesetz vom 21.12.2000 (BGBl. I S. 1983) eingeführten Neufassung des § 111 Satz 2 SGB X über den Beginn der Ausschlussfrist zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs. Dadurch sollte die Verjährungsfrist mit der Ausschlussfrist des § 111 SGB X kompatibel gestaltet werden
vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drs. 14/4375, S. 60.
Die neu verwendete Gesetzesformulierung der §§ 111 Satz 2 und 113 Abs. 1 SGBX hatte dabei eine ganz bestimmte Fallkonstellation vor Augen: Nach der Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf des 4. Euro-Einführungsgesetzes ging es vor allem um die Fälle, in denen ein Träger nachträglich rückwirkend Sozialleistungen für einen Zeitraum bewilligt, für den ein anderer Sozialleistungsträger bereits Sozialleistungen gewährt hatte. Als Beispiel war der Fall einer ehemaligen Arbeitslosenhilfeempfängerin genannt, der - nachdem dieser Leistungsbezug schon über ein Jahr abgeschlossen war - durch einen Träger der Unfallversicherung rückwirkend auch für die Zeit des Bezuges der Arbeitslosenhilfe Versichertenrente bewilligt wurde. In diesem Fall war das Arbeitsamt mit seinem Kostenerstattungsanspruch nach § 111 SGB X a.F. ausgeschlossen, obwohl es erst nach Ablauf der Jahresfrist Kenntnis von der Leistungsbewilligung des Rententrägers erhalten konnte
vgl. BT-Drs. 14/4375, S. 60.
Die Änderung des § 111 Satz 2 SGB X zielte darauf ab, auch in diesen Fällen den gebotenen Ausgleich durch Geltendmachung des Anspruchs binnen eines Jahres seit Kenntniserlangung zu verwirklichen. Der Neufassung der §§ 111 Satz 2 und 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X lässt sich dagegen nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber damit in Fallgestaltungen wie der vorliegenden, in denen der erstattungspflichtige Leistungsträger keine Leistungsentscheidung gegenüber dem Hilfeempfänger trifft, den Ausschluss des Kostenerstattungsanspruchs wegen verspäteter Geltendmachung bzw. die Möglichkeit der Verjährung abschaffen wollte
vgl. auch OVG Lüneburg, Urteil vom 23.1.2003 - 12 LC 527/02 -.
Vielmehr ist bereits dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 1 1. Halbs. SGB X n.F. zu entnehmen, dass der Gesetzgeber grundsätzlich an der vierjährigen Verjährungsfrist für Erstattungsansprüche festhalten wollte.
Dass eine vierjährige Verjährungsfrist für Kostenerstattungsansprüche auch in Fallgestaltungen der vorliegenden Art beibehalten werden sollte, ergibt sich auch aus dem - hier nicht einschlägigen - § 113 Abs. 1 Satz 2 SGB X n.F., der wie seine alte Fassung für Rückerstattungsansprüche eine Verjährungsfrist von vier Jahren beginnend mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Erstattung zu Unrecht erfolgt ist, vorsieht.
Mithin ist durch das Inkrafttreten des 4. Euro-Einführungsgesetzes für die Verjährung von Kostenerstattungsansprüchen in Fällen der vorliegenden Art, in denen im Erstattungszeitraum lediglich der erstattungsberechtigte Träger gegenüber dem Hilfeempfänger tätig geworden ist und sodann im Innenverhältnis gegenüber dem erstattungspflichtigen Träger einen Erstattungsanspruch geltend macht, offensichtlich durch ein Versehen des Gesetzgebers, der die Verjährung dieser Kostenerstattungsansprüche in § 113 Abs. 1 SGB X a.F. eindeutig geregelt hatte, eine unbeabsichtigte Gesetzeslücke entstanden
vgl. zu alledem auch Bay.VGH, Urteile vom 23.11.2009 - 12 BV 08.2146 - und vom 3.12.2009 - 12 BV 08.2147 -; OVG Lüneburg, Urteil vom 23.1.2003 - 12 LC 527/02 -; Sächsisches OVG, Urteil vom 10.12.2007 - 4 B 160/04 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.1.2004 - 12 A 11823/03.OVG - sowie OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 28.8.2007 - 1 L 59/05 -; jeweils dokumentiert bei juris.
Nicht zuletzt spricht auch die Begründung zur Neufassung der Verjährungsvorschrift des ehemaligen § 106 SGB XII (nunmehr § 111 SGB XII), wonach die Änderung der §§ 111 und 113 SGB X durch das 4. Euro-Einführungsgesetz zu der nicht beabsichtigten Konsequenz geführt habe, dass die Kostenerstattungsverfahren zwischen den Trägern der Sozialhilfe nicht mehr von der Vorschrift des § 113 SGB X mit seiner vierjährigen Verjährungsfrist erfasst würden, für die vorstehende Bewertung
vgl. zu § 106 SGB XII: BT-Drs. 15/1514 S. 69.
Denn für die Kostenerstattungsansprüche zwischen den örtlichen Trägern der Jugendhilfe nach § 89 c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII gilt insoweit nichts anderes.
3. Die hinsichtlich des Beginns der Verjährungsfrist bestehende unbeabsichtigte Regelungslücke ist mangels einer Regelung im Kinder- und Jugendhilferecht durch eine entsprechende Anwendung der sozialhilferechtlichen Verjährungsvorschrift des § 111 Abs. 1 SGB XII zu schließen mit der Folge, dass die vierjährige Verjährungsfrist in Fällen der vorliegenden Art nach Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der Kostenerstattungsanspruch entstanden ist
vgl. BayVGH, Urteil vom 23.11.2009 und 3.12.2009, a.a.O.; im Ergebnis ebenso Sächsisches OVG, Urteil vom 10.12.2007, a.a.O., und OVG Lüneburg, Urteil vom 23.1.2003, a.a.O.; so auch Hauck/Noftz SGB X, Stand: August 2011, § 113 SGB X Rz. 13.
§ 111 Abs. 1 SGB XII regelt den Verjährungsbeginn für im Hinblick auf die zu entscheidende Interessenlage vergleichbare Fälle und kann deshalb zur Lückenschließung herangezogen werden
vgl. allgemein zur Analogie im Bereich der Verjährung: BVerwG, Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25.07 -, juris.
Der abweichenden Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz und des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern
vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.1.2004, - 12 A 111823/03 OVG - a.a.O., und OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 28.8.2007 - 1 L 59/05, a.a.O.,
wonach für den Beginn der Verjährung an die Kenntnis des erstattungsberechtigten Leistungsträgers von den seinen Kostenerstattungsanspruch begründenden Umständen einschließlich des erstattungspflichtigen Leistungsträgers anzuknüpfen ist, vermag der Senat sich nicht anzuschließen.
Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz begründete seine Auffassung im Wesentlichen damit, dass die hinter der Neufassung von §§ 111 Satz 2 und 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X stehende gesetzgeberische Absicht dahin gegangen sei, insoweit nicht mehr an das Entstehen des Anspruchs, sondern an die Kenntnis des erstattungsberechtigten Leistungsträgers von den seinen Kostenerstattungsanspruch begründenden Umständen einschließlich des erstattungsverpflichteten Leistungsträgers anzuknüpfen. Ein analoges Abstellen auf das objektive Entstehen des Kostenerstattungsanspruchs berücksichtige nicht den Zweck der Neuregelung von § 111 Satz 2 SGB X und § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber nach Feststellung der durch die Neufassung des § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X entstandenen Regelungslücke im Bereich der Kostenerstattungsansprüche zwischen Sozialhilfeträgern zwischenzeitlich in § 111 SGB XII (zuvor § 106 SGB XII) für eine vergleichbare Interessenlage eine anders lautende Regelung getroffen hat, wonach nämlich diese Kostenerstattungsansprüche in vier Jahren, beginnend mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden sind, verjähren, wie dies auch § 113 SGB X a.F. bestimmte. Begründet wurde die zum 1.1.2005 in Kraft getretene Neufassung des damaligen § 106 SGB XII (jetzt § 111 SGB XII) – wie oben bereits erwähnt -damit, dass die durch das 4. Euro-Einführungsgesetz erfolgte Änderung des § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X, die lediglich eine Folgeänderung des § 111 Satz 2 SGB X enthalten sollte, zu der nicht beabsichtigten Konsequenz geführt habe, dass die Kostenerstattungsverfahren zwischen den Trägern der Sozialhilfe nicht mehr von der Vorschrift des § 113 SGB X mit seiner vierjährigen Verjährungsfrist erfasst würden, da der erstattungspflichtige Träger der Sozialhilfe in keiner Rechtsbeziehung zur leistungsberechtigten Person stehe, so dass es auch keine „Entscheidung über die Leistungspflicht“ (im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X) geben könne. Die Vorschrift des § 106 SGB XII (jetzt § 111 SGB XII) sei deshalb neu gefasst worden, um eine einheitliche vierjährige Verjährungsfrist bei Kostenerstattungen von Sozialleistungsträgern auch im Sozialhilfebereich zu gewährleisten
vgl. BT-Drs. 15/1514, S. 69.
Die Vorschrift knüpft also in Fallkonstellationen, in denen es keine „Entscheidung über die Leistungspflicht“ im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X gibt, den Beginn der Verjährung an den Ablauf des Kalenderjahres an, in dem der Erstattungsanspruch entstanden ist.
Dies lässt darauf schließen, dass der Gesetzgeber - anders als das OVG Rheinland-Pfalz meint - bei der Neufassung der §§ 111 und 113 SGB X den Verjährungsbeginn nicht generell, d.h. ausnahmslos in allen Fällen, von der Kenntnis des erstattungsberechtigten Leistungsträgers von den seinen Kostenerstattungsanspruch begründenden Umständen abhängig machen wollte, vielmehr die Neuregelung der §§ 111, 113 SGB X in erster Linie die in der Gesetzesbegründung genannte Fallkonstellation zusätzlich erfassen wollte.
In den in der Gesetzesbegründung zu §§ 111, 113 SGB X n.F. angeführten Fallkonstellationen dürfte es im Regelfall auch ohne besondere Probleme möglich sein, die für den Verjährungsbeginn maßgebliche Kenntnis des erstattungsberechtigten Leistungsträgers von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über dessen Leistungspflicht, welche grundsätzlich in Form eines Verwaltungsaktes vorliegt, festzustellen. Fehlt es jedoch an einer solchen Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers, kann hingegen die Feststellung des vom OVG Rheinland-Pfalz in diesen Fällen als maßgeblich erachteten Zeitpunkts der Kenntnis von sämtlichen den Kostenerstattungsanspruch begründenden Umständen erhebliche Schwierigkeiten bereiten und damit eine beachtliche Rechtsunsicherheit zur Folge haben.
Das Rechtsinstitut der Verjährung dient aber gerade der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden, in dem es - in Abwägung mit dem Aspekt der Einzelfallgerechtigkeit - Ansprüche, die über geraume Zeit hinweg nicht geltend gemacht werden, dem Streit entzieht
vgl. BVerwG, Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25.07 -, juris.
Auch dies spricht dafür, in Fallkonstellationen, in denen es - wie vorliegend bei Kostenerstattungsansprüchen gemäß § 89 c Abs. 1 SGB VIII - an einer Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über dessen Leistungspflicht im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X fehlt, wie in § 111 SGB XII bei vergleichbarer Interessenlage für Erstattungsansprüche zwischen Sozialhilfeträgern vorgesehen, für den Beginn der Verjährung auf das Kalenderjahr des Entstehens des Anspruchs abzustellen.
Soweit das OVG Mecklenburg-Vorpommern
vgl. Urteil vom 28.8.2007 - 1 L 59/05 -, a.a.O.
demgegenüber einwendet, dass ein Abstellen auf die Kenntnis des erstattungsberechtigten Leistungsträgers von allen den Erstattungsanspruch begründenden Umständen dem Umstand gerecht werde, dass Unklarheiten bezüglich der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs, die nicht in der Sphäre des Erstattungsberechtigten lägen, nicht zu dessen Lasten gingen und so insbesondere auch gleichzeitige Klagen gegen verschiedene in Betracht kommende Erstattungspflichtige zur Vermeidung eines Rechtsverlustes durch Verjährung und damit verbundene Prozesskosten vermieden werden könnten, so mag dies zwar im Einzelfall zu sachgerechteren Ergebnissen führen. Nach Auffassung des Senats ist demgegenüber jedoch dem Aspekt der Rechtssicherheit der Vorrang einzuräumen, zumal in der Praxis die Anzahl der Fälle, in denen ein gemäß § 89 c Abs. 1 SGB VIII erstattungsberechtigter Hilfeträger erst mehr als ein Jahr nach dem Entstehen seines Anspruchs von den dafür maßgeblichen Umständen und dem „richtigen“ erstattungsverpflichteten Hilfeträger Kenntnis erlangt, relativ gering sein dürfte.
4. Verjährt demnach der streitgegenständliche Erstattungsanspruch betreffend den Zeitraum vom 15.9.2005 bis 31.12.2005 in vier Jahren, beginnend nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem er entstanden ist, so ist mit Ablauf des 31.12.2009 Verjährung eingetreten und hat der Beklagte hinsichtlich des mit Schriftsatz vom 15.10.2010 im Wege der Klageerweiterung klageweise geltend gemachten Anspruchs zu Recht die Einrede der Verjährung erhoben.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Verjährung des den Zeitraum vom 15.9.2009 bis 31.12.2009 betreffenden Erstattungsanspruchs nicht bereits durch die Klageerhebung am 31.12.2009 gehemmt worden. Zwar gelten nach § 113 Abs. 2 SGB X die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung sinngemäß. Auch wird die Verjährung nach §§ 204 Abs. 1, 209 BGB durch die Erhebung der Klage auf Leistung gehemmt. Jedoch erstreckte sich die verjährungshemmende Wirkung der am 21.12.2009 erhobenen Klage lediglich auf den Erstattungsanspruch betreffend den Zeitraum vom 15.7.2005 bis 14.9.2009 in Höhe von 8.116,41 EUR. Denn die am 21.12.2009 zunächst erhobene Klage richtete sich nur hierauf. Dies ergibt sich bereits eindeutig aus der einleitenden Beschreibung des Gegenstands der Leistungsklage, nämlich „auf Kostenerstattung bezüglich der Jugendhilfekosten für das Kind M., geboren 1993, für die Zeit vom 15.7.2005 bis 14.9.2005“ wie auch dem in der Klageschrift formulierten Klageantrag, der ebenfalls unmissverständlich auf die im Zeitraum vom 15.7.2005 bis 14.9.2005 entstandenen Jugendhilfekosten in Höhe von 8.116,41 EUR beschränkt ist. Auch aus der Begründung der Klage lässt sich nichts anderes herleiten. Diese zielt ebenfalls auf den vorgenannten Zeitraum ab. Dass der Kläger in der Klagebegründung den ebenfalls im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Jugendhilfefall gegen den Landkreis Mayen-Koblenz geführten verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreit erwähnt hat, bietet entgegen der Auffassung des Klägers nicht einmal ansatzweise Anlass zu der Annahme, die ursprünglich erhobene Klage hätte einen weitergehenden Streitgegenstand als den im Antrag eindeutig bezeichneten umfasst. Gleiches gilt für die vom Kläger angeführte Formulierung auf den Seiten 4 und 5 des Klageschriftsatzes, wonach sich für die Zeit vom 19.5.2005 bis „zumindest“ 15.9.2005 die örtliche Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes vor Beginn der Leistung gerichtet habe und „zumindest“ in diesem Zeitraum keine Zuständigkeit des Klägers mehr bestanden habe.
Der den Zeitraum vom 15.9.2005 bis 31.12.2005 betreffende Erstattungsanspruch ist erstmals durch die Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 15.10.2010 in den Rechtsstreit eingeführt worden, wofür nicht zuletzt spricht, dass der Kläger die Geltendmachung des Anspruchs dort selbst als „Klageerweiterung“ bezeichnet hat. Die durch die ursprüngliche Klage bewirkte Verjährungshemmung umfasste demnach lediglich den für den Zeitraum vom 15.7.2005 bis 14.9.2005 geltend gemachten Erstattungsanspruch, nicht jedoch die durch die Klageerweiterung eingeführte Mehrforderung
vgl. zu alledem auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.6.2008 - L 5KR 152/06 -, juris.
Die Verjährung des im Berufungsverfahren allein noch umstrittenen Erstattungsanspruchs ist - anders als der Kläger meint - auch nicht dadurch gehemmt gewesen, dass sich der Kläger „bis 2009 noch im schriftlichen Austausch mit dem Beklagten hinsichtlich der Kostenerstattung“ befunden habe. Zwar ist nach § 113 Abs. 2 SGB X i.V.m. § 203 Satz 1 BGB die Verjährung gehemmt, wenn zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch schweben, und zwar bis der eine oder andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Vorliegend kann jedoch für den hier maßgeblichen Zeitraum nicht von verjährungshemmenden Verhandlungen zwischen den Beteiligten ausgegangen werden, auch wenn der Begriff der Verhandlung im Sinne von § 203 Satz 1 BGB weit auszulegen ist und es schon genügt, dass der Gläubiger klarstellt, einen Anspruch zu haben und worauf er ihn stützen will, und der in Anspruch Genommene sich auf einen ernsthaften Meinungsaustausch über das Bestehen des Anspruchs oder seine tatsächlichen Grundlagen einlässt
vgl. hierzu OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.1.2012 - 12 A 877/11 - m.w.N., juris; Roller in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. § 113 Rz.9.
Denn der Beklagte hat bereits mit Schriftsatz vom 5.9.2005 die vom Kläger begehrte Kostenerstattung und Übernahme des Falles in seine Zuständigkeit eindeutig abgelehnt. Zwar hat der Kläger danach den Beklagten noch wiederholt zu einer Fall- bzw. Kostenübernahme aufgefordert. Jedoch hat der Beklagte auch in der Folgezeit keine Erklärung abgegeben, die seitens des Klägers die Annahme ge-statteten, der Beklagte lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des ihm gegenüber erhobenen Anspruchs oder dessen Umfang ein. Vielmehr ist er stets bei der bereits mit Schriftsatz vom 5.9.2005 erklärten Ablehnung geblieben.
Nach alledem war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerweiterung am 15.10.2010 die vierjährige Verjährungsfrist hinsichtlich des Erstattungsanspruchs für die Zeit vom 15.9.2005 bis 31.12.2005 bereits abgelaufen.
Von daher ist der Berufung des Beklagten stattzugeben und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes insoweit aufzuheben, als der Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger über einen Betrag von 43.115,44 EUR hinaus weitere 9.739,64 EUR zu zahlen. In diesem Umfang ist die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.
Im Hinblick darauf, dass die obergerichtliche Rechtsprechung zur Frage des Beginns der für Kostenerstattungsansprüche der vorliegenden Art geltenden vierjährigen Verjährungsfrist uneinheitlich ist, wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Revision zugelassen.
B e s c h l u s s
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 9.739,64 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 3, 63 Abs. 2 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Gründe
Die Berufung, über die der Senat gemäß den §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Unrecht verurteilt, über einen Betrag von 43.115,44 EUR hinaus weitere 9.739,64 EUR zu zahlen.
Hinsichtlich des vom Kläger geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs für die in der Zeit vom 15.7.2005 bis 14.9.2005 und vom 1.1.2006 bis 31.8.2006 erbrachten Jugendhilfeleistungen in Höhe von 43.115,44 EUR ist das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig geworden. Der Beklagte hat, wie aus seinem Antrag folgt, lediglich beschränkt auf den Erstattungszeitraum vom 15.9.2005 bis 31.12.2005 Berufung eingelegt.
Zwischen den Beteiligten ist insoweit nur noch streitig, ob der aus § 89 c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII folgende Erstattungsanspruch der Klägerin für die im Zeitraum vom 15.9.2005 bis 31.12.2005 für das Kind M. aufgewandten Jugendhilfekosten in Höhe von 9.739,64 EUR verjährt ist. Dies ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zu bejahen. Der Kostenerstattungsanspruch des Klägers betreffend den Zeitraum vom 15.9.2005 bis 31.12.2005 ist in analoger Anwendung der §§ 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X n.F., 111 SGB XII vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres verjährt, in dem er entstanden ist, mithin mit Ablauf des 31.12.2009. Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 10.12.2010 insoweit die Einrede der Verjährung erhoben, welche begründet ist.
Zwar ist § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X in seiner aktuellen, ab dem 1.1.2001 geltenden Fassung auf Erstattungsansprüche nach § 89 c Abs. 1 SGB VIII nicht unmittelbar anwendbar (1.). Entsprechend dieser Vorschrift gilt aber auch bei Erstattungsansprüchen gemäß § 89 c Abs. 1 SGB VIII eine vierjährige Verjährungsfrist (2.), welche analog § 111 SGB XII nach Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der Erstattungsanspruch entstanden ist (3.).
1. Nach § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X n.F. verjähren Erstattungsansprüche in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der erstattungsberechtigte Leistungsträger von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über dessen Leistungspflicht Kenntnis erlangt hat. In Fällen der vorliegenden Art trifft der erstattungspflichtige Leistungsträger aber keine Entscheidung über seine Leistungspflicht im vorgenannten Sinne. Denn eine solche Entscheidung trifft der Leistungsträger allein im Verhältnis zum Hilfeempfänger, und zwar dann, wenn er über dessen Hilfeanspruch entscheidet. In Kostenerstattungsfällen nach § 89 c Abs. 1 SGB VIII trifft im Verhältnis zum Hilfeberechtigten allein der erstattungsberechtigte Jugendhilfeträger eine Entscheidung über einen Leistungsanspruch, nicht aber der (nur) erstattungspflichtige Träger. Damit kann der erstattungsberechtigte Leistungsträger auch keine Kenntnis von einer solchen Entscheidung erlangen und ist von daher die in § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X n.F. getroffene Verjährungregelung in Fällen der vorliegenden Art nicht unmittelbar anwendbar.
2. Der Gesetzeshistorie ist jedoch zu entnehmen, dass auch bei Erstattungs-ansprüchen, bei denen – wie hier im Falle eines Anspruchs nach § 89 c Abs. 1 SGB VIII - der erstattungspflichtige Leistungsträger keine Entscheidung über seine Leistungspflicht im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X n.F. trifft, eine vierjährige Verjährungsfrist gilt. So bestimmte § 113 Abs. 1 SGB X in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung, dass ein Erstattungsanspruch der vorliegenden Art in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres verjährte, in dem er entstanden war. Die Änderung des Verjährungsbeginns in § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X n.F. war lediglich eine Folge der durch das 4. Euro-Einführungsgesetz vom 21.12.2000 (BGBl. I S. 1983) eingeführten Neufassung des § 111 Satz 2 SGB X über den Beginn der Ausschlussfrist zur Geltendmachung des Erstattungsanspruchs. Dadurch sollte die Verjährungsfrist mit der Ausschlussfrist des § 111 SGB X kompatibel gestaltet werden
vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drs. 14/4375, S. 60.
Die neu verwendete Gesetzesformulierung der §§ 111 Satz 2 und 113 Abs. 1 SGBX hatte dabei eine ganz bestimmte Fallkonstellation vor Augen: Nach der Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf des 4. Euro-Einführungsgesetzes ging es vor allem um die Fälle, in denen ein Träger nachträglich rückwirkend Sozialleistungen für einen Zeitraum bewilligt, für den ein anderer Sozialleistungsträger bereits Sozialleistungen gewährt hatte. Als Beispiel war der Fall einer ehemaligen Arbeitslosenhilfeempfängerin genannt, der - nachdem dieser Leistungsbezug schon über ein Jahr abgeschlossen war - durch einen Träger der Unfallversicherung rückwirkend auch für die Zeit des Bezuges der Arbeitslosenhilfe Versichertenrente bewilligt wurde. In diesem Fall war das Arbeitsamt mit seinem Kostenerstattungsanspruch nach § 111 SGB X a.F. ausgeschlossen, obwohl es erst nach Ablauf der Jahresfrist Kenntnis von der Leistungsbewilligung des Rententrägers erhalten konnte
vgl. BT-Drs. 14/4375, S. 60.
Die Änderung des § 111 Satz 2 SGB X zielte darauf ab, auch in diesen Fällen den gebotenen Ausgleich durch Geltendmachung des Anspruchs binnen eines Jahres seit Kenntniserlangung zu verwirklichen. Der Neufassung der §§ 111 Satz 2 und 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X lässt sich dagegen nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber damit in Fallgestaltungen wie der vorliegenden, in denen der erstattungspflichtige Leistungsträger keine Leistungsentscheidung gegenüber dem Hilfeempfänger trifft, den Ausschluss des Kostenerstattungsanspruchs wegen verspäteter Geltendmachung bzw. die Möglichkeit der Verjährung abschaffen wollte
vgl. auch OVG Lüneburg, Urteil vom 23.1.2003 - 12 LC 527/02 -.
Vielmehr ist bereits dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 1 1. Halbs. SGB X n.F. zu entnehmen, dass der Gesetzgeber grundsätzlich an der vierjährigen Verjährungsfrist für Erstattungsansprüche festhalten wollte.
Dass eine vierjährige Verjährungsfrist für Kostenerstattungsansprüche auch in Fallgestaltungen der vorliegenden Art beibehalten werden sollte, ergibt sich auch aus dem - hier nicht einschlägigen - § 113 Abs. 1 Satz 2 SGB X n.F., der wie seine alte Fassung für Rückerstattungsansprüche eine Verjährungsfrist von vier Jahren beginnend mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Erstattung zu Unrecht erfolgt ist, vorsieht.
Mithin ist durch das Inkrafttreten des 4. Euro-Einführungsgesetzes für die Verjährung von Kostenerstattungsansprüchen in Fällen der vorliegenden Art, in denen im Erstattungszeitraum lediglich der erstattungsberechtigte Träger gegenüber dem Hilfeempfänger tätig geworden ist und sodann im Innenverhältnis gegenüber dem erstattungspflichtigen Träger einen Erstattungsanspruch geltend macht, offensichtlich durch ein Versehen des Gesetzgebers, der die Verjährung dieser Kostenerstattungsansprüche in § 113 Abs. 1 SGB X a.F. eindeutig geregelt hatte, eine unbeabsichtigte Gesetzeslücke entstanden
vgl. zu alledem auch Bay.VGH, Urteile vom 23.11.2009 - 12 BV 08.2146 - und vom 3.12.2009 - 12 BV 08.2147 -; OVG Lüneburg, Urteil vom 23.1.2003 - 12 LC 527/02 -; Sächsisches OVG, Urteil vom 10.12.2007 - 4 B 160/04 -; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.1.2004 - 12 A 11823/03.OVG - sowie OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 28.8.2007 - 1 L 59/05 -; jeweils dokumentiert bei juris.
Nicht zuletzt spricht auch die Begründung zur Neufassung der Verjährungsvorschrift des ehemaligen § 106 SGB XII (nunmehr § 111 SGB XII), wonach die Änderung der §§ 111 und 113 SGB X durch das 4. Euro-Einführungsgesetz zu der nicht beabsichtigten Konsequenz geführt habe, dass die Kostenerstattungsverfahren zwischen den Trägern der Sozialhilfe nicht mehr von der Vorschrift des § 113 SGB X mit seiner vierjährigen Verjährungsfrist erfasst würden, für die vorstehende Bewertung
vgl. zu § 106 SGB XII: BT-Drs. 15/1514 S. 69.
Denn für die Kostenerstattungsansprüche zwischen den örtlichen Trägern der Jugendhilfe nach § 89 c Abs. 1 Satz 1 SGB VIII gilt insoweit nichts anderes.
3. Die hinsichtlich des Beginns der Verjährungsfrist bestehende unbeabsichtigte Regelungslücke ist mangels einer Regelung im Kinder- und Jugendhilferecht durch eine entsprechende Anwendung der sozialhilferechtlichen Verjährungsvorschrift des § 111 Abs. 1 SGB XII zu schließen mit der Folge, dass die vierjährige Verjährungsfrist in Fällen der vorliegenden Art nach Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der Kostenerstattungsanspruch entstanden ist
vgl. BayVGH, Urteil vom 23.11.2009 und 3.12.2009, a.a.O.; im Ergebnis ebenso Sächsisches OVG, Urteil vom 10.12.2007, a.a.O., und OVG Lüneburg, Urteil vom 23.1.2003, a.a.O.; so auch Hauck/Noftz SGB X, Stand: August 2011, § 113 SGB X Rz. 13.
§ 111 Abs. 1 SGB XII regelt den Verjährungsbeginn für im Hinblick auf die zu entscheidende Interessenlage vergleichbare Fälle und kann deshalb zur Lückenschließung herangezogen werden
vgl. allgemein zur Analogie im Bereich der Verjährung: BVerwG, Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25.07 -, juris.
Der abweichenden Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz und des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern
vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.1.2004, - 12 A 111823/03 OVG - a.a.O., und OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 28.8.2007 - 1 L 59/05, a.a.O.,
wonach für den Beginn der Verjährung an die Kenntnis des erstattungsberechtigten Leistungsträgers von den seinen Kostenerstattungsanspruch begründenden Umständen einschließlich des erstattungspflichtigen Leistungsträgers anzuknüpfen ist, vermag der Senat sich nicht anzuschließen.
Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz begründete seine Auffassung im Wesentlichen damit, dass die hinter der Neufassung von §§ 111 Satz 2 und 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X stehende gesetzgeberische Absicht dahin gegangen sei, insoweit nicht mehr an das Entstehen des Anspruchs, sondern an die Kenntnis des erstattungsberechtigten Leistungsträgers von den seinen Kostenerstattungsanspruch begründenden Umständen einschließlich des erstattungsverpflichteten Leistungsträgers anzuknüpfen. Ein analoges Abstellen auf das objektive Entstehen des Kostenerstattungsanspruchs berücksichtige nicht den Zweck der Neuregelung von § 111 Satz 2 SGB X und § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber nach Feststellung der durch die Neufassung des § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X entstandenen Regelungslücke im Bereich der Kostenerstattungsansprüche zwischen Sozialhilfeträgern zwischenzeitlich in § 111 SGB XII (zuvor § 106 SGB XII) für eine vergleichbare Interessenlage eine anders lautende Regelung getroffen hat, wonach nämlich diese Kostenerstattungsansprüche in vier Jahren, beginnend mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden sind, verjähren, wie dies auch § 113 SGB X a.F. bestimmte. Begründet wurde die zum 1.1.2005 in Kraft getretene Neufassung des damaligen § 106 SGB XII (jetzt § 111 SGB XII) – wie oben bereits erwähnt -damit, dass die durch das 4. Euro-Einführungsgesetz erfolgte Änderung des § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X, die lediglich eine Folgeänderung des § 111 Satz 2 SGB X enthalten sollte, zu der nicht beabsichtigten Konsequenz geführt habe, dass die Kostenerstattungsverfahren zwischen den Trägern der Sozialhilfe nicht mehr von der Vorschrift des § 113 SGB X mit seiner vierjährigen Verjährungsfrist erfasst würden, da der erstattungspflichtige Träger der Sozialhilfe in keiner Rechtsbeziehung zur leistungsberechtigten Person stehe, so dass es auch keine „Entscheidung über die Leistungspflicht“ (im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X) geben könne. Die Vorschrift des § 106 SGB XII (jetzt § 111 SGB XII) sei deshalb neu gefasst worden, um eine einheitliche vierjährige Verjährungsfrist bei Kostenerstattungen von Sozialleistungsträgern auch im Sozialhilfebereich zu gewährleisten
vgl. BT-Drs. 15/1514, S. 69.
Die Vorschrift knüpft also in Fallkonstellationen, in denen es keine „Entscheidung über die Leistungspflicht“ im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X gibt, den Beginn der Verjährung an den Ablauf des Kalenderjahres an, in dem der Erstattungsanspruch entstanden ist.
Dies lässt darauf schließen, dass der Gesetzgeber - anders als das OVG Rheinland-Pfalz meint - bei der Neufassung der §§ 111 und 113 SGB X den Verjährungsbeginn nicht generell, d.h. ausnahmslos in allen Fällen, von der Kenntnis des erstattungsberechtigten Leistungsträgers von den seinen Kostenerstattungsanspruch begründenden Umständen abhängig machen wollte, vielmehr die Neuregelung der §§ 111, 113 SGB X in erster Linie die in der Gesetzesbegründung genannte Fallkonstellation zusätzlich erfassen wollte.
In den in der Gesetzesbegründung zu §§ 111, 113 SGB X n.F. angeführten Fallkonstellationen dürfte es im Regelfall auch ohne besondere Probleme möglich sein, die für den Verjährungsbeginn maßgebliche Kenntnis des erstattungsberechtigten Leistungsträgers von der Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über dessen Leistungspflicht, welche grundsätzlich in Form eines Verwaltungsaktes vorliegt, festzustellen. Fehlt es jedoch an einer solchen Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers, kann hingegen die Feststellung des vom OVG Rheinland-Pfalz in diesen Fällen als maßgeblich erachteten Zeitpunkts der Kenntnis von sämtlichen den Kostenerstattungsanspruch begründenden Umständen erhebliche Schwierigkeiten bereiten und damit eine beachtliche Rechtsunsicherheit zur Folge haben.
Das Rechtsinstitut der Verjährung dient aber gerade der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden, in dem es - in Abwägung mit dem Aspekt der Einzelfallgerechtigkeit - Ansprüche, die über geraume Zeit hinweg nicht geltend gemacht werden, dem Streit entzieht
vgl. BVerwG, Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25.07 -, juris.
Auch dies spricht dafür, in Fallkonstellationen, in denen es - wie vorliegend bei Kostenerstattungsansprüchen gemäß § 89 c Abs. 1 SGB VIII - an einer Entscheidung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers über dessen Leistungspflicht im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X fehlt, wie in § 111 SGB XII bei vergleichbarer Interessenlage für Erstattungsansprüche zwischen Sozialhilfeträgern vorgesehen, für den Beginn der Verjährung auf das Kalenderjahr des Entstehens des Anspruchs abzustellen.
Soweit das OVG Mecklenburg-Vorpommern
vgl. Urteil vom 28.8.2007 - 1 L 59/05 -, a.a.O.
demgegenüber einwendet, dass ein Abstellen auf die Kenntnis des erstattungsberechtigten Leistungsträgers von allen den Erstattungsanspruch begründenden Umständen dem Umstand gerecht werde, dass Unklarheiten bezüglich der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs, die nicht in der Sphäre des Erstattungsberechtigten lägen, nicht zu dessen Lasten gingen und so insbesondere auch gleichzeitige Klagen gegen verschiedene in Betracht kommende Erstattungspflichtige zur Vermeidung eines Rechtsverlustes durch Verjährung und damit verbundene Prozesskosten vermieden werden könnten, so mag dies zwar im Einzelfall zu sachgerechteren Ergebnissen führen. Nach Auffassung des Senats ist demgegenüber jedoch dem Aspekt der Rechtssicherheit der Vorrang einzuräumen, zumal in der Praxis die Anzahl der Fälle, in denen ein gemäß § 89 c Abs. 1 SGB VIII erstattungsberechtigter Hilfeträger erst mehr als ein Jahr nach dem Entstehen seines Anspruchs von den dafür maßgeblichen Umständen und dem „richtigen“ erstattungsverpflichteten Hilfeträger Kenntnis erlangt, relativ gering sein dürfte.
4. Verjährt demnach der streitgegenständliche Erstattungsanspruch betreffend den Zeitraum vom 15.9.2005 bis 31.12.2005 in vier Jahren, beginnend nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem er entstanden ist, so ist mit Ablauf des 31.12.2009 Verjährung eingetreten und hat der Beklagte hinsichtlich des mit Schriftsatz vom 15.10.2010 im Wege der Klageerweiterung klageweise geltend gemachten Anspruchs zu Recht die Einrede der Verjährung erhoben.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Verjährung des den Zeitraum vom 15.9.2009 bis 31.12.2009 betreffenden Erstattungsanspruchs nicht bereits durch die Klageerhebung am 31.12.2009 gehemmt worden. Zwar gelten nach § 113 Abs. 2 SGB X die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung sinngemäß. Auch wird die Verjährung nach §§ 204 Abs. 1, 209 BGB durch die Erhebung der Klage auf Leistung gehemmt. Jedoch erstreckte sich die verjährungshemmende Wirkung der am 21.12.2009 erhobenen Klage lediglich auf den Erstattungsanspruch betreffend den Zeitraum vom 15.7.2005 bis 14.9.2009 in Höhe von 8.116,41 EUR. Denn die am 21.12.2009 zunächst erhobene Klage richtete sich nur hierauf. Dies ergibt sich bereits eindeutig aus der einleitenden Beschreibung des Gegenstands der Leistungsklage, nämlich „auf Kostenerstattung bezüglich der Jugendhilfekosten für das Kind M., geboren 1993, für die Zeit vom 15.7.2005 bis 14.9.2005“ wie auch dem in der Klageschrift formulierten Klageantrag, der ebenfalls unmissverständlich auf die im Zeitraum vom 15.7.2005 bis 14.9.2005 entstandenen Jugendhilfekosten in Höhe von 8.116,41 EUR beschränkt ist. Auch aus der Begründung der Klage lässt sich nichts anderes herleiten. Diese zielt ebenfalls auf den vorgenannten Zeitraum ab. Dass der Kläger in der Klagebegründung den ebenfalls im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Jugendhilfefall gegen den Landkreis Mayen-Koblenz geführten verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreit erwähnt hat, bietet entgegen der Auffassung des Klägers nicht einmal ansatzweise Anlass zu der Annahme, die ursprünglich erhobene Klage hätte einen weitergehenden Streitgegenstand als den im Antrag eindeutig bezeichneten umfasst. Gleiches gilt für die vom Kläger angeführte Formulierung auf den Seiten 4 und 5 des Klageschriftsatzes, wonach sich für die Zeit vom 19.5.2005 bis „zumindest“ 15.9.2005 die örtliche Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes vor Beginn der Leistung gerichtet habe und „zumindest“ in diesem Zeitraum keine Zuständigkeit des Klägers mehr bestanden habe.
Der den Zeitraum vom 15.9.2005 bis 31.12.2005 betreffende Erstattungsanspruch ist erstmals durch die Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 15.10.2010 in den Rechtsstreit eingeführt worden, wofür nicht zuletzt spricht, dass der Kläger die Geltendmachung des Anspruchs dort selbst als „Klageerweiterung“ bezeichnet hat. Die durch die ursprüngliche Klage bewirkte Verjährungshemmung umfasste demnach lediglich den für den Zeitraum vom 15.7.2005 bis 14.9.2005 geltend gemachten Erstattungsanspruch, nicht jedoch die durch die Klageerweiterung eingeführte Mehrforderung
vgl. zu alledem auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.6.2008 - L 5KR 152/06 -, juris.
Die Verjährung des im Berufungsverfahren allein noch umstrittenen Erstattungsanspruchs ist - anders als der Kläger meint - auch nicht dadurch gehemmt gewesen, dass sich der Kläger „bis 2009 noch im schriftlichen Austausch mit dem Beklagten hinsichtlich der Kostenerstattung“ befunden habe. Zwar ist nach § 113 Abs. 2 SGB X i.V.m. § 203 Satz 1 BGB die Verjährung gehemmt, wenn zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch schweben, und zwar bis der eine oder andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Vorliegend kann jedoch für den hier maßgeblichen Zeitraum nicht von verjährungshemmenden Verhandlungen zwischen den Beteiligten ausgegangen werden, auch wenn der Begriff der Verhandlung im Sinne von § 203 Satz 1 BGB weit auszulegen ist und es schon genügt, dass der Gläubiger klarstellt, einen Anspruch zu haben und worauf er ihn stützen will, und der in Anspruch Genommene sich auf einen ernsthaften Meinungsaustausch über das Bestehen des Anspruchs oder seine tatsächlichen Grundlagen einlässt
vgl. hierzu OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.1.2012 - 12 A 877/11 - m.w.N., juris; Roller in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl. § 113 Rz.9.
Denn der Beklagte hat bereits mit Schriftsatz vom 5.9.2005 die vom Kläger begehrte Kostenerstattung und Übernahme des Falles in seine Zuständigkeit eindeutig abgelehnt. Zwar hat der Kläger danach den Beklagten noch wiederholt zu einer Fall- bzw. Kostenübernahme aufgefordert. Jedoch hat der Beklagte auch in der Folgezeit keine Erklärung abgegeben, die seitens des Klägers die Annahme ge-statteten, der Beklagte lasse sich auf Erörterungen über die Berechtigung des ihm gegenüber erhobenen Anspruchs oder dessen Umfang ein. Vielmehr ist er stets bei der bereits mit Schriftsatz vom 5.9.2005 erklärten Ablehnung geblieben.
Nach alledem war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerweiterung am 15.10.2010 die vierjährige Verjährungsfrist hinsichtlich des Erstattungsanspruchs für die Zeit vom 15.9.2005 bis 31.12.2005 bereits abgelaufen.
Von daher ist der Berufung des Beklagten stattzugeben und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes insoweit aufzuheben, als der Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger über einen Betrag von 43.115,44 EUR hinaus weitere 9.739,64 EUR zu zahlen. In diesem Umfang ist die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11 ZPO.
Im Hinblick darauf, dass die obergerichtliche Rechtsprechung zur Frage des Beginns der für Kostenerstattungsansprüche der vorliegenden Art geltenden vierjährigen Verjährungsfrist uneinheitlich ist, wird gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Revision zugelassen.
B e s c h l u s s
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 9.739,64 EUR festgesetzt (§§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 3, 63 Abs. 2 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.