Tenor
Unter Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2015 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 3 K 993/13 - werden der Abwassergebührenbescheid des Beklagten vom 9. Januar 2013 und der Widerspruchsbescheid vom 2. Juli 2013 aufgehoben.
Die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Die Kosten des Verfahrens fallen dem Beklagten zur Last.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen ihre auf der Grundlage der im Stadtgebiet des Beklagten geltenden Abwassergebührensatzung in der Fassung der 23. bzw. 24. Änderungssatzung nach Maßgabe des Frischwasserbezugs erfolgte Heranziehung zur Entrichtung von Abwasserbeseitigungsgebühren für den Zeitraum vom 1.11.2011 bis zum 2.11.2012.
Die 24. Änderungssatzung ist in dem von der Klägerin eingeleiteten Normenkontrollverfahren 1 C 184/12 durch Beschluss des Senats vom 7.2.2013 wegen eines Bekanntmachungsfehlers für unwirksam erklärt worden. Hieraufhin ermächtigte der Stadtrat den Beklagten mit Beschluss vom 28.2.2013 „alle gemäß Beschlussbegründung des OVG des Saarlandes … an einem Bekanntmachungsfehler leidenden Satzungen erneut bekanntzumachen“ und „vorgenannte Satzungen rückwirkend zu dem Zeitpunkt in Kraft zu setzen, der sich bei Wirksamkeit der ursprünglich fehlerhaften Bekanntmachung der Satzung ergeben hätte (Tag nach dem Datum der ersten Veröffentlichung der Satzung)“. Die 24. Änderungssatzung ist im Wochenspiegel, Ausgabe A-Stadt, vom 20.2.2013 erneut bekannt gemacht und rückwirkend zum 1.1.2012 in Kraft gesetzt worden. Die 23. Änderungssatzung ist am 13.3.2013 erneut bekannt gemacht und rückwirkend zum 1.1.2011 in Kraft gesetzt worden. Um etwaig verbleibende Bedenken bezüglich der für unwirksam erklärten 24. Änderungssatzung auszuräumen, hat der Stadtrat am 14.10.2014 vorsorglich den Erlass dieser Änderungssatzung mit Rückwirkung zum 1.1.2012 beschlossen. Auch dieser Stadtratsbeschluss wurde im Wochenspiegel, Ausgabe A-Stadt, bekannt gemacht.
Die Klägerin hat nach erfolglosem Widerspruch gegen den Abwassergebührenbescheid vom 9.1.2013 (Widerspruchsbescheid vom 2.7.2013, ihrem Prozessbevollmächtigten zugestellt am 17.7.2013) am 9.8.2013 Klage erhoben und zu deren Begründung vorgetragen, der angefochtene Bescheid entbehre einer wirksamen satzungsrechtlichen Grundlage. Die den Gebührensatz mit Wirkung ab dem 1.1.2012 von 4,73 EUR pro Kubikmeter bezogenen Frischwassers auf 5,29 EUR pro Kubikmeter erhöhende 24. Änderungssatzung sei nicht wirksam rückwirkend für den Veranlagungszeitraum in Kraft gesetzt worden und zudem in materiell-rechtlicher Hinsicht wegen Verletzung des Rückwirkungsverbots und Zugrundelegung einer unzulässigen Maßstabsregelung fehlerbehaftet. Der in § 4 Abs. 2 AGS vorgesehene Frischwassermaßstab werde den höherrangigen Anforderungen des Äquivalenzprinzips in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht gerecht. Der auf die Menge des bezogenen Frischwassers abstellende Frischwassermaßstab lasse keinen verlässlichen Rückschluss darauf zu, wieviel Niederschlagswasser von dem betreffenden Grundstück in die öffentliche Abwasseranlage gelange, und sei daher im Regelfall als Wahrscheinlichkeitsmaßstab für die Bemessung von Abwasserbeseitigungsgebühren nicht tauglich. Unter den im Entwässerungsgebiet vorzufindenden Gegebenheiten seien die von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen einer ausnahmsweisen Zulässigkeit dieses Maßstabs nicht erfüllt. Insbesondere verfange die Argumentation des Beklagten, der Anteil der für die Beseitigung des Niederschlagswassers anfallenden Kosten an den Gesamtkosten der Entwässerungseinrichtung liege unterhalb von 12 v.H. und sei daher im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als geringfügig einzustufen, nicht. Denn der Beklagte habe die auf die Schmutzwasser- bzw. die Niederschlagswasserbeseitigung entfallenden Kostenanteile unter Zugrundelegung der sog. Mehrkostenmethode ermittelt, die nicht geeignet sei, die anteiligen Kosten der Schmutzwasserbeseitigung einerseits und der Niederschlagswasserbeseitigung andererseits realitätsgerecht abzubilden. Diese Methode werde den heutigen Wohn- und Lebensverhältnissen nicht mehr gerecht, weswegen die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung anderer Bundesländer eine Ermittlung der Kostenanteile nach der Mehrkostenmethode nicht mehr akzeptiere. Mit Blick auf das Landesrecht trete hinzu, dass die durch die §§ 49 a ff. SWG vorgegebene Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinden gleichermaßen für Schmutz- wie für Niederschlagswasser gelte. Es sei auch von daher nicht gerechtfertigt, die Kosten eines vorhandenen Mischwasserkanalisationssystems und von Kläranlagen, denen ebenfalls Niederschlagswasser zugeleitet werde, in erster Linie der Schmutzwasserbeseitigung mit der Begründung zuzuordnen, dass die Niederschlagswasserbeseitigung nur nachrangige Bedeutung habe.
Die Klägerin hat beantragt,
den Abwasserbeseitigungsgebührenbescheid des Beklagten vom 9.1.2013 und den Widerspruchsbescheid vom 2.7.2013 aufzuheben und
die Hinzuziehung ihres Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat im Einzelnen ausgeführt, dass die Änderungen der Abwassergebührensatzung infolge der erneuten Bekanntmachungen und der Beschlussfassungen des Stadtrats rückwirkend zum 1.1.2011 bzw. 1.1.2012 in Kraft getreten seien und der satzungsrechtlich vorgegebene Frischwassermaßstab unter den konkreten Gegebenheiten als Maßstabsregelung für die Erhebung einer einheitlichen Abwasserbeseitigungsgebühr zulässig sei. Ausweislich seiner an der Mehrkostenmethode orientierten Berechnungen beliefen sich die anteiligen Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung unter der Prämisse eines durchschnittlichen Herstellungsaufwands von 820,- Euro pro lfdm. Mischwasserkanal DN 300 im Jahr 2011 auf 10,92137 v.H. und im Jahr 2012 auf 10,19387 v.H. der Kosten der Mischwasserkanalisation. Führe man die Kostenberechnung nach Berücksichtigung der weiteren Ausgaben und Einnahmen im Gebührenhaushalt fort auf die durch Gebühren zu deckenden Kosten, so ergebe sich für die Verteilung unter Einbeziehung der Kosten der Regenwasserkanäle ein auf das Regenwasser entfallender Anteil von 8,26 v.H. im Jahr 2011 bzw. 7,93 v.H. im Jahr 2012. Sie lägen mithin unterhalb der vom Bundesverwaltungsgericht als maßgeblich erachteten Grenze von 12 v. H. der Gesamtkosten.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch aufgrund mündlicher Verhandlung vom 20.3.2015 ergangenes Urteil, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 30.3.2015, unter Zulassung der Berufung abgewiesen.
Die rückwirkende Inkraftsetzung der mit Beschluss des Stadtrates vom 8.12.2011 erlassenen und mit Beschluss des Senats vom 7.2.2013 für unwirksam erklärten 24. Änderungssatzung sowie der 23. Änderungssatzung sei rechtmäßig. Der gemäß § 35 Nr. 12 KSVG zuständige Stadtrat habe in seinem Beschluss vom 14.10.2014 genügend zum Ausdruck gebracht, dass die heilende Wirkung bereits nach seiner ersten Beschlussfassung vom 28.2.2013 für beide Änderungssatzungen eintreten sollte. In materiell-rechtlicher Hinsicht handele es sich zwar um einen Fall echter Rückwirkung, die indes ausnahmsweise gerechtfertigt sei. Nach dem im Normenkontrollverfahren ergangenen Beschluss des Senats sei davon auszugehen gewesen, dass es im Stadtgebiet des Beklagten seit dem 15.1.1999 keine wirksame öffentliche Bekanntmachung von Satzungen mehr gegeben habe, so dass alle in diesem Zeitraum beschlossenen Satzungen und Satzungsänderungen nicht in Kraft getreten seien. Daher habe die Abwassergebührensatzung in ihrer am 26.11.1997 beschlossenen 13. Änderungssatzung (Gebührensatz von 5,79 DM = 2,96 EUR) fortgegolten. Demgemäß habe auch im hier in Rede stehenden Zeitraum die Verpflichtung zur Entrichtung von Abwasserbeseitigungsgebühren bestanden. Infolge der Rückwirkungsanordnung sei die in abgeschlossenen Veranlagungszeiträumen entstandene Gebührenschuld nachträglich abgeändert worden, so dass es um echte Rückwirkung gehe. Diese sei ausnahmsweise zulässig, weil die Betroffenen schon in dem Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen werde, nicht auf die Maßgeblichkeit des 1997 beschlossenen Gebührensatzes hätten vertrauen dürfen, zumal für sie im Veranlagungszeitraum klar erkennbar gewesen sei, welcher Gebührensatz nach dem Willen des Satzungsgebers gelten sollte.
Es sei nicht zu beanstanden, dass das einschlägige Satzungsrecht als Maßstabsregelung für die Abwasserbeseitigungsgebühr den Frischwassermaßstab zugrunde lege, denn die Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung seien geringfügig im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Die seitens des Beklagten zur Ermittlung der Kostenanteile zur Anwendung gebrachte sog. Mehrkosten-/bzw. Mehraufwandsmethode sei in der Rechtsprechung der Kammer - ebenso wie die von der Klägerin befürwortete Methode der Ermittlung der Kostenanteile anhand einer fiktiven Trennkanalisation - auf der Grundlage des § 6 Abs. 3 KAG und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als geeignete und damit zulässige Ermittlungsmethode anerkannt. Die Zulässigkeit der Mehrkostenmethode ergebe sich daraus, dass die moderne Kanalisation nicht wegen des Niederschlagswassers, sondern wegen des anfallenden Schmutzwassers notwendig geworden sei. Gäbe es kein Schmutzwasser, so bedürfte es im ausschließlichen Blick auf gesundheitspolitische Belange weder eines unterirdischen Leitungsnetzes noch einer Kläranlage. Vor diesem Hintergrund sei es nicht geboten, die für die Ableitung des Niederschlagswassers zu veranschlagenden Kosten auf der Grundlage einer Gleichrangigkeit der beiden Funktionen der öffentlichen Kanalisation zu ermitteln oder den Gesamtaufwand einfach im Verhältnis der aufgenommenen Schmutz- und Niederschlagswassermengen zu teilen. Hieran habe sich bis zum heutigen Tag nichts Durchgreifendes geändert. Im Gegenteil bestehe gerade auf der Grundlage der heutigen Fassung des Wasserhaushaltsgesetzes, nach dessen § 55 Abs. 2 WHG Niederschlagswasser ortsnah versickert, verrieselt oder direkt oder über eine Kanalisation ohne Vermischung mit Schmutzwasser in ein Gewässer eingeleitet werden soll, soweit dem weder wasserrechtliche noch sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften noch wasserwirtschaftliche Belange entgegenstehen, keine Veranlassung zu einer hiervon abweichenden Sichtweise. Denn gerade hiernach sei die Kanalisation nach Möglichkeit von Niederschlagswasser freizuhalten und diene - auch soweit es sich um eine Mischkanalisation handele - in erster Linie der Beseitigung des Schmutzwassers. Der seitens des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen postulierten prinzipiellen Gleichrangigkeit der Kostenverursachung bei der Beseitigung von Schmutz- und Niederschlagswasser könne daher nicht gefolgt werden. Im Übrigen stehe außer Frage, dass Schmutzwasser allein wegen seiner chemischen Beschaffenheit eine Kanalisation erheblich mehr belaste und auch beschädige als Niederschlagswasser. Dies gelte umso mehr, als die Entwicklungen der jüngsten Zeit, die darauf hinausliefen, sowohl den Wasserverbrauch als auch die Zuführung von Niederschlagswasser in die Kanalisation zu reduzieren, dazu führen könnten, dass es zu einer Verlängerung der Fließzeit des Schmutzwassers verbunden mit vermehrten Ablagerungen im Kanal mit negativen Folgen komme, wie beispielsweise der Sulfitbildung, daraus ausgasendem Schwefelwasserstoff und hieraus entstehender Schwefelsäure, die dann zur Korrosion der Abwasserleitungen führen könne. Das von Schmutzwasser ausgehende Gefährdungspotential werde durch Niederschlagswasser aufgrund seiner verdünnenden Wirkung verringert. Hieraus erhelle, dass Niederschlagswasser in einem Mischwasserkanal nicht nur eine kostenverursachende, sondern im Gegenteil auch eine kostensenkende Komponente habe, indem es sich reinigend und schadensverhütend auswirke.
Die Klägerin hat gegen dieses Urteil am 21.4.2015 Berufung eingelegt und diese mit am 28.5.2015 bei dem Oberverwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens begründet. Die Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Mehrkostenmethode sei überholt. Unter anderem habe der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, dem das Verwaltungsgericht gefolgt sei, seine frühere Rechtsprechung aufgegeben. Nach den heutigen modernen Lebensverhältnissen fehle es an jeglichem Zusammenhang zwischen Frischwasserbezug und zu entsorgender Niederschlagswassermenge. Der Frischwasserverbrauch sei regelmäßig personen- und produktionsabhängig. Die Menge des eingeleiteten Niederschlagswassers hänge hingegen von Größen wie Topographie, Flächengröße, Oberflächengestaltung und der Menge des Niederschlags ab. Im Stadtgebiet des Beklagten entfielen 26,8 % der Gesamtfläche auf Gebäude und Freiflächen, Betriebsflächen und Verkehrsflächen. Gehe man von einem Versiegelungsgrad von 40 % dieser Flächen aus, so ergebe sich eine versiegelte Fläche von 7,2 km². Angesichts eines durchschnittlichen Jahresniederschlags im Stadtgebiet des Beklagten von 679.000 m³ pro km², entfielen auf die versiegelte Fläche 4.888.800 m³ Niederschlagswasser. Dies sei nahezu das Dreifache des jährlichen Frischwasseranfalls von 1.671.000 m³. Allein auf die Verkehrsflächen von 4.000.000 m² entfielen weit mehr als das 1,5 fache des jährlichen Frischwasseranfalls. Dies zugrundelegend, betrügen die Kosten für die Regenwasserentsorgung mindestens 30 v.H. der Gesamtkosten der städtischen Entwässerungseinrichtung. Auch nach der einschlägigen Fachliteratur sei regelmäßig ein Anteil von 25 v.H. und mehr für die Niederschlagswasserentsorgung zu veranschlagen. Diesen Gegebenheiten werde die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts nicht gerecht, sondern benachteilige diejenigen, die Niederschlagswasser nutzen, versickern lassen, verrieseln oder in ein oberirdisches Gewässer einleiten, wie es § 49 a Abs. 1 SWG gebiete. Die Annahme einer nur nachrangigen Bedeutung der Niederschlagswasserbeseitigung sei mit den Regelungen des Saarländischen Wassergesetzes zur Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinden nicht zu vereinbaren. Die Mehrkostenmethode bevorteile gewerbliche und industrielle Betriebe mit einem hohen Versiegelungsgrad in einer dem Willkürverbot nicht standhaltenden Weise. Die obergerichtliche Rechtsprechung sei daher in neuerer Zeit von der Anerkennung dieser Methode als zulässige Ermittlungsmethode abgerückt. Auch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.7.2015 gebe nichts für die Annahme her, dass diese Methode nach wie vor als zulässig erachtet werden könnte. Aus heutiger Sicht genüge nur die gesplittete Abwassergebühr den gesetzlichen Anforderungen, da sie auf einer getrennten Ermittlung der Kosten für die Schmutzwasser- und die Niederschlagswasserbeseitigung basiere und der Gebührenerhebung damit einen gerechten Verteilungsmaßstab zugrunde lege. Im Übrigen fehle es an einer Globalrechnung, die zwingende Voraussetzung für eine rechtmäßige Satzung sei. Schließlich genüge die Neubekanntmachung der Satzungsänderungen den Wirksamkeitsanforderungen nicht. Eine neue Beschlussfassung sei unumgänglich. Der Stadtrat könne ihm zufallende Funktionen nicht auf die Verwaltung übertragen und jedenfalls für die 23. Änderungssatzung, die dem angefochtenen Bescheid ebenfalls zu Grunde liege, fehle es an einem Beschluss des Satzungsgebers, diese mit Rückwirkung auf den Veranlagungszeitraum in Kraft zu setzen. Rückwirkende Satzungsänderungen seien allenfalls bis zum Ablauf des Kalenderjahres, für das eine Veranlagung erfolge, zulässig. Eine Rückwirkungsanordnung, die mehr als zweieinhalb Jahre erfasse, sei unzulässig.
Die Klägerin beantragt,
1. unter Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20.3.2015 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 3 K 993/13 - den Abwasserbeseitigungsgebührenbescheid des Beklagten vom 9.1.2013 und den Widerspruchsbescheid vom 2.7.2013 aufzuheben,
2. die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur formellen und materiellen Wirksamkeit der der Veranlagung zugrunde gelegten Abwasserbeseitigungsgebührensatzung in der Fassung der 23. bzw. 24. Änderungssatzung und verteidigt die Mehrkostenmethode als zulässige und von ihm fehlerfrei zur Anwendung gebrachte Methode zur Ermittlung des auf die Beseitigung des Niederschlagswassers entfallenden Anteils der Gesamtkosten der Entwässerungseinrichtung. Diese Methode werde auch seitens anderer Verwaltungsgerichte als geeignet erachtet. Die seitens der Klägerin präferierte Berechnungsweise sei daher keineswegs zwingend und rein vorsorglich werde die Richtigkeit der von ihr genannten Daten bestritten. Aus § 49 a SWG folge kein Zwang zu gesplitteten Abwassergebühren. Wasserrechtliche Ziele wie die Versickerung von Oberflächenwasser im Erdreich würden durch die Geltung des Frischwassermaßstabs nicht vereitelt, zumal eine solche Versickerung nicht überall im Siedlungsbereich sachgerecht oder möglich sei und ein Grundstückseigentümer seine diesbezüglichen Dispositionen vorrangig an der Grundstückssituation und seinen Nutzungsbedürfnissen ausrichten und nicht vom geltenden Gebührenmaßstab abhängig machen werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens sowie des beigezogenen Normenkontrollverfahrens 1 C 184/12, der Verwaltungsunterlagen des Beklagten (1 Ordner) und der Akte des Widerspruchsverfahrens (1 Heft), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig und begründet.
Das angefochtene Urteil unterliegt der Abänderung. Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Abwassergebührenbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin im Sinn des § 113 Abs. 1 VwGO in ihren Rechten, da ihm eine wirksame satzungsrechtliche Grundlage fehlt.
Das der Heranziehung zugrundeliegende Satzungsrecht des Beklagten ist zwar in Bezug auf den Veranlagungszeitraum wirksam in Kraft gesetzt worden (1), entspricht aber inhaltlich nicht den Vorgaben höherrangigen Rechts (2).
1. Die rückwirkende Inkraftsetzung des Satzungsrechts ist unter den konkreten Gegebenheiten formell und materiell unbedenklich.
Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts überzeugen.
Der im Berufungsverfahren aufrechterhaltene Einwand, das der Veranlagung zugrunde gelegte Satzungsrecht sei mangels eines die rückwirkende Inkraftsetzung des Satzungsrechts umfassenden Beschlusses des Stadtrates in Bezug auf den Veranlagungszeitraum 1.11.2011 bis 2.11.2012 nicht wirksam in Kraft gesetzt worden, verfängt nicht.
Ausweislich des Beschlusses des Stadtrates vom 28.2.2013, der aufgrund der besonderen Situation, mit der der Stadtrat infolge der Senatsentscheidung vom 7.2.2013 konfrontiert war, eine große Anzahl bis dahin nicht wirksam bekanntgemachter Satzungen zum Gegenstand hatte, entsprach es dem damaligen Willen des Satzungsgebers, alle von der Entscheidung des Senats betroffenen Satzungen, unter anderem die Abwassergebührensatzung des Beklagten in der Fassung der 23. bzw. 24. Änderungssatzung, rückwirkend zu dem Zeitpunkt in Kraft zu setzen, zu dem sie durch die fehlerhafte Bekanntmachung jeweils hätten in Kraft treten sollen. Dass der Satzungsgeber später durch Beschluss vom 14.10.2014 lediglich in Bezug auf die 24. Änderungssatzung erneut deren rückwirkende Inkraftsetzung zum 1.1.2012 beschlossen hat, war dem Umstand geschuldet, dass allein diese Satzung Gegenstand des Normenkontrollverfahrens war und bestätigt unter den vorliegenden Gegebenheiten - wie das Verwaltungsgericht überzeugend ausgeführt hat -, dass bereits die erste Beschlussfassung vom 28.2.2013 nach dem Willen des Satzungsgebers den satzungslosen Zustand vollumfänglich heilen sollte.
Durch die rückwirkende Inkraftsetzung der 23. und der 24. Änderungssatzung wird das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot nicht verletzt.
In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass im Fall einer nichtigen Vorgängersatzung deren Ersetzung auch für einen bereits abgeschlossenen Veranlagungszeitraum durch eine neue rückwirkend in Kraft tretende Satzung und damit eine Ausnahme vom Verbot der echten Rückwirkung zulässig ist, wenn das Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage ausnahmsweise nicht schutzwürdig ist, weil die Betroffenen nach der rechtlichen Situation in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge von der neuen Satzung zurückbezogen wird, mit dieser Regelung rechnen mussten. Dies bedeutet, dass eine rückwirkend in Kraft gesetzte Neuregelung in dem Umfang zulässig ist, in dem sie einen Mangel der Vorgängersatzung behebt.(OVG des Saarlandes, Teilurteil vom 5.9.2007 - 1 A 43/07 -, amtl. Abdr. S. 12 m.w.N.) So liegt der Fall hier. Ohne inhaltliche Änderung des Satzungsrechts, insbesondere der Höhe des Gebührensatzes, wurden die 23. und die 24. Änderungssatzung auf der Grundlage des Stadtratsbeschlusses vom 28.2.2013 rückwirkend für den Veranlagungszeitraum in Kraft gesetzt. Hiermit mussten die Gebührenpflichtigen rechnen. Ein etwaiges Vertrauen, für die Inanspruchnahme der öffentlichen Abwasseranlage während des Veranlagungszeitraums - allein infolge des Bekanntmachungsmangels - keine Abwassergebühren bzw. nur eine auf der Grundlage des letzten wirksam in Kraft gesetzten Gebührenmaßstabs von 2,96 Euro pro Kubikmeter bezogenes Frischwasser errechnete Abwassergebühr entrichten zu müssen, wäre unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt schutzwürdig. Dass der Veranlagungszeitraum im Zeitpunkt der rückwirkenden Inkraftsetzung am 13.3.2013 in Bezug auf November und Dezember 2011 bereits mehr als ein Jahr zurücklag, steht dem nicht entgegen. Der Satzungsgeber hat unmittelbar nach Bekanntwerden der Entscheidung des Senats vom 7.2.2013 das Notwendige veranlasst. Ein Vertrauen, dass sich die Abwassergebührenschuld infolge des festgestellten Bekanntmachungsmangels dauerhaft ermäßigen könnte, konnte daher nicht entstehen.
2. Die der Gebührenerhebung zugrundeliegende Satzungsregelung des § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Abwassergebührensatzung - AGS - ist mangels Vereinbarkeit mit landesrechtlichen Vorgaben nichtig.
Sie sieht eine einheitliche Gebühr für die Entsorgung sowohl des auf den angeschlossenen Grundstücken anfallenden Schmutzwassers als auch des von den Grundstücken in die Abwasseranlage gelangenden Niederschlagswassers vor, deren Höhe sich nach dem Frischwassermaßstab, also nach der Menge des von dem jeweiligen Grundstück bezogenen Frischwassers abzüglich des nachweislich nicht in die öffentliche Abwasseranlage eingeleiteten Wassers, bemisst. Die Voraussetzungen, unter denen die Bemessung einer einheitlichen Abwassergebühr nach dem Frischwassermaßstab zulässig ist, sind fallbezogen nicht erfüllt.
2.1. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 KAG sind Benutzungsgebühren nach Art und Umfang der Benutzung zu bemessen (Wirklichkeitsmaßstab). Nach Satz 2 der Vorschrift kann stattdessen ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab gewählt werden, wenn die Anlegung des Art und Umfang der Benutzung widerspiegelnden Wirklichkeitsmaßstabs schwierig oder wirtschaftlich nicht vertretbar ist und der gewählte Wahrscheinlichkeitsmaßstab nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zu der Benutzung steht. Für die Erhebung von Gebühren für die Abwasserbeseitigung, also die Ableitung sowohl des Schmutzwassers als auch des Niederschlagswassers von den an die öffentliche Abwasseranlage angeschlossenen Grundstücken, steht ein das Ausmaß der Benutzung realitätsgerecht erfassender Wirklichkeitsmaßstab nicht zur Verfügung. Es obliegt dem Ortsgesetzgeber daher, in der Gebührensatzung als Grundlage der Veranlagung der Gebührenpflichtigen einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab festzulegen, der den höherrangigen Vorgaben gerecht wird.
Das insoweit zu beachtende - landesrechtlich in § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG verankerte - Äquivalenzprinzip besagt, dass zwischen der Gebühr und der von der Gemeinde erbrachten Leistung kein offensichtliches bzw. gröbliches Missverhältnis bestehen darf. Es fordert in Verbindung mit dem Gleichheitssatz - nur -, dass die Benutzungsgebühr im Allgemeinen nach dem Umfang der Benutzung bemessen wird, so dass bei etwa gleicher Inanspruchnahme der gemeindlichen Einrichtung etwa gleich hohe Gebühren und bei unterschiedlicher Benutzung diesen Unterschieden in etwa angemessene Gebühren zu zahlen sind. Wegen des dem Ortsgesetzgeber eingeräumten weiten Ermessens muss nicht der zweckmäßigste, vernünftigste oder wahrscheinlichste Maßstab zur Anwendung gelangen; die besonderen örtlichen Verhältnisse und die Praktikabilität des Gebührenmaßstabes können berücksichtigt werden.(u.a. BVerwG, Urteil vom 26.10.1977 - VII C 4.76 -, juris Rdnr. 16, und Beschluss vom 25.3.1985 - 8 B 11/84 -, juris Rdnr. 8 m.w.N.; OVG des Saarlandes, Urteil vom 30.9.2015 - 1 A 398/14 -, juris Rdnrn. 30, 42) Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut und der Gesetzesbegründung(LT-Drs. 7/852 vom 21.10.1977 zum Entwurf des Kommunalabgabengesetzes (zitiert im Urteil des Senats vom 3.6.2002)) darf die einzelne Gemeinde sich für jeden in Betracht kommenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab entscheiden, sofern dieser nicht in einem - wie zu betonen ist - offensichtlichen Missverhältnis zu der Benutzung steht.(OVG des Saarlandes, Urteil vom 3.6.2002 - 1 R 20/01 -, juris Rdnrn. 42 ff.)
Die seitens der Klägerin als erforderlich erachtete Erhebung einer gesonderten Niederschlagswassergebühr als Teil der Abwassergebühr ist nach saarländischem Landesrecht zulässig.(OVG des Saarlandes, Beschluss vom 27.7.2007 - 1 A 42/07 -, juris Rdnrn. 8 f. m.w.N.) Die getrennte Erhebung von Schmutz- und Niederschlagswassergebühren ist in besonderem Maße geeignet, den Umfang der Inanspruchnahme der gemeindlichen Abwasseranlage durch die Einleitung von Schmutz- bzw. von Niederschlagswasser im Sinn des § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG wirklichkeitsnah widerzuspiegeln(OVG des Saarlandes, Urteil vom 3.6.2002, a.a.O., Rdnr. 41 m.w.N.) und schafft gleichzeitig Anreize zu einem umweltschonenden Verhalten im Sinn des § 6 Abs. 3 Satz 3 KAG und des § 50 a Abs. 4 Satz 3 SWG, der vorgibt, dass die Gemeinden in ihrem Satzungsrecht wirksame Anreize zur Minderung der Abwassermengen schaffen sollen und insbesondere versiegelte Grundstücksflächen, von denen Niederschlagswasser in eine öffentliche Abwasseranlage gelangen kann, bei der Gebührenberechnung mitberücksichtigen können.
Diese Vorzüge schließen indes angesichts des weiten Gestaltungsspielraums des Satzungsgebers die Erhebung einheitlicher Abwassergebühren unter Zugrundelegung des Frischwassermaßstabs nicht von vornherein aus. Der Frischwassermaßstab kann unter bestimmten - durch das landesrechtlich in § 6 Abs. 3 Satz 3 KAG verankerte Äquivalenzprinzip und den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vorgegebenen - Voraussetzungen eine zulässige Maßstabsregelung für die Bemessung einheitlicher Abwasserbeseitigungsgebühren sein.
2.2. Der Senat hat zu dieser Problematik im Jahr 2002(OVG des Saarlandes, Urteil vom 3.6.2002, a.a.O., Rdnrn. 47 ff, 54 ff.) entschieden, dass zu fordern sei, dass entweder die durch Gebühren zu deckenden Kosten der Niederschlagswasserentsorgung im Verhältnis zu den gesamten Entwässerungskosten geringfügig sind, wobei der Grenzwert insoweit im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts(BVerwG, Beschluss vom 12.6.1972 - VII B 117.70 -, Urteil vom 26.10.1977, a.a.O., Beschlüsse vom 25.3.1985, a.a.O., vom 7.2.1989 - 8 B 129.88 -, und vom 27.10.1998 - 8 B 137.98 -, jew. juris) mit 12 v.H. anzunehmen sei, oder dass - insoweit in Anlehnung an die damalige obergerichtliche Rechtsprechung - gemäß dem Grundsatz der Typengerechtigkeit bei der weitaus überwiegenden Zahl der angeschlossenen Grundstücke der betreffenden Gemeinde - rund 90 v.H. - infolge einer homogenen Siedlungsstruktur das Verhältnis zwischen abgeleiteter Niederschlagsmenge einerseits und abgeleiteter Schmutzwassermenge andererseits annähernd gleich ist.(OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 22.3.1982 - 2 A 1584/79 -, vom 8.8.1984 - 2 A 2501/78 -, und vom 5.8.1994 - 9 A 1248/92 -; HessVGH , Urteil vom 19.9.1996 - 5 UE 3355/94 -; später ebenso: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 7.10.2004 - 2 S 2806/02 -, jew. juris)
2.2.1. An dem zweitgenannten Zulässigkeitstatbestand einer homogenen Siedlungsstruktur dürfte aus heutiger Sicht angesichts der festzustellenden sehr unterschiedlichen Intensität der Nutzung von Wohnraum, insbesondere von Ein- und Zweifamilienhäusern kaum mehr festzuhalten sein.
Wenngleich diese Problematik letztlich nicht entscheidungserheblich ist, weil in Bezug auf das Stadtgebiet des Beklagten, das sich aus zehn Stadtteilen zusammensetzt, deren Einwohnerzahl ausweislich der auf der Internetseite der Stadt veröffentlichten Einwohnerstatistik (Stand: 31.12.2015) zwischen 910 und 12.902 Einwohnern variiert, nichts für die Annahme einer insgesamt homogenen Siedlungsstruktur spricht und der Beklagte sein Satzungsrecht dementsprechend - wie in der mündlichen Verhandlung auf Frage des Senats bekräftigt - auch nicht mit diesem Gesichtspunkt, sondern ausschließlich mit der Geringfügigkeit des Anteils der Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung an den Gesamtkosten seiner Entwässerungseinrichtung rechtfertigt, soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Obergerichte, die diese Rechtsprechung maßgeblich geprägt haben, inzwischen mit - aus Sicht des Senats - durchaus überzeugender Begründung von ihr abgerückt sind.
So nehmen das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen(OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.12.2007 - 9 A 3648/04 -, juris; zustimmend: OLG Celle, Urteil vom 25.6.2015 - 13 U 62/14 -, juris Rdnr. 34) und der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.3.2010 - 2 S 2938/08 -, juris) an, dass der Frischwasserbezug eines Anschlussnehmers auch in Gemeinden, die durch eine im entwässerungsrechtlichen Sinn verhältnismäßig homogene Siedlungsstruktur geprägt sind, angesichts der heutigen Wohn- und Lebensgewohnheiten keinen verlässlichen Rückschluss mehr auf die Menge des Niederschlagswassers erlaube, das der öffentlichen Abwasseranlage von dem betreffenden Grundstück zugeführt wird. Die Zahl der Bewohner bzw. die Intensität der Nutzung des jeweiligen Grundstücks, die die Menge des dem Grundstück zugeführten Frischwassers beeinflusse, sei unter den modernen Lebensverhältnissen so unterschiedlich, dass es einen vorherrschenden, mindestens 90 v.H. der Fälle erfassenden Regeltyp mit annähernd gleichmäßiger Relation zwischen Frischwasserverbrauch je Grundstück und von diesem abgeleiteter Niederschlagswassermenge nicht gebe. Dies zeige sich insbesondere an der unterschiedlichen Nutzung von Einfamilienhäusern, die zum Teil von Familien mit mehreren Kindern, vielfach aber auch nur noch von den Eltern bzw. einem Elternteil allein bewohnt würden. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof(HessVGH, Urteile vom 2.9.2009 - 5 A 631 und 633/08 -, juris) ist nach sorgfältiger Analyse der Entwässerungsverhältnisse in dem damals verfahrensgegenständlichen Entsorgungsgebiet ebenfalls zu der Überzeugung gelangt, dass für die Städte und Gemeinden in Hessen kaum noch von einem annähernd gleich bleibenden Verhältnis zwischen der überbauten/versiegelten Grundstücksfläche und der Frischwasserbezugsmenge ausgegangen werden könne.
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in einem 2015 ergangenen Beschluss(BVerwG, Beschluss vom 28.7.2015 - 9 B 17.15 -, juris) in Bezug auf die Rechtsprechung - unter anderem des Senats - zur Zulässigkeit des Frischwassermaßstabs bei einem infolge einer homogenen Siedlungsstruktur annähernd gleichen Verhältnis zwischen abgeleiteter Niederschlagsmenge einerseits und abgeleiteter Schmutzwassermenge andererseits durchaus skeptisch geäußert. Es heißt dort, der (zur Rechtfertigung dieser Rechtsprechung herangezogene) Grundsatz der Typengerechtigkeit könne nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen Anwendung finden, die bei der Anwendung des Frischwassermaßstabs auf eine Niederschlagswassergebühr nicht vorlägen, weil zwischen dem Wasserverbrauch und der Menge des in die Kanalisation eingeleiteten Niederschlagswassers kein direkter Zusammenhang bestehe, ferner der Frischwassermaßstab sei „grundsätzlich nur“ - so der Leitsatz - bzw. „im Wesentlichen nur“ unter der aufgezeigten Voraussetzung der Geringfügigkeit der anteiligen Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung zulässig, und schließlich, dass eine weitere Ausnahme allenfalls in Fallgestaltungen gerechtfertigt sein könne, in denen die Umstellung auf einen flächenbezogenen Maßstab ohne unvertretbaren finanziellen Aufwand nicht möglich oder ein besonderer Ausgleich für Benachteiligungen, insbesondere durch eine Gebührendegression für Wassergroßverbraucher, vorgesehen sei.(BVerwG, Beschluss vom 28.7.2015, a.a.O., Rdnr. 7)
Gerade mit Blick auf die in neuerer Zeit bezogen auf die Anzahl der Personen zunehmend festzustellende inhomogene Nutzung von Ein- und Zweifamilienhäusern, die - wie aufgezeigt - die anderen Obergerichte zu einer Änderung ihrer Rechtsprechung veranlasst hat und die die Rechtsprechung des Senats zu den Folgerungen aus dem Äquivalenzprinzip und dem Gleichheitssatz für die Bemessung von Abfallbeseitigungsgebühren(OVG des Saarlandes, Urteil vom 18.5.2011 - 1 A 7/11 -, juris) maßgeblich mitgeprägt hat, erscheint es in der Tat äußerst fraglich, ob eine homogene Siedlungsstruktur die Annahme eines annähernd gleichen Verhältnisses zwischen abgeleiteter Niederschlagsmenge einerseits und abgeleiteter Schmutzwassermenge andererseits noch zu rechtfertigen vermag. Indes kommt es hierauf fallbezogen - wie eingangs dargelegt - nicht entscheidend an.
2.2.2. Der Frischwassermaßstab ist als Bemessungsgrundlage für die im Entsorgungsgebiet des Beklagten satzungsrechtlich vorgegebene einheitliche Abwassergebühr nicht zulässig. Die zur Berechnung der anteiligen Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung zur Anwendung gebrachte Mehrkostenmethode wird den einschlägigen Vorgaben des Landesrechts nicht gerecht und es spricht nichts dafür, dass der Kostenanteil bei Zugrundelegung einer zulässigen Berechnungsmethode geringfügig im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats sein könnte.
2.2.2.1. Zunächst besteht keine Veranlassung, auch die Rechtsprechung zu der Zulässigkeit des Frischwassermaßstabs bei Unterschreiten der Geringfügigkeitsgrenze von 12 v.H. grundsätzlich in Frage zu stellen. Insbesondere hat das Bundesverwaltungsgericht diese Sichtweise erst im Jahr 2015(BVerwG, Beschluss vom 28.7.2015, a.a.O.) ungeachtet einer zunehmenden Skepsis verschiedener Obergerichte(OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.12.2007, a.a.O., Rdnrn. 45 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.3.2010, a.a.O., Rdnrn. 34 f.) ausdrücklich bekräftigt.
Auslöser der obergerichtlichen Skepsis sind kritische Stimmen im Schrifttum, die im Kern damit argumentieren, dass eine Unterschreitung der Geringfügigkeitsgrenze von 12 v.H. bei einer verursachungsgerechten Zuordnung der Kosten der gesamten Entwässerungseinrichtung zu den Teilbereichen Schmutzwasser- bzw. Niederschlagswasserentsorgung ausgeschlossen erscheine.(Hennebrüder, Ist die gesplittete Abwassergebühr notwendig?, KStZ 2003, 5 ff.; Tillmanns, Ist die gesplittete Abwassergebühr notwendig?, KStZ 2003, 26 ff.; Dudey/Jacobi, Zur Erforderlichkeit der Einführung einer getrennten Abwassergebühr nach dem Grundsatz der Typengerechtigkeit, GemHH 2005, 83 ff.; Hennebrüder, Die bundesweite Einführung der gesplitteten Abwassergebühr ist zwingend notwendig, KStZ 2007, 184 ff.)
Dass das Bundesverwaltungsgericht trotz der kritischen Stimmen keine Veranlassung sieht, von seiner Rechtsprechung zu der Geringfügigkeitsgrenze von 12 v.H. Abstand zu nehmen, verwundert nicht. Denn zum einen hängt das Ergebnis der Zuordnung der Gesamtkosten zu den einzelnen Kostenblöcken der Schmutzwasser- bzw. Niederschlagswasserbeseitigung von der zur Anwendung gebrachten Methode ab, wobei die insoweit zu beachtenden Anforderungen an die Zulässigkeit einer Ermittlungsmethode - wie das Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteil vom 26.10.1977, a.a.O., Rdnr. 16, Beschlüsse vom 25.3.1985, a.a.O., Rdnr. 5 und vom 13.5.2008 - 9 B 19.08 -, juris Rdnrn. 4 ff.) immer wieder betont hat - dem jeweiligen Landesrecht zu entnehmen sind, und zum anderen schließt allein der Umstand, dass die von der Fachliteratur angeführten - jeweils an bestimmte örtliche Gegebenheiten anknüpfenden - Untersuchungen, statistischen Erhebungen und Berechnungen die anteiligen Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung mit mindestens 25 v.H. der Gesamtkosten beziffern, nicht aus, dass es insbesondere in ländlichen Gemeinden Entwässerungssysteme geben mag, die dem Anwendungsbereich der 12 % - Grenze unterfallen könnten.(so auch BayVGH, Urteil vom 31.3.2003 - 23 B 02.1937 -, juris Rdnr. 33)
2.2.2.2. Nach saarländischem Landesrecht muss die Prüfung, ob die Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung die Geringfügigkeitsgrenze überschreiten, anhand einer Methode erfolgen, die alle der Beseitigung zumindest auch des Niederschlagswassers dienenden Anlagenteile, mithin unter anderem alle Mischwasserkanäle unabhängig von ihrer Dimensionierung, in die Berechnungen einbezieht.
Die vom Beklagten präferierte Mehrkostenmethode wird den maßgeblichen Anforderungen des Landesrechts nicht gerecht und ist daher keine zulässige Methode für die Zuordnung der Gesamtkosten einer Entwässerungseinrichtung zu den Teilleistungsbereichen Schmutzwasser- bzw. Niederschlagswasserbeseitigung.
Die früher allgemein anerkannte und in ihrem Ansatz sorgfältig begründete(grundlegend: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 7.4.1975, DÖV 1975, 857) Mehrkostenmethode beruht auf der Annahme, die moderne unterirdische Kanalisation sei nicht wegen des Niederschlagswassers, sondern wegen des anfallenden Schmutzwassers notwendig geworden, weswegen dem Einrichtungsträger die Kosten, die für eine funktionierende Schmutzwasserbeseitigung anfallen, ohnehin entstünden und der Niederschlagswasserbeseitigung nur die Kosten zuzuordnen seien, die dem Einrichtungsträger zusätzlich dadurch entstehen, dass auch das auf den bebauten bzw. versiegelten Flächen anfallende Niederschlagswasser von den an die Abwasseranlage angeschlossenen Grundstücksflächen abzuführen ist.
Das Bundesverwaltungsgericht hat bisher - in Bezug auf die Frage, ob die Einführung der gesplitteten Abwassergebühr rechtlich geboten ist - die Ermittlung der Kostenanteile unter Anwendung der Mehrkostenmethode aus dem Blickwinkel des Bundesrechts nicht beanstandet. Bundesrechtlich sei eine Aufteilung der Gesamtkosten der Mischwasserkanalisation in dem Verhältnis einer fiktiven Trennkanalisation durch den Äquivalenzgrundsatz und den Gleichheitssatz nicht vorgegeben.(BVerwG, Urteil vom 26.10.1977, a.a.O., Rdnr. 16, und Beschluss vom 25.3.1985, a.a.O., Rdnr. 5; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 18.4.1975 - VII C 41.73 -, juris) Die Mehrkostenmethode finde ihre Grundlage im irrevisiblen Landesrecht, weswegen sich die Frage ihrer Zulässigkeit allein nach Landesrecht beurteile. Auch § 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBauG führe nicht zur Revisibilität der Problematik, da für die Gebührenerhebung für die Beseitigung von Niederschlagswasser die Gegenüberstellung zweier allein nach Landesrecht zu beurteilender Aufwandsanteile maßgeblich sei, nämlich des Anteils für die Schmutzwasserbeseitigung und des Anteils für die Regenwasserbeseitigung. Es gehe um die aufgrund dieser Aufwandsanteile zu errechnenden Kosten.(BVerwG, Beschluss vom 25.3.1985, a.a.O., Rdnr. 5)
In der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen, die aus Sicht des Senats unter den heutigen tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten uneingeschränkt überzeugt, ist in Bezug auf die Gebührenkalkulation für die Erhebung gesplitteter Abwassergebühren, also in Bezug auf die Ermittlung der in der Gebührensatzung auszuweisenden Gebührensätze, geklärt, dass die Ermittlung der auf die Schmutzwasser- bzw. die Niederschlagswasserbeseitigung entfallenen Kostenanteile unter Zugrundelegung der Mehrkostenmethode nach dortigem Landesrecht, das - soweit entscheidungserheblich - mit den saarländischen Vorschriften inhaltlich übereinstimmt, unzulässig ist und dies zur Nichtigkeit der so ermittelten Gebührensätze für Schmutzwasser und Niederschlagswasser führt.(OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 15.7.1991 - 9 A 1635/89 -, n.v., und vom 24.7.1995 - 9 A 2251/93 -, juris Rdnr. 27, Beschluss vom 2.5.2012 - 9 A 1884/11 -, juris Rdnrn. 6 ff. mit Zitat aus dem Urteil vom 15.7.1991; ebenso: VG Arnsberg, Urteil vom 7.7.2011 - 11 K 1898/10 -, juris Rdnrn. 25 ff.)
In seinem Urteil vom 15.7.1991(zitiert im Beschluss vom 2.5.2012, a.a.O., Rdnr. 8) hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - bezogen auf die Kalkulation gesplitteter Abwassergebühren - ausgeführt, dass für beide Gebührenarten eine getrennte Ermittlung der jeweiligen Gebührensätze erforderlich sei. Dabei dürften den Leistungsbereichen der Schmutzwasserbeseitigung und der Niederschlagswasserbeseitigung grundsätzlich nur jeweils diejenigen Kosten zugeordnet werden, die mit der Erbringung der betreffenden gebührenpflichtigen Leistung verbunden seien. Sofern bestimmte Abwasseranlagen sowohl der Schmutzwasser- als auch der Niederschlagswasserbeseitigung dienten, seien die anfallenden Anlagen- und Betriebskosten nach Grund-sätzen der Kostenverursachung auf beide Bereiche aufzuteilen. Entsprechend der sowohl für das Schmutzwasser als auch für das Niederschlagswasser bestehenden Beseitigungspflicht der Gemeinde sei bei der Kostenverursachung prinzipiell von der Gleichrangigkeit der Berücksichtigung von Schmutz- und Niederschlagswasser auszugehen. Unter Berücksichtigung der jeweils anfallenden Mengen und Belastungen der beiden Abwasserarten sei nach geeigneten Bewertungsgrundsätzen zu gewichten, welcher Anteil der Anlagen- und der Betriebskosten dem einen oder dem anderen Bereich zuzuordnen sei. Hiernach bestehe ein weitreichender Bewertungsspielraum der Gemeinden; insbesondere bedürfe es keiner abwassertechnisch exakten Kostenaufteilung. Es sei aber nicht gerechtfertigt, die Kosten eines Mischwasserkanalisationssystems und von Kläranlagen, denen auch Niederschlagswasser zugeleitet werde, unter Hinweis auf eine vermeintliche Nachrangigkeit der Niederschlagswasserbeseitigung ausschließlich oder in erster Linie der Schmutzwasserbeseitigung zuzuordnen.
Diese Grundsätze aufgreifend hat das Verwaltungsgericht Arnsberg 2011 ebenfalls in Bezug auf die Kalkulation gesplitteter Abwassergebühren bekräftigt, dass eine Aufteilung der Gesamtkosten nach der Mehrkostenmethode mit den Vorgaben des nordrhein-westfälischen Kommunalabgabengesetzes nicht zu vereinbaren sei. Insbesondere werde die Mehrkostenmethode der Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG NRW (= KAG SL) nicht gerecht, die vorsehe, dass das veranschlagte Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der Einrichtung oder Anlage decken, aber nicht übersteigen solle. Differenziere der Satzungsgeber die Abwassergebühren einerseits nach Schmutzwasser- und andererseits nach Niederschlagswassergebühren, bedürfe es für die Ermittlung der Sätze der beiden Gebührenarten jeweils einer gesonderten Gebührenbedarfsberechnung. Entsprechend der sowohl für das Schmutzwasser als auch für das Niederschlagswasser bestehenden Beseitigungspflicht der Gemeinde sei bei der Kostenverursachung prinzipiell von einer Gleichrangigkeit der Beseitigung von Schmutz- und Niederschlagswasser auszugehen. Die Annahme einer nur nachrangigen Bedeutung der Niederschlagswasserbeseitigung sei mit den Regelungen in den § 51 Abs. 1, 53 Abs. 1 Satz 1 LWG NRW nicht vereinbar.(VG Arnsberg, Urteil vom 7.7.2011, a.a.O., Rdnrn. 25 f., 47) Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat in dem nachfolgenden erfolglos gebliebenen Zulassungsverfahren die Notwendigkeit gesonderter Gebührenbedarfsberechnungen für den Bereich Schmutzwasser und den Bereich Niederschlagswasser sowie die Notwendigkeit, die Anlagen- und Betriebskosten solcher Einrichtungsteile, die beiden Bereichen dienen, nach den Grundsätzen der Kostenverursachung auf beide Bereiche aufzuteilen, erneut bestätigt und festgestellt, dass die Mehrkostenmethode diesen Anforderungen nicht gerecht werde.(OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 2.5.2012, a.a.O.) Dies überzeugt.
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat die Frage, ob diese Methode noch den aktuellen Anforderungen entspricht, offen gelassen, da die gemeindlicherseits vorgelegten Berechnungen diese Methode nicht fehlerfrei umgesetzt hätten und davon auszugehen sei, dass die Geringfügigkeitsgrenze bei ordnungsgemäßer Einstellung aller maßgeblichen Mehrkosten überschritten sei. So seien als Aufwand für ein Mischwasserkanalsystem, das die Grundstücksregenentwässerung einbeziehe, auch nach der Mehrkostenmethode Kosten-(Anteile) für Regenklärbecken, Regenentlastungsbauwerke, Mischwassersammler, Pumpanlagen und ähnliches einzustellen. Dieser Mehraufwand führe, zumal auch fiktive Mehrkostenanteile an der Kläranlage unberücksichtigt geblieben seien, zu einer erheblichen Verschiebung, die den prozentualen Anteil der Niederschlagswasserentsorgung erhöhe.(HessVGH, Urteile vom 2.9.2009, a.a.O., Rdnr. 33) Fallbezogen ist insoweit - ohne dass dies letztendlich entscheidungserheblich wäre - aus Sicht des Senats anzumerken, dass die vom Beklagten vorgelegten Berechnungen zur Ermittlung der anteiligen Kosten der Niederschlagswasserentsorgung auch unter Respektierung des dem Satzungsgeber im Rahmen der Kostenzuordnung zuzubilligenden weiten Bewertungsspielraums in Bezug auf die Anwendung der Mehrkostenmethode vergleichbaren Zweifeln unterliegen.
Weitere neuere Rechtsprechung anderer Obergerichte zur Zulässigkeit der Mehrkostenmethode existiert - soweit ersichtlich - nicht.
Für das saarländische Landesrecht ist zunächst festzustellen, dass das Wasser- bzw. Abwasserrecht ebenso wie das entsprechende nordrhein-westfälische Landesrecht dadurch geprägt ist, dass den Gemeinden nach § 50 a SWG i.V.m. der bundesrechtlichen Legaldefinition in § 2 Abs. 1 AbwAG die Pflicht zur Abwasserbeseitigung sowohl hinsichtlich des Schmutz- wie auch des Niederschlagswassers obliegt, wobei sich weder den §§ 49 a ff. SWG noch sonstigen wasser- bzw. abwasserrechtlichen Vorschriften entnehmen lässt, dass der Gesetzgeber der Abführung von Schmutzwasser eine wichtigere Bedeutung als der schadlosen Abführung des Niederschlagswassers beimessen würde.
Angesichts dieser gesetzlich verankerten Gleichrangigkeit ist die unter den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten früherer Jahre bundesweit gängige Argumentation, die schadlose Abführung und Aufbereitung des Schmutzwassers sei sozusagen der unverzichtbare Kerninhalt der Abwasserbeseitigungspflicht und die Beseitigung des Niederschlagswassers verursache in Bezug auf die bereits zum Zwecke der Aufnahme des Schmutzwassers erforderlichen Kanäle lediglich insofern zusätzliche Kosten, als diese wegen der gemeinsamen Nutzung als Mischwasserkanäle teilweise größer als bei einer ausschließlichen Schmutzwasserentsorgung zu dimensionieren sind, in ihrem Ansatz erschüttert. Unter den heutigen städtebaulichen Gegebenheiten überzeugt auch nicht, dass es für die Ableitung allein des Niederschlagswassers keines unterirdischen Leitungsnetzes bedürfte. Dass das in den Innerortslagen auf den bebauten bzw. versiegelten privat und gewerblich genutzten Flächen sowie den öffentlichen Verkehrsflächen anfallende Niederschlagswasser in seiner Gesamtheit oder auch nur überwiegend versickert bzw. oberirdisch, also durch offene Gräben, schadlos abgeführt werden könnte, erscheint mehr als fernliegend. Zudem ist zumindest hinsichtlich des von den öffentlichen Verkehrsflächen abfließenden Niederschlagswassers anerkannt, dass dieses infolge von Verschmutzungen (z.B. Hunde- und Vogelkot, Staubpartikel aus Industrieemissionen, Ölspuren und Reifenabrieb) durchaus in einer Weise verunreinigt ist, die eine Behandlung in einer Kläranlage wünschenswert macht.(Hennebrüder, KStZ 2007, 184, 186) Schließlich kann dahinstehen, ob dem Niederschlagswasser aufgrund seiner verdünnenden Wirkung auch eine kostensenkende Wirkung zuzubilligen ist, denn selbst eine solche könnte schwerlich rechtfertigen, dass die verbleibenden Kosten von denjenigen, die Frischwasser beziehen, im Umfang ihres Verbrauchs zu tragen sind, während das Einleiten von Niederschlagswasser gebührenfrei bleibt.
Dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen ist insbesondere darin zuzustimmen, dass die Annahme eines Vorrangs der Schmutzwasserbeseitigung keine verursachungsgerechte Verteilung der Kosten einer Mischwasserkanalisation auf die Schmutzwasser- bzw. die Niederschlagswasserbeseitigung gewährleisten kann. Abgesehen von nachhaltigen Veränderungen der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten durch eine ständig zunehmende Versiegelung der Flächen in den Ortslagen - u.a. zur Deckung des steigenden Bedarfs an Parkraum sowohl auf privaten als auch auf gewerblich genutzten Grundstücken - und dem mit dieser Entwicklung einhergehenden sowie dem durch Starkregenereignisse bedingten Zuwachs der Bedeutung einer schadlosen Abführung gerade auch des Niederschlagswassers wird die Mehrkostenmethode, was aus Sicht des Senats letztlich ausschlaggebend ist, den Anforderungen des § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG nicht gerecht.
Der Ansatzpunkt der diesbezüglichen Erwägungen findet sich in § 4 Abs. 2 KAG, der Gebühren definiert als Geldleistungen, die als Gegenleistung für die Inanspruchnahme einer besonderen Leistung - Amtshandlung oder sonstige Tätigkeit - der Verwaltung in Selbstverwaltungsangelegenheiten (Verwaltungsgebühren) oder - hier einschlägig - für die Benutzung öffentlicher Einrichtungen (Benutzungsgebühren) erhoben werden. In dieser Definition kommt der Grundgedanke der Gebühr zum Ausdruck. Die Steuern zahlenden Bürger dürfen nur mit weiteren Abgaben belastet werden, wenn dafür eine besondere Rechtfertigung gegeben ist. Diese liegt bei Gebühren darin, dass den Bürgern eine individuell zurechenbare Gegenleistung geboten wird. Dieses Prinzip der speziellen Entgeltlichkeit beinhaltet nicht nur - sozusagen auf einer äußeren Ebene - die Notwendigkeit der Zuordnung der Geldleistung zu einer bestimmten Gegenleistung, sondern besagt zugleich in Bezug auf die Höhe einer durch die Gegenleistung gerechtfertigten Gebühr, dass die Gebührenpflichtigen jedenfalls in der Regel nur mit den Kosten belastet werden dürfen, die durch die Erbringung der in Anspruch genommenen Leistung entstehen. Leistungsfremde Kosten sind in der Gebührenkalkulation auszusondern. Mit diesem Bedeutungsinhalt leitet der Grundsatz Leistungsproportionalität bzw. der speziellen Entgeltlichkeit nicht nur die Maßstabsregelung, sondern bereits die Kostenveranschlagung.(Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, 54. Erg.lief. März 2016, § 6 Rdnrn. 52 ff. m.w.N.)
Eine zentrale Vorgabe, die bei einer gesetzeskonformen Kostenveranschlagung - neben den Vorschriften des § 6 Abs. 2 KAG zur Kostenermittlung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen - zu beachten ist, findet sich in § 6 Abs. 1 Satz 3 Hs. 1 KAG. Hier heißt es, dass das veranschlagte Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der öffentlichen Einrichtung in der Regel decken, jedoch nicht übersteigen soll. Bezogen auf die im Falle der Erhebung von gesonderten Schmutzwasser- und gesonderten Niederschlagswassergebühren notwendige Kostenveranschlagung bedeutet dies, dass in den der Schmutzwasserbeseitigung zuzuordnenden Kostenblock, der die Höhe der insoweit umlagefähigen Aufwendungen fixiert, nur diejenigen Anlagen- und Betriebskosten eingestellt werden sollen, die anteilig durch die Schmutzwasserbeseitigung verursacht werden, sowie dass der Niederschlagswasserbeseitigung wegen des Ziels der auch insoweit anzustrebenden Kostendeckung alle Kosten zugeordnet werden sollen, die anteilig durch die gemeindliche Aufgabe der Niederschlagswasserbeseitigung bedingt sind. Wenngleich dem Satzungsgeber sowohl bei der Veranschlagung der Gesamtkosten als auch bei der Veranschlagung der hiervon jeweils den einzelnen Leistungsbereichen zuzuordnenden Kosten ein weiter Bewertungsspielraum eröffnet ist, ist mit den aufgezeigten Vorgaben der §§ 4 Abs. 2 und 6 Abs. 1 Satz 3 KAG nicht zu vereinbaren, dass nach der Mehrkostenmethode die Kosten der gering dimensionierten Mischwasserkanäle - nach der Praxis des Beklagten bis zur Stärke DN 300 - ausschließlich der Schmutzwasserbeseitigung zugeschlagen werden, obwohl durch diese Kanalrohre auch das in deren Einzugsbereich anfallende Niederschlagswasser von den angeschlossenen Grundstücken abgeführt, mithin eine Leistung erbracht wird, die in nicht unerheblichem Umfang in der Entwässerung der dort befindlichen bebauten und versiegelten Flächen besteht. Eine solche Handhabung im Rahmen der Kostenveranschlagung verletzt das Prinzip der speziellen Entgeltlichkeit sowie in Bezug auf die Gebührenpflicht für die Einleitung von Schmutzwasser das Kostenüberschreitungsverbot und in Bezug auf die Gebührenpflicht für die Einleitung von Niederschlagswasser das Kostendeckungsgebot.
Demzufolge scheidet die Mehrkostenmethode als Kalkulationsmethode zur Ermittlung der Gebührensätze für die Erhebung von Schmutzwasser- bzw. Niederschlagswassergebühren im Rahmen der Erhebung gesplitteter Abwassergebühren eindeutig aus.(Driehaus, a.a.O., § 6 Rdnr. 355 c)
2.2.2.3. Dies schlägt auf die fallbezogen entscheidungsrelevante rechtliche „Vorfrage“, ob der Satzungsgeber, der bislang den Frischwassermaßstab praktiziert, aufgrund der Ausgestaltung seiner Entwässerungseinrichtung verpflichtet ist, gesplittete Abwassergebühren einzuführen, durch.
Denn die Zulässigkeit der Ermittlungsmethode in einem Rechtsstreit um die Rechtmäßigkeit einer - wie hier - nach dem Frischwassermaßstab erhobenen Abwasserbeseitigungsgebühr kann nicht losgelöst von der - nach Maßgabe der §§ 4 Abs. 2, 6 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 KAG zu beurteilenden - Frage beantwortet werden, welche Anforderungen an die Zuordnung der Gesamtkosten zu den Leistungsbereichen Schmutzwasser- bzw. Niederschlagswasserbeseitigung im Rahmen der Gebührenkalkulation zwecks Erhebung gesonderter Schmutz- bzw. Niederschlagswassergebühren zu stellen wären. Eine gegenteilige Sicht ist insbesondere nicht dem Umstand geschuldet, dass die Gerichte den weiten Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers zu respektieren haben. Denn dieser findet seine Grenzen in den Vorgaben des Landesrechts.(BVerwG, Urteil vom 14.4.1967 - VII C 15.65 -, juris Rdnr. 23)
Das Ergebnis der gerichtlichen Überprüfung einer Gebührenkalkulation darf nicht von Zufälligkeiten abhängen.
Entscheidet der Satzungsgeber sich aus freien Stücken für die gesplittete Abwassergebühr, um die Gebührenpflichtigen möglichst verursachungsgerecht an den Gesamtkosten zu beteiligen und Anreize zu einem abwasservermeidenden Verhalten zu bieten, so muss er bei der notwendigen Ermittlung der beiden Kostenblöcke nach den obigen Ausführungen zu dem Regelungsgehalt der §§ 4 Abs. 2 und 6 Abs. 1 Satz 3 Hs. 1 KAG dem Umstand, dass auch gering dimensionierte Mischwasserkanäle sowohl der Schmutzwasser- wie auch der Niederschlagswasserbeseitigung dienen, dadurch Rechnung tragen, dass er einen den Benutzungsumfang angemessen widerspiegelnden Teil der diesbezüglich anfallenden Anlagen- und Betriebskosten der Niederschlagswasserbeseitigung zuordnet, was erfahrungsgemäß zu einem deutlich über 12 v.H. liegenden Anteil der Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung führt.
Wird der Satzungsgeber hingegen gerichtlicherseits wegen vielleicht nur geringfügiger Überschreitung der 12 %-Grenze bei einer auf der Mehrkostenmethode basierenden Ermittlung der Kostenanteile zur Einführung der gesplitteten Abwassergebühr verpflichtet, so kann dies nicht dazu führen, dass er ungeachtet des Grundsatzes der speziellen Entgeltlichkeit, des Kostendeckungsgebots und des Kostenüberschreitungsverbots berechtigt wäre, den Gebührensatz für die Niederschlagswassergebühr ausgehend von dem nach der Mehrkostenmethode ermittelten - geringen - Kostenanteil zu berechnen. Denn eine derartige Ermittlung des auf die Niederschlagswasserbeseitigung entfallenden Kostenanteils hielte den aufgezeigten Vorgaben des Landesrechts nicht stand.
Damit wird den §§ 4 Abs. 2 und 6 Abs. 1 Satz 3 KAG nur ein Gesetzesverständnis gerecht, nach dem bereits die „Vorfrage“, ob eine Gemeinde verpflichtet ist, die gesplittete Abwassergebühr einzuführen, unter Beachtung dieser Regelungen zu beantworten ist.
2.2.2.4. Schließlich besteht auf der Grundlage des sich aus den vorgelegten Berechnungsunterlagen ergebenden Zahlenmaterials kein vernünftiger Zweifel daran, dass der auf die Niederschlagswasserbeseitigung entfallende Anteil der Gesamtkosten der Entwässerungseinrichtung des Beklagten bei einer gesetzeskonformen Veranschlagung der jeweiligen Kosten nicht unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze von 12 v.H. liegen würde.
So wären nämlich beispielsweise bezogen auf das Jahr 2011 - zusätzlich zu den vom Beklagten hinsichtlich der Kanäle ab DN 400 ermittelten Mehrkosten von 21.812.482,84 Euro nicht nur die Mischwasserkanäle DN 300 mit einer Gesamtlänge von 97.624,403 lfdm mit einem vom Satzungsgeber zu veranschlagenden verursachungsgerechten Anteil ihrer fiktiven Herstellungskosten von 80.052.010,46 Euro, dessen Höhe der Senat nicht festlegen kann und darf, in die Ermittlung des auf die Niederschlagswasserentsorgung entfallenden Anteils der Gesamtkosten einzubeziehen, sondern auch die vom Beklagten für die Kanäle ab DN 400 mit einer Gesamtlänge von 109.284,136 lfdm bisher ermittelten Mehrkosten, die allein auf dem Umstand ihrer Höherdimensionierung basieren, wären verursachungsgerecht aufzustocken. Dies würde den beklagtenseits anhand der fiktiven Herstellungskosten ermittelten Anteil von 10,92 % ganz erheblich erhöhen, so dass es gänzlich fernliegend erscheint und jenseits aller unter Anwendung des Modells eines fiktiven Trennsystems gewonnenen Erfahrungen(Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 17. Aufl. 2011, § 86 Rdnr. 11 f. m.w.N.) läge, dass der dann aufgrund des neuen Prozentsatzes zu ermittelnde Anteil der Niederschlagswasserkosten an den auf das Jahr 2011 bezogenen laufenden Kosten der Entwässerungsanlage sich - ungeachtet weiterer Ungereimtheiten der vorgelegten Kalkulation - noch unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze von 12 v.H. bewegen könnte. In die gleiche Richtung weist das für das Jahr 2012 bzw. für die übrigen Jahre (2008 bis 2010 und 2013) vorgelegte Zahlenmaterial. Weiterer Aufklärungsbedarf besteht in diesem Zusammenhang nicht, zumal die Last, zum insoweit maßgeblichen Prozessstoff - namentlich einer unter den konkreten Gegebenheiten im Entsorgungsgebiet sachgerechten Zuordnung der Gesamtkosten zu den beiden Leistungsbereichen - umfassend vorzutragen, den Beklagten trifft, der allein über das notwendige Wissen und das Zahlenmaterial verfügt, und der Beklagte nach Aktenlage, die sich in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, selbst nicht davon ausgeht, dass bezogen auf sein Stadtgebiet eine Anteilsermittlung, die nicht unter Zugrundelegung der Mehrkostenmethode erfolgt, zu dem Ergebnis eines Unterschreitens der Geringfügigkeitsgrenze gelangen könnte.
Nach alldem fehlt dem angefochtenen Abwassergebührenbescheid eine wirksame satzungsrechtliche Grundlage, so dass er auf die Berufung der Klägerin hin unter entsprechender Abänderung des erstinstanzlichen Urteils der Aufhebung unterliegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt, da das Urteil auf der Auslegung und Anwendung nicht revisiblen Landesrechts beruht.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 400,61 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1 GKG).
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.
Gründe
Die Berufung ist zulässig und begründet.
Das angefochtene Urteil unterliegt der Abänderung. Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Abwassergebührenbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin im Sinn des § 113 Abs. 1 VwGO in ihren Rechten, da ihm eine wirksame satzungsrechtliche Grundlage fehlt.
Das der Heranziehung zugrundeliegende Satzungsrecht des Beklagten ist zwar in Bezug auf den Veranlagungszeitraum wirksam in Kraft gesetzt worden (1), entspricht aber inhaltlich nicht den Vorgaben höherrangigen Rechts (2).
1. Die rückwirkende Inkraftsetzung des Satzungsrechts ist unter den konkreten Gegebenheiten formell und materiell unbedenklich.
Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts überzeugen.
Der im Berufungsverfahren aufrechterhaltene Einwand, das der Veranlagung zugrunde gelegte Satzungsrecht sei mangels eines die rückwirkende Inkraftsetzung des Satzungsrechts umfassenden Beschlusses des Stadtrates in Bezug auf den Veranlagungszeitraum 1.11.2011 bis 2.11.2012 nicht wirksam in Kraft gesetzt worden, verfängt nicht.
Ausweislich des Beschlusses des Stadtrates vom 28.2.2013, der aufgrund der besonderen Situation, mit der der Stadtrat infolge der Senatsentscheidung vom 7.2.2013 konfrontiert war, eine große Anzahl bis dahin nicht wirksam bekanntgemachter Satzungen zum Gegenstand hatte, entsprach es dem damaligen Willen des Satzungsgebers, alle von der Entscheidung des Senats betroffenen Satzungen, unter anderem die Abwassergebührensatzung des Beklagten in der Fassung der 23. bzw. 24. Änderungssatzung, rückwirkend zu dem Zeitpunkt in Kraft zu setzen, zu dem sie durch die fehlerhafte Bekanntmachung jeweils hätten in Kraft treten sollen. Dass der Satzungsgeber später durch Beschluss vom 14.10.2014 lediglich in Bezug auf die 24. Änderungssatzung erneut deren rückwirkende Inkraftsetzung zum 1.1.2012 beschlossen hat, war dem Umstand geschuldet, dass allein diese Satzung Gegenstand des Normenkontrollverfahrens war und bestätigt unter den vorliegenden Gegebenheiten - wie das Verwaltungsgericht überzeugend ausgeführt hat -, dass bereits die erste Beschlussfassung vom 28.2.2013 nach dem Willen des Satzungsgebers den satzungslosen Zustand vollumfänglich heilen sollte.
Durch die rückwirkende Inkraftsetzung der 23. und der 24. Änderungssatzung wird das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot nicht verletzt.
In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass im Fall einer nichtigen Vorgängersatzung deren Ersetzung auch für einen bereits abgeschlossenen Veranlagungszeitraum durch eine neue rückwirkend in Kraft tretende Satzung und damit eine Ausnahme vom Verbot der echten Rückwirkung zulässig ist, wenn das Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Rechtslage ausnahmsweise nicht schutzwürdig ist, weil die Betroffenen nach der rechtlichen Situation in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge von der neuen Satzung zurückbezogen wird, mit dieser Regelung rechnen mussten. Dies bedeutet, dass eine rückwirkend in Kraft gesetzte Neuregelung in dem Umfang zulässig ist, in dem sie einen Mangel der Vorgängersatzung behebt.(OVG des Saarlandes, Teilurteil vom 5.9.2007 - 1 A 43/07 -, amtl. Abdr. S. 12 m.w.N.) So liegt der Fall hier. Ohne inhaltliche Änderung des Satzungsrechts, insbesondere der Höhe des Gebührensatzes, wurden die 23. und die 24. Änderungssatzung auf der Grundlage des Stadtratsbeschlusses vom 28.2.2013 rückwirkend für den Veranlagungszeitraum in Kraft gesetzt. Hiermit mussten die Gebührenpflichtigen rechnen. Ein etwaiges Vertrauen, für die Inanspruchnahme der öffentlichen Abwasseranlage während des Veranlagungszeitraums - allein infolge des Bekanntmachungsmangels - keine Abwassergebühren bzw. nur eine auf der Grundlage des letzten wirksam in Kraft gesetzten Gebührenmaßstabs von 2,96 Euro pro Kubikmeter bezogenes Frischwasser errechnete Abwassergebühr entrichten zu müssen, wäre unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt schutzwürdig. Dass der Veranlagungszeitraum im Zeitpunkt der rückwirkenden Inkraftsetzung am 13.3.2013 in Bezug auf November und Dezember 2011 bereits mehr als ein Jahr zurücklag, steht dem nicht entgegen. Der Satzungsgeber hat unmittelbar nach Bekanntwerden der Entscheidung des Senats vom 7.2.2013 das Notwendige veranlasst. Ein Vertrauen, dass sich die Abwassergebührenschuld infolge des festgestellten Bekanntmachungsmangels dauerhaft ermäßigen könnte, konnte daher nicht entstehen.
2. Die der Gebührenerhebung zugrundeliegende Satzungsregelung des § 4 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Abwassergebührensatzung - AGS - ist mangels Vereinbarkeit mit landesrechtlichen Vorgaben nichtig.
Sie sieht eine einheitliche Gebühr für die Entsorgung sowohl des auf den angeschlossenen Grundstücken anfallenden Schmutzwassers als auch des von den Grundstücken in die Abwasseranlage gelangenden Niederschlagswassers vor, deren Höhe sich nach dem Frischwassermaßstab, also nach der Menge des von dem jeweiligen Grundstück bezogenen Frischwassers abzüglich des nachweislich nicht in die öffentliche Abwasseranlage eingeleiteten Wassers, bemisst. Die Voraussetzungen, unter denen die Bemessung einer einheitlichen Abwassergebühr nach dem Frischwassermaßstab zulässig ist, sind fallbezogen nicht erfüllt.
2.1. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 KAG sind Benutzungsgebühren nach Art und Umfang der Benutzung zu bemessen (Wirklichkeitsmaßstab). Nach Satz 2 der Vorschrift kann stattdessen ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab gewählt werden, wenn die Anlegung des Art und Umfang der Benutzung widerspiegelnden Wirklichkeitsmaßstabs schwierig oder wirtschaftlich nicht vertretbar ist und der gewählte Wahrscheinlichkeitsmaßstab nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zu der Benutzung steht. Für die Erhebung von Gebühren für die Abwasserbeseitigung, also die Ableitung sowohl des Schmutzwassers als auch des Niederschlagswassers von den an die öffentliche Abwasseranlage angeschlossenen Grundstücken, steht ein das Ausmaß der Benutzung realitätsgerecht erfassender Wirklichkeitsmaßstab nicht zur Verfügung. Es obliegt dem Ortsgesetzgeber daher, in der Gebührensatzung als Grundlage der Veranlagung der Gebührenpflichtigen einen Wahrscheinlichkeitsmaßstab festzulegen, der den höherrangigen Vorgaben gerecht wird.
Das insoweit zu beachtende - landesrechtlich in § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG verankerte - Äquivalenzprinzip besagt, dass zwischen der Gebühr und der von der Gemeinde erbrachten Leistung kein offensichtliches bzw. gröbliches Missverhältnis bestehen darf. Es fordert in Verbindung mit dem Gleichheitssatz - nur -, dass die Benutzungsgebühr im Allgemeinen nach dem Umfang der Benutzung bemessen wird, so dass bei etwa gleicher Inanspruchnahme der gemeindlichen Einrichtung etwa gleich hohe Gebühren und bei unterschiedlicher Benutzung diesen Unterschieden in etwa angemessene Gebühren zu zahlen sind. Wegen des dem Ortsgesetzgeber eingeräumten weiten Ermessens muss nicht der zweckmäßigste, vernünftigste oder wahrscheinlichste Maßstab zur Anwendung gelangen; die besonderen örtlichen Verhältnisse und die Praktikabilität des Gebührenmaßstabes können berücksichtigt werden.(u.a. BVerwG, Urteil vom 26.10.1977 - VII C 4.76 -, juris Rdnr. 16, und Beschluss vom 25.3.1985 - 8 B 11/84 -, juris Rdnr. 8 m.w.N.; OVG des Saarlandes, Urteil vom 30.9.2015 - 1 A 398/14 -, juris Rdnrn. 30, 42) Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut und der Gesetzesbegründung(LT-Drs. 7/852 vom 21.10.1977 zum Entwurf des Kommunalabgabengesetzes (zitiert im Urteil des Senats vom 3.6.2002)) darf die einzelne Gemeinde sich für jeden in Betracht kommenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab entscheiden, sofern dieser nicht in einem - wie zu betonen ist - offensichtlichen Missverhältnis zu der Benutzung steht.(OVG des Saarlandes, Urteil vom 3.6.2002 - 1 R 20/01 -, juris Rdnrn. 42 ff.)
Die seitens der Klägerin als erforderlich erachtete Erhebung einer gesonderten Niederschlagswassergebühr als Teil der Abwassergebühr ist nach saarländischem Landesrecht zulässig.(OVG des Saarlandes, Beschluss vom 27.7.2007 - 1 A 42/07 -, juris Rdnrn. 8 f. m.w.N.) Die getrennte Erhebung von Schmutz- und Niederschlagswassergebühren ist in besonderem Maße geeignet, den Umfang der Inanspruchnahme der gemeindlichen Abwasseranlage durch die Einleitung von Schmutz- bzw. von Niederschlagswasser im Sinn des § 6 Abs. 3 Satz 2 KAG wirklichkeitsnah widerzuspiegeln(OVG des Saarlandes, Urteil vom 3.6.2002, a.a.O., Rdnr. 41 m.w.N.) und schafft gleichzeitig Anreize zu einem umweltschonenden Verhalten im Sinn des § 6 Abs. 3 Satz 3 KAG und des § 50 a Abs. 4 Satz 3 SWG, der vorgibt, dass die Gemeinden in ihrem Satzungsrecht wirksame Anreize zur Minderung der Abwassermengen schaffen sollen und insbesondere versiegelte Grundstücksflächen, von denen Niederschlagswasser in eine öffentliche Abwasseranlage gelangen kann, bei der Gebührenberechnung mitberücksichtigen können.
Diese Vorzüge schließen indes angesichts des weiten Gestaltungsspielraums des Satzungsgebers die Erhebung einheitlicher Abwassergebühren unter Zugrundelegung des Frischwassermaßstabs nicht von vornherein aus. Der Frischwassermaßstab kann unter bestimmten - durch das landesrechtlich in § 6 Abs. 3 Satz 3 KAG verankerte Äquivalenzprinzip und den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vorgegebenen - Voraussetzungen eine zulässige Maßstabsregelung für die Bemessung einheitlicher Abwasserbeseitigungsgebühren sein.
2.2. Der Senat hat zu dieser Problematik im Jahr 2002(OVG des Saarlandes, Urteil vom 3.6.2002, a.a.O., Rdnrn. 47 ff, 54 ff.) entschieden, dass zu fordern sei, dass entweder die durch Gebühren zu deckenden Kosten der Niederschlagswasserentsorgung im Verhältnis zu den gesamten Entwässerungskosten geringfügig sind, wobei der Grenzwert insoweit im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts(BVerwG, Beschluss vom 12.6.1972 - VII B 117.70 -, Urteil vom 26.10.1977, a.a.O., Beschlüsse vom 25.3.1985, a.a.O., vom 7.2.1989 - 8 B 129.88 -, und vom 27.10.1998 - 8 B 137.98 -, jew. juris) mit 12 v.H. anzunehmen sei, oder dass - insoweit in Anlehnung an die damalige obergerichtliche Rechtsprechung - gemäß dem Grundsatz der Typengerechtigkeit bei der weitaus überwiegenden Zahl der angeschlossenen Grundstücke der betreffenden Gemeinde - rund 90 v.H. - infolge einer homogenen Siedlungsstruktur das Verhältnis zwischen abgeleiteter Niederschlagsmenge einerseits und abgeleiteter Schmutzwassermenge andererseits annähernd gleich ist.(OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 22.3.1982 - 2 A 1584/79 -, vom 8.8.1984 - 2 A 2501/78 -, und vom 5.8.1994 - 9 A 1248/92 -; HessVGH , Urteil vom 19.9.1996 - 5 UE 3355/94 -; später ebenso: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 7.10.2004 - 2 S 2806/02 -, jew. juris)
2.2.1. An dem zweitgenannten Zulässigkeitstatbestand einer homogenen Siedlungsstruktur dürfte aus heutiger Sicht angesichts der festzustellenden sehr unterschiedlichen Intensität der Nutzung von Wohnraum, insbesondere von Ein- und Zweifamilienhäusern kaum mehr festzuhalten sein.
Wenngleich diese Problematik letztlich nicht entscheidungserheblich ist, weil in Bezug auf das Stadtgebiet des Beklagten, das sich aus zehn Stadtteilen zusammensetzt, deren Einwohnerzahl ausweislich der auf der Internetseite der Stadt veröffentlichten Einwohnerstatistik (Stand: 31.12.2015) zwischen 910 und 12.902 Einwohnern variiert, nichts für die Annahme einer insgesamt homogenen Siedlungsstruktur spricht und der Beklagte sein Satzungsrecht dementsprechend - wie in der mündlichen Verhandlung auf Frage des Senats bekräftigt - auch nicht mit diesem Gesichtspunkt, sondern ausschließlich mit der Geringfügigkeit des Anteils der Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung an den Gesamtkosten seiner Entwässerungseinrichtung rechtfertigt, soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Obergerichte, die diese Rechtsprechung maßgeblich geprägt haben, inzwischen mit - aus Sicht des Senats - durchaus überzeugender Begründung von ihr abgerückt sind.
So nehmen das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen(OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.12.2007 - 9 A 3648/04 -, juris; zustimmend: OLG Celle, Urteil vom 25.6.2015 - 13 U 62/14 -, juris Rdnr. 34) und der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.3.2010 - 2 S 2938/08 -, juris) an, dass der Frischwasserbezug eines Anschlussnehmers auch in Gemeinden, die durch eine im entwässerungsrechtlichen Sinn verhältnismäßig homogene Siedlungsstruktur geprägt sind, angesichts der heutigen Wohn- und Lebensgewohnheiten keinen verlässlichen Rückschluss mehr auf die Menge des Niederschlagswassers erlaube, das der öffentlichen Abwasseranlage von dem betreffenden Grundstück zugeführt wird. Die Zahl der Bewohner bzw. die Intensität der Nutzung des jeweiligen Grundstücks, die die Menge des dem Grundstück zugeführten Frischwassers beeinflusse, sei unter den modernen Lebensverhältnissen so unterschiedlich, dass es einen vorherrschenden, mindestens 90 v.H. der Fälle erfassenden Regeltyp mit annähernd gleichmäßiger Relation zwischen Frischwasserverbrauch je Grundstück und von diesem abgeleiteter Niederschlagswassermenge nicht gebe. Dies zeige sich insbesondere an der unterschiedlichen Nutzung von Einfamilienhäusern, die zum Teil von Familien mit mehreren Kindern, vielfach aber auch nur noch von den Eltern bzw. einem Elternteil allein bewohnt würden. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof(HessVGH, Urteile vom 2.9.2009 - 5 A 631 und 633/08 -, juris) ist nach sorgfältiger Analyse der Entwässerungsverhältnisse in dem damals verfahrensgegenständlichen Entsorgungsgebiet ebenfalls zu der Überzeugung gelangt, dass für die Städte und Gemeinden in Hessen kaum noch von einem annähernd gleich bleibenden Verhältnis zwischen der überbauten/versiegelten Grundstücksfläche und der Frischwasserbezugsmenge ausgegangen werden könne.
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in einem 2015 ergangenen Beschluss(BVerwG, Beschluss vom 28.7.2015 - 9 B 17.15 -, juris) in Bezug auf die Rechtsprechung - unter anderem des Senats - zur Zulässigkeit des Frischwassermaßstabs bei einem infolge einer homogenen Siedlungsstruktur annähernd gleichen Verhältnis zwischen abgeleiteter Niederschlagsmenge einerseits und abgeleiteter Schmutzwassermenge andererseits durchaus skeptisch geäußert. Es heißt dort, der (zur Rechtfertigung dieser Rechtsprechung herangezogene) Grundsatz der Typengerechtigkeit könne nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen Anwendung finden, die bei der Anwendung des Frischwassermaßstabs auf eine Niederschlagswassergebühr nicht vorlägen, weil zwischen dem Wasserverbrauch und der Menge des in die Kanalisation eingeleiteten Niederschlagswassers kein direkter Zusammenhang bestehe, ferner der Frischwassermaßstab sei „grundsätzlich nur“ - so der Leitsatz - bzw. „im Wesentlichen nur“ unter der aufgezeigten Voraussetzung der Geringfügigkeit der anteiligen Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung zulässig, und schließlich, dass eine weitere Ausnahme allenfalls in Fallgestaltungen gerechtfertigt sein könne, in denen die Umstellung auf einen flächenbezogenen Maßstab ohne unvertretbaren finanziellen Aufwand nicht möglich oder ein besonderer Ausgleich für Benachteiligungen, insbesondere durch eine Gebührendegression für Wassergroßverbraucher, vorgesehen sei.(BVerwG, Beschluss vom 28.7.2015, a.a.O., Rdnr. 7)
Gerade mit Blick auf die in neuerer Zeit bezogen auf die Anzahl der Personen zunehmend festzustellende inhomogene Nutzung von Ein- und Zweifamilienhäusern, die - wie aufgezeigt - die anderen Obergerichte zu einer Änderung ihrer Rechtsprechung veranlasst hat und die die Rechtsprechung des Senats zu den Folgerungen aus dem Äquivalenzprinzip und dem Gleichheitssatz für die Bemessung von Abfallbeseitigungsgebühren(OVG des Saarlandes, Urteil vom 18.5.2011 - 1 A 7/11 -, juris) maßgeblich mitgeprägt hat, erscheint es in der Tat äußerst fraglich, ob eine homogene Siedlungsstruktur die Annahme eines annähernd gleichen Verhältnisses zwischen abgeleiteter Niederschlagsmenge einerseits und abgeleiteter Schmutzwassermenge andererseits noch zu rechtfertigen vermag. Indes kommt es hierauf fallbezogen - wie eingangs dargelegt - nicht entscheidend an.
2.2.2. Der Frischwassermaßstab ist als Bemessungsgrundlage für die im Entsorgungsgebiet des Beklagten satzungsrechtlich vorgegebene einheitliche Abwassergebühr nicht zulässig. Die zur Berechnung der anteiligen Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung zur Anwendung gebrachte Mehrkostenmethode wird den einschlägigen Vorgaben des Landesrechts nicht gerecht und es spricht nichts dafür, dass der Kostenanteil bei Zugrundelegung einer zulässigen Berechnungsmethode geringfügig im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats sein könnte.
2.2.2.1. Zunächst besteht keine Veranlassung, auch die Rechtsprechung zu der Zulässigkeit des Frischwassermaßstabs bei Unterschreiten der Geringfügigkeitsgrenze von 12 v.H. grundsätzlich in Frage zu stellen. Insbesondere hat das Bundesverwaltungsgericht diese Sichtweise erst im Jahr 2015(BVerwG, Beschluss vom 28.7.2015, a.a.O.) ungeachtet einer zunehmenden Skepsis verschiedener Obergerichte(OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.12.2007, a.a.O., Rdnrn. 45 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.3.2010, a.a.O., Rdnrn. 34 f.) ausdrücklich bekräftigt.
Auslöser der obergerichtlichen Skepsis sind kritische Stimmen im Schrifttum, die im Kern damit argumentieren, dass eine Unterschreitung der Geringfügigkeitsgrenze von 12 v.H. bei einer verursachungsgerechten Zuordnung der Kosten der gesamten Entwässerungseinrichtung zu den Teilbereichen Schmutzwasser- bzw. Niederschlagswasserentsorgung ausgeschlossen erscheine.(Hennebrüder, Ist die gesplittete Abwassergebühr notwendig?, KStZ 2003, 5 ff.; Tillmanns, Ist die gesplittete Abwassergebühr notwendig?, KStZ 2003, 26 ff.; Dudey/Jacobi, Zur Erforderlichkeit der Einführung einer getrennten Abwassergebühr nach dem Grundsatz der Typengerechtigkeit, GemHH 2005, 83 ff.; Hennebrüder, Die bundesweite Einführung der gesplitteten Abwassergebühr ist zwingend notwendig, KStZ 2007, 184 ff.)
Dass das Bundesverwaltungsgericht trotz der kritischen Stimmen keine Veranlassung sieht, von seiner Rechtsprechung zu der Geringfügigkeitsgrenze von 12 v.H. Abstand zu nehmen, verwundert nicht. Denn zum einen hängt das Ergebnis der Zuordnung der Gesamtkosten zu den einzelnen Kostenblöcken der Schmutzwasser- bzw. Niederschlagswasserbeseitigung von der zur Anwendung gebrachten Methode ab, wobei die insoweit zu beachtenden Anforderungen an die Zulässigkeit einer Ermittlungsmethode - wie das Bundesverwaltungsgericht(BVerwG, Urteil vom 26.10.1977, a.a.O., Rdnr. 16, Beschlüsse vom 25.3.1985, a.a.O., Rdnr. 5 und vom 13.5.2008 - 9 B 19.08 -, juris Rdnrn. 4 ff.) immer wieder betont hat - dem jeweiligen Landesrecht zu entnehmen sind, und zum anderen schließt allein der Umstand, dass die von der Fachliteratur angeführten - jeweils an bestimmte örtliche Gegebenheiten anknüpfenden - Untersuchungen, statistischen Erhebungen und Berechnungen die anteiligen Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung mit mindestens 25 v.H. der Gesamtkosten beziffern, nicht aus, dass es insbesondere in ländlichen Gemeinden Entwässerungssysteme geben mag, die dem Anwendungsbereich der 12 % - Grenze unterfallen könnten.(so auch BayVGH, Urteil vom 31.3.2003 - 23 B 02.1937 -, juris Rdnr. 33)
2.2.2.2. Nach saarländischem Landesrecht muss die Prüfung, ob die Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung die Geringfügigkeitsgrenze überschreiten, anhand einer Methode erfolgen, die alle der Beseitigung zumindest auch des Niederschlagswassers dienenden Anlagenteile, mithin unter anderem alle Mischwasserkanäle unabhängig von ihrer Dimensionierung, in die Berechnungen einbezieht.
Die vom Beklagten präferierte Mehrkostenmethode wird den maßgeblichen Anforderungen des Landesrechts nicht gerecht und ist daher keine zulässige Methode für die Zuordnung der Gesamtkosten einer Entwässerungseinrichtung zu den Teilleistungsbereichen Schmutzwasser- bzw. Niederschlagswasserbeseitigung.
Die früher allgemein anerkannte und in ihrem Ansatz sorgfältig begründete(grundlegend: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 7.4.1975, DÖV 1975, 857) Mehrkostenmethode beruht auf der Annahme, die moderne unterirdische Kanalisation sei nicht wegen des Niederschlagswassers, sondern wegen des anfallenden Schmutzwassers notwendig geworden, weswegen dem Einrichtungsträger die Kosten, die für eine funktionierende Schmutzwasserbeseitigung anfallen, ohnehin entstünden und der Niederschlagswasserbeseitigung nur die Kosten zuzuordnen seien, die dem Einrichtungsträger zusätzlich dadurch entstehen, dass auch das auf den bebauten bzw. versiegelten Flächen anfallende Niederschlagswasser von den an die Abwasseranlage angeschlossenen Grundstücksflächen abzuführen ist.
Das Bundesverwaltungsgericht hat bisher - in Bezug auf die Frage, ob die Einführung der gesplitteten Abwassergebühr rechtlich geboten ist - die Ermittlung der Kostenanteile unter Anwendung der Mehrkostenmethode aus dem Blickwinkel des Bundesrechts nicht beanstandet. Bundesrechtlich sei eine Aufteilung der Gesamtkosten der Mischwasserkanalisation in dem Verhältnis einer fiktiven Trennkanalisation durch den Äquivalenzgrundsatz und den Gleichheitssatz nicht vorgegeben.(BVerwG, Urteil vom 26.10.1977, a.a.O., Rdnr. 16, und Beschluss vom 25.3.1985, a.a.O., Rdnr. 5; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 18.4.1975 - VII C 41.73 -, juris) Die Mehrkostenmethode finde ihre Grundlage im irrevisiblen Landesrecht, weswegen sich die Frage ihrer Zulässigkeit allein nach Landesrecht beurteile. Auch § 128 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBauG führe nicht zur Revisibilität der Problematik, da für die Gebührenerhebung für die Beseitigung von Niederschlagswasser die Gegenüberstellung zweier allein nach Landesrecht zu beurteilender Aufwandsanteile maßgeblich sei, nämlich des Anteils für die Schmutzwasserbeseitigung und des Anteils für die Regenwasserbeseitigung. Es gehe um die aufgrund dieser Aufwandsanteile zu errechnenden Kosten.(BVerwG, Beschluss vom 25.3.1985, a.a.O., Rdnr. 5)
In der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen, die aus Sicht des Senats unter den heutigen tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten uneingeschränkt überzeugt, ist in Bezug auf die Gebührenkalkulation für die Erhebung gesplitteter Abwassergebühren, also in Bezug auf die Ermittlung der in der Gebührensatzung auszuweisenden Gebührensätze, geklärt, dass die Ermittlung der auf die Schmutzwasser- bzw. die Niederschlagswasserbeseitigung entfallenen Kostenanteile unter Zugrundelegung der Mehrkostenmethode nach dortigem Landesrecht, das - soweit entscheidungserheblich - mit den saarländischen Vorschriften inhaltlich übereinstimmt, unzulässig ist und dies zur Nichtigkeit der so ermittelten Gebührensätze für Schmutzwasser und Niederschlagswasser führt.(OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 15.7.1991 - 9 A 1635/89 -, n.v., und vom 24.7.1995 - 9 A 2251/93 -, juris Rdnr. 27, Beschluss vom 2.5.2012 - 9 A 1884/11 -, juris Rdnrn. 6 ff. mit Zitat aus dem Urteil vom 15.7.1991; ebenso: VG Arnsberg, Urteil vom 7.7.2011 - 11 K 1898/10 -, juris Rdnrn. 25 ff.)
In seinem Urteil vom 15.7.1991(zitiert im Beschluss vom 2.5.2012, a.a.O., Rdnr. 8) hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen - bezogen auf die Kalkulation gesplitteter Abwassergebühren - ausgeführt, dass für beide Gebührenarten eine getrennte Ermittlung der jeweiligen Gebührensätze erforderlich sei. Dabei dürften den Leistungsbereichen der Schmutzwasserbeseitigung und der Niederschlagswasserbeseitigung grundsätzlich nur jeweils diejenigen Kosten zugeordnet werden, die mit der Erbringung der betreffenden gebührenpflichtigen Leistung verbunden seien. Sofern bestimmte Abwasseranlagen sowohl der Schmutzwasser- als auch der Niederschlagswasserbeseitigung dienten, seien die anfallenden Anlagen- und Betriebskosten nach Grund-sätzen der Kostenverursachung auf beide Bereiche aufzuteilen. Entsprechend der sowohl für das Schmutzwasser als auch für das Niederschlagswasser bestehenden Beseitigungspflicht der Gemeinde sei bei der Kostenverursachung prinzipiell von der Gleichrangigkeit der Berücksichtigung von Schmutz- und Niederschlagswasser auszugehen. Unter Berücksichtigung der jeweils anfallenden Mengen und Belastungen der beiden Abwasserarten sei nach geeigneten Bewertungsgrundsätzen zu gewichten, welcher Anteil der Anlagen- und der Betriebskosten dem einen oder dem anderen Bereich zuzuordnen sei. Hiernach bestehe ein weitreichender Bewertungsspielraum der Gemeinden; insbesondere bedürfe es keiner abwassertechnisch exakten Kostenaufteilung. Es sei aber nicht gerechtfertigt, die Kosten eines Mischwasserkanalisationssystems und von Kläranlagen, denen auch Niederschlagswasser zugeleitet werde, unter Hinweis auf eine vermeintliche Nachrangigkeit der Niederschlagswasserbeseitigung ausschließlich oder in erster Linie der Schmutzwasserbeseitigung zuzuordnen.
Diese Grundsätze aufgreifend hat das Verwaltungsgericht Arnsberg 2011 ebenfalls in Bezug auf die Kalkulation gesplitteter Abwassergebühren bekräftigt, dass eine Aufteilung der Gesamtkosten nach der Mehrkostenmethode mit den Vorgaben des nordrhein-westfälischen Kommunalabgabengesetzes nicht zu vereinbaren sei. Insbesondere werde die Mehrkostenmethode der Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG NRW (= KAG SL) nicht gerecht, die vorsehe, dass das veranschlagte Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der Einrichtung oder Anlage decken, aber nicht übersteigen solle. Differenziere der Satzungsgeber die Abwassergebühren einerseits nach Schmutzwasser- und andererseits nach Niederschlagswassergebühren, bedürfe es für die Ermittlung der Sätze der beiden Gebührenarten jeweils einer gesonderten Gebührenbedarfsberechnung. Entsprechend der sowohl für das Schmutzwasser als auch für das Niederschlagswasser bestehenden Beseitigungspflicht der Gemeinde sei bei der Kostenverursachung prinzipiell von einer Gleichrangigkeit der Beseitigung von Schmutz- und Niederschlagswasser auszugehen. Die Annahme einer nur nachrangigen Bedeutung der Niederschlagswasserbeseitigung sei mit den Regelungen in den § 51 Abs. 1, 53 Abs. 1 Satz 1 LWG NRW nicht vereinbar.(VG Arnsberg, Urteil vom 7.7.2011, a.a.O., Rdnrn. 25 f., 47) Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat in dem nachfolgenden erfolglos gebliebenen Zulassungsverfahren die Notwendigkeit gesonderter Gebührenbedarfsberechnungen für den Bereich Schmutzwasser und den Bereich Niederschlagswasser sowie die Notwendigkeit, die Anlagen- und Betriebskosten solcher Einrichtungsteile, die beiden Bereichen dienen, nach den Grundsätzen der Kostenverursachung auf beide Bereiche aufzuteilen, erneut bestätigt und festgestellt, dass die Mehrkostenmethode diesen Anforderungen nicht gerecht werde.(OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 2.5.2012, a.a.O.) Dies überzeugt.
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat die Frage, ob diese Methode noch den aktuellen Anforderungen entspricht, offen gelassen, da die gemeindlicherseits vorgelegten Berechnungen diese Methode nicht fehlerfrei umgesetzt hätten und davon auszugehen sei, dass die Geringfügigkeitsgrenze bei ordnungsgemäßer Einstellung aller maßgeblichen Mehrkosten überschritten sei. So seien als Aufwand für ein Mischwasserkanalsystem, das die Grundstücksregenentwässerung einbeziehe, auch nach der Mehrkostenmethode Kosten-(Anteile) für Regenklärbecken, Regenentlastungsbauwerke, Mischwassersammler, Pumpanlagen und ähnliches einzustellen. Dieser Mehraufwand führe, zumal auch fiktive Mehrkostenanteile an der Kläranlage unberücksichtigt geblieben seien, zu einer erheblichen Verschiebung, die den prozentualen Anteil der Niederschlagswasserentsorgung erhöhe.(HessVGH, Urteile vom 2.9.2009, a.a.O., Rdnr. 33) Fallbezogen ist insoweit - ohne dass dies letztendlich entscheidungserheblich wäre - aus Sicht des Senats anzumerken, dass die vom Beklagten vorgelegten Berechnungen zur Ermittlung der anteiligen Kosten der Niederschlagswasserentsorgung auch unter Respektierung des dem Satzungsgeber im Rahmen der Kostenzuordnung zuzubilligenden weiten Bewertungsspielraums in Bezug auf die Anwendung der Mehrkostenmethode vergleichbaren Zweifeln unterliegen.
Weitere neuere Rechtsprechung anderer Obergerichte zur Zulässigkeit der Mehrkostenmethode existiert - soweit ersichtlich - nicht.
Für das saarländische Landesrecht ist zunächst festzustellen, dass das Wasser- bzw. Abwasserrecht ebenso wie das entsprechende nordrhein-westfälische Landesrecht dadurch geprägt ist, dass den Gemeinden nach § 50 a SWG i.V.m. der bundesrechtlichen Legaldefinition in § 2 Abs. 1 AbwAG die Pflicht zur Abwasserbeseitigung sowohl hinsichtlich des Schmutz- wie auch des Niederschlagswassers obliegt, wobei sich weder den §§ 49 a ff. SWG noch sonstigen wasser- bzw. abwasserrechtlichen Vorschriften entnehmen lässt, dass der Gesetzgeber der Abführung von Schmutzwasser eine wichtigere Bedeutung als der schadlosen Abführung des Niederschlagswassers beimessen würde.
Angesichts dieser gesetzlich verankerten Gleichrangigkeit ist die unter den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten früherer Jahre bundesweit gängige Argumentation, die schadlose Abführung und Aufbereitung des Schmutzwassers sei sozusagen der unverzichtbare Kerninhalt der Abwasserbeseitigungspflicht und die Beseitigung des Niederschlagswassers verursache in Bezug auf die bereits zum Zwecke der Aufnahme des Schmutzwassers erforderlichen Kanäle lediglich insofern zusätzliche Kosten, als diese wegen der gemeinsamen Nutzung als Mischwasserkanäle teilweise größer als bei einer ausschließlichen Schmutzwasserentsorgung zu dimensionieren sind, in ihrem Ansatz erschüttert. Unter den heutigen städtebaulichen Gegebenheiten überzeugt auch nicht, dass es für die Ableitung allein des Niederschlagswassers keines unterirdischen Leitungsnetzes bedürfte. Dass das in den Innerortslagen auf den bebauten bzw. versiegelten privat und gewerblich genutzten Flächen sowie den öffentlichen Verkehrsflächen anfallende Niederschlagswasser in seiner Gesamtheit oder auch nur überwiegend versickert bzw. oberirdisch, also durch offene Gräben, schadlos abgeführt werden könnte, erscheint mehr als fernliegend. Zudem ist zumindest hinsichtlich des von den öffentlichen Verkehrsflächen abfließenden Niederschlagswassers anerkannt, dass dieses infolge von Verschmutzungen (z.B. Hunde- und Vogelkot, Staubpartikel aus Industrieemissionen, Ölspuren und Reifenabrieb) durchaus in einer Weise verunreinigt ist, die eine Behandlung in einer Kläranlage wünschenswert macht.(Hennebrüder, KStZ 2007, 184, 186) Schließlich kann dahinstehen, ob dem Niederschlagswasser aufgrund seiner verdünnenden Wirkung auch eine kostensenkende Wirkung zuzubilligen ist, denn selbst eine solche könnte schwerlich rechtfertigen, dass die verbleibenden Kosten von denjenigen, die Frischwasser beziehen, im Umfang ihres Verbrauchs zu tragen sind, während das Einleiten von Niederschlagswasser gebührenfrei bleibt.
Dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen ist insbesondere darin zuzustimmen, dass die Annahme eines Vorrangs der Schmutzwasserbeseitigung keine verursachungsgerechte Verteilung der Kosten einer Mischwasserkanalisation auf die Schmutzwasser- bzw. die Niederschlagswasserbeseitigung gewährleisten kann. Abgesehen von nachhaltigen Veränderungen der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten durch eine ständig zunehmende Versiegelung der Flächen in den Ortslagen - u.a. zur Deckung des steigenden Bedarfs an Parkraum sowohl auf privaten als auch auf gewerblich genutzten Grundstücken - und dem mit dieser Entwicklung einhergehenden sowie dem durch Starkregenereignisse bedingten Zuwachs der Bedeutung einer schadlosen Abführung gerade auch des Niederschlagswassers wird die Mehrkostenmethode, was aus Sicht des Senats letztlich ausschlaggebend ist, den Anforderungen des § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG nicht gerecht.
Der Ansatzpunkt der diesbezüglichen Erwägungen findet sich in § 4 Abs. 2 KAG, der Gebühren definiert als Geldleistungen, die als Gegenleistung für die Inanspruchnahme einer besonderen Leistung - Amtshandlung oder sonstige Tätigkeit - der Verwaltung in Selbstverwaltungsangelegenheiten (Verwaltungsgebühren) oder - hier einschlägig - für die Benutzung öffentlicher Einrichtungen (Benutzungsgebühren) erhoben werden. In dieser Definition kommt der Grundgedanke der Gebühr zum Ausdruck. Die Steuern zahlenden Bürger dürfen nur mit weiteren Abgaben belastet werden, wenn dafür eine besondere Rechtfertigung gegeben ist. Diese liegt bei Gebühren darin, dass den Bürgern eine individuell zurechenbare Gegenleistung geboten wird. Dieses Prinzip der speziellen Entgeltlichkeit beinhaltet nicht nur - sozusagen auf einer äußeren Ebene - die Notwendigkeit der Zuordnung der Geldleistung zu einer bestimmten Gegenleistung, sondern besagt zugleich in Bezug auf die Höhe einer durch die Gegenleistung gerechtfertigten Gebühr, dass die Gebührenpflichtigen jedenfalls in der Regel nur mit den Kosten belastet werden dürfen, die durch die Erbringung der in Anspruch genommenen Leistung entstehen. Leistungsfremde Kosten sind in der Gebührenkalkulation auszusondern. Mit diesem Bedeutungsinhalt leitet der Grundsatz Leistungsproportionalität bzw. der speziellen Entgeltlichkeit nicht nur die Maßstabsregelung, sondern bereits die Kostenveranschlagung.(Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, 54. Erg.lief. März 2016, § 6 Rdnrn. 52 ff. m.w.N.)
Eine zentrale Vorgabe, die bei einer gesetzeskonformen Kostenveranschlagung - neben den Vorschriften des § 6 Abs. 2 KAG zur Kostenermittlung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen - zu beachten ist, findet sich in § 6 Abs. 1 Satz 3 Hs. 1 KAG. Hier heißt es, dass das veranschlagte Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der öffentlichen Einrichtung in der Regel decken, jedoch nicht übersteigen soll. Bezogen auf die im Falle der Erhebung von gesonderten Schmutzwasser- und gesonderten Niederschlagswassergebühren notwendige Kostenveranschlagung bedeutet dies, dass in den der Schmutzwasserbeseitigung zuzuordnenden Kostenblock, der die Höhe der insoweit umlagefähigen Aufwendungen fixiert, nur diejenigen Anlagen- und Betriebskosten eingestellt werden sollen, die anteilig durch die Schmutzwasserbeseitigung verursacht werden, sowie dass der Niederschlagswasserbeseitigung wegen des Ziels der auch insoweit anzustrebenden Kostendeckung alle Kosten zugeordnet werden sollen, die anteilig durch die gemeindliche Aufgabe der Niederschlagswasserbeseitigung bedingt sind. Wenngleich dem Satzungsgeber sowohl bei der Veranschlagung der Gesamtkosten als auch bei der Veranschlagung der hiervon jeweils den einzelnen Leistungsbereichen zuzuordnenden Kosten ein weiter Bewertungsspielraum eröffnet ist, ist mit den aufgezeigten Vorgaben der §§ 4 Abs. 2 und 6 Abs. 1 Satz 3 KAG nicht zu vereinbaren, dass nach der Mehrkostenmethode die Kosten der gering dimensionierten Mischwasserkanäle - nach der Praxis des Beklagten bis zur Stärke DN 300 - ausschließlich der Schmutzwasserbeseitigung zugeschlagen werden, obwohl durch diese Kanalrohre auch das in deren Einzugsbereich anfallende Niederschlagswasser von den angeschlossenen Grundstücken abgeführt, mithin eine Leistung erbracht wird, die in nicht unerheblichem Umfang in der Entwässerung der dort befindlichen bebauten und versiegelten Flächen besteht. Eine solche Handhabung im Rahmen der Kostenveranschlagung verletzt das Prinzip der speziellen Entgeltlichkeit sowie in Bezug auf die Gebührenpflicht für die Einleitung von Schmutzwasser das Kostenüberschreitungsverbot und in Bezug auf die Gebührenpflicht für die Einleitung von Niederschlagswasser das Kostendeckungsgebot.
Demzufolge scheidet die Mehrkostenmethode als Kalkulationsmethode zur Ermittlung der Gebührensätze für die Erhebung von Schmutzwasser- bzw. Niederschlagswassergebühren im Rahmen der Erhebung gesplitteter Abwassergebühren eindeutig aus.(Driehaus, a.a.O., § 6 Rdnr. 355 c)
2.2.2.3. Dies schlägt auf die fallbezogen entscheidungsrelevante rechtliche „Vorfrage“, ob der Satzungsgeber, der bislang den Frischwassermaßstab praktiziert, aufgrund der Ausgestaltung seiner Entwässerungseinrichtung verpflichtet ist, gesplittete Abwassergebühren einzuführen, durch.
Denn die Zulässigkeit der Ermittlungsmethode in einem Rechtsstreit um die Rechtmäßigkeit einer - wie hier - nach dem Frischwassermaßstab erhobenen Abwasserbeseitigungsgebühr kann nicht losgelöst von der - nach Maßgabe der §§ 4 Abs. 2, 6 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 KAG zu beurteilenden - Frage beantwortet werden, welche Anforderungen an die Zuordnung der Gesamtkosten zu den Leistungsbereichen Schmutzwasser- bzw. Niederschlagswasserbeseitigung im Rahmen der Gebührenkalkulation zwecks Erhebung gesonderter Schmutz- bzw. Niederschlagswassergebühren zu stellen wären. Eine gegenteilige Sicht ist insbesondere nicht dem Umstand geschuldet, dass die Gerichte den weiten Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers zu respektieren haben. Denn dieser findet seine Grenzen in den Vorgaben des Landesrechts.(BVerwG, Urteil vom 14.4.1967 - VII C 15.65 -, juris Rdnr. 23)
Das Ergebnis der gerichtlichen Überprüfung einer Gebührenkalkulation darf nicht von Zufälligkeiten abhängen.
Entscheidet der Satzungsgeber sich aus freien Stücken für die gesplittete Abwassergebühr, um die Gebührenpflichtigen möglichst verursachungsgerecht an den Gesamtkosten zu beteiligen und Anreize zu einem abwasservermeidenden Verhalten zu bieten, so muss er bei der notwendigen Ermittlung der beiden Kostenblöcke nach den obigen Ausführungen zu dem Regelungsgehalt der §§ 4 Abs. 2 und 6 Abs. 1 Satz 3 Hs. 1 KAG dem Umstand, dass auch gering dimensionierte Mischwasserkanäle sowohl der Schmutzwasser- wie auch der Niederschlagswasserbeseitigung dienen, dadurch Rechnung tragen, dass er einen den Benutzungsumfang angemessen widerspiegelnden Teil der diesbezüglich anfallenden Anlagen- und Betriebskosten der Niederschlagswasserbeseitigung zuordnet, was erfahrungsgemäß zu einem deutlich über 12 v.H. liegenden Anteil der Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung führt.
Wird der Satzungsgeber hingegen gerichtlicherseits wegen vielleicht nur geringfügiger Überschreitung der 12 %-Grenze bei einer auf der Mehrkostenmethode basierenden Ermittlung der Kostenanteile zur Einführung der gesplitteten Abwassergebühr verpflichtet, so kann dies nicht dazu führen, dass er ungeachtet des Grundsatzes der speziellen Entgeltlichkeit, des Kostendeckungsgebots und des Kostenüberschreitungsverbots berechtigt wäre, den Gebührensatz für die Niederschlagswassergebühr ausgehend von dem nach der Mehrkostenmethode ermittelten - geringen - Kostenanteil zu berechnen. Denn eine derartige Ermittlung des auf die Niederschlagswasserbeseitigung entfallenden Kostenanteils hielte den aufgezeigten Vorgaben des Landesrechts nicht stand.
Damit wird den §§ 4 Abs. 2 und 6 Abs. 1 Satz 3 KAG nur ein Gesetzesverständnis gerecht, nach dem bereits die „Vorfrage“, ob eine Gemeinde verpflichtet ist, die gesplittete Abwassergebühr einzuführen, unter Beachtung dieser Regelungen zu beantworten ist.
2.2.2.4. Schließlich besteht auf der Grundlage des sich aus den vorgelegten Berechnungsunterlagen ergebenden Zahlenmaterials kein vernünftiger Zweifel daran, dass der auf die Niederschlagswasserbeseitigung entfallende Anteil der Gesamtkosten der Entwässerungseinrichtung des Beklagten bei einer gesetzeskonformen Veranschlagung der jeweiligen Kosten nicht unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze von 12 v.H. liegen würde.
So wären nämlich beispielsweise bezogen auf das Jahr 2011 - zusätzlich zu den vom Beklagten hinsichtlich der Kanäle ab DN 400 ermittelten Mehrkosten von 21.812.482,84 Euro nicht nur die Mischwasserkanäle DN 300 mit einer Gesamtlänge von 97.624,403 lfdm mit einem vom Satzungsgeber zu veranschlagenden verursachungsgerechten Anteil ihrer fiktiven Herstellungskosten von 80.052.010,46 Euro, dessen Höhe der Senat nicht festlegen kann und darf, in die Ermittlung des auf die Niederschlagswasserentsorgung entfallenden Anteils der Gesamtkosten einzubeziehen, sondern auch die vom Beklagten für die Kanäle ab DN 400 mit einer Gesamtlänge von 109.284,136 lfdm bisher ermittelten Mehrkosten, die allein auf dem Umstand ihrer Höherdimensionierung basieren, wären verursachungsgerecht aufzustocken. Dies würde den beklagtenseits anhand der fiktiven Herstellungskosten ermittelten Anteil von 10,92 % ganz erheblich erhöhen, so dass es gänzlich fernliegend erscheint und jenseits aller unter Anwendung des Modells eines fiktiven Trennsystems gewonnenen Erfahrungen(Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 17. Aufl. 2011, § 86 Rdnr. 11 f. m.w.N.) läge, dass der dann aufgrund des neuen Prozentsatzes zu ermittelnde Anteil der Niederschlagswasserkosten an den auf das Jahr 2011 bezogenen laufenden Kosten der Entwässerungsanlage sich - ungeachtet weiterer Ungereimtheiten der vorgelegten Kalkulation - noch unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze von 12 v.H. bewegen könnte. In die gleiche Richtung weist das für das Jahr 2012 bzw. für die übrigen Jahre (2008 bis 2010 und 2013) vorgelegte Zahlenmaterial. Weiterer Aufklärungsbedarf besteht in diesem Zusammenhang nicht, zumal die Last, zum insoweit maßgeblichen Prozessstoff - namentlich einer unter den konkreten Gegebenheiten im Entsorgungsgebiet sachgerechten Zuordnung der Gesamtkosten zu den beiden Leistungsbereichen - umfassend vorzutragen, den Beklagten trifft, der allein über das notwendige Wissen und das Zahlenmaterial verfügt, und der Beklagte nach Aktenlage, die sich in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, selbst nicht davon ausgeht, dass bezogen auf sein Stadtgebiet eine Anteilsermittlung, die nicht unter Zugrundelegung der Mehrkostenmethode erfolgt, zu dem Ergebnis eines Unterschreitens der Geringfügigkeitsgrenze gelangen könnte.
Nach alldem fehlt dem angefochtenen Abwassergebührenbescheid eine wirksame satzungsrechtliche Grundlage, so dass er auf die Berufung der Klägerin hin unter entsprechender Abänderung des erstinstanzlichen Urteils der Aufhebung unterliegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.
Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt, da das Urteil auf der Auslegung und Anwendung nicht revisiblen Landesrechts beruht.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 400,61 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3, 47 Abs. 1 GKG).
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.