Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Saarlandes - 1 A 106/15

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das zweitinstanzliche Verfahren durch Beiordnung von Rechtsanwalt B. Z., A-Stadt, wird abgelehnt.

Gründe

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das zweitinstanzliche Verfahren zur Weiterverfolgung ihrer Verpflichtungsklage mit dem sinngemäßen Begehren,

„die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22.1.2013 und des Widerspruchsbescheides vom 7.5.2014 zu verpflichten, ihr die spätere Vorlage des Leistungsnachweises zu gestatten und ihr für ihr Studium der Rechtswissenschaften an der Universität des Saarlandes für den Bewilligungszeitraum 10/2012 bis 09/2013 Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe zu gewähren“,

durch, was hier wegen der Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens gemäß § 188 VwGO allein in Betracht kommt, Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten gemäß den §§ 166 VwGO, 121 Abs. 1 ZPO, weil das von ihr beabsichtigte Rechtsmittel gegen den ihre Klage abweisenden Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 17.4.2015 – 3 K 787/14 – nicht die gemäß den §§ 166 VwGO, 114 Abs. 1 ZPO erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Wie bereits im Senatsbeschluss vom 10.11.2014 – 1 D 356/14 – betreffend die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren ausgeführt, ist für die Beurteilung der Frage hinreichender Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im Sinne der genannten Bestimmungen im Ansatz davon auszugehen, dass mit der Prozesskostenhilfe dem aus Art. 3 GG und Art. 20 GG abzuleitenden Gebot einer weitgehenden Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung von Rechtsschutz Rechnung getragen werden soll. Da sich das Ziel der Prozesskostenhilfe darauf beschränkt, den Unbemittelten einem solchen Bemittelten gleichzustellen, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko im Auge behält, ist es zwar prinzipiell unbedenklich, ihre Bewilligung davon abhängig zu machen, dass die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Jedoch dürfen die Anforderungen unter diesem Gesichtspunkt nicht überspannt werden. Da mit der Prozesskostenhilfe der Zugang zu gerichtlichem Rechtsschutz eröffnet, aber nicht vorweg genommen werden soll, ist im Bewilligungsverfahren kein Raum für die Beantwortung schwieriger Tat- und/oder Rechtsfragen.

Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Klägerin schon deshalb keine hinreichenden Erfolgsaussichten, weil sie den gegen den Gerichtsbescheid vom 17.4.2015 statthaften Berufungszulassungsantrag nicht innerhalb der mit Zustellung dieser erstinstanzlichen Entscheidung in Lauf gesetzten Monatsfrist des § 124 a Abs. 4 Satz 1 VwGO eingereicht hat und ihr hinsichtlich dieser Fristversäumung keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 VwGO gewährt werden könnte. Allerdings ist in Literatur und Rechtsprechung anerkannt, dass ein Beteiligter, der sich nicht in der Lage sieht, die Kosten eines Rechtsmittelverfahrens, insbesondere in Fallgestaltungen, in denen wie hier für das zweitinstanzliche Verfahren Vertretungszwang besteht, die durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts entstehenden Kosten, aufzubringen, die Möglichkeit hat, vor Rechtsmitteleinlegung einen sogenannten isolierten Prozesskostenhilfeantrag zu stellen und nach Bescheidung dieses Antrages unter Inanspruchnahme von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der bis dahin in aller Regel verstrichenen Rechtsmittelfrist das zunächst nur beabsichtigte Rechtsmittel nachzuholen. Fehlendes Verschulden an der Fristüberschreitung als Voraussetzung für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann jedoch in derartigen Fällen nach allgemeiner Auffassung nur dann angenommen werden, wenn der betreffende Beteiligte innerhalb der Rechtsmittelfrist einen ordnungsgemäßen, insbesondere einen bescheidungsfähigen Prozesskostenhilfeantrag bei Gericht eingereicht hat,

BVerfG, Beschluss vom 7.2.2000 – 2 BvR 106/00 – NJW 2000, 3344; Bader in Bader u.a., Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Auflage 2011, § 166 VwGO Rdnr. 23 m.w.N.,

denn nur dann hat er das Seine getan, um vor Fristablauf eine Entscheidung über sein Prozesskostenhilfegesuch herbeizuführen. Daran fehlt es hier.

Zwar kann der Klägerin vorliegend nach dem Ergebnis der im Prozesskostenhilfeverfahren nur möglichen summarischen Prüfung ein die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der verstrichenen Antragsfrist des § 124 a Abs. 4 Satz 1 VwGO hinderndes Verschulden nicht schon deshalb entgegen gehalten werden, weil ihr an das Verwaltungsgericht adressiertes und dort am Freitag, dem 29.5.2015, eingegangenes Prozesskostenhilfegesuch vom selben Tag – nach Weiterleitung im Geschäftsgang – erst am Montag, dem 1.6.2015, und damit nach Ablauf der mit Zustellung der erstinstanzlichen Entscheidung am 29.4.2015 in Lauf gesetzten Monatsfrist zur Stellung eines Berufungszulassungsantrages beim Oberverwaltungsgericht als dem gemäß den §§ 166 VwGO, 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO zuständigen Prozessgericht eingegangen ist.

Ebenso wenig kann nach dem Prüfergebnis des vorliegenden Verfahrens eine einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entgegenstehende schuldhafte Versäumung der Frist zur Stellung eines Berufungszulassungsantrages deshalb angenommen werden, weil dem am 1.6.2015 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenen Prozesskostenhilfegesuch keine gemäß den §§ 166 VwGO, 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO vorgeschriebene Darstellung des Streitverhältnisses im Sinne einer Darlegung der Einwände gegen die erstinstanzliche Entscheidung zumindest in groben Zügen beigefügt, das Prozesskostenhilfegesuch mithin im Zeitpunkt des Ablaufs der Frist des § 124 a Abs. 4 Satz 1 VwGO nicht bescheidungsfähig war.

Denn zu der Frage, ob ein isolierter Prozesskostenhilfeantrag vor einem beabsichtigten Antrag auf Zulassung der Berufung gemäß den §§ 166 VwGO, 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO fristwahrend nur beim Oberverwaltungsgericht eingereicht werden kann, oder ob mit Blick auf § 124 a Abs. 4 Satz 2 VwGO eine fristwahrende Antragstellung beim Verwaltungsgericht ebenfalls möglich oder sogar geboten ist, werden in der Literatur und in der Rechtsprechung divergierende Auffassungen vertreten

vgl. z. B. Bader in Bader u.a., VwGO, 5. Auflage 2011, § 124 a Rdnr. 64 m.w.N.; VGH Kassel, Beschluss vom 6.4.2001 – 3 VZ 450/01.A – m.w.N.: Fristwahrende Antragstellung nur beim Oberverwaltungsgericht; anderer Ansicht: VGH Kassel, Beschluss vom 6.11.2002 – 4 TB 1484/02 – NVwZ-RR 2003 390 m.w.N..

Gleiches gilt hinsichtlich der Frage, ob die gemäß den §§ 166 VwGO, 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO vorgeschriebene Darstellung des Streitverhältnisses, was ausgehend von der Forderung nach Einreichung eines bescheidungsfähigen Prozesskostenhilfeantrages vor Fristablauf zumindest naheliegt, innerhalb der Ein-Monats-Frist des § 124 a Abs. 4 Satz 1 VwGO eingereicht werden muss oder ob es ausreicht, wenn sie vor Ablauf der Zwei-Monats-Frist des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorliegt

vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.7.1983 – 1 ER 210/83 –, zitiert nach juris, allerdings noch zu § 132 Abs. 3 VwGO in der bis zum 31.12.1990 gültigen Fassung; Beschluss vom 21.1.1999 – 1 PKH 1/99 –, zitiert nach juris, Rdnr. 3; Beschluss vom 16.4.2009 – 6 PKH 31/08 -, zitiert nach juris, jeweils zur vergleichbaren Situation bei Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision; außerdem Neumann, Anmerkung zu BVerwG, Beschluss vom 18.2.2013 – 6 BN 1/12 –, zitiert nach juris unter „D“: Innerhalb der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde; anderer Ansicht: Offenbar BVerwG, Beschluss vom 25.5.2007 – 8 PKH 3/07 -, zitiert nach juris, Rdnr. 6,: „Begründung des PKH-Gesuchs innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist; VGH Kassel, Beschluss vom 1.11.2010 – 9 A 1965/10.Z -; VGH Mannheim, Beschluss vom 15.11.2004 – 12 S 1751/04 -, beide zitiert nach juris; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 124 a Rdnr. 226 a.E.: Darlegung des Streitverhältnisses innerhalb der Antragsbegründungsfrist des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügt:

Werden die aufgeworfenen Fragen danach in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet, kann der Klägerin kein eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Frist zur Stellung des beabsichtigten Berufungszulassungsantrages ausschließendes Verschulden deshalb angelastet werden, weil ihr Prozesskostenhilfegesuch nach fristgerechter Einreichung beim Verwaltungsgericht erst nach Fristablauf beim Oberverwaltungsgericht eingegangen ist und sie innerhalb der Antragsfrist auch keine „Begründung“ vorgelegt hat

vgl. Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 7. Auflage 2014, Seite 46 Rdnr. 94,

zumindest aber überschritte die abschließende Beantwortung dieser Fragen den Prüfungsrahmen des PKH-Verfahrens

vgl. BGH, Beschlüsse vom 12.12.2012 – XIII B 190/12 – NJW 2013, 1310, und vom 17.7.2013 – XII ZP 700/12 – NJW 2013, 2971.

Dem Erfordernis der Einreichung eines bescheidungsfähigen Prozesskostenhilfeantrages innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 4 Satz 1 VwGO zur Stellung eines Berufungszulassungsantrages entspricht das Prozesskostenhilfegesuch der Klägerin vom 29.5.2015 jedoch deshalb nicht, weil es hinsichtlich der erforderlichen Darlegung der wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe den insoweit zu stellenden Anforderungen nicht genügt. Nach den §§ 166 VwGO, 117 Abs. 2 ZPO sind dem Prozesskostenhilfeantrag eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen. Da der Verordnungsgeber von der gesetzlichen Ermächtigung des § 117 Abs. 3 ZPO Gebrauch gemacht und durch § 1 Abs. 1 PKHFV (vom 6.1.2014, BGBl. I 2014, 34) für die Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Verwendung des in der Anlage zu dieser Verordnung beigefügten Formulars vorgeschrieben hat, muss sich die Partei für ihre Erklärung nach § 117 Abs. 2 ZPO dieses Formulars bedienen (§ 117 Abs. 4 ZPO). Eine derartige formularmäßige Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hatte die Klägerin ihrem Prozesskostenhilfeantrag vom 29.5.2015 indes nicht beigefügt. Sie kann gegenüber der Forderung, eine solche Formularerklärung vorzulegen, auch nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass sie eine solche Erklärung mit ihrem - letztlich in zweiter Instanz erfolgreichen – Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren vorgelegt habe. Denn gemäß den §§ 166 VwGO, 119 Abs. 1 ZPO erfolgt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für jede Instanz gesondert, was die Stellung eines erneuten Prozesskostenhilfeantrages in der zweiten Instanz und – jedenfalls in aller Regel – die erneute Abgabe einer Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der gemäß § 117 Abs. 4 ZPO in Verbindung mit § 1 Abs. 1 PKHFV vorgeschriebenen Form erforderlich macht

vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 12.6.2001 – XI ZR 161/01 – NJW 2001, 2720; OLG A-Stadt, Beschluss vom 7.6.1999 – 9 UF 72/99 – NJW-RR 2000, 604.

Allerdings wird eine Ausnahme vom regelmäßigen Erfordernis einer formularmäßigen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in denjenigen Fallgestaltungen anerkannt, in denen die Partei in der Vorinstanz eine den vorgeschriebenen Formanforderungen entsprechende Erklärung abgegeben hat, mit ihrem zweitinstanzlichen Prozesskostenhilfegesuch auf diese Bezug nimmt und im Zusammenhang mit dieser Bezugnahme unmissverständlich erklärt, dass sich seither an den wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nichts geändert habe und eine neue Erklärung denselben Inhalt haben müsse

vgl. z. B. BGH, Beschlüsse vom 15.5.1990 – XI ZB 1/90 -, zitiert nach juris, und vom 27.11.1996 – XII ZP 84/96 – NJW 1997, 1078; außerdem Beschluss vom 12.6.2001 – XI ZR 161/01 – NJW 2001, 2720; Fischer in Musielak, ZPO, 7. Auflage 2009, § 117 Rdnr. 11; Büttner u.a., Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 7. Auflage 2014, Rdnr. 117.

Diesen Anforderungen genügt das Prozesskostenhilfegesuch der Klägerin vom 29.5.2015 offenkundig nicht. Wie bereits angesprochen war diesem Prozesskostenhilfegesuch keine formularmäßige Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt. Ebenso wenig enthält es sonstige Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Klägerin oder eine ausdrückliche oder zumindest unmissverständliche Erklärung des Inhalts, dass sich an ihren wirtschaftlichen Verhältnissen seit Mai 2014, dem immerhin rund ein Jahr zurückliegenden Zeitpunkt ihrer Angaben im erstinstanzlichen Verfahren, nichts geändert habe. Die Klägerin beschränkt sich vielmehr auf die Aussage, soweit das Gericht eine erneute Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse benötige, werde um einen entsprechenden Hinweis gebeten. Damit überlässt sie es letztlich dem Gericht, der Frage, ob sich an ihren wirtschaftlichen Verhältnissen etwas geändert hat, weiter nachzugehen. Hierin kann allenfalls eine den insoweit zu stellenden Anforderungen nicht genügende Bezugnahme auf die frühere Erklärung, nicht aber die geforderte unmissverständliche Erklärung gesehen werden, seither habe sich nichts geändert

vgl. in diesem Zusammenhang auch BGH, Beschlüsse vom 27.11.1996 – XII ZB 84/96 – NJW 1997, 1078, und vom 12.6.2001 – XI ZR 161/01 – NJW 2001, 2720, wonach eine bloße Bezugnahme auf eine in der Vorinstanz eingereichte Erklärung nicht ausreicht.

Der Umstand, dass die Klägerin Studierende ist und um die Bewilligung von Ausbildungsförderung streitet, gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Zum Einen steht es – wie nicht zuletzt die §§ 117 Abs. 1, 4 ZPO i.V.m. § 1 Abs. 1 PKHFV zeigen – nicht im Belieben der Partei, wie sie dem Gericht die erforderlichen Erkenntnisse über ihre wirtschaftliche Situation vermittelt, und kann deshalb auch das Gericht nicht auf andere Möglichkeiten der Erkenntnisgewinnung verwiesen werden. Zum Anderen können auch bei einem Studierenden durchaus für die PKH-Bewilligung oder zumindest für ihren Umfang beachtliche Veränderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse – anzurechnendes Erwerbseinkommen, Vermögenszuwächse – eintreten. Von daher ist allein aus dem Streitgegenstand ein verlässlicher Rückschluss auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin ausgeschlossen.

Hat die Klägerin danach die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht innerhalb der Monatsfrist des § 124 a Abs. 4 Satz 1 VwGO in einer den dargelegten Anforderungen entsprechenden Weise dargetan, so scheidet die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der inzwischen verstrichenen Frist für die Einreichung des beabsichtigten Berufungszulassungsantrages aus und bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung schon aus diesem Grunde keine hinreichenden Erfolgsaussichten.

Unabhängig hiervon sind hinreichende Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung vorliegend auch deshalb zu verneinen, weil schon nach dem Ergebnis der hier nur gebotenen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage, und zwar ohne dass dabei schwierige oder gar rechtsgrundsätzliche Fragen beantwortet werden mussten, nichts dafür spricht, dass ihr der mit ihrer Klage verfolgte Anspruch zustehen könnte. Es besteht allenfalls eine ganz entfernte Möglichkeit dafür, dass ihrer Klage in zweiter Instanz zu entsprechen wäre, was die Verneinung hinreichender Erfolgsaussichten rechtfertigt.

Im Ausgangspunkt gilt insoweit, dass die Klägerin zu Beginn des 5. Fachsemesters ihres teils in Passau und ab dem 4. Semester in A-Stadt absolvierten Jurastudiums keine nach dem 4. Fachsemester ausgestellte Bescheinigung der Ausbildungsstätte darüber vorgelegt hat, dass sie die bei geordnetem Verlauf ihrer Ausbildung bis zum Ende des jeweils erreichten Fachsemesters üblichen Leistungen erbracht hat (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG), und von daher, da den Anforderungen des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 3 BAföG ebenfalls nicht Genüge getan ist, ein Anspruch auf Weiterförderung ihres Jurastudiums an der Beklagten über das 4. Fachsemester hinaus nur unter den Voraussetzungen der §§ 48 Abs. 2, 15 Abs. 3 BAföG in Betracht kommt. Nach § 48 Abs. 2 BAföG kann das Amt für Ausbildungsförderung die Vorlage der Bescheinigung nach § 48 Abs. 1 BAföG zu einem entsprechenden späteren Zeitpunkt zulassen, wenn – soweit hier wesentlich – Tatsachen vorliegen, die voraussichtlich eine spätere Überschreitung der Förderungshöchstdauer rechtfertigen. Insoweit ist allein § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG in Betracht zu ziehen. Danach wird über die Förderungshöchstdauer hinaus für eine angemessene Zeit Ausbildungsförderung geleistet, wenn die Förderungshöchstdauer aus schwerwiegendem Grund überschritten wird. Solche schwerwiegenden Gründe müssen ausbildungsbezogen sein und müssen in der Person des Auszubildenden oder im Ausbildungsgang ihre Grundlage haben

vgl. z. B. Lackner in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Auflage 2014, § 15 Rdnr. 21; BVerwG, Beschluss vom 8.8.1988 – 5 B 15.88 – Buchholz 436.36 § 48 BAföG Nr. 12.

Solche Gründe können prinzipiell nur dann berücksichtigt werden, wenn sie vom Auszubildenden nicht zu vertreten sind und wenn die durch sie bewirkte Verlängerung der Studienzeit bei zumutbarer Studienplanung und rationeller Durchführung des Studiums nicht vermeidbar war. Sie müssen entweder subjektiv die Fähigkeit des Auszubildenden betreffen, seine Ausbildung planmäßig fortzuführen, oder in objektiver Hinsicht die äußeren Umstände des Ausbildungsgangs berühren – etwa aufgrund von Besonderheiten der einschlägigen Prüfungsordnung oder ihrer Handhabung durch die Prüfer.

Hiervon ausgehend sind das Verwaltungsgericht und - ihm folgend – der Senat (in seinem Beschluss vom 10.11.2014 – 1 D 356/14 – betreffend die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren) im Anschluss an die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.2.1983

- 5 C 4/81 – zitiert nach juris, Rdnr. 19 m.w.N.,

zu dem Ergebnis gelangt, dass Zeitverluste, die ein Auszubildender allein dadurch erleidet, dass er – wie die Klägerin – unter Beibehaltung des Studienfaches die Hochschule wechselt und wegen des unterschiedlichen Studienaufbaus in einen Rückstand gerät, der ihn daran hindert, den geforderten Leistungsnachweis nach § 48 Abs. 1 BAföG fristgerecht vorzulegen, keinen schwerwiegenden Grund im Verständnis von § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG darstellt. An dieser Beurteilung, die im Übrigen – soweit ersichtlich – auch der sonstigen obergerichtlichen Rechtsprechung entspricht

vgl. z. B. OVG Münster, Beschluss vom 6.12.2013 – 12 A 2167/13 - ; OVG Greifswald, Beschluss vom 14.11.2003 – 1 O 51/03 -, beide zitiert nach juris; vgl. im Übrigen Lackner, a.a.O., § 15 Rdnr. 27 m.w.N.,

ist auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 23.6.2015 zur Begründung ihres Prozesskostenhilfeantrags festzuhalten. Sie begegnet insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistungen der Art. 3 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG und eines ggf. aus dem Sozialstaatsprinzip abzuleitenden Teilhabegebotes keinen durchgreifenden Bedenken. Den genannten Gewährleistungen ist zunächst einmal normativ dadurch Rechnung getragen, dass der Gesetzgeber mit dem Bundesausbildungsförderungsgesetz Auszubildenden, die die Kosten ihrer Ausbildung nicht aus eigenem und nicht aus dem Einkommen und/oder Vermögen von Ehegatten und Eltern aufbringen können – im Rahmen der Förderungshöchstbeträge - im Grundsatz die Mittel für eine der Eignung und Neigung entsprechende Ausbildung an der gewählten Ausbildungsstätte zur Verfügung stellt. Dass dieser Förderung durch die Festlegung einer Förderungshöchstdauer in zeitlicher Hinsicht Grenzen gezogen werden, ist mit Blick auf die genannten Gewährleistungen ersichtlich unbedenklich, zumal § 15 Abs. 3 BAföG es ermöglicht, Sondersituationen Rechnung zu tragen. Soweit die Klägerin geltend macht, durch die genannten Regelungen bzw. ihre Anwendung werde es – im Übrigen den Zielsetzungen des sogenannten „Bologna-Prozesses“ zuwiderlaufend - Studierenden, die zur Finanzierung ihres Studiums auf Fördermittel angewiesen seien, anders als Studierenden, die über die notwendigen Eigen-, Ehegatten- oder elterlichen Mittel verfügten, praktisch unmöglich gemacht, in Ausübung ihres Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG die Hochschule unter Beibehaltung des Studiengangs zu wechseln, übersieht sie, dass weder aus den Art. 3 GG und 12 GG noch aus dem Sozialstaatsprinzip ein Anspruch darauf abgeleitet werden kann, durch Gewährung öffentlicher Förderleistungen in jeder Hinsicht solchen Studierenden gleichgestellt zu werden, die praktisch ohne Begrenzung durch verfügbare Eigen-, Ehegatten- oder elterliche Mittel nach Belieben Hochschulort und ggf. auch Studiengang wechseln können. Maßstab können insoweit allenfalls diejenigen Studierenden sein, denen aufgrund anrechenbarer eigener oder von Ehegatten oder Eltern aufzubringender Mittel in einer Höhe, die gerade die Gewährung von Ausbildungsförderung ausschließt, keine umfangreicheren Mittel zur Verfügung stehen als solchen Studierenden, die Ausbildungsförderung in voller Höhe erhalten. Solche Studierenden, die mit eigenen, Ehegatten- oder elterlichen Mitteln gerade die Bedarfssätze des § 13 BAföG aufbringen können, sind typischerweise ebenfalls gehalten, ihr Studium verantwortungsvoll und umsichtig zu planen und zügig durchzuführen. Sie müssen es in aller Regel hinnehmen, dass der Realisierung von Wünschen, die Hochschule oder die Fachrichtung zu wechseln, durch die Begrenztheit der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel Grenzen gesetzt werden, und werden solche Schritte, wenn sie mit einer Verlängerung der Studienzeit und dementsprechend zusätzlichen Kosten einhergehen, nicht „ohne Not“ unternehmen. Hiervon ausgehend wird Studierenden, die die Kosten ihres Studiums mit Mitteln der Ausbildungsförderung bestreiten, mit den Obliegenheiten zur verantwortungsbewussten, vorausschauenden und umsichtigen Planung sowie zur zügigen und zielstrebigen Durchführung ihrer Ausbildung letztlich nicht mehr abverlangt, als zahlreichen anderen Studierenden, die die Kosten ihres Studiums aus eigenen oder mit von Ehegatten oder Eltern zur Verfügung stehenden Mitteln aufbringen müssen. Dementsprechend begegnet die Rechtsprechung, die in Fallgestaltungen, in denen das Nichterreichen des nach einer Studiendauer von 4 Semestern üblichen Ausbildungsstandes allein darauf zurückzuführen ist, dass der Auszubildende die Ausbildungsstätte gewechselt hat, keinen schwerwiegenden Grund im Sinne von § 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG sieht, der die entsprechende spätere Vorlage des Leistungsnachweises nach § 48 Abs. 2 BAföG zu rechtfertigen vermag, offenkundig keinen Bedenken unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung der Art. 3 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG oder des Sozialstaatsprinzips. Für diese Feststellung bedarf es nicht der Beantwortung schwieriger oder gar grundsätzlicher Tat- oder Rechtsfragen. Soweit die Klägerin auf den sogenannten „Bologna-Prozess“ verweist, ist zu bemerken, dass die damit verfolgten bildungspolitischen Ziele ersichtlich keine Verpflichtung zur Ausweitung der Ausbildungsförderung begründen. Im Übrigen bestimmt – soweit es um mit dem „Bologna-Prozess“ angestrebte Ausbildungszeiten im Ausland geht - § 5 a BAföG, dass die Zeit einer Ausbildung, die der Auszubildende im Ausland durchgeführt hat, längstens bis zu einem Jahr bei der Zählung der Semester zur Bestimmung der Förderungshöchstdauer für eine Inlandsausbildung außer Betracht bleibt

Lackner in Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 5. Auflage 2014, § 15 a Rdnr. 4.

Dass der Umstand, dass der Klägerin nach ihrem Misserfolg in der im Jurastudium in Passau offenbar bis zum Ende des 4. Fachsemesters abzulegenden Zwischenprüfung nur noch ein Prüfungsversuch blieb, um die Voraussetzungen für die Fortsetzung des Studiums zu schaffen, keinen schwerwiegenden Grund im Sinne von § 15 Abs. 3 BAföG darstellt, der einen Wechsel des Studienortes unter Verlängerung der Studiendauer rechtfertigt, hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 10.11.2014 – 1 D 356/14 – dargelegt. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Ob die Absicht, ein bestimmtes Wahlfach zu belegen, einen mit einer Verlängerung der Studienzeit einhergehenden Studienortwechsel unter dem Gesichtspunkt der §§ 48 Abs. 2, 15 Abs. 3 Nr. 1 BAföG zu rechtfertigen vermag, dürfte im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen sein. Die Frage ist freilich vorliegend theoretisch, da die Klägerin nicht, jedenfalls nicht substantiiert geltend gemacht hat, ihr Wechsel von Passau nach A-Stadt sei durch ihr Interesse am Studium eines nur an der Beklagten angebotenen Schwerpunktfaches motiviert gewesen

vgl. im Übrigen in diesem Zusammenhang auch BVerwG, Urteil vom 10.2.1983 - 5 C 4/81 -, zitiert nach juris.

Hinreichende Erfolgsaussichten hat der Senat in seinem Beschluss vom 10.11.2014 – 1 D 356/14 – der Klage im erstinstanzlichen Verfahren allein mit Blick darauf zugebilligt, dass unter bestimmten Voraussetzungen erstmalige Misserfolge beim Erwerb von Leistungsnachweisen, die anstelle einer Zwischenprüfung zu erbringen und Voraussetzung für ein weiteres Aufrücken im Studium sind, einen schwerwiegenden Grund für die Überschreitung der Förderungshöchstdauer und damit auch für eine spätere Vorlage der Bescheinigung nach § 48 Abs. 1 BAföG sein können und dieser Punkt bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht angesprochen war. Entgegen der Darstellung der Klägerin – Seite 5, zweiter Absatz ihres Schriftsatzes vom 23.6.2015 – hat das Verwaltungsgericht diesen Aspekt in seinem Gerichtsbescheid vom 17.4.2015 – siehe dort Seiten 9 bis 11 oben - aufgegriffen. Es hat, ersichtlich auf der Grundlage einer entsprechenden Erklärung der Förderbeauftragten der Abteilung Rechtswissenschaften der Beklagten vom 8.11.2012, die wiederum auf den von der Klägerin im Übrigen nicht angefochtenen Einstufungsbescheid der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Beklagten vom 19.4.2012 (Blatt 46 der Gerichtsakten) zurückgeht, und unter Heranziehung von § 2 a Abs. 2 JAO festgestellt, dass die Klägerin bei ihrem Wechsel von Passau nach A-Stadt einen erheblichen Leistungsrückstand (erstes Studienjahr: 24, zweites Studienjahr: 20 von jeweils mindestens 50 zum Aufrücken ins nächste Studienjahr erforderlichen Leistungspunkten) aufgewiesen hat. Es hat sich sodann mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Klägerin die Voraussetzungen für eine Einstufung ins zweite Studienjahr erfüllt hätte, wenn sie alle in Passau mitgeschriebenen Klausuren bestanden hätte, und dies verneint. Das Verwaltungsgericht hat insoweit ausgeführt:

„Die Misserfolge in Passau in den zweiten Klausuren Privat- und Staatsrecht sowie der ersten Klausur „Allgemeines Verwaltungsrecht“ sind insofern unbeachtlich, weil der Klägerin wegen des jeweiligen Bestehens der zweiten Klausur die für das jeweilige Fach möglichen Leistungspunkte angerechnet worden sind. Der Misserfolg in den übrigen bescheinigten Klausuren (Strafrecht und Teilklausur „Vertragliche Schuldverhältnisse“) war mit Blick auf die hierin möglichen Leistungspunkte ebenfalls nicht ursächlich für die Rückstufung der Klägerin, da für das erste Studienjahr maximal 16 (Strafrecht I und II sowie AG im Strafrecht) und für das zweite Studienjahr 10 zusätzliche Leistungspunkte im Falle des Bestehens dieser Klausuren möglich gewesen wären, was der Klägerin weder für das erste Studienjahr noch für das zweite Studienjahr die für die Fortführung des Studiums erforderliche Zahl von je 50 Leistungspunkten hätte bringen können“.

Dass diese Beurteilung fehlerhaft sein könnte, ist weder aufgezeigt noch erkennbar. Insbesondere hat die Klägerin, die sich mit der Würdigung des Verwaltungsgerichts nicht auseinandergesetzt hat, keine sonstigen in Passau absolvierten Lehrveranstaltungen benannt, die in A-Stadt nur deshalb nicht angerechnet werden konnten, weil ihr der Erwerb der entsprechenden Leistungsnachweise in Passau ebenfalls erstmalig misslungen war. Der Senat sieht im Hinblick hierauf auch keinen Ansatz für weitere erfolgversprechende Ermittlungen. Von daher können die Gründe, die den Senat veranlasst haben, bezogen auf den Zeitpunkt seines Beschlusses vom 10.11.2014 hinreichende Erfolgsaussichten der Klage anzunehmen, nicht auf den Erkenntnisstand des vorliegenden Verfahrens „fortgeschrieben“ werden. Bezogen auf den gegenwärtigen Zeitpunkt spricht nach dem Ergebnis der hier nur möglichen überschlägigen Würdigung der Sach- und Rechtslage unter Würdigung des Vorbringens der Klägerin im Schriftsatz vom 23.6.2015 nichts dafür, dass die von der Klägerin verfolgte Klage in zweiter Instanz Erfolg haben könnte. Allenfalls besteht hierfür eine ganz entfernte die Annahme hinreichender Erfolgsaussichten nicht rechtfertigende Möglichkeit.

Dem Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein beabsichtigtes zweitinstanzliches Verfahren kann daher nicht entsprochen werden.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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