Beschluss vom Oberverwaltungsgericht des Saarlandes - 1 A 103/15

Tenor

Auf den Antrag der Klägerin wird die Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. März 2015 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 2 K 876/13 - zugelassen, soweit die Klage auf die Aufhebung der in Ziffer 5 erster Unterpunkt des Krankenhausstammblatts Teil 2 zum Bescheid des Beklagten vom 22. Mai 2013 getroffenen Festlegung gerichtet ist, dass die Dreier-Zertifizierung für die Hauptfachabteilung Gefäßchirurgie an der Betriebsstätte S... erstmals am 1. September 2014 nachzuweisen ist.

Im Übrigen wird der Antrag auf Zulassung der Berufung zurückgewiesen.

Das Verfahren wird im Umfang der Zulassung als Berufungsverfahren unter der Geschäftsnummer 1 A 121/16 fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht (§ 124 a Abs. 5 Satz 5 VwGO).

Die Kosten des Zulassungsverfahrens fallen der Klägerin zur Hälfte zur Last. Die Entscheidung, wer die verbleibenden Kosten zu tragen hat, folgt der Kostenentscheidung im Hauptsacheverfahren.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 10.000.- Euro und für das zugelassene Berufungsverfahren vorläufig auf 5.000.- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor näher bezeichnete Urteil ist zulässig, hat aber in der Sache nur teilweise Erfolg.

Durch das angefochtene Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage als unzulässig abgewiesen, mit der Klägerin die Aufhebung des Änderungsbescheides des Beklagten vom 22.5.2013 betreffend das M… Klinikum S…-D…begehrt, soweit ihr darin nach Maßgabe der Festlegungen im Krankenhausstammblatt Teil 2 Ziffer 5 hinsichtlich der für ihr Krankenhaus ausgewiesenen Gefäßchirurgie sowie Stroke Unit jeweils aufgegeben wird, diese durch bestimmte medizinische Fachgesellschaften zertifizieren zu lassen, einschließlich der dazugehörigen Nebenbestimmungen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass hinsichtlich dieses Streitgegenstandes der streitbefangene Änderungsbescheid keinen neuen anfechtbaren Verwaltungsakt im Sinne von § 42 Abs. 1 VwGO, sondern lediglich eine wiederholende Verfügung gegenüber dem Feststellungsbescheid vom 7.5.2012 über die Planaufnahme des M… Klinikums S…-D…darstelle. Insoweit sei aber der Rechtsweg gegen die von der Klägerin angegriffenen Zertifizierungspflichten nicht erneut eröffnet, weil diese gegen den Feststellungsbescheid vom 7.5.2012 in Bezug auf die ihr darin auferlegten Zertifizierungspflichten keinen gerichtlichen Rechtschutz in Anspruch genommen habe und dieser Bescheid daher insoweit in Bestandskraft erwachsen sei.

Das den Prüfungsumfang im Zulassungsverfahren begrenzende Vorbringen der Klägerin im Schriftsatz vom 11.6.2015 gibt nur teilweise Veranlassung, das erstinstanzliche Urteil einer Überprüfung in einem Berufungsverfahren zuzuführen. Soweit das erstinstanzliche Urteil den Antrag auf Aufhebung der unter Ziffer 5 erster Unterpunkt des Krankenhausstammblatts Teil 2 zum Änderungsbescheid vom 22.5.2013 angesprochenen Entscheidung über das Ob einer dauerhaft zu gewährleistenden Dreier-Zertifizierung für die Hauptfachabteilung Gefäßchirurgie mit 20 Betten am Standort der Betriebsstätte S… durch bestimmte medizinische Fachgesellschaften als unzulässig abgelehnt hat, ergeben sich aus der Antragsbegründung keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Gleiche gilt für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, die Klage gegen die in Ziffer 5 vierter Unterpunkt des Krankenhausstammblatts Teil 2 zum Änderungsbescheid vom 22.5.2013 angeführte Zertifizierungspflicht betreffend die innerhalb der Hauptfachabteilung Neurologie am Standort der Betriebsstätte D… eingerichtete Stroke Unit mit 6 Betten als unzulässig zu erachten. Soweit das Verwaltungsgericht die Zulässigkeit der Klage auch insoweit verneint hat, als die Verlängerung der Nachweispflicht hinsichtlich der Dreier-Zertifizierung für die Hauptfachabteilung Gefäßchirurgie am Standort S… bis zum 1.9.2014 angefochten wurde, ist die Berufung indessen zuzulassen, da die Rechtssache insoweit gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO besondere rechtliche Schwierigkeiten aufweist.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung bestehen dann, wenn gegen deren Richtigkeit nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen, wovon immer dann auszugehen ist, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird

BVerfG, Beschlüsse vom 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163, 1164, und vom 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 -, NJW 2004, 2511.

Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, soweit das Zulassungsbegehren der Zurückweisung unterliegt. Insoweit kann der Argumentation der Klägerin, dass der Änderungsbescheid vom 22.5.2013 hinsichtlich der Zertifizierungspflichten keine wiederholende Verfügung, sondern einen die Inanspruchnahme von gerichtlichem Rechtsschutz erneut eröffnenden Verwaltungsakt darstelle, nicht gefolgt werden.

a. Eine wiederholende Verfügung liegt vor, wenn die Behörde der Sache nach lediglich auf eine bereits in der Vergangenheit getroffene Regelung hinweist, ohne in der Sache eine neue Regelung zu treffen. Sie hat selbst keine Regelung zum Inhalt und ist daher kein Verwaltungsakt im Sinne von § 35 VwVfG. Demgegenüber ist ein Zweitbescheid gegeben, wenn die Behörde auf Antrag oder von Amts wegen das an sich unanfechtbar abgeschlossene Verfahren wieder aufgreift und in eine neue Sachprüfung eintritt. In diesem Fall endet das Verfahren in der Regel mit einem neuen Verwaltungsakt, gegen den der Betroffene den regulären Rechtsschutz erlangen kann. Der unanfechtbare Verwaltungsakt aus der Vergangenheit steht dem nicht entgegen. Für die Unterscheidung, ob eine wiederholende Verfügung oder ein Zweitbescheid vorliegt, kommt es maßgebend auf den Erklärungsinhalt des Bescheides an, der durch fallbezogene, die konkreten Umstände in den Blick nehmende Auslegung nach Maßgabe der entsprechend anwendbaren gesetzlichen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln ist

BVerwG, Urteil vom 10.10.1961 - VI C 123.59 -, Juris, Rdnr. 13; Beschlüsse vom 10.8.1995 - 7 B 296/95 -, Juris, Rdnr. 2 und vom 14.6.2010 - 2 B 23/10 -, Juris, Rdnr. 7 m.w.N.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Auflage, § 35 Rdnr. 97, 98.

Nach Maßgabe dieser rechtlichen Grundsätze hat das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall zu Recht festgestellt, dass das Ob der Entscheidung des Beklagten über die der Klägerin auferlegte Pflicht zur dauerhaften Dreier-Zertifizierung betreffend die Hauptfachabteilung Gefäßchirurgie ebenso wie die Zertifizierungspflicht für die Stroke Unit in der Hauptfachabteilung Neurologie im streitbefangenen Änderungsbescheid vom 22.5.2013 lediglich wiederholend bestätigt wird, ohne dass insoweit eine erneute Sachentscheidung des Beklagten ergangen ist. Dies ergibt sich aus dem Erklärungsinhalt des Änderungsbescheides sowie aus den konkreten näheren Umständen seines Erlasses.

b. In dem Änderungsbescheid vom 22.5.2013 zum Feststellungsbescheid vom 7.5.2012 hat der Beklagte ausweislich des auf Blatt 2 wiedergegebenen Tenors entschieden, dass für den Planungszeitraum bis 31.12.2015 für das M… Klinikum S…-D…die im beigefügten Krankenhausstammblatt Teil 1 und Teil 2 vorgenommenen Änderungen festgelegt werden, das Krankenhausstammblatt Teil 1 und Teil 2 Bestandteil dieses Bescheides ist und der Feststellungsbescheid vom 7.5.2012 im Übrigen unverändert gültig bleibt. Ausweislich der hierzu im Folgenden gegebenen Begründung sowie der beigefügten Krankenhausstammblätter Teil 1 und Teil 2 wurden gegenüber dem Feststellungsbescheid vom 7.5.2012 Änderungen dahingehend vorgenommen, dass rückwirkend zum 1.1.2013 ein bettenneutraler Schwerpunkt Visceralchirurgie innerhalb der CH-Allgemeinen Chirurgie am Standort der Betriebsstätte S… ausgewiesen, der Zusatz hinsichtlich des Antrages der Krankenhausträger „M… Kranken- und Pflegegesellschaft mbH“ und der „ctt mbh – C… Trägergesellschaft t…“ über die Zusammenfassung der unter ihrer Trägerschaft stehenden saarländischen Krankenhäuser zu einem Krankenhaus mit acht Standorten gestrichen und die Nachweisfrist für die Dreier-Zertifizierung in der Gefäßchirurgie bis zum 1.9.2014 verlängert werden. Demgegenüber ist in Ziffer 5 erster Unterpunkt des Krankenhausstammblattes Teil 2 zum Änderungsbescheid vom 22.5.2013 die Entscheidung über das Ob der dauerhaft zu gewährleistenden Dreier-Zertifizierung hinsichtlich der Hauptfachabteilung Gefäßchirurgie mit demselben Wortlaut wiedergegeben, der bereits in Ziffer 5 des Krankenhausstammblatts Teil 2 des Feststellungsbescheides vom 7.5.2012 festgelegt war. Lediglich der Zeitpunkt der Erfüllung der Pflicht zur Dreier-Zertifizierung ist durch ein neues Datum (1.9.2014 statt 1.1.2014) ersetzt worden. Auch hinsichtlich der die Stroke Unit betreffenden Zertifizierungspflicht folgt der Text im Änderungsbescheid in seinem Wortlaut den ursprünglichen Festsetzungen im Bescheid vom 7.5.2012. Lediglich die folgende Passage ist hinsichtlich der überholten Nachweisfrist (bis 1.1.2012) angepasst worden, ohne die Vorgabe als solche inhaltlich zu verändern, denn nach wie vor wird - mit gleichem Wortlaut - die dauerhafte Gewährleistung der Zertifizierung verlangt und ist andernfalls der Wegfall des Versorgungsauftrages die Folge. Damit sind die der Klägerin schon im Feststellungsbescheid vom 7.5.2012 auferlegten Verpflichtungen, sowohl hinsichtlich der Hauptfachabteilung Gefäßchirurgie als auch hinsichtlich der Stroke Unit dauerhafte Zertifizierungen der genannten medizinischen Fachgesellschaften zu gewährleisten, im Änderungsbescheid vom 22.5.2013 inhaltlich nicht verändert worden und gemäß Ziffer 3 des Tenors des Änderungsbescheides, wonach der Feststellungsbescheid vom 7.5.2012 im Übrigen unverändert gültig bleibt, wie die übrigen nicht geänderten Regelungen des Feststellungsbescheides vom 7.5.2012 unverändert wirksam geblieben.

Dementsprechend sind keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass der Beklagte hinsichtlich seiner bereits im Feststellungsbescheid vom 7.5.2012 getroffenen Entscheidungen über das Ob der Zertifizierungspflicht für die Gefäßchirurgie sowie die die Stroke Unit betreffende Zertifizierungspflicht in eine erneute sachliche Prüfung und Entscheidung eingetreten war. Was die Gefäßchirurgie angeht, so hat der Beklagte zwar vorgetragen, dass die Zertifizierungspflicht in der Gefäßchirurgie im Rahmen der ersten Fortschreibung des Krankenhausplanes von den Krankenhausträgern mit der Krankenhausplanungsbehörde diskutiert worden ist. Diese Diskussion betraf aber, wie aus den Schreiben der Saarländischen Krankenhausgesellschaft vom 6.11.2012 (Bl. 112-114 VA), und vom 21.3.2013 (Bl. 144-146 VA), dem Schreiben der AOK vom 5.3.2013 (Bl. 133-137 VA) sowie dem Protokoll der Sitzung der Saarländischen Krankenhauskonferenz vom 18.3.2013 (Bl. 138-143 VA) hervorgeht, nicht die Zertifizierungspflicht in der Gefäßchirurgie als solche, sondern lediglich das insoweit zu beachtende Zeitfenster für den Nachweis der in Rede stehenden Dreier-Zertifikation. Auch die Klägerin selbst hat in ihrem Schreiben vom 28.2.2013 im Rahmen ihrer Anhörung zur ersten Fortschreibung des Krankenhausplanes für das Saarland (Bl. 131-132 VA) insoweit keine Einwände erhoben. Von daher bestand aus Sicht des Beklagten überhaupt keine Veranlassung, hinsichtlich der Frage, ob die im Feststellungsbescheid vom 7.5.2012 angeordnete Zertifizierungspflicht in der Gefäßchirurgie im Grundsatz aufrecht erhalten bleiben soll, in eine erneute Prüfung und Entscheidung einzutreten.

Das Gleiche gilt auch für die Zertifizierungspflicht betreffend die Stroke Unit, die nach den unwidersprochen gebliebenen Ausführungen des Beklagten in dem Verfahren zur ersten Fortschreibung des Krankenhausplanes überhaupt kein Thema war. Auch die Aktenlage spricht mit Gewicht gegen die Annahme, die Frage der Zertifizierungspflicht für die am Standort der Betriebsstätte D… in der Hauptfachabteilung Neurologie eingerichtete Stroke Unit habe im Verfahren der ersten Fortschreibung des Krankenhausplanes für die Jahre 2011 bis 2015 eine Rolle gespielt. Sie findet in dem Kurzprotokoll des damaligen Trägergesprächs vom 10.10.2012 (Bl. 110-111 VA), in dem die Klägerin vertreten war, keine Erwähnung. Ebenso wenig befassen sich die Äußerungen der Klägerin in ihrem Schreiben vom 28.2.2013 anlässlich ihrer Anhörung zu den beabsichtigten Änderungen (Bl. 131-132 VA) mit besagter Zertifizierungspflicht. Gleiches gilt für die im Protokoll der Sitzung der Saarländischen Krankenhauskonferenz am 18.3.2013 (Bl. 138-143 VA) niedergelegten Beiträge der Teilnehmer. Hatten mithin weder der Beklagte die Absicht, diesbezügliche Änderungen vorzunehmen, ins Gespräch gebracht, noch die Klägerin den Wunsch geäußert, die insoweit bestehenden Festsetzungen im Krankenhausstammblatt Teil 2 Ziffer 5 zu überdenken und möglichst zu ändern, so gab es keinen Regelungsbedarf, der Gegenstand einer den Rechtsweg neu eröffnenden Entscheidung des Beklagten hätte sein können. Dem entspricht, dass das ehemals selbständige C...-Krankenhaus D…, das Anfang 2012 mit dem ebenfalls damals selbständigen M… Klinikum S… zu der Verbundklinik M… Klinikum S…-D…zusammengeschlossen worden war, mit seiner unter der Geschäftsnummer 2 K 668/11 erhobenen und später zurückgenommenen Klage gegen den Feststellungsbescheid des Beklagten vom 22.6.2011 nicht ausdrücklich die schon damals angeordnete Zertifizierungspflicht für die Stroke Unit, sondern andere Regelungen in diesem Bescheid angefochten hatte. Unter diesen Umständen ist es ohne Weiteres nachvollziehbar, dass der Beklagte nach seinen Angaben die Zertifizierungspflichten in Ziffer 5 erster und vierter Unterpunkt des Krankenhausstammblatts Teil 2 zum Änderungsbescheid vom 22.5.2013 in dem dargelegten Umfang allein deshalb - wiederholend - aufgenommen hat, um zur besseren Lesbarkeit den Versorgungsauftrag als Gesamtbescheid wiederzugeben. Stellt sich demnach der angefochtene Änderungsbescheid vom 22.5.2013 in Bezug auf das Ob der Zertifizierungspflicht für die Gefäßchirurgie sowie hinsichtlich der Zertifizierungspflicht für die Stroke Unit lediglich als eine wiederholende Verfügung gegenüber dem Feststellungsbescheid vom 7.5.2012 dar, steht die insoweit gegebene Bestandskraft jenes Feststellungsbescheides dem begehrten Rechtsschutz auf (Teil-)Aufhebung des Änderungsbescheides entgegen.

2. Demgegenüber ist die Berufung gegen die erstinstanzliche Entscheidung zuzulassen, soweit das Verwaltungsgericht das Vorliegen einer wiederholenden Verfügung auch hinsichtlich der Verlängerung der Nachweispflicht hinsichtlich der Dreier-Zertifizierung für die Gefäßchirurgie bis zum 1.9.2014 bejaht hat. Insoweit weist die Rechtssache nämlich besondere rechtliche Schwierigkeiten auf und erfüllt daher den Zulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO.

a. Hierzu ist zu beachten, dass der Wortlaut von Ziffer 5 erster Unterpunkt des Krankenhausstammblattes Teil 2 zum Änderungsbescheid vom 22.5.2013 mit der entsprechenden Regelung im Feststellungsbescheid vom 7.5.2012 nicht übereinstimmt, da dort eine Nachweispflicht bis zum 1.1.2014 angeordnet war. Auch hat das Verwaltungsgericht selbst festgestellt, dass sich die Saarländische Krankenhausgesellschaft namens ihrer Mitglieder dafür eingesetzt hat, das Zeitfenster betreffend die Zertifizierung der Abteilungen für Gefäßchirurgie (um zwei Jahre) auszuweiten (u.a. Schreiben vom 6.11.2012, Bl. 112-114 VA), und sich der Beklagte in dieser kontrovers diskutierten Frage (siehe hierzu die ablehnenden Erklärungen der AOK im Schreiben vom 5.3.2013, Bl. 133-137 VA, sowie in der Sitzung der Saarländischen Krankenhauskonferenz, Bl. 141 VA) dazu entschlossen hat, die Nachweisfrist für die Dreier-Zertifizierung für alle Krankenhäuser mit einer Hauptfachabteilung oder einem Schwerpunkt Gefäßchirurgie „moderat“ bis zum 1.9.2014 zu verlängern. Diese Gesichtspunkte sprechen mit Gewicht dafür, dass der Beklagte nach Erlass des Feststellungsbescheides vom 7.5.2012 eine erneute sachliche Prüfung und Entscheidung über die - auch - gegenüber der Klägerin verlängerte Frist zum Nachweis der Erfüllung der Zertifizierungspflicht vorgenommen hat. In diesem Fall ist aber die Frage aufgeworfen, ob es sich in der vorliegenden Fallkonstellation bei der Verlängerung der Nachweisfrist um eine der Anfechtung zugängliche belastende Nebenbestimmung handelt

siehe hierzu auch OVG des Saarlandes, Urteil vom 3.6.2015 – 1 A 276/14 – m.w.N..

Die Verlängerung der Nachweisfrist bis zum 1.9.2014 stellt für sich betrachtet zunächst eine Begünstigung dar, denn dadurch konnte die Hauptfachabteilung Gefäßchirurgie auch ohne Vorliegen der geforderten Dreier-Zertifizierung vorläufig bis zum 31.8.2014 weiterbetrieben werden. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die gewährte Fristverlängerung nicht nur gegenüber der von der Saarländischen Krankenhausgesellschaft namens ihrer Mitglieder für erforderlich erachteten Fristverlängerung um zwei Jahre zurückgeblieben ist, sondern mit der Nichteinhaltung der Frist die - belastende - Rechtsfolge verbunden ist, dass der Versorgungsauftrag für die Hauptfachabteilung Gefäßchirurgie entfällt. Andererseits ist in Bezug auf den letztgenannten Gesichtspunkt zu bedenken, dass die Rechtsfolge des Wegfalls des Versorgungsauftrags bereits mit der im bestandskräftigen Feststellungsbescheid vom 7.5.2012 gesetzten Nachweisfrist verknüpft war. Vor diesem Hintergrund stellt sich fallbezogen die Frage, ob die Verlängerung der Nachweisfrist unter Berücksichtigung der bestandskräftigen Festsetzungen im Feststellungsbescheid vom 7.5.2012 eine ausschließlich begünstigende Regelung im Sinne eines Aufschubs des Wegfalls der Versorgungsauftrages darstellt oder ob sie auch einen der Anfechtung unterworfenen belastenden Inhalt hat. Die Klärung dieser rechtlich nicht einfach zu beantwortenden Fragen muss dem Berufungsverfahren vorbehalten bleiben.

Da die Voraussetzungen dieses Zulassungsgrundes in der Zulassungsbegründung sinngemäß dargelegt sind und vorliegen, kommt es für die Zulassungsentscheidung weder darauf an, dass die Klägerin ihr Vorbringen dem Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugeordnet hat, noch darauf, ob dessen Voraussetzungen ebenfalls erfüllt sind. Denn das verfassungsrechtliche Gebot, den Rechtsweg nicht in unzumutbarer Weise zu erschweren, veranlasst bei der Prüfung der Zulassungsgründe dazu, den Vortrag des jeweiligen Antragstellers angemessen zu würdigen und ihm bei - wie hier - berufungswürdigen Sachen den Zugang zur zweiten Instanz nicht nur deswegen zu versagen, weil dieser sich nicht auf den nach Auffassung des Gerichts zutreffenden Zulassungsgrund bezogen hat

BVerfG, Beschluss vom 30.6.2005 - 1 BvR 2615/04 -, NVwZ 2005, 1176, 1177; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 17.12.2013 - 1 A 282/13 -.

3. Soweit das Zulassungsbegehren der Zurückweisung unterliegt, geben die Einwendungen der Klägerin in der Zulassungsbegründung zu keiner anderen Beurteilung Anlass. Dies gilt zunächst für ihr Vorbringen, dass der Beklagte den Bescheid in die Form und den Inhalt eines Verwaltungsaktes gekleidet und ausdrücklich von einem Änderungsbescheid gesprochen hat. Insoweit verkennt die Klägerin, dass in dem Änderungsbescheid vom 22.5.2013 tatsächlich Regelungen des Feststellungsbescheides vom 7.5.2012 geändert worden sind. Nur betrafen diese nicht das bereits angeordnete Ob der Zertifizierungspflicht betreffend die Gefäßchirurgie sowie die Zertifizierungspflicht für die Stroke Unit, sondern, wie dargelegt, die Ausweisung eines Schwerpunktes Visceralchirurgie innerhalb der CH-Allgemeinen Chirurgie am Standort S..., den Wegfall des Zusatzes betreffend die Zusammenfassung der Krankenhäuser der „M… Kranken- und Pflegegesellschaft mbH“ sowie der „ctt mbh – c… Trägergesellschaft t…“ zu einem Krankenhaus mit acht Standorten und schließlich die Verlängerung der Nachweisfrist für die Dreier-Zertifizierung betreffend die Hauptfachabteilung Gefäßchirurgie bis zum 1.9.2014. Diese Neuregelungen sind demzufolge auch gemeint, wenn in Ziffer 1 des Tenors des Änderungsbescheides vom 22.5.2013 ausgeführt wird, dass die im Krankenhausstammblatt Teil 1 und Teil 2 vorgenommenen Änderungen festgelegt werden. Auch der Umstand, dass dem Änderungsbescheid eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt worden ist, führt nicht zu der Annahme, dass hinsichtlich der Zertifizierungspflichten als solche eine erneute Entscheidung in der Sache ergangen ist, vielmehr war die dem Änderungsbescheid vom 22.5.2013 beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung mit Blick auf die dargestellten Änderungen gegenüber dem Feststellungsbescheid vom 7.5.2012 geboten.

Ebenso wenig kann die Klägerin mit Erfolg geltend machen, dass das Ob der Zertifizierungspflicht erneut in den Regelungsteil des Änderungsbescheides aufgenommen und mit einer Entscheidung versehen worden ist, was auch deshalb erfolgt sei, weil sie im Zeitpunkt des Änderungsbescheides vom 22.5.2013 noch nicht ihren Zertifizierungspflichten nachgekommen sei. Insoweit ist der Vortrag der Klägerin, dass das Ob der Zertifizierungspflicht in den „Regelungsteil des Änderungsbescheids aufgenommen und mit einer Entscheidung versehen“ sei, schon nicht nachvollziehbar, weil sich dies aus dem Regelungsteil des Änderungsbescheides vom 22.5.2013 gerade nicht ergibt. Im Weiteren hat die Klägerin die Zertifizierung in der Stroke Unit mit Zertifikat vom 20.1.2012 (Bl. 103 VA) bereits erreicht und ist mit der Verlängerung des Nachweises der Zertifizierungspflicht betreffend die Gefäßchirurgie gerade dem Umstand Rechnung getragen worden, dass die Klägerin ihrer diesbezüglichen Nachweispflicht im Zeitpunkt des Änderungsbescheides noch nicht nachgekommen ist.

Schließlich greift auch der Einwand der Klägerin nicht, dass die Fallkonstellation der wiederholenden Verfügung im vorliegenden Fall nicht gegeben sei, weil der Beklagte nicht zunächst den Erlass eines Verwaltungsakts bestandskräftig abgelehnt und sie einen entsprechenden Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nicht gestellt habe. Insoweit verkennt die Klägerin, dass für die Annahme einer wiederholenden Verfügung das Vorliegen eines Antrages des Betroffenen nicht notwendig ist, vielmehr die Behörde - aus welchem Grund auch immer - den Inhalt eines bereits erlassenen Verwaltungsaktes wiederholen kann, ohne dass diese wiederholende Verfügung eine Regelung zum Inhalt und damit Verwaltungsaktqualität hat

Kopp/Ramsauer, wie vor, Rdnr. 97, 98 a; App, Vollstreckungsabwendende Zahlung als Rechtsschutzhindernis, DStZ 2008, 263-264.

Der Ansicht der Klägerin, dass der wiederholenden Verfügung allein die Fallkon-stellation eines von dem Betroffenen beantragten Wiederaufgreifens des Verfahrens zugrunde liegt, kann daher nicht gefolgt werden.

Es ist daher über das Zulassungsbegehren wie erkannt zu entscheiden. Dass der Klägerin – bezogen auf den Streitgegenstand betreffend die Stroke Unit – die Kosten des Zulassungsverfahrens auferlegt wurden, folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Soweit die Entscheidung bezüglich der verbleibenden Kosten des Zulassungsverfahrens der Kostenentscheidung im Hauptsacheverfahren folgt, rechtfertigt sich dies daraus, dass bezogen auf den Anfechtungsgegenstand der Zertifizierung in der Gefäßchirurgie eine streitwertmäßige Differenzierung nach Maßgabe des Obsiegens und Unterliegens einer genauen Prüfung im Hauptsacheverfahren bedarf

siehe hierzu auch Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Oktober 2015, § 124 a Rdnr. 136.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird gemäß den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 und 3 GKG auf (2 x 5.000.- Euro) 10.000.- Euro festgesetzt.

Der für das Berufungsverfahren zwecks Anforderung eines Gerichtskostenvorschusses vorläufig festgesetzte Streitwert beruht auf den §§ 6 Abs. 1 Nr. 5, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

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