Urteil vom Oberverwaltungsgericht des Saarlandes - 2 A 46/15

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen trägt die Klägerin.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des mit einem Wohnhaus (A-Straße) bebauten Grundstücks Parzelle Nr. 160/2 in Flur 6 der Gemarkung A… und gemeinsam mit vier anderen, unter anderem dem Beigeladenen, Miteigentümerin der südlich vorgelagerten, als Zufahrt genutzten Parzelle Nr. 154/1. Nördlich des Grundstücks der Antragstellerin liegt das Anwesen C-Straße (Parzelle Nr. 164/2) des Beigeladenen. Die genannten Grundstücke werden von dem am 5.3.1999 ortsüblich bekanntgemachten Bebauungsplan „B…“ erfasst. Darin ist die Parzelle Nr. 154/1 nachrichtlich als mit „Geh-, Fahr- und Leitungsrechten belastete Fläche“ dargestellt. Hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung ist ein reines Wohngebiet festgesetzt. Der Bebauungsplan greift die im Bereich eines gleichnamigen früheren mit Blick auf die faktische bauliche Entwicklung zumindest wegen Überschreitung des Rahmens zulässiger planerischer Festsetzungen (§ 9 Abs. 1 BBauG 1960) nichtigen Bebauungsplans für ein Wochenendhausgebiet („Gelände an der B…“) aus dem Jahr 1965(vgl. hierzu OVG des Saarlandes, Urteil vom 22.9.1992 – 2 R 3/91 -, bei juris) entstandene Bebauung mit ganz überwiegend dauerhaft genutzten Wohnhäusern auf. Er dient vordringlich der „Festschreibung des Gebäudebestandes“ in dem Gebiet, der aber auch in beschränktem Umfang weiterentwickelt werden soll.

Der Beigeladene betreibt eine Pferdehaltung beziehungsweise Islandponyzucht auf mehreren westlich und nordwestlich teilweise im Geltungsbereich des Bebauungsplans gelegenen, zum Teil an diesen angrenzenden Grundstücken. Im Jahr 2012 betrug der Bestand etwa 40 Tiere. Diese Betätigung wird aufgrund entsprechender fachlicher Stellungnahmen von den zuständigen Behörden insbesondere mit Blick auf die Vorschriften über die Verfahrensfreistellung von Bauvorhaben als landwirtschaftlicher Betrieb behandelt.(vgl. dazu die Stellungnahme der Landwirtschaftskammer Saarland vom 23.3.2011 – E5- 2-1201-128/11 Schu –, Seiten 98, 99 der Gerichtsakten 2 B 320/13)

Am 4.7.2012 erschien die Klägerin bei dem Beklagten und erklärte, der Beigeladene halte rechtswidrigerweise mehrere Pferde im Wohngebiet, was mit Geräusch- und Geruchsbelästigungen verbunden sei. Am 13.7.2012 wandte sich die Klägerin mit einer „Beschwerde und Antrag auf sofortiges bauaufsichtliches Einschreiten“ an die Oberste Bauaufsichtsbehörde. Darin führte sie aus, auf dem in einem reinen Wohngebiet gelegenen Grundstück des Beigeladenen seien – soweit bekannt im Rahmen der Genehmigungsfreistellung – mehrere Pferdeboxen, mindestens 2 Offenställe, 1 Reithalle, 1 Paddock und 1 „landwirtschaftliche Gerätehalle“ errichtet worden. Dabei seien die Pferdeboxen als Boxen für Kleintierhaltung, die Offenställe als Wohnhauserweiterung deklariert worden. Die Errichtung einer weiteren „landwirtschaftlichen Gerätehalle“ stehe offensichtlich unmittelbar bevor. Die Pferdehaltung sei nicht gemäß nicht § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert. Die Erschließung sei nicht gesichert. Es existiere keine ausreichende Erschließung für Traktoren, Pferdeanhänger und Schaufellader. Die Zufahrt erfolge über Privatgrundstücke im Wohngebiet. Die entwässerungstechnische Erschließung sei auch nicht gesichert. Die Klägerin beantragte, die Pferdehaltung im reinen Wohngebiet mit sofortiger Wirkung zu untersagen und die Beseitigung sämtlicher vorschriftswidrig errichteter Gebäude auf dem Grundstück im reinen Wohngebiet anzuordnen.

Der Beklagte lehnte, nachdem die Oberste Bauaufsichtsbehörde die „Beschwerde“ zuständigkeitshalber an ihn weitergeleitet hatte, mit Bescheid vom 17.9.2012 ein Einschreiten gegen den Beigeladenen ab. Das Vorhabengrundstück liege teilweise im Geltungsbereich des Bebauungsplans „B…“, der für diesen Bereich ein reines Wohngebiet festsetze, und größtenteils im Außenbereich. Auf dem Gestüt „B…“ würden in Ortsrandlage bereits seit über 20 Jahren Islandpferde gehalten und seit mehr als 17 Jahren auch gezüchtet. Im Wege der Genehmigungsfreistellung habe der Beigeladene im Jahre 2005 den Umbau des vorhandenen Wirtschaftsgebäudes auf dem Flurstück 145/1 bei der Gemeinde angezeigt. Dieses Gebäude sei im Bebauungsplan als Bestand dargestellt und habe als Pferdestall gedient. Ein weiteres Gebäude sei im Jahre 2011 im Wege der Verfahrensfreistellung (§ 61 Abs. 2 LBO) errichtet worden. Einen Anspruch auf Einhaltung von Rechtsnormen, die nicht seinem Schutz dienten, habe ein Nachbar nicht. Eventuelle Abwehransprüche der Klägerin seien verwirkt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 1.10.2012 Widerspruch, den sie damit begründete, der Bescheid verhalte sich nicht hinreichend zu ihrem Vorbringen zur Pferdehaltung im reinen Wohngebiet. Diese verletze das materielle Baurecht und das Rücksichtnahmegebot. Dass sie alles über Jahre hingenommen habe, sei unzutreffend. Zudem unterlägen die behördlichen Befugnisse zur Herstellung rechtmäßiger Zustände nicht der Verwirkung. Insoweit bestehe auch kein Bestandsschutz.

Am 1.3.2013 beantragte die Klägerin beim Verwaltungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Einstellung der Bauarbeiten des Beigeladenen zur Erweiterung des bestehenden 768 qm großen landwirtschaftlichen Gebäudes im Außenbereich um 480 qm auf dann 1.248 qm Grundfläche. Dieser Antrag wurde vom Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 17.4.2013 – 5 L 439/13 – zurückgewiesen. Die Beschwerde wurde vom OVG des Saarlandes mit Beschluss vom 10.7.2013 – 2 B 320/13 – zurückgewiesen.

Mit aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9.4.2013 ergangenem Widerspruchsbescheid wies der Rechtsausschuss des Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück. Dieser stehe kein Anspruch auf bauaufsichtsbehördliches Einschreiten gegen den Beigeladenen zu. Soweit sie sich darauf stütze, dass für das Gebäude das Freistellungsverfahren im Jahre 2005 nicht einschlägig gewesen sei, rüge sie eine Verletzung von Vorschriften, die nicht ihrem Schutze zu dienen bestimmt seien. Sie könne sich auch nicht auf den Gebietserhaltungsanspruch stützen. Das Gebiet an der B… sei im Jahre 1965 als Wochenendhausgebiet konzipiert gewesen, habe sich jedoch sodann immer mehr zu einem reinen Wohngebiet entwickelt. Die anfänglich als Wochenendhäuser geplanten und genehmigten Gebäude seien nach und nach durch An- und Umbauten zu vollwertigen und dauergenutzten Wohnhäusern geworden. Diese Entwicklung sei über Jahre von der Gemeinde und der unteren Bauaufsicht toleriert und durch die Erteilung der Genehmigung von Wohnhäusern sogar unterstützt worden. Das OVG des Saarlandes habe mit Urteil vom 22.9.1992 sodann die Nichtigkeit dieses (einfachen) Bebauungsplans festgestellt. Bereits am 21.7.1992 habe der Gemeinderat die Aufstellung eines Bebauungsplans beschlossen. Ausweislich dessen Begründung habe der Erhalt bestehender Nutzungen ausdrücklich über Bestandsschutz gesichert werden sollen. Dementsprechend sei das von der Klägerin als Pferdestall monierte „Wirtschaftsgebäude“ im Bebauungsplan als Bestand dargestellt. Dessen Umbau im Jahre 2005 sei im Wege der Genehmigungsfreistellung erfolgt. Nachdem der Gemeinderat im März 2013 die 1. Änderung des Bebauungsplans und eine Veränderungssperre mit einer Geltungsdauer von zwei Jahren beschlossen habe, sei ein bauaufsichtliches Einschreiten rechtlich unzulässig. Eine Anordnung der Beseitigung der im Geltungsbereich der Veränderungssperre stehenden Gebäude sei nicht mehr möglich. Das gelte auch für die jeweilige Nutzung der Gebäude. Denn die Nutzung sei Bestandteil der Vorhaben im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB. Hinsichtlich der Baulichkeiten außerhalb des mit der Veränderungssperre belegten Bebauungsplangebietes stehe der Klägerin aus dem Gebietsgewährleistungsanspruch kein Drittschutz zu, weil dieser nur im Innenbereich und auch nur für Nutzungen innerhalb desselben Gebietes gelte. Im Außenbereich gebe es Nachbarschutz nur auf der Grundlage des Gebotes der Rücksichtnahme, das im Begriff der „schädlichen Umwelteinwirkungen“ in § 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB verankert sei. Der objektiv-rechtlichen Zulässigkeit genehmigter Vorhaben komme in diesem Rahmen keine Bedeutung zu. Deshalb spiele es keine Rolle, ob die Pferdezucht des Beigeladenen ein privilegiertes Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sei, wovon allerdings auch nach der Einschätzung der Landwirtschaftskammer ausgegangen werde. Dass von dem bestehenden oder dem zur Erweiterung anstehenden landwirtschaftlichen Gebäude und der damit verbundenen Pferdehaltung schädliche Umwelteinwirkungen ausgingen, sei nicht ersichtlich. Auch die behauptete nicht ordnungsgemäße Erschließung begründe für die Klägerin keinen Einschreitensanspruch, weil sie nicht dem Nachbarschutz zu dienen bestimmt sei. Unabhängig davon wären bestehende Einschreitensansprüche der Klägerin verwirkt, weil die streitigen Baulichkeiten teils bereits 1998 im Bebauungsplan als Bestand dargestellt seien bzw. in den Jahren 2003 (Wohnhauserweiterung), 2004 (Doppelgarage und Geräteraum), 2005 (Umbau Wirtschaftsgebäude) und 2011 (Errichtung einer landwirtschaftlich genutzten Lagerhalle und Erweiterung des bestehenden landwirtschaftlichen Gebäudes) errichtet worden seien und die Klägerin vor Juli 2012 keine Einwände erhoben habe. Die Pferdehaltung betreibe der Beigeladene sogar schon seit mehr als 20 Jahren und die Pferdezucht seit mehr als 17 Jahren.

Am 6.6.2013 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Klage gegen den Bescheid vom 17.9.2012 und den ihr am 13.05.2013 zugestellten Widerspruchsbescheid erhoben. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, der Rechtsausschuss habe zu Unrecht ausgeführt, dass sich das in Rede stehende Grundstück größtenteils im Außenbereich befinde. Tatsächlich liege es größtenteils im reinen Wohngebiet. Die im Außenbereich liegenden Parzellen habe der Beigeladene erst vor wenigen Monaten erworben bzw. gepachtet. Der Beigeladene halte auch nicht seit über 20 Jahren Pferde und züchte diese nicht seit mehr als 17 Jahren. Der Bürgermeister der Gemeinde A-Stadt habe ihr im Juli 2012 erklärt, dass er trotz mehrfacher Besuche noch nie Pferde auf dem Grundstück gesehen habe. Auch bei der Ortsbesichtigung durch den Beklagten seien keine Pferde vorhanden gewesen. Soweit der Rechtsausschuss ausgeführt habe, dass alle Gebäude in „unterschiedlichen Verfahren“ genehmigt worden seien, treffe das auch nicht zu. Der Beklagte habe weder die Reithalle noch die Offenställe oder den Pferdestall genehmigt. Auch für den Führungszirkel für Pferde und die Pflasterung existierten keine Genehmigungen. Dass die Errichtung von Reithalle, 2 Offenställen und Pferdeboxen für 20 Pferde in einem reinen Wohngebiet nicht zulässig sei, dürfte ebenso unstreitig sein wie der Umstand, dass die Nutzungsänderung von Baulichkeiten zur Pferdehaltung genehmigungsbedürftig sei und eine solche Genehmigung weder beantragt noch erteilt worden sei. Von der Existenz der Offenställe, Pferdeboxen und der Reithalle sowie der Nutzung der Anlagen zur Pferdehaltung habe sie erst bei einer Akteneinsicht beim Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz im Februar 2013 erfahren, von der Errichtung von 20 Pferdeboxen erst im gerichtlichen Eilverfahren 5 L 439/13. Zuvor sei sie davon ausgegangen, dass der Beigeladene die Pferdehaltung als Hobby betreibe. Nunmehr beabsichtige der Beigeladene vermutlich auf dem Nachbargrundstück einen Reiterhof mit Pensionspferdehaltung zu betreiben. Seit Sommer 2012 sei der Lärm durch ständiges Wiehern und Hufgetrappel sowie durch den Verkehr mit Traktor und Schaufellader unzumutbar. Außerdem kämen regelmäßig Personen zum Reiten, was ebenfalls mit Geräuschbelästigung verbunden sei. Sie habe zu keiner Zeit signalisiert, dass sie mit dem Betrieb eines Reiterhofes oder eines landwirtschaftlichen Betriebes unmittelbar hinter ihrer Grundstücksgrenze einverstanden sei. Sie sei mit der früheren Nutzung des Privatweges einverstanden gewesen, nicht aber mit der Nutzung zur Versorgung von 20 oder 40 Pferden mit Heu, der Mistabfuhr oder zu gewerblichen Zwecken. Bauaufsichtliche Einschreitensbefugnisse unterlägen nicht der Verwirkung.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 17.9.2012 und des Widerspruchsbescheids vom 9.4.2013 zu verpflichten,

1. dem Beigeladenen die Haltung von Pferden auf dem Grundstück „C-Straße, A-Stadt“ im reinen Wohngebiet zu untersagen,

2. dem Beigeladenen das Befahren des Grundstücks „C-Straße, A-Stadt“ im reinen Wohngebiet mit Lkw, Pferdetransportern und landwirtschaftlichen Maschinen zu untersagen,

3. die Beseitigung sämtlicher zur Pferdehaltung und Pferdezucht errichteten baulichen Anlagen wie Reithalle, Offenställe, Pferdebewegungszirkel etc. auf dem Grundstück „C-Straße, A-Stadt“ im reinen Wohngebiet anzuordnen;

hilfsweise,

den Beklagten zu verpflichten, dem Beigeladenen die Nutzung der auf dem Grundstück „C-Straße, A-Stadt“ im reinen Wohngebiet errichteten baulichen Anlagen zur Pferdehaltung und Pferdezucht zu untersagen;

weiter hilfsweise,

den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Der Beklagte und der Beigeladene haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14.1.2015 ergangenem Urteil - 5 K 809/13 – hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist in dem Urteil unter anderem ausgeführt, da die Klägerin ihren Anträgen folgend ausschließlich gegen Baulichkeiten und Nutzungen innerhalb des im Bebauungsplan festgesetzten reinen Wohngebietes vorgehe, seien die außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans im Außenbereich aufstehenden Gebäude und deren Nutzung, insbesondere die Reithalle, nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Keinen Erfolg könne der Antrag der Klägerin haben, dem Beigeladenen das Befahren des Grundstücks im reinen Wohngebiet mit Lkw, Pferdetransportern und landwirtschaftlichen Maschinen zu untersagen. Das (bloße) Befahren eines Grundstücks mit Lkw, Pferdetransportern und landwirtschaftlichen Maschinen stelle sich nicht als eine Nutzung des Grundstücks im Verständnis der §§ 57 Abs. 2, 82 LBO dar. Soweit der Rechtsausschuss seine Entscheidung im Widerspruchsbescheid tragend darauf gestützt habe, dass die Klägerin schon wegen der vom Gemeinderat am 19.3.2013 beschlossenen und für die Dauer von zwei Jahren ab Bekanntmachung am 28.3.2013 bestehenden Veränderungssperre keinen Anspruch auf Beseitigung baulicher Anlagen oder Untersagung der Nutzung habe, treffe das nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur auf rechtmäßige Bauwerke und Nutzungen zu. Dass die Großtierhaltung und damit die Pferdehaltung und -zucht des Beigeladenen nach § 3 BauNVO in einem reinen Wohngebiet nicht zulässig sei, bedürfe keiner vertieften Ausführungen. Ob der nicht förmlich genehmigte Baubestand bzw. die Nutzung der Gebäude wegen des Vorhandenseins vor dem Inkrafttreten des Bebauungsplans im Jahre 1999 und deren Vereinbarkeit mit dem materiellen Baurecht zu dieser Zeit Bestandschutz genieße und ob die Klägerin ihre Abwehrrechte gegen den Baubestand und dessen Nutzung im Sinne der Rechtsprechung verwirkt habe, bedürfe keiner Entscheidung. Denn aufgrund des Beschlusses des Gemeinderates am 16.12.2014, den Entwurf der 2. Teiländerung des Bebauungsplans im vereinfachten Verfahren öffentlich auszulegen, könne die Klägerin vom Beklagten eine Beseitigung bzw. Nutzungsuntersagung gegenüber dem Beigeladenen aufgrund des Regelungsgehalts von § 33 Abs. 3 BauGB nicht (mehr) verlangen. Danach könne ein Vorhaben nach § 13 oder § 13a BauGB auch schon vor Durchführung der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung zugelassen werden, wenn die in Absatz 1 Nr. 2 bis 4 bezeichneten Voraussetzungen erfüllt seien. Diese Voraussetzungen seien vorliegend gegeben. Die Änderung des Bebauungsplans erfolge nach § 13a BauGB, die von der Klägerin beanstandeten Bauwerke und Nutzungen würden den künftigen Festsetzungen entsprechen und mehr oder weniger ausschließlich für und auf Betreiben des Beigeladenen erfolgen. An der gesicherten Erschließung, die identisch sei mit der des § 30 Abs. 1 und des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, habe sich gegenüber der bestehenden Planung nichts geändert. Lägen danach die materiellen Voraussetzungen des § 33 Abs. 3 BauGB vor, so habe die Klägerin keinen Anspruch (mehr) auf das von ihr begehrte Einschreiten des Beklagten gegen den Beigeladenen. Zwar habe der Beklagte dem Beigeladenen keine Genehmigung nach § 33 Abs. 3 BauGB erteilt, was auch nicht ohne weiteres möglich erscheine, weil sich das Vorhaben aktuell in einem Bebauungsplangebiet befinde und § 63 LBO eine Baugenehmigung dort nicht zulasse. Wenn allerdings die materiellen Voraussetzungen des § 33 Abs. 3 BauGB für die Zulässigkeit eines Vorhabens während der Planaufstellung vorlägen und die zuständige Bauaufsichtsbehörde im Einverständnis mit der den Plan aufstellenden Gemeinde ein Einschreiten ausdrücklich ablehne, stehe der Grundstücksnachbarin nach Sinn und Zweck des § 33 Abs. 3 BauGB kein Anspruch auf ein Einschreiten gegen die nach dem künftigen Plan dann zulässigen Bauten und Nutzungen (mehr) zu.

Die Klägerin legte am 9.3.2015 gegen das ihr am 10.2.2015 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts Berufung ein, die vom Verwaltungsgericht zugelassen worden war. Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Klägerin vor, das Urteil des Verwaltungsgerichts verletze ihren gesetzlichen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein bauaufsichtliches Einschreiten des Beklagten sowie auf die Art und Weise des Einschreitens. Ein solcher Anspruch stehe ihr zu, da die Anlagen und die Nutzung zur Pferdehaltung und -zucht auf dem Nachbargrundstück im reinen Wohngebiet öffentlich-rechtlichen Vorschriften widersprechen würden, die ihre Rechte schützten. Dem Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten stehe der nicht beschlossene Bebauungsplan „Zweite Teiländerung B…“ nicht entgegen. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 14.1.2015 sei der Planentwurf noch nicht veröffentlicht gewesen. Erst am Ende der mündlichen Verhandlung habe der Beklagte auf Nachfrage des Gerichts den in Rede stehenden Plan zur Akte gereicht. Eine Stellungnahme hierzu sei ihr aufgrund der fehlenden Kenntnis des Inhalts nicht möglich gewesen. Dass der Planentwurf Grundlage der Entscheidung werde, sei weder im Vorverfahren noch während des Gerichtsverfahrens erkennbar gewesen. Hätte der Beklagte in der mündlichen Verhandlung auf die Begründung des Planentwurfs verwiesen, so wäre dies als ein unzulässiges Nachschieben von Ermessenserwägungen zu werten. Soweit das Verwaltungsgericht von einer künftigen „Zulässigkeit“ der Bauten und Nutzungen ausgehe, sei darauf hinzuweisen, dass selbst in dem von der Gemeinde aufgestellten Bebauungsplan nicht von einer Zulässigkeit derselben ausgegangen werde. Eine sachgerechte Ermessensausübung des Beklagten über ein Einschreiten sei bislang - selbst unter Berücksichtigung des Planentwurfs - nicht erfolgt. Auch brauche der Beklagte grundsätzlich nicht das Einvernehmen der Gemeinde, um seiner Verpflichtung nachkommen zu können. Entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts sei der Beklagte durch den Planentwurf keineswegs gehindert, eine sachgerechte Ermessensentscheidung zu treffen und gegen die unzulässige Bebauung und Nutzung auf dem in Rede stehenden Grundstück vorzugehen. Entscheidend für die Beurteilung der Zulässigkeit der Bauten und der Nutzung derselben könne nur der aktuelle Stand der niedergelegten Ziele der Raumordnung sein, nicht (behauptete) Absichtsbekundungen, auch nicht ein Aufstellungsbeschluss, wie er vorliege und nach inzidenter Prüfung rechtsfehlerhaft sei. Das Verwaltungsgericht habe eine Inzidentkontrolle des Entwurfs rechtsfehlerhaft unterlassen. Entscheidend für den Beklagten sei im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung jedenfalls der noch gültige Bebauungsplan aus dem Jahre 1999 gewesen, mit welchem das Grundstück als reines Wohngebiet festgesetzt worden sei. Auch soweit das Verwaltungsgericht festgestellt habe, dass sie vom Beklagten keine Beseitigung bzw. Nutzungsuntersagung gegenüber dem Beigeladenen aufgrund des Regelungsgehalts des § 33 Abs. 3 BauGB mehr verlangen könne, sei das Urteil rechtsfehlerhaft ergangen. Im vorliegenden Fall lägen bereits die Voraussetzungen des § 13 a BauBG nicht vor. Wenn die Zulässigkeit von Vorhaben begründet werde, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterlägen, seien die Voraussetzungen für die Anwendung von § 13a BauGB nicht erfüllt. Das in Rede stehende Grundstück habe nach Angaben im Planentwurf eine Größe von 0,6 ha. Gemäß Anlage 1 des Saarländischen UVPG 4.2.2 sei bei forst- und landwirtschaftlichen Vorhaben von 0,5 - 5 ha eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls durchzuführen. Auch hinsichtlich der geforderten Erschließung im Sinne des § 33 Abs. 1 Nr. 4 BauGB sei das Vorhaben unzulässig, da eine ordnungsgemäße Erschließung nicht gesichert sei. Die Erschließung für einen landwirtschaftlichen Betrieb setze voraus, dass dieser über eine öffentliche Straße erreichbar sei. Bei dem in Rede stehenden Grundstück handele es sich jedoch um ein sogenanntes „Hinterliegergrundstück“, welches nicht mit Fahrzeugen über eine öffentliche Straße erreicht werden könne. Das Grundstück könne lediglich über mehrere Privatgrundstücke angefahren werden. In der Begründung des Planentwurfs sei dementsprechend die Fläche 154/1 als Zuwegung vorgesehen. Dieses Grundstück sei Privateigentum und stehe in ihrem Miteigentum. Sie sei mit einer diesbezüglichen Nutzung mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen wie Traktor, Pferdeanhänger usw. nicht einverstanden. Der unbefestigte Weg habe eine Breite von 3 m, diene ihr als Zuwegung zu ihrem Grundstück und grenze direkt an dasselbe an. Für eine landwirtschaftliche Nutzung sei dieser Weg im reinen Wohngebiet gänzlich ungeeignet. Durch die Nutzung von Traktoren, Pferdeanhängern usw. seien bereits erhebliche Schäden an dem Weg entstanden. Eine andere befahrbare Zuwegung sei nicht vorhanden. Sämtliche Pferde, auch diejenigen, die sich im Außenbereich befänden, könnten nur über diesen Privatweg versorgt werden. Eine ausreichende Erschließung der Wasserversorgung und der Abwasserversorgung sei ebenfalls nicht vorhanden. Eine ordnungsgemäße Erschließung im Sinne des § 33 BauGB könne daher nicht angenommen werden. Deshalb könne eine bestehende Nutzung oder ein künftiges Vorhaben nicht gemäß § 33, 13, 13a BauGB als zugelassen betrachtet werden. Ihr könne nicht die Verpflichtung auferlegt werden, die Benutzung des in ihrem Miteigentum stehenden Grundstücks im reinen Wohngebiet als Zuwegung für einen landwirtschaftlichen Betrieb mit landwirtschaftlichem Verkehr zur dauerhaften Versorgung von ca. 50 Pferden hinzunehmen. Eine Grunddienstbarkeit sei nicht im Grundbuch eingetragen. Des Weiteren beruft sich die Klägerin auf das Gebot der Rücksichtnahme. Nur wenige Meter von der Grundstücksgrenze entfernt befänden sich der Stall und die Führungsanlage. Das Wiehern der Pferde sei Tag und Nacht, selbst bei geschlossenen Fenstern im Wohnhaus, zu hören. Auch das Hufgetrappel auf betoniertem Boden werde tagsüber als sehr belastend empfunden. Hinzu komme der laute Verkehr durch Traktoren und landwirtschaftliche Maschinen, deren Einsatz für die Versorgung der ca. 50 Pferde erforderlich sei. Auch der Verkehr durch Zu- und Abfahrt von Reitern und die hiermit einhergehende Lärmbelästigung seien in einem reinen Wohngebiet unzumutbar. Unzumutbar sei des Weiteren die von den Pferden ausgehende Geruchsbelästigung. Die mit der Großtierhaltung verbundenen Emissionen hätten die Nachbarn eines Wohngebietes nicht hinzunehmen. Darüber hinaus beruft sich die Klägerin auf den Gebietsgewährleistungsanspruch. Die Pferdehaltung und -zucht füge sich unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in die nähere Umgebung, die ausschließlich zur Wohnnutzung ausgewiesen sei, ein. Dem bauaufsichtlichen Einschreiten stehe auch die Verlängerung der Veränderungssperre nicht entgegen. Dies ergebe sich bereits aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts. Des Weiteren könne sich der Beklagte nicht auf eine eingetretene Verwirkung berufen. Auf dem Nachbargrundstück habe es in der Vergangenheit keine Pferdezucht gegeben. Ihr, der Klägerin, sei bekannt gewesen, dass der Eigentümer des Nachbargrundstücks „hobbymäßig“ Pferde auf Grundstücken in S… und R… halte. Auf dem in Rede stehenden Grundstück seien sporadisch nur 2 bis 3 Pferde zu sehen gewesen. Nach dem Zukauf großer Flächen im Außenbereich von ca. 9 ha (Grundbucheintrag 11.7.2012) sei eine enorme Lärm- und Geruchsbelästigung festzustellen gewesen. Es sei zu erheblichem Verkehr mit landwirtschaftlichen Maschinen gekommen und seither sei auch ein Zu- und Abgangsverkehr von Reitern festzustellen. Die Pferde würden von den Käufern oder Reitern über das im Miteigentum stehende Flurstück 154/1 und das Nachbargrundstück in den Außenbereich gebracht bzw. geholt. Sie würden dann vom Außenbereich zur Führungsanlage gebracht, von den Reitern aus den Ställen geholt usw. Eine Versorgung der Pferde im Außenbereich erfolge allein über das Grundstück im reinen Wohngebiet, welches unmittelbar an ihr Grundstück angrenze. Nach dem Treiben und dem Lärm zu urteilen werde dort seit 2012 ein Reiterhof betrieben, was ein ruhiges Wohnen unmöglich mache. Mehrere Personen hätten ihre Pferde in den Stallungen des Beigeladenen eingestellt. Dieser habe nicht aufgrund ihres Verhaltens darauf vertrauen dürfen, dass sie ihr Recht nicht mehr geltend machen würde. Es könne nicht angenommen werden, dass der Beigeladene davon ausgegangen sei, dass sie mit der Errichtung eines landwirtschaftlichen Betriebes in Form einer Pferdezucht und der ganz gravierenden Ausweitung der Pferdehaltung auf dem Nachbargrundstück einverstanden sei. In sämtlichen im sogenannten Genehmigungsfreistellungsverfahren vorgelegten Bauvorlagen finde sich nicht ein einziger Hinweis auf eine Pferdehaltung oder einen Stall. Die Bauten seien als Doppelgarage mit Geräteraum auf den Flurstücken Nr. 145/1, 150/5, 164/2, 164/3, als „Umbau Wirtschaftsgebäude“ und als Kleintierboxen sowie im Außenbereich als „vorübergehender Weideunterstand“ deklariert worden. Die Errichtung einer Reithalle sowie eines Führungszirkels seien nicht einmal angezeigt worden. Diese Vorgehensweise lasse nur den Schluss zu, dass der Beigeladene sich im Klaren gewesen sei, dass er zwingend diverse Baugenehmigungen hätte einholen müssen und diese - selbst bei größtmöglichem Wohlwollen - von dem Beklagten nicht erhalten hätte. Ein widersprüchliches und unredliches Verhalten und damit ein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben könne ihr nicht angelastet werden. Es sei unrichtig, wenn der Beklagte den Führungszirkel und den Pferdestall als einen „legal genutzten Bestand“ bezeichne. Es sei zu keinem Zeitpunkt eine Genehmigung für eine bauliche Anlage beantragt oder erteilt worden. Deshalb könne ein Bestandsschutz nicht angenommen werden.

Die Klägerin beantragt,

1. unter Abänderung des aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14.1.2015 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 5 K 809/13 – und Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 17.9.2012 sowie des auf die mündliche Verhandlung vom 9.4.2013 ergangenen Widerspruchsbescheids den Beklagten zu verpflichten,

dem Beigeladenen die Nutzung der auf den zu dem Anwesen „C-Straße“ gehörenden Parzellen, soweit sie vom Geltungsbereich des Bebauungsplans „B…“ der Gemeinde A-Stadt aus dem Jahre 1999 umfasst werden, zur Haltung und Zucht von Pferden unter Benutzung der dort vorhandenen Gebäude und Anlagen zu untersagen,

2. sowie ein Befahren dieser Grundstücke mit Lkw, Pferdetransportern und landwirtschaftlichen Maschinen zu untersagen,

diese Verfügung für sofort vollziehbar zu erklären sowie erforderlichenfalls im Wege des Verwaltungszwangs durchzusetzen, sowie

3. die Beseitigung sämtlicher zur Pferdehaltung und Pferdezucht errichteten baulichen Anlagen auf dem oben genannten Grundstück „C-Straße“ im Bereich des ausgewiesenen reinen Wohngebiets anzuordnen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte macht geltend, ein Anspruch auf Erlass der begehrten bauordnungsrechtlichen Verfügungen aus § 57 Abs. 2 i.V.m. § 82 Abs. 1 und Abs. 2 LBO stehe der Klägerin nicht zu. § 33 BauGB vermittle keinen eigenständigen Drittschutz, sondern nur in Verbindung mit den Festsetzungen des zukünftigen Bebauungsplanes. Nachbarn könnten sich also auf drittschützende Bestimmungen des künftigen Plans berufen oder die fehlende materielle Planreife geltend machen. Zur Frage der ordnungsgemäßen Erschließung nimmt der Beklagte auf das Vorbringen in den einstweiligen Rechtsschutzverfahren vor dem Verwaltungsgericht - 5 L 439/13 - und dem Oberverwaltungsgericht - 2 B 320/13 - Bezug. Ergänzend weist der Beklagte darauf hin, dass der Vortrag einer nicht ordnungsgemäßen Erschließung die Klägerin in gleichem Maße treffen müsste, da ihre Zuwegung ebenfalls über fremde Grundstücke erfolge und eine grundbuchrechtliche Sicherung gleichfalls nicht erfolgt sei. Ein Nachbar könnte sich im öffentlichen Baurecht nicht auf die Einhaltung von Vorschriften berufen, an die er sich selbst nicht gehalten habe. Eine Gebietsverfremdung sei vorliegend deshalb nicht gegeben, weil durch die zweite Teiländerung des bestehenden Bebauungsplans lediglich eine Fortschreibung des bestehenden Planungswillens der Gemeinde betrieben werde. So sei in der Begründung zur zweiten Teiländerung des Bebauungsplans ausdrücklich festgestellt, dass „bisher bestehendes Planungsrecht (…) nicht eingeschränkt (wird)“. Die Art der baulichen Nutzung werde beibehalten, die landwirtschaftlichen Anlagen und Einrichtungen würden innerhalb des reinen Wohngebietes als „Fremdkörper“ festgesetzt. Weder der Gebietserhaltungsanspruch noch der Gebietsprägungserhaltungsanspruch stünden dem streitgegenständlichen Vorhaben entgegen. Der Pferdestall sowie der Pferdebewegungszirkel und das Unterstellgebäude für landwirtschaftliche Maschinen lägen im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „B…“ der Gemeinde A-Stadt. Der Begründung zum Bebauungsplanentwurf aus dem Jahr 1998 sei unter Ziffer 1 zu entnehmen, dass sich die isolierte Lage des Plangebietes aufgrund der ursprünglich vorgesehenen Planung eines Wochenendhausgebietes erkläre. Im Osten bilde eine Waldzunge die Kulisse, im Norden gehe das Gebiet in eine weiträumige offene Landschaft über, die durch landwirtschaftliche Nutzung geprägt sei. Bedingt durch den überproportional hohen Anteil nichtbaulich genutzter Grundstücksflächen, die überwiegend extensiv genutzt würden, werde ein insgesamt inhomogener Eindruck vermittelt. Dieser Umstand habe letztlich dazu beigetragen, dass das Gebiet „B…“ in dem ansonsten durch land- und forstwirtschaftliche Nutzung charakterisierten Umland keinen wesentlichen Störfaktor darstelle. Unter Ziffer 4 der Begründung heiße es weiter, dass das Gebiet sich in der Vergangenheit immer mehr zu einem reinen Wohngebiet entwickelt habe. Ziel und Zweck des Bebauungsplans seien unter Ziffer 6 der Begründung aufgeführt. Demnach hätten unter Beachtung der Bestandssituation auf der Grundlage eines qualifizierten Bebauungsplanes gemäß § 30 Abs. 1 BauGB als Ziele die planungsrechtliche Festschreibung des Gebäudebestandes beiderseits der vorhandenen Erschließungsstraßen und in beschränktem Umfang eine geregelte Weiterentwicklung der Wohnnutzung in diesem Bereich, insbesondere für die vorhandenen Baulücken, realisiert werden sollen. Der Erhalt bestehender Nutzungen sei über Bestandsschutz gesichert (vgl. Ziffer 7.1 „Art der baulichen Nutzung“). Im Rahmen des vorliegenden Verfahrens sei von der Verbindlichkeit dieser Planung auszugehen, da Anhaltspunkte für die Ungültigkeit des Bebauungsplans weder vorgetragen noch sonst ersichtlich seien. Für die Beurteilung der baurechtlichen Zulässigkeit einer Anlage seien Baubestand und Nutzung prinzipiell als Einheit zu betrachten. Insoweit seien sowohl der streitgegenständliche Pferdestall als auch die Pferdehaltung bestandsgeschützt. Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme, das im qualifiziert geplanten Bereich (§ 30 Abs. 1 BauGB) grundsätzlich in § 15 BauNVO angesiedelt sei, liege nicht vor. Für den Anwendungsbereich des § 15 BauNVO sei davon auszugehen, dass in aller Regel dann dem Rücksichtnahmegebot keine besondere Bedeutung mehr zukomme, wenn das zu beurteilende Vorhaben die planerischen Festsetzungen einhalte. Der begünstigte Dritte müsse es hinnehmen, dass Beeinträchtigungen, die von einem legal genutzten vorhandenen Bestand ausgingen, bei der Interessenabwägung als Vorbelastung berücksichtigt würden, die seine Schutzwürdigkeit mindern könnten. Selbst wenn die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung vorliegend fehlerhaft unterblieben wäre, könnte die Klägerin hieraus keine Verletzung subjektiver Rechte für sich herleiten. Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung begründe keine drittschützenden Rechte.

Der Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beigeladene trägt vor, der Klägerin stehe schon deshalb kein Anspruch auf Einschreiten zu, weil die baulichen Anlagen, um die es gehe, nicht im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet seien bzw. genutzt würden. Die formellen Voraussetzungen des § 33 Abs. 3 BauGB lägen vor. Sofern zwischenzeitlich auch die öffentliche Auslegung des Entwurfs der zweiten Teiländerung des Bebauungsplans „B…“ durchgeführt worden sei, liege formelle Planreife im Sinne des § 33 Abs. 1 Nr. 1 BauGB vor. Die Voraussetzungen, die an eine materielle Planreife (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB) gestellt würden, seien nicht drittschützend. Unabhängig davon stehe der Klägerin kein Anspruch auf Einschreiten zu. Insofern käme es darauf an, ob das fragliche Vorhaben auf der Grundlage seines „Vorgänger-Bebauungsplans“ bzw. gemäß §§ 34, 35 BauGB gesetzwidrig wäre und die Klägerin insoweit in eigenen Rechten verletzt würde. Zunächst sei festzustellen, dass lediglich ein Stallgebäude im Geltungsbereich des Bebauungsplans liege. Die Reithalle liege im Außenbereich. Erklärtes Ziel des Bebauungsplans sei es gewesen, den Erhalt bestehender Nutzungen über die Gewährung eines Bestandsschutzes zu sichern. Der Gebäudebestand habe planungsrechtlich festgeschrieben und in beschränktem Umfang eine geregelte Weiterentwicklung ermöglicht werden sollen. Dementsprechend werde das Stallgebäude im Bebauungsplan selbst als Bestand ausgewiesen. Dies stehe bereits einem Gebietserhaltungsanspruch entgegen. Hinzu komme, dass der Beigeladene auf den Grundstücken - was der Klägerin nicht verborgen geblieben sei - Pferde halte und seit mehr als 17 Jahren eine Pferdezucht betreibe. Die Klägerin persönlich sei bereits im Jahre 2003 Gast einer Geburtstagsfeier gewesen, die im Reitzelt stattgefunden habe, das über den streitgegenständlichen Pferdestall zugänglich gewesen sei. Das streitige Stallgebäude sei seither unverändert. Die landwirtschaftliche Nutzung auf den fraglichen Grundstücken reiche noch deutlich weiter zurück. Der Vater des Beigeladenen habe vor mehr als 40 Jahren dort ein Stallgebäude errichtet, zu einer Zeit, als die meisten Wohnhäuser in der Nachbarschaft noch nicht existiert hätten. Dies präge den Charakter der Umgebungsbebauung mit und habe nach dem Vorgänger-Bebauungsplan gesichert werden sollen. Ortsbesichtigungen hätten ergeben, dass sich die baulichen Nutzungen innerhalb der durch die Ausweisung im Bebauungsplan als Bestand geschützten Formen halten würden. Ein Gebietserhaltungsanspruch stehe der Klägerin daher bereits auf der Grundlage des Vorgänger-Bebauungsplans nicht zu. Anhaltspunkte dafür, dass es durch die Nutzung der baulichen Anlagen zu gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoßenden Beeinträchtigungen komme, seien vor dem Hintergrund der seit langem bestehenden Tierhaltung und der daraus resultierenden Vorbelastung ausgeschlossen und von der Klägerin nicht glaubhaft dargelegt worden. Im Übrigen ergebe sich daraus kein Anspruch auf Untersagung der Pferdehaltung bzw. auf Beseitigung sämtlicher zur Pferdehaltung und Pferdezucht errichteter baulicher Anlagen. Die Einwände der Klägerin im Hinblick auf die Erschließungssituation seien nicht nachbarschützend. Im Übrigen wären etwaige Ansprüche der Klägerin verwirkt. Materiell-rechtliche Abwehrrechte von Nachbarn auf bauaufsichtsbehördliches Einschreiten könnten verwirkt werden. Er, der Beigeladene, habe u.a. Erhaltungsaufwendungen im Hinblick auf die Jahrzehnte von den Nachbarn widerspruchslos hingenommene Nutzung vorgenommen, so dass etwaige nachbarrechtliche Abwehransprüche verwirkt wären. Die Klägerin habe vom Zeitpunkt ihres Einzugs im Jahre 1999 gewusst, dass er eine Pferdezucht betreibe. Auch der Umstand, dass landwirtschaftliche Maschinen zum Einsatz kämen, sei ihr bekannt gewesen. Sollte die Auffassung der Klägerin richtig sein, dass die Pferdehaltung bzw. Pferdezucht im Geltungsbereich des Bebauungsplans „B…“ aus dem Jahr 1999 unzulässig sei, litte der Bebauungsplan an einem schwerwiegenden Abwägungsfehler. Wollte man den Bebauungsplan so verstehen, dass er die damals bestehende Pferdehaltung „wegplanen“ wollte, liege ein schwerwiegender Fehler im Abwägungsergebnis vor. Ein Bebauungsplan bestimme Inhalt und Schranken des Eigentums i.S.d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Veränderung der privaten Nutzungsmöglichkeiten von Grundstücken setze voraus, dass dafür hinreichende städtebauliche Allgemeinbelange bestehen. Diese städtebaulich beachtlichen Belange müssten um so gewichtiger sein, je stärker die Festsetzungen eines Bebauungsplans die Befugnisse des Eigentümers einschränkten. In der Begründung des Bebauungsplans aus dem Jahr 1999 werde der fragliche Konflikt überhaupt nicht angesprochen. Der Umstand, dass auf seinem Grundstück seit Jahren Pferdehaltung betrieben worden sei, werde nicht erwähnt. Die Gemeinde habe sich damals mit dem Belang eines Eingriffs in das Eigentumsrecht nicht auseinandergesetzt. Das „Wegplanen“ einer im Zeitpunkt des Erlasses des Bebauungsplans seit Jahrzehnten bestehenden landwirtschaftlichen Nutzung ohne die damit verbundenen Nachteile für den Grundstückseigentümer auch nur zu berücksichtigen stelle einen schwerwiegenden Fehler des Abwägungsergebnisses dar, der auch nach damaligem Recht nicht unbeachtlich werden konnte und auch heute noch gerügt werden könne.

Laut Niederschrift über die Sitzung des Ortsrates A… am 30.11.2015 wurde der Tagesordnungspunkt 1 (Bebauungsplan „B… - … Änderung“, Ortsteil A…) durch einstimmigen Beschluss des Ortsrates von der Tagesordnung abgesetzt, nachdem der Vorsitzende mitgeteilt hatte, dass die Änderung des Bebauungsplanes erst nach Entscheidung der bei Gericht anhängigen Rechtsangelegenheiten wieder auf die Tagesordnung des Ortsrates genommen werden solle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens (Band I bis III) und des Verfahrens VG 5 L 439/13 - OVG 2 B 320/13 die zugehörigen Verwaltungsunterlagen des Beklagten und die mit Schriftsatz vom 23.5.2016 von der Gemeinde A-Stadt übersandten „Aufstellungsunterlagen“ für den Bebauungsplan „B…“ (Fassung 1999) Bezug genommen. Der Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Dr. G., H., F., J…, Dr. M., I., J., K., N., E.-C…, L., P., B… und D…. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 9.6.2016 und vom 14.7.2016 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten darauf, dass dieser dem Beigeladenen die Haltung von Pferden auf den ihm gehörenden, im reinen Wohngebiet gelegenen Grundstücken untersagt (I.). Des Weiteren hat die Klägerin keinen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten, dem Beigeladenen das Befahren der erwähnten Grundstücke mit Lkw, Pferdetransportern und landwirtschaftlichen Maschinen zu untersagen (II.). Ebenso wenig besteht ein Anspruch auf Beseitigung sämtlicher zur Pferdehaltung und Pferdezucht errichteter Anlagen (III.).

Da sich das Begehren der Klägerin nach ihren Anträgen ausschließlich gegen bauliche Anlagen und Nutzungen innerhalb des im Bebauungsplan „B…“ aus dem Jahr 1999 festgesetzten reinen Wohngebiets richtet, sind die außerhalb des Geltungsbereichs dieses Bebauungsplans im Außenbereich stehenden Gebäude, insbesondere die Reithalle, die Gegenstand des Eilverfahrens 5 L 439/13 (VG) bzw. 2 B 320/13 (OVG) war, und deren Nutzung nicht Gegenstand des Einschreitensbegehrens und damit des vorliegenden Berufungsverfahrens.

I.

Als Rechtsgrundlage für einen Anspruch der Klägerin auf ein bauaufsichtliches Einschreiten des Beklagten gegen den Beigeladenen kommt allein § 57 Abs. 2 LBO i.V.m. § 82 Abs. 1 und 2 LBO in Betracht. Nach § 57 Abs. 2 LBO haben die Bauaufsichtsbehörden bei der Errichtung, der Änderung, der Nutzungsänderung, der Beseitigung sowie der Instandhaltung von Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden; in Wahrnehmung dieser Aufgaben haben sie die nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert, kann die Bauaufsichtsbehörde gemäß § 82 Abs. 1 LBO ihre teilweise oder vollständige Beseitigung anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Nach § 82 Abs. 2 LBO kann die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften stattfindende Nutzung von Anlagen untersagt werden. Das der Bauaufsichtsbehörde nach den genannten Vorschriften zustehende Ermessen ist im Falle der Missachtung nachbarschützender Bestimmungen vorbehaltlich eines individuellen Rechtsverlustes im Einzelfall regelmäßig auf ein Einschreiten gegenüber baurechtswidrigen Anlagen und/oder deren Nutzung reduziert.(Vgl. OVG des Saarlandes, Urteile vom 12.12.1986 - 2 R 144/86 - und vom 22.10.1982 - 2 R 209/81 -, AS 19, 129, Beschlüsse vom 31.1.1995 - 2 W 51/94 - und vom 7.9.1988 - 2 W 422/86 -; sowie Lang in: Jeromin, LBauO Rh-Pf, Kommentar, 3. Aufl. 2012, § 81 Rdnr. 49)

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die formal-rechtlichen Bestimmungen über die Baugenehmigungspflicht (§ 60 LBO 2004), die Verfahrensfreiheit (§ 61 LBO 2004) und die Genehmigungsfreistellung (§ 63 LBO 2004) allein den öffentlichen Interessen dienen und daher ungeeignet sind, Nachbarn Abwehrrechte gegenüber Vorhaben oder Nutzungen auf benachbarten Grundstücken zu gewähren. Von daher ist es für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens ohne Bedeutung, ob der Beigeladene für die Errichtung der Bauwerke auf seinen Grundstücken objektiv-rechtlich einer Baugenehmigung und/oder einer förmlichen Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach den §§ 68 LBO, 31 Abs. 2 BauGB bedurfte.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts steht die Vorschrift des § 33 Abs. 3 BauGB einem Anspruch der Klägerin auf bauaufsichtliches Einschreiten jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Berufungsverhandlung nicht entgegen. Gemäß § 33 Abs. 3 BauGB kann ein Vorhaben, wenn ein Verfahren nach § 13 oder § 13a BauGB durchgeführt wird, auch schon vor Durchführung der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung zugelassen werden, wenn die in § 33 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 BauGB bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind. § 33 BauGB soll schon während des Verfahrens zur Aufstellung eines Bebauungsplans eine Bebauung entsprechend den Festsetzungen des künftigen Plans ermöglichen. Es sollen Vorhaben genehmigt werden können, die zwar den Festsetzungen des (noch) geltenden Bebauungsplans widersprechen, aber nach der geordneten städtebaulichen Entwicklung der Gemeinde, wie sie sich an dem in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan verlässlich ablesen lässt, künftig zulässig sein werden.(Vgl. Rieger in: Schrödter, Baugesetzbuch, Kommentar, 8. Aufl. 2015, § 33 Rdnr. 1) Ein solcher Antrag auf Genehmigung eines Vorhabens - § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB spricht ausdrücklich vom „Antragsteller“ - wurde hier nicht gestellt. Ob die Vorschrift des § 33 Abs. 3 BauGB auch dann anwendbar ist, wenn es nicht um die Zulassung eines künftigen Vorhabens, sondern - wie hier - um die Geltendmachung eines Anspruchs auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen bereits verwirklichte Vorhaben und die sich daraus ergebende Nutzung geht, kann dahinstehen. Unabhängig hiervon fehlt es jedenfalls derzeit am Vorliegen der in § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB genannten Voraussetzung, dass „anzunehmen“ ist, dass das Vorhaben den Festsetzungen des künftigen Bebauungsplans nicht entgegensteht. Hierzu gehört, dass der Planungsstand den hinreichend sicheren Schluss darauf zulassen muss, dass der Planentwurf auch als Satzung in Kraft treten wird.(Vgl. Rieger in: Schrödter, Baugesetzbuch, Kommentar, 8. Aufl. 2015, § 33 Rdnrn. 8, 24) Daran fehlt es hier. Ausweislich der Niederschrift über die Sitzung des Ortsrates A… am 30.11.2015 wurde der Tagesordnungspunkt 1 (Bebauungsplan „B… - zweite Änderung“, Ortsteil A…) durch einstimmigen Beschluss des Ortsrates von der Tagesordnung abgesetzt, nachdem der Vorsitzende mitgeteilt hatte, dass die Änderung des Bebauungsplanes erst nach Entscheidung der bei Gericht anhängigen Rechtsangelegenheiten wieder auf die Tagesordnung des Ortsrates aufgenommen werden solle. Daraus ergibt sich, dass sich derzeit noch nicht hinreichend verlässlich absehen lässt, ob der Entwurf im Gemeinderat eine Mehrheit finden wird. Die nach der Vorschrift neben des formellen auch erforderliche materielle Planreife ist daher zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Berufungsverhandlung nicht gegeben. Daran vermag auch die im Verlauf des Berufungsverfahrens erfolgte Anerkennung der Festsetzungen des (künftigen) Bebauungsplans durch den Beigeladenen nichts zu ändern. Dies betrifft eine weitere, in § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB genannte Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Vorhabens während der Planaufstellung, die zusätzlich zu der in § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB genannten Voraussetzung der materiellen Planreife erfüllt sein muss. An letzterer fehlt es jedoch – wie erwähnt – gerade, weil die Aufstellung des Bebauungsplans gestoppt wurde beziehungsweise zwischen der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts im Januar 2015 und der Entscheidung des Senats, also insgesamt eineinhalb Jahre, offenbar keinerlei Förderung mehr erfahren hat und daher nicht abzusehen ist, ob es letztendlich überhaupt noch zu einer Aufstellung des Bebauungsplans „B… - zweite Änderung“ durch den Gemeinderat kommen wird.

Die Klägerin kann jedoch sich für den von ihr geltenden Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten nicht mit Erfolg auf den sog. Gebietserhaltungsanspruch berufen. Zwar kann der Gebietserhaltungsanspruch bewirken, dass wegen der Verletzung der Festsetzungen des Bebauungsplans hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung das Ermessen des Beklagten auf Null (im Sinne eines Anspruchs auf ein Einschreiten) reduziert ist. Der Gebietserhaltungsanspruch beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen. Durch die Festsetzung eines Bebauungsplans über die Art der baulichen Nutzung werden die Planbetroffenen im Hinblick auf die Nutzung ihrer Grundstücke zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbunden. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten des eigenen Grundstücks wird dadurch ausgeglichen, dass auch die anderen Grundeigentümer diesen Beschränkungen unterworfen sind. Den in einem Bebauungsplan getroffenen Baugebietsfestsetzungen nach der Baunutzungsverordnung (BauNVO) kommt kraft Bundesrechts nachbarschützende Wirkung zu.(Vgl. Rieger in: Schrödter, Baugesetzbuch, Kommentar, 8. Aufl. 2015, § 31 Rdnr. 61) Der Gebietserhaltungsanspruch setzt voraus, dass das Baugrundstück und das Grundstück desjenigen, der den Abwehranspruch geltend macht, im selben Plangebiet bzw., sofern dieses aus mehreren Baugebieten besteht, im selben Baugebiet liegen.(Vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 10.10.2003 - 5 S 1692/02 - (juris)) Das BVerwG nimmt in ständiger Rechtsprechung an, dass sich der Eigentümer eines in dem betreffenden Baugebiet gelegenen Grundstücks auch dann gegen eine gebietswidrige Nutzung wenden kann, wenn er durch sie selbst nicht unzumutbar beeinträchtigt wird. Im Rahmen des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses soll jeder Planbetroffene das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebiets verhindern können.(Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.2.2000 - 4 C 23.98 -, NVwZ 2000, 1054; sowie Beschluss vom 2.2.2000 - 4 B 87.99 -, NVwZ 2000, 679) Im vorliegenden Fall richtet sich das Begehren der Klägerin gegen die Pferdehaltung des Beigeladenen in dem Plangebiet, in dem sie wohnt und das in dem am 5.3.1999 bekanntgemachten Bebauungsplan „B…“ als reines Wohngebiet festgesetzt ist. Insoweit ist davon auszugehen, dass eine Großtierhaltung, speziell auch das Halten von Pferden in einem reinen Wohngebiet (§ 3 BauNVO) mit dem Gebietscharakter nicht vereinbar und daher unzulässig ist.(Vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 2.2.2009 - 2 B 439/08 - (juris)) Eine Pferdehaltung ist aufgrund der damit typischerweise verbundenen Störungen - wie z.B. Geruchsbelästigungen, Ansammlungen von Fliegen, Geräuschbelästigungen, Staubaufwirbelungen – bereits in einem allgemeinen Wohngebiet, erst recht aber bei einem reinen Wohngebiet mit dem Gebietscharakter nicht vereinbar.(Vgl. etwa VGH Mannheim, Urteil vom 17.4.2013 - 5 S 3140/11 - (juris))

Der Beigeladene kann sich in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplans „B…“ aus dem Jahr 1999 berufen. Der von ihm geltend gemachte Abwägungsfehler im Fall der Unzulässigkeit der Pferdehaltung bzw. Pferdezucht im Geltungsbereich dieses Bebauungsplans ist jedenfalls unbeachtlich, weil er nicht im Sinne von § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB in der maßgeblichen Fassung vom 27. August 1997 (vgl. § 233 Abs. 2 Satz 3 BauGB) innerhalb von sieben Jahren seit Bekanntmachung des Bebauungsplans schriftlich und unter Darlegung des Sachverhalts, der den Mangel begründen soll, gegenüber der Gemeinde geltend gemacht wurde. Die Vorschrift des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB a. F., der allgemein von Mängeln der Abwägung spricht, erfasste im Grundsatz sowohl Mängel im Abwägungsvorgang als auch Mängel im Abwägungsergebnis. Soweit gegen die Unbeachtlichkeitsvorschrift des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB a. F. verfassungsrechtliche Bedenken geäußert worden sind und die Frage in Literatur und Rechtsprechung aufgeworfen wurde, ob zumindest „schwere Mängel im Abwägungsergebnis“ im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG auch nach Ablauf einer Frist von sieben Jahren beachtlich bleiben müssen,(Vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 11.11.2013 - 12 LC 257/12 - (juris) m.w.N; Kukk in Schrödter, 8. Auflage 2015; 215 Rdnr 6 - 8.) kann dies hier dahinstehen. Ein bei einer solchen verfassungskonformen Auslegung ausnahmsweise beachtlicher Mangel des Abwägungsergebnisses in diesem Sinne liegt nicht vor. Der von dem Beigeladenen - hilfsweise - gerügte Abwägungsfehler betrifft nicht das Abwägungsergebnis, sondern den Abwägungsvorgang. Ein Fehler im Abwägungsergebnis liegt vor, wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen nicht in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht.(Vgl. Rieger in: Schrödter, Baugesetzbuch, Kommentar, 8. Aufl. 2015, § 1 Rdnr. 586) Zum Abwägungsvorgang gehören demgegenüber die Zusammenstellung des Abwägungsmaterials sowie die Gewichtung und Einstellung dieser Belange in die Abwägung. Bei ihr zu berücksichtigen sind alle von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange, soweit sie in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben. Welche Belange zu dem notwendigen Abwägungsmaterial gehören, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen konkreten Situation und des konkreten Planungsziels beantworten.(Vgl. Rieger in: Schrödter, Baugesetzbuch, Kommentar, 8. Aufl. 2015, § 1 Rdnr. 573) Im vorliegenden Fall wurde der städtebaulich relevante Belang der Pferdehaltung nicht in die Abwägung eingestellt. In den vom Gericht beigezogenen Aufstellungsunterlagen findet sich – ebenso wie in dem Bebauungsplan und seiner Begründung – kein Hinweis auf die Pferdehaltung. Aufgrund der fehlenden Berücksichtigung der Pferdehaltung liegt ein Mangel im Abwägungsvorgang in Form eines Abwägungsdefizits vor, da nicht all das in die Abwägung eingestellt worden ist, was hätte berücksichtigt werden müssen. Es ist auch - schon aufgrund der Koppeln und des als Bestand in den Plan eingezeichneten Pferdestalls - davon auszugehen, dass die Pferdehaltung für die Gemeinde erkennbar war. Soweit der Beigeladene der Ansicht ist, es liege ein schwerwiegender Mangel im Abwägungsergebnis vor, wollte man den Bebauungsplan aus dem Jahr 1999 so verstehen, dass er die damals bestehende Pferdehaltung „wegplanen“ wollte, fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten für eine solche Absicht des „Wegplanens“ seitens der Gemeinde A-Stadt. Abgesehen davon, dass der Gesichtspunkt der Pferdehaltung bei der Planaufstellung überhaupt nicht thematisiert wurde, spricht hiergegen, dass nach Ziffer 7.1 der Begründung des Bebauungsplans die bestehenden Nutzungen erhalten bleiben sollten und dort von einem weitgehend ungestörten Wohnbereich die Rede ist. Vorliegend geht es nicht darum, dass kein angemessener Ausgleich zwischen der Pferdehaltung und der Wohnnutzung gefunden worden ist - dann läge ein Fehler im Abwägungsergebnis vor -, sondern darum, dass der gewichtige Belang der Pferdehaltung überhaupt nicht in die Abwägung eingestellt worden ist, mithin um einen Fehler im Abwägungsvorgang. Dass Fehler im Abwägungsvorgang aus verfassungsrechtlichen Gründen nach Ablauf der damals geltenden Frist von sieben Jahren beachtlich bleiben müssten, wird - soweit ersichtlich - nicht vertreten und ist auch nicht geboten.(Vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 11.11.2013 - 12 LC 257/12 - (juris)) Es ist einem Grundstückseigentümer zuzumuten, sich innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren über den Inhalt der Bauleitplanung und die Auswirkungen auf sein(e) Grundstück(e) zu informieren. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass weder der Beigeladene noch sein Vater die von ihnen betriebene Pferdehaltung im Rahmen der vorgezogenen Bürgerbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB auch nur mit einem Wort erwähnt haben, obwohl sich ihnen die Relevanz dieses Gesichtspunkts bei der geplanten Ausweisung eines reinen Wohngebiets aufdrängen musste. Insoweit könnte sogar in Erwägung gezogen werden, dass es dem Beigeladenen nach dem auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) versagt ist, sich nunmehr auf einen Fehler der Abwägung wegen der Nichtberücksichtigung der Pferdehaltung zu berufen. Dies bedarf jedoch keiner Vertiefung, da der von ihm geltend gemachte Abwägungsfehler jedenfalls deshalb unbeachtlich ist, weil er nicht gemäß § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB a.F. innerhalb von sieben Jahren gegenüber der Gemeinde geltend gemacht wurden. Der Bebauungsplan „B…“ ist am 5.3.1999 ortsüblich bekanntgemacht worden; die Siebenjahresfrist endete daher mit Ablauf des 5.3.2006. Einwände gegen die Abwägung wurden bis zu diesem Zeitpunkt von dem Beigeladenen gegenüber der Gemeinde A-Stadt nicht geltend gemacht. Damit ist der nunmehr - erstmals im Berufungsverfahren - gerügte Abwägungsfehler unbeachtlich.

Demnach ist hier grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Großtierhaltung (d.h. hier das Halten von Pferden) in dem festgesetzten reinen Wohngebiet (§ 3 BauNVO) mit dem Gebietscharakter nicht vereinbar und daher unzulässig ist.(Vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 2.2.2009 - 2 B 439/08 - (juris)) Demzufolge wäre der Beklagte grundsätzlich zum Einschreiten berechtigt, da bauaufsichtsbehördliche Einschreitensbefugnisse keiner Verwirkung unterliegen. deren Nutzung auch über einen längeren Zeitraum begründet für sich genommen.(Vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 6.1.2012 - 2 B 400/11 - (juris)) Davon zu trennen ist jedoch die hier relevante Frage, ob ein Nachbar einen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten hat. Einem solchen Anspruch der Klägerin in dem Sinne, dass das Ermessen des Beklagten auf Null reduziert wäre, steht hier entgegen, dass die Klägerin bzw. bereits die Voreigentümer des von ihr erworbenen Grundstücks ihre materiellen Abwehrrechte gegen die Pferdehaltung durch den Beigeladenen verwirkt haben. Nach den Grundsätzen zur Geltung von Treu und Glauben im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis können Nachbarn materielle Abwehrrechte verwirken. Um dem zu entgehen, ist vom zu verlangen, durch zumutbares aktives Handeln dazu beizutragen, wirtschaftlichen Schaden vom Bauherrn abzuwenden oder möglichst gering zu halten. Grundsätzlich gehört dazu, dass der Nachbar nach Erkennen einer Beeinträchtigung seiner Rechte durch Baumaßnahmen seine Einwendungen "ungesäumt" geltend macht. Die Verwirkung eines Rechts setzt außer der Untätigkeit des Nachbarn während eines längeren Zeitraums ferner voraus, dass der Bauherr infolge der Untätigkeit darauf vertrauen durfte, dass der Nachbar das ihm eigentlich zustehende Abwehrrecht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Bauherr hierauf auch tatsächlich vertraut hat (Vertrauenstatbestand) und er sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (Vertrauensbetätigung).(Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. 5. 1991 - 4 C 4.89 -, BRS 52 Nr. 218; OVG Münster, Urteil vom 4.9.2008 - 7 A 2378/07 - (juris)) Materiell-rechtliche Abwehransprüche des Nachbarn können - anders als Verfahrensrechte - auch gegenüber nicht genehmigten Bauvorhaben verwirkt werden. Aus dem besonderen „nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis“ erwächst die Pflicht, durch ein zumutbares aktives Handeln mitzuwirken, einen wirtschaftlichen Schaden des Bauherrn zu vermeiden oder möglichst niedrig zu halten. Der Nachbar ist daher gehalten, nach Erkennen der Beeinträchtigungen durch Baumaßnahmen oder Grundstücksnutzungen ungesäumt seine nachbarlichen Einwendungen geltend zu machen, wenn ihm nicht der Grundsatz von Treu und Glauben entgegengehalten werden soll, weil er mit seinen Einwendungen länger als notwendig gewartet hat.(Vgl. Rieger in: Schrödter, Baugesetzbuch, Kommentar, 8. Aufl. 2015, § 31 Rdnr. 89)

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist im Fall der Klägerin hinsichtlich der Pferdehaltung durch den Beigeladenen in dem von dem Bebauungsplan „B...“ erfassten Gebiet eine Verwirkung der nachbarlichen Abwehrrechte anzunehmen. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass sich seit den 1970er Jahren an derselben Stelle wie heute ein Pferdestall befand, in dem zunächst die 4 bis 5 Großpferde des Herrn L. C., des Vaters des Beigeladenen, untergestellt waren, bevor in den 1980er Jahren die ersten Islandpferde des Beigeladenen hinzukamen. In den 1990er Jahren waren - bei zunehmendem Pferdebestand nach dem Beginn der Pferdezucht durch den Beigeladenen und seine Ehefrau im Jahr 1992 - jeweils mindestens 9 Pferde in dem Pferdestall untergebracht. Dieses Gesamtbild ergibt sich aus den insgesamt überzeugenden Angaben der Zeugen L., Dr. M., E.-C…, F., J., I., K. und N.. Die Zeugin L., die seit Beginn der 1980er Jahre die Pferde der Familie C. regelmäßig in dem Stall tierärztlich behandelt hat, hat glaubhaft ausgesagt, dass Herr L. C., damals drei bis fünf Warmblutpferde gehabt habe. Später seien dann die Islandpferde des Beigeladenen dazu gekommen, dies müsse Ende der 1980er gewesen sein. Der Stall - nach ihrer Erinnerung bestehend aus etwa 6 Boxen - sei damals stets voll belegt gewesen. Die Glaubwürdigkeit dieser - von den Beteiligten unabhängigen - Zeugin wird nicht dadurch geschmälert, dass ihre Angaben zur Zahl der Boxen nach unten von den Angaben der übrigen Zeugen abweicht - nach den im Genehmigungsfreistellungsverfahren eingereichten Planunterlagen ist auch für die Zeit vor dem Umbau des Stalles von 9 bis 10 Boxen auszugehen - und sie sich hinsichtlich der genauen Lage des Pferdestalls unsicher war. Dies erklärt sich vielmehr durch den langen Zeitablauf (mehr als 20 Jahre). Gerade dieses die eigenen Angaben in dem Punkt hinterfragende Aussageverhalten spricht vehement dafür, dass die Zeugin bemüht war, wahrheitsgemäße Angaben zu Protokoll zu geben. Der Zeuge Dr. M., der seit Ende 1993 die Tiere des Beigeladenen tierärztlich betreut, der seit 1994 regelmäßig etwa alle 14 Tage vor Ort ist und daher mit den Verhältnissen gut vertraut ist, hat glaubhaft versichert, dass sich bereits bei seinem ersten Besuch ca. 15 Pferde auf dem Gelände befunden hätten. Die Größe des Stalles habe sich nach seiner Erinnerung nicht verändert. Dass der Zeuge ausgesagt hat, es seien immer etwa 12 Pferde eingestellt gewesen, erklärt sich ohne weiteres aus der Möglichkeit der Doppelbelegung der Boxen. In besonderem Maße anschaulich waren die Angaben der Zeugin E.-C…, der dort aufgewachsenen Tochter der Rechtsvorgänger der Klägerin, welche die Namen der 4 Pferde, die sie aus ihrer Kindheit seit dem Ende der 1970er Jahre kannte, nennen konnte und die damaligen Verhältnisse detailreich, aber ohne zu übertreiben, geschildert hat. So hat sie unter anderem angegeben, dass auf der Freifläche südlich des Hauses ihrer Eltern immer Pferde gelaufen seien. Auch habe sie die bei der Familie C. gehaltenen Pferde bei dem Stall ein- und ausgehen gesehen. Angesichts ihrer plastischen Darstellung der Situation hat der Senat, obwohl die Zeugin durchaus nicht ohne Erregung erklärt hat, dass sie das Verhalten der Klägerin nach dem Tode ihres Vaters als „unmenschlich“ empfunden habe, keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieser Zeugin. Im Gegenteil spricht der Umstand, dass die Zeugin all dies gegenüber dem Gericht ohne Umschweife auch so erklärt hat, für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben, die im Übrigen – neben dem erwähnten Detailreichtum – von großer Spontanität geprägt waren. Darüber hinaus werden ihre Eindrücke im Wesentlichen durch die Angaben der Zeugen I. und J. bestätigt. Der Zeuge J. hat bekundet, dass sich in den 1980er Jahren regelmäßig zwischen 5 und 7 Pferde auf dem Grundstück aufgehalten haben. Die Familie C. habe damals nach seiner Erinnerung 3 Großpferde und 3 Islandpferde gehalten. Dies könne er deshalb aus eigener Wahrnehmung sagen, weil er im Stall beim Füttern, Tränken und Ausmisten geholfen habe. Am Wahrheitsgehalt dieser Angaben zu zweifeln sieht der Senat keinen Anlass, zumal der Zeuge J. selbst kein erkennbares Interesse am Ausgang dieses Verfahrens hat. Ein solches ist auch hinsichtlich des Zeugen I. nicht ersichtlich. Dieser ist zwar der Cousin des Beigeladenen. Andererseits wirkte seine Aussage zu keinem Zeitpunkt übertrieben; im Gegenteil war ein gewisses Desinteresse an der Pferdehaltung bei dem Zeugen erkennbar. Die Relevanz seiner Aussage beschränkt sich im Wesentlichen darauf, dass bei seiner Rückkehr in sein Elternhaus im Jahr 1991 nach seiner Einschätzung etwa 7 Pferde im Stall des Beigeladenen untergebracht waren. Das sich daraus ergebende Bild wird abgerundet durch die glaubhaften Angaben der Zeuginnen K. und N.. Die Zeugin N., die den Beigeladenen seit den 1980er Jahren kennt und seitdem auch öfter im Inneren des Stalls war, hat bekundet, dass sie sich an 4 bis 6 Pferde erinnern könne, die in den 1980er Jahren im Stall eingestellt gewesen seien. Dabei habe es sich im Wesentlichen um Großpferde gehandelt, der Beigeladene habe aber zu diesem Zeitpunkt bereits ein Islandpferd gehabt. Später habe sich die Pferdehaltung kontinuierlich entwickelt; es seien regelmäßig Fohlen auf die Welt gekommen. Auf die Frage nach der Belegung des Stalles in den 1990er Jahren hat die Zeugin N. angegeben, dass aus ihrer Sicht immer alle Boxen belegt gewesen seien. Die ebenfalls glaubwürdige Zeugin K. hat inhaltlich übereinstimmend damit ausgesagt, Mitte der 1990er Jahre seien in dem Stall insgesamt etwa 7 bis 10 Pferde, vielleicht auch einmal 11 untergebracht gewesen. Die Angaben der bisher erwähnten, allesamt von dem Beigeladenen benannten Zeugen, deren Bekundungen insgesamt ein schlüssiges Bild ergeben, werden durch die Aussagen der von der Klägerin benannten Zeugen Dr. G., H., J., P., B… und D… nicht ernsthaft in Frage gestellt. Die Vernehmung der beiden Jagdpächter J. und P. war unergiebig, weil diese zu der Pferdehaltung durch die Familie C. keine näheren Angaben machen konnten. Der Zeuge J… hat lediglich bekundet, dass am Waldrand ein Wiesengrundstück eingezäunt gewesen sei, auf dem sich 3 bis 4 Pferde befunden hätten. Wem diese Pferde gehörten, konnte der Zeuge nicht sagen. Zu dem Wohngrundstück des Beigeladenen und den unmittelbar angrenzenden Flächen, insbesondere - generell - zu einer Pferdehaltung durch diesen, konnte er nach eigener Aussage „keine Angaben“ machen. Der Zeuge P. kennt die Örtlichkeit nach eigenem Bekunden sehr gut, allerdings erst seit Übernahme einer Jagdpacht im angrenzenden Bezirk B… im Jahr 2004. Auf dem Grundstück des Beigeladenen sei er aber nur einmal vor 10 Jahren gewesen, als er einen Baum gefällt habe. Verwertbar im vorliegenden Zusammenhang ist allerdings die Aussage des - aus B… stammenden - Zeugen, es sei allgemein bekannt gewesen, dass auf dem Anwesen C. Pferde gehalten werden. Dies deckt sich mit den - ansonsten allerdings wenig aussagekräftigen - Angaben des Zeugen Barre, einem Landwirt aus dem jenseits der Blies auf französischen Gebiet liegenden B…, dessen Familie früher Grundstücke an der „B…“ besessen hat. Er hat bekundet, er sei davon ausgegangen, dass die Pferde, die er dort schon vor mindestens 20 bis 30 Jahren gesehen habe, der Familie C. gehört haben. Demgegenüber erscheint es wenig glaubhaft, wenn die Zeugen Dr. G. und H., die im Gegensatz zu den Zeugen P. und B… in der näheren Umgebung wohnen, eine Pferdehaltung durch die Familie C. nicht wahrgenommen haben wollen. Der Zeuge Dr. G. hat auf die Frage, ob er sich an eine Pferdehaltung bzw. einen Stall auf dem Grundstück C. erinnern könne, geantwortet, daran habe er keine Erinnerung, das habe er nicht wahrgenommen. Hieran mag allenfalls noch plausibel sein, dass der Zeuge den Stall nicht als solchen wahrgenommen hat. Dass er jedoch überhaupt keine Pferde auf dem Grundstück des Beigeladenen gesehen haben will, erscheint angesichts dessen, dass er bereits 1993 dorthin gezogen ist, und angesichts der übrigen Zeugenaussagen, nach denen die Pferde dort herumliefen, nicht glaubhaft. Gleichfalls unglaubhaft ist die Aussage des Zeugen H., der ebenfalls 1993 dorthin gezogen ist und allen Ernstes angegeben hat, nach seiner Erinnerung habe es auf dem Grundstück der Familie C. keine Pferde gegeben, jedenfalls habe er dort - vor der Veränderung im Jahr 2011 - keine gesehen. Ungeachtet dessen, dass es wenig lebensnah erscheint, wenn die dort lebenden Nachbarn von einer Pferdehaltung in dem in Rede stehenden Umfang nichts bemerkt haben wollen, sind die Angaben der Zeugen Dr. G. und H., soweit es um den streitgegenständlichen Pferdestall geht, letztlich schon deshalb wenig aussagekräftig und daher nicht geeignet, das Vorhandensein einer Pferdehaltung in dem Stall zuverlässig in Frage zu stellen, weil die Zeugen Dr. G. und H., anders als etwa die erwähnten Zeugen L., Dr. M., E.-C…, F., J., I., K. und N., nach eigenem Bekunden niemals in dem Stall gewesen sind. Gleiches gilt für den Zeugen D…, der seit Dezember 2000 in der Straße Im B… wohnt und der sich immerhin an 2 bis 3 Pferde erinnerte, bei denen er davon ausging, dass sie der Familie C. gehörten.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht damit zur Überzeugung des Senats fest, dass das fragliche Gebäude auf dem Grundstück des Beigeladenen seit den 1970er Jahren als Pferdestall genutzt und spätestens Mitte der 1990er Jahre voll belegt war. Angesichts dessen ist bereits hinsichtlich der Voreigentümer des Grundstücks der Klägerin, die ihrerseits Ende des Jahres 1999 Eigentümerin wurde, von einer Verwirkung nachbarlicher Abwehransprüche auszugehen, welche sich die Klägerin zurechnen lassen muss. Bereits vorher verwirkte Abwehrrechte sind auch nicht durch den Erlass des Bebauungsplans „B…“ im Jahr 1999 wieder aufgelebt.

Unabhängig hiervon muss sich die Klägerin den Einwand der Verwirkung auch in ihrer eigenen Person entgegenhalten lassen. Zunächst kann ihr angesichts der räumlichen Nähe ihres Grundstücks zu dem direkt angrenzenden Grundstück des Beigeladenen nicht geglaubt werden, dass sie dort vor den Jahren 2011 und 2012, als die Belästigungen unter anderem durch Gewieher, Traktoren und Pferdetransporter zugenommen haben sollen, nur sporadisch 2 bis 3 Pferde auf dem Grundstück des Beigeladenen gesehen hat. Dies widerspricht den - glaubhaften - Angaben insbesondere der Zeugen Dr. M., E.-C…, F., K. und N., die allesamt von einer vollen Belegung des Stalles gesprochen haben. Auch hat etwa die Zeugin E.-C…, die bis 1997 in dem jetzt der Klägerin gehörenden Haus gewohnt hat, anschaulich geschildert, dass sie die Pferde bei dem Stall ein- und ausgehen gesehen hat. Letzteres erscheint dem Senat bereits deshalb plausibel, weil Großpferde und erst recht die Islandpferde sich häufig draußen aufhalten und – was insbesondere für die Turnierpferde des Beigeladenen gilt – ständig bewegt werden müssen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin von alledem nichts bemerkt haben will. Spätestens nach der von ihr selbst besuchten Geburtstagsfeier der Frau des Beigeladenen im August 2003 in einer mobilen Halle auf dem Grundstück des Beigeladenen, die am Nordende des Pferdestalls quer zu diesem aufgebaut war, musste der Klägerin bekannt gewesen sein, dass sich mehr als nur 2 bis 3 Pferde auf dem Grundstück des Beigeladenen im reinen Wohngebiet befanden. Die Zeugin F. hat detailreich unter Schilderung der Zugangsmöglichkeiten zur Feier - und daher glaubhaft - bekundet, dass es aufgrund der örtlichen Verhältnisse nicht schwer gewesen sei, Einsicht in den Pferdestall zu nehmen. Auch damals sei der Stall voll belegt mit Pferden gewesen. Angesichts dessen ist spätestens ab diesem Zeitpunkt von einer Kenntnis der Klägerin von dem Umfang der Pferdehaltung durch den Beigeladenen auszugehen. Von ihr durfte erwartet werden, dass sie ihre Einwendungen gegen die Pferdehaltung im reinen Wohngebiet "ungesäumt" geltend macht. Die Klägerin hat jedoch erst viel später, nämlich am 4.7.2012 bei dem Beklagten vorgesprochen und erklärt, der Beigeladene halte rechtswidrigerweise mehrere Pferde im Wohngebiet, was mit Geräusch- und Geruchsbelästigungen verbunden sei. Infolge der jahrelangen Untätigkeit der Klägerin durfte der Beigeladene darauf vertrauen, dass die Klägerin die ihr zustehenden Abwehrrechte gegen die Pferdehaltung im reinen Wohngebiet nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage). Es ist auch davon auszugehen, dass der Beigeladene hierauf tatsächlich vertraut hat (Vertrauenstatbestand) und dieses Vertrauen auch betätigt hat, indem er sich in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch eine jetzt erfolgende Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde.(Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 1991 - 4 C 4.89 -, BRS 52 Nr. 218; OVG Münster, Urteil vom 4.9.208 - 7 A 2378/07 - (juris)) Der Beigeladene hat nämlich im Jahr 2005 den Pferdestall mit erheblichem finanziellem Aufwand umgebaut. Er würde einen erheblichen, unzumutbaren Nachteil erleiden, wenn er den Pferdestall infolge der verspäteten Geltendmachung ihrer Abwehrrechte durch die Klägerin nicht mehr nutzen könnte und seine Aufwendungen damit letztlich vergebens wären.

Angesichts dessen, dass die Klägerin ihre materiellen Abwehrrechte, jedenfalls soweit es um den hier allein streitgegenständlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans „B…“ aus dem Jahre 1999 geht, verwirkt hat, kommt es nicht darauf an, ob der Pferdestall Bestandsschutz genießt. Insbesondere kann hier dahinstehen, ob eine Ermessensbindung unter dem Aspekt des Bestandsschutzes schon deshalb in Betracht kommt, weil der in Rede stehende Baubestand mit der Nutzung zur Pferdehaltung zu irgendeinem Zeitpunkt ohne Zweifel materiell geltendem Baurecht entsprochen hat und damit genehmigungsfähig gewesen ist.(Vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 9.1.2012 - 2 B 400/11 - (juris))

Die obigen Ausführungen zur Verwirkung des Gebietserhaltungsanspruchs gelten entsprechend für einen möglichen Anspruch der Klägerin auf der Grundlage des Gebots nachbarlicher Rücksichtnahme, und zwar unabhängig von der Frage der Gültigkeit des Bebauungsplans aus dem Jahr 1999.

Unabhängig davon müsste sich insoweit die Klägerin entgegenhalten lassen, dass sie in eine ländlich geprägte Gegend zugezogen ist, in der bereits seit über 20 Jahren Pferde gehalten wurden. Hierbei darf die Vorgeschichte des Gebiets nicht unberücksichtigt bleiben. In dem betreffenden Gebiet war nämlich eine Wohnbebauung mit dem Zweck eines dauerhaften Wohnens ursprünglich überhaupt nicht vorgesehen. Vielmehr hat sich dort im Anschluss an den Erlass eines - nichtigen - Bebauungsplans für ein Wochenendhausgebiet eine Bebauung mit überwiegend dauerhaft genutzten Wohnhäusern entwickelt, die erst später legalisiert wurde. Beim Zuzug der Klägerin 1999 - dauerte die Pferdehaltung zunächst durch den Vater des Beigeladenen und dann durch den Beigeladenen bereits viele Jahre an. Von daher ist eine Vorbelastung des Gebiets für die Klägerin, die in einen ländlichen Raum zugezogen ist, in dem es beispielsweise je nach Wind und Witterungsbedingungen „wie auf dem Land“ riechen kann, zu berücksichtigen. Dies bedeutet allerdings zugleich, dass der Beigeladene, damit seine Pferdehaltung nicht rücksichtslos wird, seine Pferdehaltung an der ihm zugute kommenden Vorbelastung ausrichten muss. Daraus, folgt, dass etwa die Haltung von Pensionspferden in dem Pferdestall in dem reinen Wohngebiet wegen des damit verbundenen zusätzlichen Zu- und Abgangsverkehrs unzulässig ist. Des Weiteren darf der Pferdestall im Wohngebiet nicht als Versorgungsstelle für die übrigen, im Außenbereich untergebrachten Pferde dienen und die im Außenbereich untergebrachten Pferde dürfen nicht zusätzlich zu den bereits im Wohngebiet vorhandenen Pferden dorthin, etwa zur Führungsanlage, verbracht werden.

II.

Die Klägerin hat des Weiteren keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte dem Beigeladenen ein Befahren seiner im Geltungsbereich des Bebauungsplans „B…“ aus dem Jahre 1999 liegenden Grundstücke mit Lkw, Pferdetransportern und landwirtschaftlichen Maschinen untersagt. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sie - aufgrund der eingetretenen Verwirkung - keinen Anspruch darauf hat, dass dem Beigeladenen die Pferdehaltung auf seinen Grundstücken in dem allgemeinen Wohngebiet untersagt wird. Zur Nutzung eines Grundstücks gehört immer auch der einer zulässigen oder zumindest von Nachbarn hinzunehmenden Nutzung eines Grundstücks dienende Zu- und Abgangsverkehr. Dieser beinhaltet bei einer Nutzung zur Pferdehaltung auch das Befahren der Grundstücke mit Pferdetransportern und landwirtschaftlichen Maschinen.

Soweit die Klägerin geltend macht, die Erschließung sei nicht gesichert, da es sich bei dem Grundstück des Beigeladenen um ein sogenanntes „Hinterliegergrundstück“ handele, welches nicht mit Fahrzeugen über eine öffentliche Straße erreicht werden könne, verkennt sie, dass die Erschließungsvorschriften allein dem Allgemeininteresse zu dienen bestimmt und daher grundsätzlich nicht nachbarschützend sind.(Vgl. etwa OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 03. August 2009 - OVG 2 S 33.09 - (juris)) Allerdings können sich nachbarliche Abwehrrechte im Zusammenhang mit einer fehlenden oder unzureichenden Erschließung eines Baugrundstücks unmittelbar aus der Eigentumsgewährleistung des Art. 14 GG ergeben, wenn die trotz des Erschließungsmangels erteilte Baugenehmigung die Belastung des Nachbargrundstücks mit einem Notwegerecht zugunsten des vorgesehenen Baugrundstücks nach sich zieht.(Vgl. OVG Saarlouis, Beschluss vom 27.10.1995 - 2 W 42/95 - und Urteil vom 20.10.1992 - 2 R 5/91 - (jeweils bei juris)) Entsprechendes könnte für die hier zu beantwortende Frage gelten, ob ein nachbarlicher Anspruch auf Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde besteht. Insoweit ist allerdings zu beachten, dass die Klägerin ihre nachbarlichen Abwehransprüche gegen die Pferdehaltung im Geltungsbereich des Bebauungsplans „B…“ verwirkt hat. Ob die ungeklärte Wegesituation hin zu der Reithalle und zu den Stallungen im Außenbereich geeignet ist, nachbarliche Abwehransprüche der Klägerin hervorzurufen, bedarf hier - wegen des auf den Geltungsbereich des erwähnten Bebauungsplans beschränkten Streitgegenstands - keiner Entscheidung.

Der Vortrag der Klägerin hinsichtlich eines ihr durch die Erweiterung des Stallgebäudes – nach ihrer Ansicht – „aufgezwungenen“ Notwegerechts (§ 917 Abs. 1 BGB) bezogen auf in ihrem Eigentum (Parzelle Nr. 160/2) beziehungsweise Miteigentum („Wegeparzelle“ Nr. 154/1) stehende Grundstücke betrifft rein zivilrechtliche Beziehungen zwischen Grundstückseigentümern. Diese erlangen im Bereich des öffentlich-rechtlichen Nachbarschutzes nur ausnahmsweise Bedeutung im Zusammenhang mit Bindungswirkungen einer die - wegen des Fehlens einer ordnungsgemäßen Erschließung rechtswidrige - Bebauung eines Grundstücks ausdrücklich zulassenden bauaufsichtsbehördlichen Entscheidung im Falle des Eintritts ihrer Unanfechtbarkeit.(Vgl. dazu etwa Bitz/Schwarz/Seiler-Dürr/Dürr, Baurecht Saarland, 2. Auflage 2005, Kp XI Rdnr. 47 m.w.N.) Fehlt es - wie hier im Bereich einer eigenverantwortlichen Realisierung von Bauwerken im Rahmen der Inanspruchnahme von landesrechtlichen Vorschriften über eine Verfahrensfreistellung (§§ 61 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 60 Abs. 2 LBO 2004) - an einer Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde mit entsprechenden negativen Auswirkungen auf die zivilrechtliche Stellung eines sich gegen die Inanspruchnahme seines Eigentums als Zuwegung auf der Grundlage von Notwegerechten wehrenden Nachbarn, ist für eine Zuerkennung eines ansonsten bereits im öffentlich-rechtlichen Anfechtungsstreit gegen eine solche Genehmigung wegen eines drohenden Rechtsverlusts zu berücksichtigenden Abwehrrechts des Nachbarn kein Raum. Die Klägerin hat etwaige zivilrechtliche Ansprüche auf ein Unterlassen der Überfahrung ihrer Grundstücke gegen den Beigeladenen – so sie denn bestehen – vor den hierfür zuständigen ordentlichen Gerichten (§ 13 GVG) geltend zu machen und gegebenenfalls durchzusetzen.(Vgl. OVG Saarlouis, Beschluss vom 10.7.2013 - 2 B 320/13 -) Das gilt gleichermaßen für Notwegrechte (§ 917 BGB) wie auch für Streitigkeiten um den Inhalt und Umfang bestehender Wegerechte oder Grunddienstbarkeiten. Zu dieser Thematik gehört auch die Frage, ob und inwieweit der Beigeladene überhaupt auf eine tatsächliche Inanspruchnahme fremder Privatgrundstücke, sei es der Antragstellerin oder Dritter, angewiesen ist, um zu seinem Stallgebäude zu gelangen. Der vorliegend alleinstreitige, zuvor ersichtlich nicht förmlich genehmigte Pferdestall auf der Parzelle Nr. 145/1 wurde 2005 unter Inanspruchnahme einer Genehmigungsfreistellung nach § 63 LBO (a.F.) als „Wirtschaftsgebäude“ umgebaut.

III.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Anordnung der Beseitigung sämtlicher zur Pferdehaltung und Pferdezucht errichteten baulichen Anlagen auf dem Grundstück „C-Straße“ des Beigeladenen im Bereich des im Bebauungsplans „B…“ ausgewiesenen reinen Wohngebiets.

Da die Klägerin - wie ausgeführt - nachbarliche Abwehrrechte gegen eine Pferdehaltung des Beigeladenen nicht mehr geltend machen kann, kommt auch ein daran anknüpfender Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten zum Erlass einer Beseitigungsanordnung (§ 82 Abs. 1 LBO) für die genutzten baulichen Anlagen in reinem Wohngebiet nicht in Betracht.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Insoweit entsprach es der Billigkeit, in Ergänzung des hinterlegten Tenors die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO), weil dieser im Berufungsverfahren einen Antrag gestellt und damit Kostenrisiken übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 15.000 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 47, 52 Abs. 1 GKG; vgl. bereits die vorläufige Festsetzung im Beschluss vom 12.3.2015).

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten darauf, dass dieser dem Beigeladenen die Haltung von Pferden auf den ihm gehörenden, im reinen Wohngebiet gelegenen Grundstücken untersagt (I.). Des Weiteren hat die Klägerin keinen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten, dem Beigeladenen das Befahren der erwähnten Grundstücke mit Lkw, Pferdetransportern und landwirtschaftlichen Maschinen zu untersagen (II.). Ebenso wenig besteht ein Anspruch auf Beseitigung sämtlicher zur Pferdehaltung und Pferdezucht errichteter Anlagen (III.).

Da sich das Begehren der Klägerin nach ihren Anträgen ausschließlich gegen bauliche Anlagen und Nutzungen innerhalb des im Bebauungsplan „B…“ aus dem Jahr 1999 festgesetzten reinen Wohngebiets richtet, sind die außerhalb des Geltungsbereichs dieses Bebauungsplans im Außenbereich stehenden Gebäude, insbesondere die Reithalle, die Gegenstand des Eilverfahrens 5 L 439/13 (VG) bzw. 2 B 320/13 (OVG) war, und deren Nutzung nicht Gegenstand des Einschreitensbegehrens und damit des vorliegenden Berufungsverfahrens.

I.

Als Rechtsgrundlage für einen Anspruch der Klägerin auf ein bauaufsichtliches Einschreiten des Beklagten gegen den Beigeladenen kommt allein § 57 Abs. 2 LBO i.V.m. § 82 Abs. 1 und 2 LBO in Betracht. Nach § 57 Abs. 2 LBO haben die Bauaufsichtsbehörden bei der Errichtung, der Änderung, der Nutzungsänderung, der Beseitigung sowie der Instandhaltung von Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden; in Wahrnehmung dieser Aufgaben haben sie die nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Werden Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet oder geändert, kann die Bauaufsichtsbehörde gemäß § 82 Abs. 1 LBO ihre teilweise oder vollständige Beseitigung anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Nach § 82 Abs. 2 LBO kann die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften stattfindende Nutzung von Anlagen untersagt werden. Das der Bauaufsichtsbehörde nach den genannten Vorschriften zustehende Ermessen ist im Falle der Missachtung nachbarschützender Bestimmungen vorbehaltlich eines individuellen Rechtsverlustes im Einzelfall regelmäßig auf ein Einschreiten gegenüber baurechtswidrigen Anlagen und/oder deren Nutzung reduziert.(Vgl. OVG des Saarlandes, Urteile vom 12.12.1986 - 2 R 144/86 - und vom 22.10.1982 - 2 R 209/81 -, AS 19, 129, Beschlüsse vom 31.1.1995 - 2 W 51/94 - und vom 7.9.1988 - 2 W 422/86 -; sowie Lang in: Jeromin, LBauO Rh-Pf, Kommentar, 3. Aufl. 2012, § 81 Rdnr. 49)

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die formal-rechtlichen Bestimmungen über die Baugenehmigungspflicht (§ 60 LBO 2004), die Verfahrensfreiheit (§ 61 LBO 2004) und die Genehmigungsfreistellung (§ 63 LBO 2004) allein den öffentlichen Interessen dienen und daher ungeeignet sind, Nachbarn Abwehrrechte gegenüber Vorhaben oder Nutzungen auf benachbarten Grundstücken zu gewähren. Von daher ist es für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens ohne Bedeutung, ob der Beigeladene für die Errichtung der Bauwerke auf seinen Grundstücken objektiv-rechtlich einer Baugenehmigung und/oder einer förmlichen Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach den §§ 68 LBO, 31 Abs. 2 BauGB bedurfte.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts steht die Vorschrift des § 33 Abs. 3 BauGB einem Anspruch der Klägerin auf bauaufsichtliches Einschreiten jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Berufungsverhandlung nicht entgegen. Gemäß § 33 Abs. 3 BauGB kann ein Vorhaben, wenn ein Verfahren nach § 13 oder § 13a BauGB durchgeführt wird, auch schon vor Durchführung der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung zugelassen werden, wenn die in § 33 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 BauGB bezeichneten Voraussetzungen erfüllt sind. § 33 BauGB soll schon während des Verfahrens zur Aufstellung eines Bebauungsplans eine Bebauung entsprechend den Festsetzungen des künftigen Plans ermöglichen. Es sollen Vorhaben genehmigt werden können, die zwar den Festsetzungen des (noch) geltenden Bebauungsplans widersprechen, aber nach der geordneten städtebaulichen Entwicklung der Gemeinde, wie sie sich an dem in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan verlässlich ablesen lässt, künftig zulässig sein werden.(Vgl. Rieger in: Schrödter, Baugesetzbuch, Kommentar, 8. Aufl. 2015, § 33 Rdnr. 1) Ein solcher Antrag auf Genehmigung eines Vorhabens - § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB spricht ausdrücklich vom „Antragsteller“ - wurde hier nicht gestellt. Ob die Vorschrift des § 33 Abs. 3 BauGB auch dann anwendbar ist, wenn es nicht um die Zulassung eines künftigen Vorhabens, sondern - wie hier - um die Geltendmachung eines Anspruchs auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen bereits verwirklichte Vorhaben und die sich daraus ergebende Nutzung geht, kann dahinstehen. Unabhängig hiervon fehlt es jedenfalls derzeit am Vorliegen der in § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB genannten Voraussetzung, dass „anzunehmen“ ist, dass das Vorhaben den Festsetzungen des künftigen Bebauungsplans nicht entgegensteht. Hierzu gehört, dass der Planungsstand den hinreichend sicheren Schluss darauf zulassen muss, dass der Planentwurf auch als Satzung in Kraft treten wird.(Vgl. Rieger in: Schrödter, Baugesetzbuch, Kommentar, 8. Aufl. 2015, § 33 Rdnrn. 8, 24) Daran fehlt es hier. Ausweislich der Niederschrift über die Sitzung des Ortsrates A… am 30.11.2015 wurde der Tagesordnungspunkt 1 (Bebauungsplan „B… - zweite Änderung“, Ortsteil A…) durch einstimmigen Beschluss des Ortsrates von der Tagesordnung abgesetzt, nachdem der Vorsitzende mitgeteilt hatte, dass die Änderung des Bebauungsplanes erst nach Entscheidung der bei Gericht anhängigen Rechtsangelegenheiten wieder auf die Tagesordnung des Ortsrates aufgenommen werden solle. Daraus ergibt sich, dass sich derzeit noch nicht hinreichend verlässlich absehen lässt, ob der Entwurf im Gemeinderat eine Mehrheit finden wird. Die nach der Vorschrift neben des formellen auch erforderliche materielle Planreife ist daher zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Berufungsverhandlung nicht gegeben. Daran vermag auch die im Verlauf des Berufungsverfahrens erfolgte Anerkennung der Festsetzungen des (künftigen) Bebauungsplans durch den Beigeladenen nichts zu ändern. Dies betrifft eine weitere, in § 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB genannte Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Vorhabens während der Planaufstellung, die zusätzlich zu der in § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB genannten Voraussetzung der materiellen Planreife erfüllt sein muss. An letzterer fehlt es jedoch – wie erwähnt – gerade, weil die Aufstellung des Bebauungsplans gestoppt wurde beziehungsweise zwischen der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts im Januar 2015 und der Entscheidung des Senats, also insgesamt eineinhalb Jahre, offenbar keinerlei Förderung mehr erfahren hat und daher nicht abzusehen ist, ob es letztendlich überhaupt noch zu einer Aufstellung des Bebauungsplans „B… - zweite Änderung“ durch den Gemeinderat kommen wird.

Die Klägerin kann jedoch sich für den von ihr geltenden Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten nicht mit Erfolg auf den sog. Gebietserhaltungsanspruch berufen. Zwar kann der Gebietserhaltungsanspruch bewirken, dass wegen der Verletzung der Festsetzungen des Bebauungsplans hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung das Ermessen des Beklagten auf Null (im Sinne eines Anspruchs auf ein Einschreiten) reduziert ist. Der Gebietserhaltungsanspruch beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Weil und soweit der Eigentümer eines Grundstücks in dessen Ausnutzung öffentlich-rechtlichen Beschränkungen unterworfen ist, kann er deren Beachtung grundsätzlich auch im Verhältnis zum Nachbarn durchsetzen. Durch die Festsetzung eines Bebauungsplans über die Art der baulichen Nutzung werden die Planbetroffenen im Hinblick auf die Nutzung ihrer Grundstücke zu einer rechtlichen Schicksalsgemeinschaft verbunden. Die Beschränkung der Nutzungsmöglichkeiten des eigenen Grundstücks wird dadurch ausgeglichen, dass auch die anderen Grundeigentümer diesen Beschränkungen unterworfen sind. Den in einem Bebauungsplan getroffenen Baugebietsfestsetzungen nach der Baunutzungsverordnung (BauNVO) kommt kraft Bundesrechts nachbarschützende Wirkung zu.(Vgl. Rieger in: Schrödter, Baugesetzbuch, Kommentar, 8. Aufl. 2015, § 31 Rdnr. 61) Der Gebietserhaltungsanspruch setzt voraus, dass das Baugrundstück und das Grundstück desjenigen, der den Abwehranspruch geltend macht, im selben Plangebiet bzw., sofern dieses aus mehreren Baugebieten besteht, im selben Baugebiet liegen.(Vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 10.10.2003 - 5 S 1692/02 - (juris)) Das BVerwG nimmt in ständiger Rechtsprechung an, dass sich der Eigentümer eines in dem betreffenden Baugebiet gelegenen Grundstücks auch dann gegen eine gebietswidrige Nutzung wenden kann, wenn er durch sie selbst nicht unzumutbar beeinträchtigt wird. Im Rahmen des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses soll jeder Planbetroffene das Eindringen einer gebietsfremden Nutzung und damit die schleichende Umwandlung des Baugebiets verhindern können.(Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.2.2000 - 4 C 23.98 -, NVwZ 2000, 1054; sowie Beschluss vom 2.2.2000 - 4 B 87.99 -, NVwZ 2000, 679) Im vorliegenden Fall richtet sich das Begehren der Klägerin gegen die Pferdehaltung des Beigeladenen in dem Plangebiet, in dem sie wohnt und das in dem am 5.3.1999 bekanntgemachten Bebauungsplan „B…“ als reines Wohngebiet festgesetzt ist. Insoweit ist davon auszugehen, dass eine Großtierhaltung, speziell auch das Halten von Pferden in einem reinen Wohngebiet (§ 3 BauNVO) mit dem Gebietscharakter nicht vereinbar und daher unzulässig ist.(Vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 2.2.2009 - 2 B 439/08 - (juris)) Eine Pferdehaltung ist aufgrund der damit typischerweise verbundenen Störungen - wie z.B. Geruchsbelästigungen, Ansammlungen von Fliegen, Geräuschbelästigungen, Staubaufwirbelungen – bereits in einem allgemeinen Wohngebiet, erst recht aber bei einem reinen Wohngebiet mit dem Gebietscharakter nicht vereinbar.(Vgl. etwa VGH Mannheim, Urteil vom 17.4.2013 - 5 S 3140/11 - (juris))

Der Beigeladene kann sich in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplans „B…“ aus dem Jahr 1999 berufen. Der von ihm geltend gemachte Abwägungsfehler im Fall der Unzulässigkeit der Pferdehaltung bzw. Pferdezucht im Geltungsbereich dieses Bebauungsplans ist jedenfalls unbeachtlich, weil er nicht im Sinne von § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB in der maßgeblichen Fassung vom 27. August 1997 (vgl. § 233 Abs. 2 Satz 3 BauGB) innerhalb von sieben Jahren seit Bekanntmachung des Bebauungsplans schriftlich und unter Darlegung des Sachverhalts, der den Mangel begründen soll, gegenüber der Gemeinde geltend gemacht wurde. Die Vorschrift des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB a. F., der allgemein von Mängeln der Abwägung spricht, erfasste im Grundsatz sowohl Mängel im Abwägungsvorgang als auch Mängel im Abwägungsergebnis. Soweit gegen die Unbeachtlichkeitsvorschrift des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB a. F. verfassungsrechtliche Bedenken geäußert worden sind und die Frage in Literatur und Rechtsprechung aufgeworfen wurde, ob zumindest „schwere Mängel im Abwägungsergebnis“ im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG auch nach Ablauf einer Frist von sieben Jahren beachtlich bleiben müssen,(Vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 11.11.2013 - 12 LC 257/12 - (juris) m.w.N; Kukk in Schrödter, 8. Auflage 2015; 215 Rdnr 6 - 8.) kann dies hier dahinstehen. Ein bei einer solchen verfassungskonformen Auslegung ausnahmsweise beachtlicher Mangel des Abwägungsergebnisses in diesem Sinne liegt nicht vor. Der von dem Beigeladenen - hilfsweise - gerügte Abwägungsfehler betrifft nicht das Abwägungsergebnis, sondern den Abwägungsvorgang. Ein Fehler im Abwägungsergebnis liegt vor, wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen nicht in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht.(Vgl. Rieger in: Schrödter, Baugesetzbuch, Kommentar, 8. Aufl. 2015, § 1 Rdnr. 586) Zum Abwägungsvorgang gehören demgegenüber die Zusammenstellung des Abwägungsmaterials sowie die Gewichtung und Einstellung dieser Belange in die Abwägung. Bei ihr zu berücksichtigen sind alle von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange, soweit sie in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben. Welche Belange zu dem notwendigen Abwägungsmaterial gehören, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen konkreten Situation und des konkreten Planungsziels beantworten.(Vgl. Rieger in: Schrödter, Baugesetzbuch, Kommentar, 8. Aufl. 2015, § 1 Rdnr. 573) Im vorliegenden Fall wurde der städtebaulich relevante Belang der Pferdehaltung nicht in die Abwägung eingestellt. In den vom Gericht beigezogenen Aufstellungsunterlagen findet sich – ebenso wie in dem Bebauungsplan und seiner Begründung – kein Hinweis auf die Pferdehaltung. Aufgrund der fehlenden Berücksichtigung der Pferdehaltung liegt ein Mangel im Abwägungsvorgang in Form eines Abwägungsdefizits vor, da nicht all das in die Abwägung eingestellt worden ist, was hätte berücksichtigt werden müssen. Es ist auch - schon aufgrund der Koppeln und des als Bestand in den Plan eingezeichneten Pferdestalls - davon auszugehen, dass die Pferdehaltung für die Gemeinde erkennbar war. Soweit der Beigeladene der Ansicht ist, es liege ein schwerwiegender Mangel im Abwägungsergebnis vor, wollte man den Bebauungsplan aus dem Jahr 1999 so verstehen, dass er die damals bestehende Pferdehaltung „wegplanen“ wollte, fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten für eine solche Absicht des „Wegplanens“ seitens der Gemeinde A-Stadt. Abgesehen davon, dass der Gesichtspunkt der Pferdehaltung bei der Planaufstellung überhaupt nicht thematisiert wurde, spricht hiergegen, dass nach Ziffer 7.1 der Begründung des Bebauungsplans die bestehenden Nutzungen erhalten bleiben sollten und dort von einem weitgehend ungestörten Wohnbereich die Rede ist. Vorliegend geht es nicht darum, dass kein angemessener Ausgleich zwischen der Pferdehaltung und der Wohnnutzung gefunden worden ist - dann läge ein Fehler im Abwägungsergebnis vor -, sondern darum, dass der gewichtige Belang der Pferdehaltung überhaupt nicht in die Abwägung eingestellt worden ist, mithin um einen Fehler im Abwägungsvorgang. Dass Fehler im Abwägungsvorgang aus verfassungsrechtlichen Gründen nach Ablauf der damals geltenden Frist von sieben Jahren beachtlich bleiben müssten, wird - soweit ersichtlich - nicht vertreten und ist auch nicht geboten.(Vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 11.11.2013 - 12 LC 257/12 - (juris)) Es ist einem Grundstückseigentümer zuzumuten, sich innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren über den Inhalt der Bauleitplanung und die Auswirkungen auf sein(e) Grundstück(e) zu informieren. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass weder der Beigeladene noch sein Vater die von ihnen betriebene Pferdehaltung im Rahmen der vorgezogenen Bürgerbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB auch nur mit einem Wort erwähnt haben, obwohl sich ihnen die Relevanz dieses Gesichtspunkts bei der geplanten Ausweisung eines reinen Wohngebiets aufdrängen musste. Insoweit könnte sogar in Erwägung gezogen werden, dass es dem Beigeladenen nach dem auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) versagt ist, sich nunmehr auf einen Fehler der Abwägung wegen der Nichtberücksichtigung der Pferdehaltung zu berufen. Dies bedarf jedoch keiner Vertiefung, da der von ihm geltend gemachte Abwägungsfehler jedenfalls deshalb unbeachtlich ist, weil er nicht gemäß § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB a.F. innerhalb von sieben Jahren gegenüber der Gemeinde geltend gemacht wurden. Der Bebauungsplan „B…“ ist am 5.3.1999 ortsüblich bekanntgemacht worden; die Siebenjahresfrist endete daher mit Ablauf des 5.3.2006. Einwände gegen die Abwägung wurden bis zu diesem Zeitpunkt von dem Beigeladenen gegenüber der Gemeinde A-Stadt nicht geltend gemacht. Damit ist der nunmehr - erstmals im Berufungsverfahren - gerügte Abwägungsfehler unbeachtlich.

Demnach ist hier grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Großtierhaltung (d.h. hier das Halten von Pferden) in dem festgesetzten reinen Wohngebiet (§ 3 BauNVO) mit dem Gebietscharakter nicht vereinbar und daher unzulässig ist.(Vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 2.2.2009 - 2 B 439/08 - (juris)) Demzufolge wäre der Beklagte grundsätzlich zum Einschreiten berechtigt, da bauaufsichtsbehördliche Einschreitensbefugnisse keiner Verwirkung unterliegen. deren Nutzung auch über einen längeren Zeitraum begründet für sich genommen.(Vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 6.1.2012 - 2 B 400/11 - (juris)) Davon zu trennen ist jedoch die hier relevante Frage, ob ein Nachbar einen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten hat. Einem solchen Anspruch der Klägerin in dem Sinne, dass das Ermessen des Beklagten auf Null reduziert wäre, steht hier entgegen, dass die Klägerin bzw. bereits die Voreigentümer des von ihr erworbenen Grundstücks ihre materiellen Abwehrrechte gegen die Pferdehaltung durch den Beigeladenen verwirkt haben. Nach den Grundsätzen zur Geltung von Treu und Glauben im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis können Nachbarn materielle Abwehrrechte verwirken. Um dem zu entgehen, ist vom zu verlangen, durch zumutbares aktives Handeln dazu beizutragen, wirtschaftlichen Schaden vom Bauherrn abzuwenden oder möglichst gering zu halten. Grundsätzlich gehört dazu, dass der Nachbar nach Erkennen einer Beeinträchtigung seiner Rechte durch Baumaßnahmen seine Einwendungen "ungesäumt" geltend macht. Die Verwirkung eines Rechts setzt außer der Untätigkeit des Nachbarn während eines längeren Zeitraums ferner voraus, dass der Bauherr infolge der Untätigkeit darauf vertrauen durfte, dass der Nachbar das ihm eigentlich zustehende Abwehrrecht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage), der Bauherr hierauf auch tatsächlich vertraut hat (Vertrauenstatbestand) und er sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (Vertrauensbetätigung).(Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. 5. 1991 - 4 C 4.89 -, BRS 52 Nr. 218; OVG Münster, Urteil vom 4.9.2008 - 7 A 2378/07 - (juris)) Materiell-rechtliche Abwehransprüche des Nachbarn können - anders als Verfahrensrechte - auch gegenüber nicht genehmigten Bauvorhaben verwirkt werden. Aus dem besonderen „nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis“ erwächst die Pflicht, durch ein zumutbares aktives Handeln mitzuwirken, einen wirtschaftlichen Schaden des Bauherrn zu vermeiden oder möglichst niedrig zu halten. Der Nachbar ist daher gehalten, nach Erkennen der Beeinträchtigungen durch Baumaßnahmen oder Grundstücksnutzungen ungesäumt seine nachbarlichen Einwendungen geltend zu machen, wenn ihm nicht der Grundsatz von Treu und Glauben entgegengehalten werden soll, weil er mit seinen Einwendungen länger als notwendig gewartet hat.(Vgl. Rieger in: Schrödter, Baugesetzbuch, Kommentar, 8. Aufl. 2015, § 31 Rdnr. 89)

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist im Fall der Klägerin hinsichtlich der Pferdehaltung durch den Beigeladenen in dem von dem Bebauungsplan „B...“ erfassten Gebiet eine Verwirkung der nachbarlichen Abwehrrechte anzunehmen. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass sich seit den 1970er Jahren an derselben Stelle wie heute ein Pferdestall befand, in dem zunächst die 4 bis 5 Großpferde des Herrn L. C., des Vaters des Beigeladenen, untergestellt waren, bevor in den 1980er Jahren die ersten Islandpferde des Beigeladenen hinzukamen. In den 1990er Jahren waren - bei zunehmendem Pferdebestand nach dem Beginn der Pferdezucht durch den Beigeladenen und seine Ehefrau im Jahr 1992 - jeweils mindestens 9 Pferde in dem Pferdestall untergebracht. Dieses Gesamtbild ergibt sich aus den insgesamt überzeugenden Angaben der Zeugen L., Dr. M., E.-C…, F., J., I., K. und N.. Die Zeugin L., die seit Beginn der 1980er Jahre die Pferde der Familie C. regelmäßig in dem Stall tierärztlich behandelt hat, hat glaubhaft ausgesagt, dass Herr L. C., damals drei bis fünf Warmblutpferde gehabt habe. Später seien dann die Islandpferde des Beigeladenen dazu gekommen, dies müsse Ende der 1980er gewesen sein. Der Stall - nach ihrer Erinnerung bestehend aus etwa 6 Boxen - sei damals stets voll belegt gewesen. Die Glaubwürdigkeit dieser - von den Beteiligten unabhängigen - Zeugin wird nicht dadurch geschmälert, dass ihre Angaben zur Zahl der Boxen nach unten von den Angaben der übrigen Zeugen abweicht - nach den im Genehmigungsfreistellungsverfahren eingereichten Planunterlagen ist auch für die Zeit vor dem Umbau des Stalles von 9 bis 10 Boxen auszugehen - und sie sich hinsichtlich der genauen Lage des Pferdestalls unsicher war. Dies erklärt sich vielmehr durch den langen Zeitablauf (mehr als 20 Jahre). Gerade dieses die eigenen Angaben in dem Punkt hinterfragende Aussageverhalten spricht vehement dafür, dass die Zeugin bemüht war, wahrheitsgemäße Angaben zu Protokoll zu geben. Der Zeuge Dr. M., der seit Ende 1993 die Tiere des Beigeladenen tierärztlich betreut, der seit 1994 regelmäßig etwa alle 14 Tage vor Ort ist und daher mit den Verhältnissen gut vertraut ist, hat glaubhaft versichert, dass sich bereits bei seinem ersten Besuch ca. 15 Pferde auf dem Gelände befunden hätten. Die Größe des Stalles habe sich nach seiner Erinnerung nicht verändert. Dass der Zeuge ausgesagt hat, es seien immer etwa 12 Pferde eingestellt gewesen, erklärt sich ohne weiteres aus der Möglichkeit der Doppelbelegung der Boxen. In besonderem Maße anschaulich waren die Angaben der Zeugin E.-C…, der dort aufgewachsenen Tochter der Rechtsvorgänger der Klägerin, welche die Namen der 4 Pferde, die sie aus ihrer Kindheit seit dem Ende der 1970er Jahre kannte, nennen konnte und die damaligen Verhältnisse detailreich, aber ohne zu übertreiben, geschildert hat. So hat sie unter anderem angegeben, dass auf der Freifläche südlich des Hauses ihrer Eltern immer Pferde gelaufen seien. Auch habe sie die bei der Familie C. gehaltenen Pferde bei dem Stall ein- und ausgehen gesehen. Angesichts ihrer plastischen Darstellung der Situation hat der Senat, obwohl die Zeugin durchaus nicht ohne Erregung erklärt hat, dass sie das Verhalten der Klägerin nach dem Tode ihres Vaters als „unmenschlich“ empfunden habe, keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit dieser Zeugin. Im Gegenteil spricht der Umstand, dass die Zeugin all dies gegenüber dem Gericht ohne Umschweife auch so erklärt hat, für die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben, die im Übrigen – neben dem erwähnten Detailreichtum – von großer Spontanität geprägt waren. Darüber hinaus werden ihre Eindrücke im Wesentlichen durch die Angaben der Zeugen I. und J. bestätigt. Der Zeuge J. hat bekundet, dass sich in den 1980er Jahren regelmäßig zwischen 5 und 7 Pferde auf dem Grundstück aufgehalten haben. Die Familie C. habe damals nach seiner Erinnerung 3 Großpferde und 3 Islandpferde gehalten. Dies könne er deshalb aus eigener Wahrnehmung sagen, weil er im Stall beim Füttern, Tränken und Ausmisten geholfen habe. Am Wahrheitsgehalt dieser Angaben zu zweifeln sieht der Senat keinen Anlass, zumal der Zeuge J. selbst kein erkennbares Interesse am Ausgang dieses Verfahrens hat. Ein solches ist auch hinsichtlich des Zeugen I. nicht ersichtlich. Dieser ist zwar der Cousin des Beigeladenen. Andererseits wirkte seine Aussage zu keinem Zeitpunkt übertrieben; im Gegenteil war ein gewisses Desinteresse an der Pferdehaltung bei dem Zeugen erkennbar. Die Relevanz seiner Aussage beschränkt sich im Wesentlichen darauf, dass bei seiner Rückkehr in sein Elternhaus im Jahr 1991 nach seiner Einschätzung etwa 7 Pferde im Stall des Beigeladenen untergebracht waren. Das sich daraus ergebende Bild wird abgerundet durch die glaubhaften Angaben der Zeuginnen K. und N.. Die Zeugin N., die den Beigeladenen seit den 1980er Jahren kennt und seitdem auch öfter im Inneren des Stalls war, hat bekundet, dass sie sich an 4 bis 6 Pferde erinnern könne, die in den 1980er Jahren im Stall eingestellt gewesen seien. Dabei habe es sich im Wesentlichen um Großpferde gehandelt, der Beigeladene habe aber zu diesem Zeitpunkt bereits ein Islandpferd gehabt. Später habe sich die Pferdehaltung kontinuierlich entwickelt; es seien regelmäßig Fohlen auf die Welt gekommen. Auf die Frage nach der Belegung des Stalles in den 1990er Jahren hat die Zeugin N. angegeben, dass aus ihrer Sicht immer alle Boxen belegt gewesen seien. Die ebenfalls glaubwürdige Zeugin K. hat inhaltlich übereinstimmend damit ausgesagt, Mitte der 1990er Jahre seien in dem Stall insgesamt etwa 7 bis 10 Pferde, vielleicht auch einmal 11 untergebracht gewesen. Die Angaben der bisher erwähnten, allesamt von dem Beigeladenen benannten Zeugen, deren Bekundungen insgesamt ein schlüssiges Bild ergeben, werden durch die Aussagen der von der Klägerin benannten Zeugen Dr. G., H., J., P., B… und D… nicht ernsthaft in Frage gestellt. Die Vernehmung der beiden Jagdpächter J. und P. war unergiebig, weil diese zu der Pferdehaltung durch die Familie C. keine näheren Angaben machen konnten. Der Zeuge J… hat lediglich bekundet, dass am Waldrand ein Wiesengrundstück eingezäunt gewesen sei, auf dem sich 3 bis 4 Pferde befunden hätten. Wem diese Pferde gehörten, konnte der Zeuge nicht sagen. Zu dem Wohngrundstück des Beigeladenen und den unmittelbar angrenzenden Flächen, insbesondere - generell - zu einer Pferdehaltung durch diesen, konnte er nach eigener Aussage „keine Angaben“ machen. Der Zeuge P. kennt die Örtlichkeit nach eigenem Bekunden sehr gut, allerdings erst seit Übernahme einer Jagdpacht im angrenzenden Bezirk B… im Jahr 2004. Auf dem Grundstück des Beigeladenen sei er aber nur einmal vor 10 Jahren gewesen, als er einen Baum gefällt habe. Verwertbar im vorliegenden Zusammenhang ist allerdings die Aussage des - aus B… stammenden - Zeugen, es sei allgemein bekannt gewesen, dass auf dem Anwesen C. Pferde gehalten werden. Dies deckt sich mit den - ansonsten allerdings wenig aussagekräftigen - Angaben des Zeugen Barre, einem Landwirt aus dem jenseits der Blies auf französischen Gebiet liegenden B…, dessen Familie früher Grundstücke an der „B…“ besessen hat. Er hat bekundet, er sei davon ausgegangen, dass die Pferde, die er dort schon vor mindestens 20 bis 30 Jahren gesehen habe, der Familie C. gehört haben. Demgegenüber erscheint es wenig glaubhaft, wenn die Zeugen Dr. G. und H., die im Gegensatz zu den Zeugen P. und B… in der näheren Umgebung wohnen, eine Pferdehaltung durch die Familie C. nicht wahrgenommen haben wollen. Der Zeuge Dr. G. hat auf die Frage, ob er sich an eine Pferdehaltung bzw. einen Stall auf dem Grundstück C. erinnern könne, geantwortet, daran habe er keine Erinnerung, das habe er nicht wahrgenommen. Hieran mag allenfalls noch plausibel sein, dass der Zeuge den Stall nicht als solchen wahrgenommen hat. Dass er jedoch überhaupt keine Pferde auf dem Grundstück des Beigeladenen gesehen haben will, erscheint angesichts dessen, dass er bereits 1993 dorthin gezogen ist, und angesichts der übrigen Zeugenaussagen, nach denen die Pferde dort herumliefen, nicht glaubhaft. Gleichfalls unglaubhaft ist die Aussage des Zeugen H., der ebenfalls 1993 dorthin gezogen ist und allen Ernstes angegeben hat, nach seiner Erinnerung habe es auf dem Grundstück der Familie C. keine Pferde gegeben, jedenfalls habe er dort - vor der Veränderung im Jahr 2011 - keine gesehen. Ungeachtet dessen, dass es wenig lebensnah erscheint, wenn die dort lebenden Nachbarn von einer Pferdehaltung in dem in Rede stehenden Umfang nichts bemerkt haben wollen, sind die Angaben der Zeugen Dr. G. und H., soweit es um den streitgegenständlichen Pferdestall geht, letztlich schon deshalb wenig aussagekräftig und daher nicht geeignet, das Vorhandensein einer Pferdehaltung in dem Stall zuverlässig in Frage zu stellen, weil die Zeugen Dr. G. und H., anders als etwa die erwähnten Zeugen L., Dr. M., E.-C…, F., J., I., K. und N., nach eigenem Bekunden niemals in dem Stall gewesen sind. Gleiches gilt für den Zeugen D…, der seit Dezember 2000 in der Straße Im B… wohnt und der sich immerhin an 2 bis 3 Pferde erinnerte, bei denen er davon ausging, dass sie der Familie C. gehörten.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht damit zur Überzeugung des Senats fest, dass das fragliche Gebäude auf dem Grundstück des Beigeladenen seit den 1970er Jahren als Pferdestall genutzt und spätestens Mitte der 1990er Jahre voll belegt war. Angesichts dessen ist bereits hinsichtlich der Voreigentümer des Grundstücks der Klägerin, die ihrerseits Ende des Jahres 1999 Eigentümerin wurde, von einer Verwirkung nachbarlicher Abwehransprüche auszugehen, welche sich die Klägerin zurechnen lassen muss. Bereits vorher verwirkte Abwehrrechte sind auch nicht durch den Erlass des Bebauungsplans „B…“ im Jahr 1999 wieder aufgelebt.

Unabhängig hiervon muss sich die Klägerin den Einwand der Verwirkung auch in ihrer eigenen Person entgegenhalten lassen. Zunächst kann ihr angesichts der räumlichen Nähe ihres Grundstücks zu dem direkt angrenzenden Grundstück des Beigeladenen nicht geglaubt werden, dass sie dort vor den Jahren 2011 und 2012, als die Belästigungen unter anderem durch Gewieher, Traktoren und Pferdetransporter zugenommen haben sollen, nur sporadisch 2 bis 3 Pferde auf dem Grundstück des Beigeladenen gesehen hat. Dies widerspricht den - glaubhaften - Angaben insbesondere der Zeugen Dr. M., E.-C…, F., K. und N., die allesamt von einer vollen Belegung des Stalles gesprochen haben. Auch hat etwa die Zeugin E.-C…, die bis 1997 in dem jetzt der Klägerin gehörenden Haus gewohnt hat, anschaulich geschildert, dass sie die Pferde bei dem Stall ein- und ausgehen gesehen hat. Letzteres erscheint dem Senat bereits deshalb plausibel, weil Großpferde und erst recht die Islandpferde sich häufig draußen aufhalten und – was insbesondere für die Turnierpferde des Beigeladenen gilt – ständig bewegt werden müssen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin von alledem nichts bemerkt haben will. Spätestens nach der von ihr selbst besuchten Geburtstagsfeier der Frau des Beigeladenen im August 2003 in einer mobilen Halle auf dem Grundstück des Beigeladenen, die am Nordende des Pferdestalls quer zu diesem aufgebaut war, musste der Klägerin bekannt gewesen sein, dass sich mehr als nur 2 bis 3 Pferde auf dem Grundstück des Beigeladenen im reinen Wohngebiet befanden. Die Zeugin F. hat detailreich unter Schilderung der Zugangsmöglichkeiten zur Feier - und daher glaubhaft - bekundet, dass es aufgrund der örtlichen Verhältnisse nicht schwer gewesen sei, Einsicht in den Pferdestall zu nehmen. Auch damals sei der Stall voll belegt mit Pferden gewesen. Angesichts dessen ist spätestens ab diesem Zeitpunkt von einer Kenntnis der Klägerin von dem Umfang der Pferdehaltung durch den Beigeladenen auszugehen. Von ihr durfte erwartet werden, dass sie ihre Einwendungen gegen die Pferdehaltung im reinen Wohngebiet "ungesäumt" geltend macht. Die Klägerin hat jedoch erst viel später, nämlich am 4.7.2012 bei dem Beklagten vorgesprochen und erklärt, der Beigeladene halte rechtswidrigerweise mehrere Pferde im Wohngebiet, was mit Geräusch- und Geruchsbelästigungen verbunden sei. Infolge der jahrelangen Untätigkeit der Klägerin durfte der Beigeladene darauf vertrauen, dass die Klägerin die ihr zustehenden Abwehrrechte gegen die Pferdehaltung im reinen Wohngebiet nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage). Es ist auch davon auszugehen, dass der Beigeladene hierauf tatsächlich vertraut hat (Vertrauenstatbestand) und dieses Vertrauen auch betätigt hat, indem er sich in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch eine jetzt erfolgende Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde.(Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 1991 - 4 C 4.89 -, BRS 52 Nr. 218; OVG Münster, Urteil vom 4.9.208 - 7 A 2378/07 - (juris)) Der Beigeladene hat nämlich im Jahr 2005 den Pferdestall mit erheblichem finanziellem Aufwand umgebaut. Er würde einen erheblichen, unzumutbaren Nachteil erleiden, wenn er den Pferdestall infolge der verspäteten Geltendmachung ihrer Abwehrrechte durch die Klägerin nicht mehr nutzen könnte und seine Aufwendungen damit letztlich vergebens wären.

Angesichts dessen, dass die Klägerin ihre materiellen Abwehrrechte, jedenfalls soweit es um den hier allein streitgegenständlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans „B…“ aus dem Jahre 1999 geht, verwirkt hat, kommt es nicht darauf an, ob der Pferdestall Bestandsschutz genießt. Insbesondere kann hier dahinstehen, ob eine Ermessensbindung unter dem Aspekt des Bestandsschutzes schon deshalb in Betracht kommt, weil der in Rede stehende Baubestand mit der Nutzung zur Pferdehaltung zu irgendeinem Zeitpunkt ohne Zweifel materiell geltendem Baurecht entsprochen hat und damit genehmigungsfähig gewesen ist.(Vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 9.1.2012 - 2 B 400/11 - (juris))

Die obigen Ausführungen zur Verwirkung des Gebietserhaltungsanspruchs gelten entsprechend für einen möglichen Anspruch der Klägerin auf der Grundlage des Gebots nachbarlicher Rücksichtnahme, und zwar unabhängig von der Frage der Gültigkeit des Bebauungsplans aus dem Jahr 1999.

Unabhängig davon müsste sich insoweit die Klägerin entgegenhalten lassen, dass sie in eine ländlich geprägte Gegend zugezogen ist, in der bereits seit über 20 Jahren Pferde gehalten wurden. Hierbei darf die Vorgeschichte des Gebiets nicht unberücksichtigt bleiben. In dem betreffenden Gebiet war nämlich eine Wohnbebauung mit dem Zweck eines dauerhaften Wohnens ursprünglich überhaupt nicht vorgesehen. Vielmehr hat sich dort im Anschluss an den Erlass eines - nichtigen - Bebauungsplans für ein Wochenendhausgebiet eine Bebauung mit überwiegend dauerhaft genutzten Wohnhäusern entwickelt, die erst später legalisiert wurde. Beim Zuzug der Klägerin 1999 - dauerte die Pferdehaltung zunächst durch den Vater des Beigeladenen und dann durch den Beigeladenen bereits viele Jahre an. Von daher ist eine Vorbelastung des Gebiets für die Klägerin, die in einen ländlichen Raum zugezogen ist, in dem es beispielsweise je nach Wind und Witterungsbedingungen „wie auf dem Land“ riechen kann, zu berücksichtigen. Dies bedeutet allerdings zugleich, dass der Beigeladene, damit seine Pferdehaltung nicht rücksichtslos wird, seine Pferdehaltung an der ihm zugute kommenden Vorbelastung ausrichten muss. Daraus, folgt, dass etwa die Haltung von Pensionspferden in dem Pferdestall in dem reinen Wohngebiet wegen des damit verbundenen zusätzlichen Zu- und Abgangsverkehrs unzulässig ist. Des Weiteren darf der Pferdestall im Wohngebiet nicht als Versorgungsstelle für die übrigen, im Außenbereich untergebrachten Pferde dienen und die im Außenbereich untergebrachten Pferde dürfen nicht zusätzlich zu den bereits im Wohngebiet vorhandenen Pferden dorthin, etwa zur Führungsanlage, verbracht werden.

II.

Die Klägerin hat des Weiteren keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte dem Beigeladenen ein Befahren seiner im Geltungsbereich des Bebauungsplans „B…“ aus dem Jahre 1999 liegenden Grundstücke mit Lkw, Pferdetransportern und landwirtschaftlichen Maschinen untersagt. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sie - aufgrund der eingetretenen Verwirkung - keinen Anspruch darauf hat, dass dem Beigeladenen die Pferdehaltung auf seinen Grundstücken in dem allgemeinen Wohngebiet untersagt wird. Zur Nutzung eines Grundstücks gehört immer auch der einer zulässigen oder zumindest von Nachbarn hinzunehmenden Nutzung eines Grundstücks dienende Zu- und Abgangsverkehr. Dieser beinhaltet bei einer Nutzung zur Pferdehaltung auch das Befahren der Grundstücke mit Pferdetransportern und landwirtschaftlichen Maschinen.

Soweit die Klägerin geltend macht, die Erschließung sei nicht gesichert, da es sich bei dem Grundstück des Beigeladenen um ein sogenanntes „Hinterliegergrundstück“ handele, welches nicht mit Fahrzeugen über eine öffentliche Straße erreicht werden könne, verkennt sie, dass die Erschließungsvorschriften allein dem Allgemeininteresse zu dienen bestimmt und daher grundsätzlich nicht nachbarschützend sind.(Vgl. etwa OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 03. August 2009 - OVG 2 S 33.09 - (juris)) Allerdings können sich nachbarliche Abwehrrechte im Zusammenhang mit einer fehlenden oder unzureichenden Erschließung eines Baugrundstücks unmittelbar aus der Eigentumsgewährleistung des Art. 14 GG ergeben, wenn die trotz des Erschließungsmangels erteilte Baugenehmigung die Belastung des Nachbargrundstücks mit einem Notwegerecht zugunsten des vorgesehenen Baugrundstücks nach sich zieht.(Vgl. OVG Saarlouis, Beschluss vom 27.10.1995 - 2 W 42/95 - und Urteil vom 20.10.1992 - 2 R 5/91 - (jeweils bei juris)) Entsprechendes könnte für die hier zu beantwortende Frage gelten, ob ein nachbarlicher Anspruch auf Einschreiten der Bauaufsichtsbehörde besteht. Insoweit ist allerdings zu beachten, dass die Klägerin ihre nachbarlichen Abwehransprüche gegen die Pferdehaltung im Geltungsbereich des Bebauungsplans „B…“ verwirkt hat. Ob die ungeklärte Wegesituation hin zu der Reithalle und zu den Stallungen im Außenbereich geeignet ist, nachbarliche Abwehransprüche der Klägerin hervorzurufen, bedarf hier - wegen des auf den Geltungsbereich des erwähnten Bebauungsplans beschränkten Streitgegenstands - keiner Entscheidung.

Der Vortrag der Klägerin hinsichtlich eines ihr durch die Erweiterung des Stallgebäudes – nach ihrer Ansicht – „aufgezwungenen“ Notwegerechts (§ 917 Abs. 1 BGB) bezogen auf in ihrem Eigentum (Parzelle Nr. 160/2) beziehungsweise Miteigentum („Wegeparzelle“ Nr. 154/1) stehende Grundstücke betrifft rein zivilrechtliche Beziehungen zwischen Grundstückseigentümern. Diese erlangen im Bereich des öffentlich-rechtlichen Nachbarschutzes nur ausnahmsweise Bedeutung im Zusammenhang mit Bindungswirkungen einer die - wegen des Fehlens einer ordnungsgemäßen Erschließung rechtswidrige - Bebauung eines Grundstücks ausdrücklich zulassenden bauaufsichtsbehördlichen Entscheidung im Falle des Eintritts ihrer Unanfechtbarkeit.(Vgl. dazu etwa Bitz/Schwarz/Seiler-Dürr/Dürr, Baurecht Saarland, 2. Auflage 2005, Kp XI Rdnr. 47 m.w.N.) Fehlt es - wie hier im Bereich einer eigenverantwortlichen Realisierung von Bauwerken im Rahmen der Inanspruchnahme von landesrechtlichen Vorschriften über eine Verfahrensfreistellung (§§ 61 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 60 Abs. 2 LBO 2004) - an einer Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde mit entsprechenden negativen Auswirkungen auf die zivilrechtliche Stellung eines sich gegen die Inanspruchnahme seines Eigentums als Zuwegung auf der Grundlage von Notwegerechten wehrenden Nachbarn, ist für eine Zuerkennung eines ansonsten bereits im öffentlich-rechtlichen Anfechtungsstreit gegen eine solche Genehmigung wegen eines drohenden Rechtsverlusts zu berücksichtigenden Abwehrrechts des Nachbarn kein Raum. Die Klägerin hat etwaige zivilrechtliche Ansprüche auf ein Unterlassen der Überfahrung ihrer Grundstücke gegen den Beigeladenen – so sie denn bestehen – vor den hierfür zuständigen ordentlichen Gerichten (§ 13 GVG) geltend zu machen und gegebenenfalls durchzusetzen.(Vgl. OVG Saarlouis, Beschluss vom 10.7.2013 - 2 B 320/13 -) Das gilt gleichermaßen für Notwegrechte (§ 917 BGB) wie auch für Streitigkeiten um den Inhalt und Umfang bestehender Wegerechte oder Grunddienstbarkeiten. Zu dieser Thematik gehört auch die Frage, ob und inwieweit der Beigeladene überhaupt auf eine tatsächliche Inanspruchnahme fremder Privatgrundstücke, sei es der Antragstellerin oder Dritter, angewiesen ist, um zu seinem Stallgebäude zu gelangen. Der vorliegend alleinstreitige, zuvor ersichtlich nicht förmlich genehmigte Pferdestall auf der Parzelle Nr. 145/1 wurde 2005 unter Inanspruchnahme einer Genehmigungsfreistellung nach § 63 LBO (a.F.) als „Wirtschaftsgebäude“ umgebaut.

III.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Anordnung der Beseitigung sämtlicher zur Pferdehaltung und Pferdezucht errichteten baulichen Anlagen auf dem Grundstück „C-Straße“ des Beigeladenen im Bereich des im Bebauungsplans „B…“ ausgewiesenen reinen Wohngebiets.

Da die Klägerin - wie ausgeführt - nachbarliche Abwehrrechte gegen eine Pferdehaltung des Beigeladenen nicht mehr geltend machen kann, kommt auch ein daran anknüpfender Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten zum Erlass einer Beseitigungsanordnung (§ 82 Abs. 1 LBO) für die genutzten baulichen Anlagen in reinem Wohngebiet nicht in Betracht.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Insoweit entsprach es der Billigkeit, in Ergänzung des hinterlegten Tenors die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO), weil dieser im Berufungsverfahren einen Antrag gestellt und damit Kostenrisiken übernommen hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 15.000 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 47, 52 Abs. 1 GKG; vgl. bereits die vorläufige Festsetzung im Beschluss vom 12.3.2015).

Der Beschluss ist unanfechtbar.

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